Ehegattenunterhalt wird ein Thema, wenn Ehegatten auseinandergehen. Neben dem emotionalen Chaos stellt sich vor allem die Frage, wie es künftig finanziell weitergehen soll. Dazu sollten Sie wissen, dass sich der Ehegattenunterhalt aus dem Trennungsunterhalt und dem Geschiedenenunterhalt (nachehelicher Unterhalt, Scheidungsunterhalt) zusammensetzt. Beide Unterhaltsformen unterscheiden sich erheblich voneinander, sind rechtlich eigenständig und müssen daher jeweils gesondert geltend gemacht werden. Worauf es hier im Einzelnen ankommt und was für Sie ganz besonders wichtig ist, erfahren Sie in diesem Artikel.
Zu den wesentlichen Unterschieden zwischen Trennungsunterhalt und Geschiedenenunterhalt, aus denen sich der Ehegattenunterhalt zusammensetzt, sollten Sie Folgendes wissen:
Der Trennungsunterhalt bezweckt, dass die Eheleute während des Getrenntlebens in etwa finanziell so gestellt sind wie während des ehelichen Zusammenlebens. Damit dies gewährleistet ist, muss derjenige Ehegatte mit den besseren Einkommensverhältnissen an den anderen Ehegatten Unterhalt zahlen, § 1361 BGB. Ein Verzicht auf den Trennungsunterhalt, etwa durch eine notarielle Vereinbarung, ist nicht möglich.
Demgegenüber gilt beim Geschiedenenunterhalt der Grundsatz der Eigenverantwortung, wonach jeder Ehegatte seinen Lebensunterhalt selber sicherstellen muss, § 1569 BGB. Unterhaltszahlungen des besser verdienenden, geschiedenen Ehepartners kommen hier nur in Betracht, wenn für den anderen einer der gesetzlichen Unterhaltsbestände (etwa die Betreuung eines gemeinsamen Kindes bis zu dessen dritten Lebensjahr) vorliegt. Anders als beim Trennungsunterhalt kann auf den Geschiedenenunterhalt rechtswirksam verzichtet werden.
Der Anspruch auf Trennungsunterhalt entsteht automatisch in dem Zeitpunkt, in dem sich die Eheleute trennen. Dabei kann eine Trennung auch in der gemeinsamen ehelichen Wohnung erfolgen, sofern diese komplett von „Tisch und Bett“ erfolgt. Die grundsätzlich einzige Voraussetzung für den Anspruch auf Trennungsunterhalt ist, dass der den Unterhalt beanspruchende Ehegatte ein schlechteres Einkommen als der andere hat.
Verlangt werden kann der Trennungsunterhalt als Form des Ehegattenunterhalts regelmäßig nur im ersten Trennungsjahr. Länger als ein Jahr kann der Trennungsunterhalt nur beansprucht werden, wenn besondere Umstände vorliegen, wie etwa die notwendige Betreuung minderjähriger Kinder bis zum dritten Lebensjahr oder eine längere Ehedauer. Dabei handelt es sich letztlich um die Fälle, in denen auch nachehelicher Unterhalt in Betracht kommt.
Ansonsten endet der Anspruch auf Trennungsunterhalt einen Tag vor dem Tag, an dem die Scheidung rechtskräftig wird.
Was ist das Trennungsjahr und was muss beachtet werden? Erfahren Sie hier, wie sie das Trennungsjahr vorbereiten können.
Auch beim Geschiedenenunterhalt setzt der Anspruch voraus, dass der den Unterhalt beanspruchende Ehegatte ein schlechteres Einkommen als der andere hat. Allerdings ist hier zusätzlich erforderlich, dass einer der gesetzlichen Unterhaltstatbestände vorliegt oder es sich um eine Ehe von langer Dauer handelt.
Den gesetzlichen Unterhaltstatbeständen ist gemeinsam, dass sie nur dann eingreifen, wenn ehebedingte Nachteile vorliegen. Diese sind dann gegeben, wenn sie auf der Eheschließung und der Rollenverteilung in der Ehe beruhen. Der klassische Fall ist sicherlich derjenige, dass die vormals beruflich erfolgreiche Ehefrau zugunsten der Kinderbetreuung und Haushaltsführung ihre weitere Karriere aufgegeben hat. Umgekehrt liegt kein ehebedingter Nachteil vor, wenn die Ehe kinderlos geblieben ist, die Ehefrau ihre Karriere während der Ehe fortgesetzt hat, während der Trennungszeit arbeitslos wird und dies auch nach der Scheidung bleibt. Da sich hier lediglich das allgemeine Lebensrisiko verwirklicht hat, kommt nur ein Unterhaltsanspruch für eine kurze Zeit in Betracht.
Vor diesem Hintergrund sind die folgenden gesetzlichen Unterhaltstatbestände zu sehen:
Betreut ein geschiedener Ehegatte das gemeinsame Kind, kann er vom anderen für die Dauer von drei Jahren nach der Geburt des Kindes Betreuungsunterhalt verlangen. Ist nach dieser Zeit keine anderweitige Betreuung des Kindes möglich oder besteht aus sonstigen Gründen die Notwendigkeit zur persönlichen Betreuung des Kindes, kann sich der Anspruch verlängern, § 1570 Abs. 1 BGB. Erhält der berechtigte Ehegatte Betreuungsunterhalt, ist er zu einer Erwerbstätigkeit nicht verpflichtet.
Altersunterhalt kann beansprucht werden, wenn vom geschiedenen Ehepartner keine Erwerbstätigkeit mehr zu erwarten ist. Das ist regelmäßig mit Beginn des allgemeinen Renteneintrittsalters der Fall.
Der Anspruch auf Krankheitsunterhalt setzt ebenfalls voraus, dass beim Berechtigten aufgrund bestehender Krankheiten oder Gebrechen keine vollständige oder teilweise Erwerbstätigkeit mehr erwartet werden kann. Die Frage eines möglichen Verschuldens an der Krankheit oder an einem Gebrechen spielt dabei keine Rolle. .
Arbeitslosenunterhalt kann gefordert werden, bis der Berechtigte eine eigene angemessene Erwerbstätigkeit gefunden hat. Die Betonung liegt dabei auf „angemessen“, wobei sich dies nach Alter, Ausbildung, einer etwaigen früheren Tätigkeit sowie Gesundheitszustand und persönlichen Fähigkeiten des geschiedenen Ehepartners richtet. Unter Umständen muss sich der Berechtigte ausbilden, fortbilden oder umschulen lassen, § 1574 Abs. 3 BGB.
Es kann sein, dass der geschiedene Ehegatte zwar eine angemessene Erwerbstätigkeit ausübt, diese aber nicht für seinen vollen Unterhalt ausreicht. In diesem Fall kann er Aufstockungsunterhalt verlangen, und zwar in Höhe des Differenzbetrags zwischen seinen Einkünften und dem vollen Unterhalt. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass der Aufstockungsunterhalt mehr als 10% des bereinigten Nettoeinkommens des Berechtigten beträgt. Das bereinigte Nettoeinkommen entspricht dem Nettoeinkommen abzüglich berufsbedingter Aufwendungen, ehebedingten Schulden und sonstigen abzugsfähigen Positionen.
Ausbildungsunterhalt kann überwiegend verlangt werden, wenn die Berufsausbildung vor oder während der Ehe abgebrochen oder wegen der Ehe unterlassen wurde. Ein weiterer typischer Fall ist die Fortbildung oder Umschulung zum Ausgleich von ehebedingten Nachteilen. Voraussetzung für den Ausbildungsunterhalt ist, dass mit der Maßnahme zeitnah nach der Scheidung angefangen wird.
Der Billigkeitsunterhalt ist stets dann in Erwägung zu ziehen, wenn keiner der anderen Ansprüche auf Geschiedenenunterhalt gegeben ist, aber die Versagung eines Unterhaltsanspruchs grob unbillig wäre. Der Klassiker dieses eng auszulegenden Anspruchs ist gegeben, wenn die Ehefrau ihrem Mann über Jahre hinweg in dessen Betrieb ohne jede Entlohnung geholfen hat.
Expertentipp: Häufig kommt es zu sogenannten Unterhaltsketten, bei denen ein Unterhaltstatbestand an den anderen anschließt. So kann etwa auf den Anspruch auf Betreuungsunterhalt der Anspruch auf Ausbildungsunterhalt oder Arbeitslosenunterhalt folgen. Jeder dieser Ansprüche muss aber gesondert geltend gemacht werden.
In der Regel wird der Geschiedenenunterhalt als Form des Ehegattenunterhalts der Höhe nach herabgesetzt oder zeitlich befristet, wobei auch beides kombiniert werden kann, § 1587b BGB. Bei Ehen von langer Dauer (ab 20 Jahren) ist dies seit dem 01.03.2013 jedoch nicht mehr vorgesehen, da der Gesetzgeber das Kriterium der „Ehe von langer Dauer“ aus Gründen der nachehelichen Solidarität mit den „ehebedingten Nachteilen“ gleichgestellt hat. Geschiedenenunterhalt kann daher auch beansprucht werden, wenn zwar keiner der gesetzlichen Unterhaltstatbestände vorliegt, aber die Ehe von langer Dauer ist.
Sowohl der Trennungsunterhalt als auch der Geschiedenenunterhalt werden im Wesentlichen gleich berechnet. Unterschiede bestehen lediglich bei der Ermittlung des sogenannten Wohnvorteils, also wenn einer der getrenntlebenden oder geschiedenen Ehegatten in der gemeinsamen Immobile wohnen bleibt.
Zur Berechnung des Ehegattenunterhalts werden die Einkommen beider Ehegatten miteinander verglichen. Dabei muss der besser verdienende dem schlechter verdienenden Ehepartner einen Teil seines Einkommens abgegeben. Diese Höhe dieses Einkommensteils wird anhand der Leitlinien der Oberlandesgerichte bestimmt (etwa die Anmerkungen zur sogenannten Düsseldorfer Tabelle oder die Unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate in Süddeutschland – SüdL).
Praxisbeispiel: Während der Ehemann M über ein monatliches Erwerbseinkommen von netto 2.800 EUR netto verfügt, verdient die Ehefrau F monatlich 1.400 EUR netto. Damit erwirtschaftet M monatlich 1.400 EUR netto mehr als F. Folge: In den Anmerkungen zur Düsseldorfer Tabelle ist festgelegt, dass der besser verdienende Ehegatte 45% des Unterschiedsbetrags seines Erwerbseinkommens an den schlechter Verdienenden zu zahlen hat. Dabei behält der Besserverdienende 1/10 als sogenannten Erwerbsbonus. Dies bedeutet, dass M einen Betrag von 630 EUR zahlen muss.
Das Praxisbeispiel ist jedoch grob vereinfacht, gerade die Berechnung des Ehegattenunterhaltes gehört im Familienrecht zu den strittigsten Bereichen.
Dies fängt bereits mit der Frage an, ob der Besserverdienende überhaupt leistungsfähig für Unterhaltszahlungen ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass dem unterhaltspflichtigen getrenntlebenden oder geschiedenen Ehegatten gegenüber dem berechtigten Ehegatten ein Eigenbedarf (Selbstbehalt) in Höhe von monatlich 1.280 EUR verbleiben muss. Zudem sind die Unterhaltsansprüche etwaiger gemeinsamer minderjähriger und diesen gleichgestellter privilegierter volljähriger Kinder (bis 21 Jahre, im Haushalt eines Elternteils lebend und in der allgemeinen Schulausbildung) gegenüber den Unterhaltsansprüchen des Ehegatten vorrangig. Das bedeutet, die Ansprüche dieser Kinder müssen zuerst befriedigt werden. Daher werden die Unterhaltszahlungen für die Kinder vom Nettoeinkommen des unterhaltsverpflichteten Ehemannes abgezogen, so dass erst das sich daraus ergebende Einkommen für Unterhaltszahlungen an den Ehegatten zur Verfügung steht.
Hat der besserverdiende Ehegatte aber nur insgesamt 1.370 EUR netto im Monat zur Verfügung, ist er gegenüber dem schlechter verdienenden Ehegatten nicht leistungsfähig.
Weiter ist zu berücksichtigen, dass vom Nettoeinkommen aus Erwerbstätigkeit die berufsbedingten Aufwendungen abzuziehen sind (in der Regel 5%). Aber auch hier können Besonderheiten bestehen.
Davon abgesehen, kommt es auch darauf an, von welchem Einkommen die Ehe geprägt war. Hat also etwa ein Ehegatte regelmäßig bestimmte Verbindlichkeiten bezahlt (etwa zur Vermögensbildung), stand dieses Geld während der Ehe nicht zur Verfügung, so dass es nicht für den Unterhalt zu berücksichtigen ist. Zusätzliche Begriffe wie „überobligatorisches Einkommen“ (einer der Ehegatten arbeitet mehr als er müsste, so dass dieses Geld bei der Unterhaltsberechnung nicht zu berücksichtigen ist) und „fiktives Einkommen“ (welches für den Unterhalt angerechnet wird, obwohl es gar nicht verdient wird, weil der Ehegatte etwa mutwillig seinen Arbeitsplatz aufgegeben hat), runden die Schwierigkeiten bei der Berechnung des Ehegattenunterhaltes ab.
Expertentipp: Auch wenn die Berechnung von Trennungsunterhalt und Geschiedenenunterhalt im Wesentlichen gleich ist: Nach der Scheidung ist regelmäßig eine Neuberechnung für den nachehelichen Unterhalt erforderlich, weil sich Steuerklassen und Einkommenshöhe ändern.
Der Trennungsunterhalt und der Geschiedenenunterhalt betreffen nur den sogenannten Elementarunterhalt. Daneben sind – bei entsprechender Leistungsfähigkeit des besserverdienden Ehegatten – zusätzliche Ansprüche möglich.
So kann zusätzlich zum Trennungsunterhalt unter bestimmten Voraussetzungen ein Anspruch auf Altersvorsorgeunterhalt in Betracht kommen, der die finanzielle Absicherung des unterhaltsberechtigten Ehegatten im Rentenalter bezweckt. Das gilt ebenso für eine finanzielle Absicherung im Falle der Berufs- und Erwerbsunfähigkeit.
Auch beim Geschiedenenunterhalt sind solche Ansprüche möglich. Zusätzlich ist hier aber auch noch an einen Anspruch auf Krankenvorsorgeunterhalt nach § 1578 Abs. 2 BGB zu denken.
In der Praxis scheitern diese zusätzlichen Ansprüche auf Ehegattenunterhalt meist an der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten.
Der Anspruch auf Ehegattenunterhalt kann unter Umständen wegen grober Unbilligkeit verweigert, herabgesetzt oder zeitlich beschränkt werden kann, § 1579 BGB. Dies wird im Einzelfall vom Familiengericht beschlossen, sofern bestimmte Voraussetzungen vorliegen. Grobe Unbilligkeit liegt etwa vor, wenn Straftaten gegen den Unterhaltsverpflichteten begangen wurden oder der Berechtigte eine neue, verfestigte Lebensgemeinschaft führt.
Beim Geschiedenenunterhalt ist hier auch der Fall zu nennen, dass bei Ehen von kurzer Dauer (ca. zwei Jahre von der Heirat bis zur Anhängigkeit des Scheidungsantrags, es sei denn, ein gemeinsames Kind ist aus dieser Ehe hervorgegangen) keine Unterhaltsansprüche bestehen.
Umgekehrt kann Ehegattenunterhalt erst verlangt werden, wenn er geltend gemacht wurde, also für die Zukunft. Die rückwirkende Geltendmachung solcher Unterhaltsansprüche für die Vergangenheit ist nur in eng umgrenzten Ausnahmefällen möglich.
Geschrieben von: iurFRIEND-Redaktion