Unterhalt wird nicht gezahlt - was tun?

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Montag, 19.02.2018, geschrieben von iurFRIEND-Redaktion

Nach Trennung und Scheidung dürften Sie auf jeden Cent angewiesen sein. Mit der gesetzlichen Unterhaltspflicht versucht der Gesetzgeber, dieses Problem zu entschärfen. Da es im Leben so ist, dass derjenige, der Geld zahlen soll, meist die Richtung vorgibt, sollten Sie genau wissen, wie Sie vorgehen und welche Möglichkeiten Sie effektiv haben.

Das Wichtigste

  • Verwandte in gerader Linie sind einander unterhaltspflichtig. In der Ehe erfüllen Sie und Ihr Ehegatte diese Unterhaltspflicht, indem Sie Ihre Arbeit und Ihr Vermögen einsetzen. Nach der Trennung haben Sie als Ehegatte Anspruch auf Trennungsunterhalt und nach der Scheidung Anspruch auf Ehegattenunterhalt. Ihr Kind hat spätestens ab der Trennung Anspruch auf Kindesunterhalt.
  • Müssen Sie den Unterhalt einklagen, können Sie den Antrag kostenvergünstigt im Verbund mit dem Scheidungsantrag stellen oder nach der Scheidung eigenständig mit zusätzlichem Kostenaufwand eine Unterhaltsklage führen.
  • In Notfällen können Sie per einstweiliger Anordnung bei Gericht beantragen, dass Ihr Ehegatte Unterhalt leisten muss und aus dem Gerichtsbeschluss zwangsweise vollstrecken.
  • Eine Strafanzeige wegen Verletzung der Unterhaltspflicht ist allenfalls dann erfolgversprechend, wenn Ihr Ehepartner finanziell leistungsfähig ist. Würde er zu einer Geldstrafe verurteilt, schmälert die Strafe seine Liquidität auch zu Ihren Lasten.
  • Fordern Sie Kindesunterhalt, erkennt Ihr Ehegatte seine Unterhaltspflicht im Idealfall gegenüber dem Jugendamt an.
  • Zahlt Ihr Ehegatte keinen Kindesunterhalt, können Sie beim Jugendamt Unterhaltsvorschuss beantragen. Im ungünstigsten Fall müssen Sie den Kindesunterhalt dann leider einklagen.
  • Eine Strafanzeige wegen Verletzung der Unterhaltspflicht kann als Motivationshilfe zum Ziel führen, soweit der Ehegatte finanziell in der Lage ist, Zahlungen zu leisten. In anderen Fällen ist sie oft kontraproduktiv.

Vorab: Wir reden über Unterhalt – Was genau ist damit gemeint?

Unterhalt ist ein Oberbegriff. Nach § 1601 BGB sind Verwandte in gerader Linie verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren. Die Unterhaltspflicht besteht bereits während der Ehe. Danach sind Ehegatten einander verpflichtet, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten. Sind Sie also verheiratet, müssen Sie Ihren Ehegatten und Ihre Kinder unterhalten. Ein Elternteil tut dies, indem er arbeitet, der andere tut es oft, indem er den Haushalt führt und die Kinder betreut. Leben Sie getrennt voneinander, ist der leistungsfähige Ehegatte verpflichtet, dem unterhaltsbedürftigen Ehegatten Trennungsunterhalt zu zahlen. Gibt es gemeinsame Kinder, ist auch Kindesunterhalt zu zahlen. Ab dem Zeitpunkt der Scheidung ist der leistungsfähige Ehegatte verpflichtet, dem unterhaltsbedürftigen Ehegatten mit nachehelichem Ehegattenunterhalt und dem Kind mit Kindesunterhalt zur Seite zu stehen. In der Theorie hört sich das alles als selbstverständlich an. In der Alltagspraxis ist die Frage, wie der Unterhaltsanspruch realisiert werden kann, ein beständiges Problem. Sind Sie in der Situation, dass Sie auf Unterhaltszahlungen angewiesen sind, müssen Sie wissen, was Sie tun können.

Sie fordern Trennungs- oder nachehelichen Ehegattenunterhalt: Was tun?

Im Idealfall regeln Sie die Frage des Trennungs- oder nachehelichen Ehegattenunterhalts in einer Scheidungsfolgenvereinbarung und erleichtern und ermöglichen damit die einvernehmliche Scheidung. Die einvernehmliche Scheidung ist der zeitlich schnellste und vor allem der kostengünstigste Weg, sich scheiden zu lassen. Verläuft die Scheidung streitig oder ist Ihr Ehegatte nicht bereit, sich wegen des Unterhalts mit Ihnen zu verständigen, bleibt Ihnen nur, den Trennungs- oder nachehelichen Ehegattenunterhalt beim Familiengericht einzuklagen und eine Unterhaltsklage einzureichen. Sie müssen dann wohl oder übel einen Unterhaltsprozess führen.

Wie verläuft ein Unterhaltsprozess?

Sie können die Unterhaltsklage in Verbindung mit Ihrer Scheidung vor dem Familiengericht führen. Das Familiengericht wird dann im „Verbund“ entscheiden, also Ihre Scheidung aussprechen und über Ihre Unterhaltszahlungen entscheiden. Der Vorteil liegt darin, dass Sie damit Gebühren sparen, weil die Streitwerte zusammengerechnet werden. Sie können die Unterhaltsklage aber auch unabhängig von der Scheidung und insbesondere auch noch nach dem Scheidungsbeschluss einreichen und dann als selbstständige Unterhaltsklage führen. Dieser Weg ist teurer, da dafür ein eigenständiger Streitwert anfällt, der eigenständige Gerichts- und Anwaltsgebühren verursacht. Auf den Fall wird Ihr Ehepartner dann aufgefordert, zu Ihrem Antrag Stellung zu nehmen. Dazu muss er seine Einkommensverhältnisse offenlegen. Ergibt sich daraus, dass er finanziell in der Lage ist, Unterhaltszahlungen zu erbringen, während Sie aufgrund Ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse unterhaltsbedürftig sind, wird das Gericht ein Unterhaltsurteil aussprechen.

Sie benötigen dringend Liquidität - Was tun?

Ein Unterhaltsprozess dauert. Sind Sie in der Situation, dass Sie dringend auf Liquidität angewiesen sind, können Sie auch im Wege einer einstweiligen Anordnung beim Familiengericht beantragen, dass Ihr Ehepartner verpflichtet wird, vorläufig Unterhalt an Sie zu entrichten.

Kann ich den Ehegatten wegen Verletzung seiner Unterhaltspflicht anzeigen?

§ 170 StGB droht eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe an, wenn sich eine unterhaltspflichtige Person ihrer gesetzlichen Unterhaltspflicht entzieht und dadurch den Lebensbedarf der unterhaltsberechtigten Person gefährdet. Sie könnten Ihren Ehegatten also durchaus bei der Polizei oder der Staatsanwaltschaft anzeigen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass Sie dann immer noch kein Geld haben. Ist Ihr Ehegatte selbst in einer schwierigen finanziellen Lage, dürfte es Ihnen erfahrungsgemäß wenig nutzen, ihn auch noch mit einer Strafanzeige zu konfrontieren. Sie müssen einkalkulieren, dass er sich dann erst recht Ihrer Forderung widersetzen könnte. Würde er tatsächlich zu einer Freiheitsstrafe oder gar einer Geldstrafe verurteilt, würde dies seine Liquidität zusätzlich schmälern und seine Möglichkeit verringern, Ihnen den geforderten Unterhalt zu zahlen. Hinzu kommt, dass die Justiz ziemlich überlastet ist und wenig Interesse für derartige Verfahren haben dürfte. Strafanzeigen führen also eher nicht zum Erfolg.

Sie fordern für Ihr minderjähriges Kind Kindesunterhalt – Was tun?

Fordern Sie für Ihr minderjähriges Kind den Unterhalt, seien Ihnen einmal vier Optionen aufgelistet, mit samt ihren jeweiligen Vor- und Nachteilen.

Beantragen Sie Unterhaltsvorschuss beim Jugendamt

Zahlt der unterhaltspflichtige Elternteil keinen Kindesunterhalt, steht Ihnen der Staat zur Seite. Sie können für Ihr Kind bei Ihrem örtlichen Jugendamt einen Unterhaltsvorschuss beantragen. Das dafür notwendige Antragsformular erhalten Sie beim Jugendamt oder Ihrer Gemeindeverwaltung. Seit 1.7.2017 wird der Unterhaltsvorschuss für Kinder bis zum vollendeten 18. Lebensjahr (früher nur bis zum 12. Lebensjahr) und ohne Einschränkung der Bezugsdauer (früher befristet auf 6 Jahre) gezahlt.

Ihr Ehegatte sollte/könnte seine Unterhaltspflicht ausdrücklich formal anerkennen

Im Idealfall erkennt Ihr unterhaltspflichtiger Ehegatte seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind ausdrücklich formal an, indem er das örtliche Jugendamt aufsucht und dort eine Unterhaltsverpflichtungserklärung abgibt. Sie ersparen sich damit ein Unterhaltsverfahren. Die Urkunde, in der Ihr Ehegatte die Unterhaltspflicht anerkennt, stellt selbst einen vollstreckbaren Titel dar und ermöglicht es Ihnen, im Zahlungsverzug den Unterhaltsanspruch zwangsweise gegen Ihren säumigen Ex-Ehegatten zu vollstrecken.

Klagen Sie den Kindesunterhalt ein

In letzter Konsequenz bleibt Ihnen nichts anderes übrig, als den Kindesunterhalt als gesetzlicher Vertreter Ihres minderjährigen Kindes beim Familienrecht einzuklagen. Soweit Sie Unterhaltsvorschuss vom Jugendamt beziehen, werden Sie um die Unterhaltsklage nicht herumkommen, da der Betrag des Unterhaltsvorschusses meist unter dem Betrag des Kindesunterhalts liegt, den Ihr Ex verpflichtet ist, zu zahlen. Für Kinder von 0 - 5 Jahren erhalten Sie 150 EUR und für Kinder bis elf Jahre nur 201 EUR Unterhaltsvorschuss. Der Mindestbetrag laut Düsseldorfer Tabelle hingegen beträgt für Kinder bis zum 5. Lebensjahr bei einem Nettoeinkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils 251 EUR und einem Nettoeinkommen bis 2.700 EUR: 286 EUR. Für den Unterhaltsprozess benötigen Sie wegen des Anwaltszwangs einen Rechtsanwalt. Nicht zuletzt dürften Sie auf anwaltliche Beratung und Unterstützung ohnehin angewiesen sein, da das Unterhaltsrecht so komplex ist, dass Sie sich alleine kaum zurechtfinden werden.

Erwägen Sie eine Strafanzeige

Weigert sich Ihr Ex-Ehegatte beharrlich, den Kindesunterhalt zu zahlen, riskiert er, dass er sich wegen Verletzung seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht nach § 170 StGB strafbar macht. Allerdings dürfen Sie sich nicht allzu viele Hoffnungen machen, dass Sie mit einer Strafanzeige tatsächlich etwas erreichen. Verurteilungen sind eher selten. Eine Strafanzeige sollten Sie allenfalls dann in Betracht ziehen, wenn Ihr Ex finanziell zuverlässig in der Lage ist, wirklich Kindesunterhalt zu zahlen. In diesem Fall kann die Staatsanwaltschaft nämlich mit Zustimmung des Strafrichters vorläufig von der Anklageerhebung absehen und dem Ehegatten die Auflage erteilen, seiner Unterhaltspflicht nachzukommen. Erfüllt er dann die Auflage, wird die Tat nicht mehr als Straftat verfolgt.

 

Sind hingegen die finanziellen Möglichkeiten Ihres Ex beschränkt, wird rein erfahrungsgemäß auch eine Strafanzeige nicht dazu führen, dass er dann mehr Geld in der Tasche hat, das er für den Kindesunterhalt verwenden könnte. Es dürfte eine rein theoretische Überlegung sein, dass Sie ihn mit einer Strafanzeige vielleicht dazu motivieren könnten, einer besser bezahlten Arbeit nachzugehen oder einen Zweitjob anzunehmen. Es mag sicher Fälle geben, in denen dies funktioniert. In der Mehrzahl der Fälle bleibt dies jedoch eher Wunschdenken.

Hinzu kommt, dass es nicht reicht, wenn der unterhaltspflichtige Elternteil nur den Unterhalt nicht zahlt. Durch die Nichtzahlung muss zudem der Lebensbedarf Ihres Kindes gefährdet sein. Diese Gefährdung kann sich bereits daraus ergeben, dass Sie über Ihre Kräfte hinaus arbeiten müssen, um zu überleben.

Alles in allem

Unterhaltsrechtsstreite sind oft emotional geladene Konflikte. Nicht jeder unterhaltspflichtige Elternteil oder Ehegatte sieht sich in der moralischen Verpflichtung, für das gerade zu stehen, wofür er Mitverantwortung trägt. Ihr erster Schritt sollte immer sein, dass Sie zumindest versuchen, mit viel Diplomatie und vielleicht auch unter Einbeziehung Dritter Lösungen zu finden. Lassen Sie es also möglichst nicht schon im ersten Schritt bereits auf einen Unterhaltsprozess ankommen. Unterhaltsprozesse sind nur bedingt kalkulierbar.

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