Unterhaltsvorschuss abbezahlen - wie, wie viel, bis wann?

Sparschwein iurFRIEND® AG

Freitag, 17.03.2023, geschrieben von iurFRIEND-Redaktion

Zahlt der unterhaltspflichtige Elternteil für ein gemeinsames Kind keinen oder nur unzureichend Unterhalt, kann der betreuende Elternteil beim Jugendamt Unterhaltsvorschuss beantragen. Da der Staat über das Jugendamt den Unterhaltsvorschuss nur als Vorschuss zahlt und der unterhaltspflichtige Elternteil nach wie vor in der Verantwortung für das Kind steht, wird das Jugendamt den Elternteil in Regress nehmen. Erfahren Sie hier, welchen Teil des Unterhaltsvorschusses man im Hinblick auf seine Einkommensverhältnisse tatsächlich zurückzahlen muss, ob Ratenzahlungen möglich sind und bis wann die Schulden abzuzahlen sind - oder irgendwann sogar verjähren.

Muss man Unterhaltsvorschuss an das Jugendamt zurückzahlen?

Erhält der betreuende Elternteil Unterhaltsvorschuss für Ihr gemeinsames Kind, bleibt der leibliche und unterhaltspflichtige Elternteil gegenüber dem Jugendamt immer in der Pflicht, den Unterhaltsvorschuss zurückzuzahlen. Der Unterhaltsvorschuss entbindet ihn als unterhaltspflichtigen Elternteil also nicht von seiner Verantwortung und Verpflichtung, das Kind zu unterhalten. Ob man den Unterhaltsvorschuss tatsächlich zurückzahlen muss, hängt letztlich von den Einkommensverhältnissen ab.

GUT ZU WISSEN

Unterhaltsvorschusszahlen haben sich verdoppelt

Sie müssen damit rechnen, dass die Jugendämter vermehrt dazu übergehen, ausgezahlte Unterhaltsvorschusszahlungen zurückzufordern. Grund ist, dass sich die Unterhaltsvorschusszahlungen allein im Zeitraum von 2016 von 427.000.000 EUR auf über 800.000.000 EUR verdoppelt haben. In 44 % der Fälle hat sich die spätere Rückzahlung als „nicht möglich“, in 17 % als „eher nicht möglich“, in 26 % als „teilweise möglich“ und in 13 % der Fälle als „möglich“ erwiesen

Wie ist der Ablauf der Rückzahlung?

Beantragt der betreuende Elternteil Unterhaltsvorschuss, müssen Angaben über die Person des anderen Elternteils gemacht werden. Soweit möglich sind auch Angaben zu machen, wer der Arbeitgeber ist und ob der unterhaltspflichtige Elternteil Sozialleistungen bezieht. Wird Unterhaltsvorschuss gezahlt, geht der Anspruch des Kindes auf Kindesunterhalt gegen den unterhaltspflichtigen Elternteil auf das Jugendamt über. Aufgrund dieses Forderungsübergangs erfolgt der Regress des Jugendamtes gegenüber dem unterhaltspflichtigen Elternteil.

Rechtswahrungsanzeige

Sie erhalten als unterhaltspflichtiger Elternteil zunächst vom Jugendamt eine Rechtswahrungsanzeige. Darin werden Sie darauf hingewiesen, dass der Unterhaltsanspruch des Kindes auf das Land übergegangen ist und Sie den Unterhalt nicht mehr mit befreiender Wirkung an das Kind zahlen können.

Auskunftsersuchen

Das Jugendamt wird Sie zudem als unterhaltspflichtigen Elternteil anschreiben und auffordern, Auskunft über Ihre Vermögens- und Einkommensverhältnisse zu erteilen. Als unterhaltspflichtiger Elternteil sind Sie nach § 6 des Unterhaltsvorschussgesetzes verpflichtet, diese Auskünfte zu erteilen. Ignorieren Sie diese Aufforderung, kann die Behörde Sozialleistungsträger, Finanzamt und Arbeitgeber auffordern, Auskünfte zu Ihrer Person und zu Ihren finanziellen Verhältnissen zu erteilen. Auch kann über das Bundeszentralamt für Steuern in Erfahrung gebracht werden, ob und wo Sie Bankkonten unterhalten.

Für welchen Zeitraum ist der Unterhaltsvorschuss zurückzuzahlen?

Bezieht das Kind Unterhaltsvorschuss, kann der unterhaltspflichtige Elternteil für Zeiträume in der Vergangenheit nur in Regress genommen werden, ab denen er Kenntnis über den Antrag auf Unterhaltsvorschuss hatte und darüber belehrt wurde, dass er für den geleisteten Unterhalt durch die Vorschusskasse in Anspruch genommen werden kann (§ 7 UhVorschG). Zugleich ist Voraussetzung, dass der Unterhaltsanspruch für die Vergangenheit tatsächlich begründet war und der unterhaltspflichtige Elternteil ordnungsgemäß in Verzug gesetzt wurde (§ 1613 BGB).

Wie viel Unterhaltsvorschuss muss ich zurückzahlen?

Sie müssen als unterhaltspflichtiger Elternteil den gesamten Unterhaltsvorschuss zurückzahlen. Eine Einschränkung ergibt sich allenfalls daraus, dass Ihre finanzielle Leistungsfähigkeit möglicherweise Grenzen setzt. Könnten Sie sich

  • selbst gerade so
  • oder gar nicht selbst unterhalten
  • oder benötigen Sie selbst staatliche Unterstützung,

sind Sie in der Regel nicht zur Unterhaltszahlung und damit auch nicht zur Zurückzahlung von Unterhaltsvorschuss verpflichtet.

 

Riskant ist, zu behaupten, man sei finanziell nicht leistungsfähig. Das Jugendamt kann ein theoretisch erzielbares (fiktives) Einkommen ansetzen. Es wird die objektive Leistungsfähigkeit herangezogen und geprüft, ob nicht ein höheres Einkommen hätte erzielt werden können. Vor allem bei Selbstständigen wird unterstellt, dass die Aufnahme einer Nebentätigkeit oder einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung dazu hätte führen können, finanziell leistungsfähig zu sein.

Selbstbehalte beim Zurückzahlen des Unterhaltsvorschusses

Im Hinblick auf Ihre finanzielle Leistungsfähigkeit sind Ihre Selbstbehalte zu beachten. Der unterhaltsrechtliche Selbstbehalt dient dazu, Ihren eigenen Lebensunterhalt zu gewährleisten. Liegt Ihr Einkommen unter dem jeweiligen Selbstbehalt, brauchen Sie zumindest aktuell nichts zurückzuzahlen. Ihr Selbstbehalt beträgt,

  • wenn Sie nicht erwerbstätig sind, monatlich 1.120 EUR
  • und 1.370 EUR, wenn Sie erwerbstätig sind.

Der Selbstbehalt ist nicht von Ihrem Bruttoeinkommen abhängig. Aus Ihrem Bruttoeinkommen ist noch das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen zu berechnen. Sind Sie erwerbstätig, dürfen Sie Steuern, Sozialversicherungsbeiträge und bestimmte Verbindlichkeiten abziehen. Auch berufsbedingte Aufwendungen pauschal in Höhe von etwa 5 % und angemessene Vorsorgeaufwendungen für eine zusätzliche Altersvorsorge sind zu berücksichtigen.

 

Haben Sie Schulden, sind diese gleichfalls zu berücksichtigen, wenn diese familienbezogen sind, weil Sie einverständlich während des Zusammenlebens der Eltern aufgenommen wurden. Dies kann die gemeinsame Wohnungseinrichtung oder ein Familienauto gewesen sein. Sind Sie in Privatinsolvenz, steht für den Kindesunterhalt grundsätzlich ein für andere Schuldner unpfändbarer Betrag Ihres Einkommens zur Verfügung, der vorrangig dem Kindesunterhalt zugutekommt. Erst danach ergibt sich Ihr unterhaltsrechtliches Einkommen. Liegt dieses Einkommen unter Ihrem jeweiligen Selbstbehalt, brauchen Sie nichts zurückzuzahlen.

 

Aber: Das Jugendamt wird Sie im Regelfall jedes Jahr anschreiben und immer wieder erneut auffordern, Ihre aktuellen Einkommensverhältnisse nachzuweisen. Liegt Ihr Einkommen dann irgendwann über dem Selbstbehalt, werden Sie rückzahlungspflichtig.

Unterhaltsvorschuss zurückzahlen bei Arbeitslosigkeit und bei Krankheit

Sind Sie arbeitslos oder gesundheitlich eingeschränkt, entfällt nicht automatisch Ihre Unterhaltspflicht für Ihr Kind. Nur wenn Sie trotz ständiger Bemühungen keine angemessene Erwerbstätigkeit finden und entsprechendes Geld verdienen, kann Ihre Unterhaltspflicht für diesen Zeitraum entfallen. Die Gerichte haben dazu strenge Regeln aufgestellt. Beziehen Sie Sozialleistungen, werden diese als Einkommen berücksichtigt und können Ihre Unterhaltspflicht begründen, wenn sie höher als der Selbstbehalt sind.

Wann verjähren Schulden beim Jugendamt?

Die Regressforderungen des Jugendamtes verjähren nach drei Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt erst mit Beginn des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. So verjähren beispielsweise Forderungen aus dem Jahr 2022 erst zum 31.12.2025. Das Jugendamt kann die Verjährung unterbrechen, indem es Sie fortlaufend anschreibt und auffordert, Auskünfte über Ihre Einkommensverhältnisse zu erteilen. Dann verlängert sich die Verjährungsfrist.

 

Anders ist es, wenn der Anspruch des Kindes auf Kindesunterhalt rechtsverbindlich festgestellt wurde und damit tituliert ist. Der Anspruch ist tituliert, wenn Sie Ihre Unterhaltspflicht in einer Jugendamtsurkunde anerkannt haben oder ein Familiengericht in einem Beschluss festgestellt hat, dass Sie Kindesunterhalt zu zahlen haben. In diesem Fall verjährt der Anspruch erst nach 30 Jahren.

Kann man die Rückzahlung von Unterhaltsvorschuss umgehen?

Sie brauchen den Unterhaltsvorschuss nicht zurückzuzahlen, solange und soweit Ihr Einkommen unter dem Selbstbehalt liegt und Sie insoweit nicht leistungsfähig sind. Eine „Befreiung“ von der Rückzahlung, die mit einer Befreiung von der Pflicht zum Kindesunterhalt einhergehen würde, kommt nicht in Betracht.

Kann man den Unterhaltsvorschuss in Raten zurückzahlen?

Sie können mit dem Jugendamt nach Maßgabe Ihrer Einkommensverhältnisse vereinbaren, dass Sie den Unterhaltsvorschuss in Raten zurückzahlen. Der Vorteil besteht darin, dass die Dinge vorab geregelt sind. Solange Sie die Zahlungsvereinbarung einhalten, brauchen Sie keine Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zu befürchten. Eine Frist, bis wann der Unterhaltsvorschuss abbezahlt sein muss, besteht insoweit nicht.

EXPERTENTIPP

Kooperation mit Jugendämtern zahlt sich aus

Sie sollten sich keinesfalls scheuen, das Jugendamt insoweit anzusprechen. Zeigen Sie Engagement, dürfen Sie gewisses Entgegenkommen erwarten. Fällt es Ihnen schwer, mit der Behörde konstruktiv zu kommunizieren, sollten Sie einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin einbeziehen, die Ihre Zahlungspflicht mit dem Jugendamt verhandelt.

Alles in allem

Sind Sie daran interessiert, nicht ständig mit Zahlungsaufforderungen des Jugendamtes konfrontiert zu werden, sollten Sie eine Verständigung mit dem Jugendamt anstreben. Es kann immer noch besser sein, den Unterhaltsvorschuss auf der Grundlage klarer Absprachen in Raten abzubezahlen und sich zu der Verantwortung für das Kind zu bekennen, als ständig an die Zahlungspflicht erinnert zu werden.

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