Zahlen Sie oder fordern Sie Unterhalt, kommt es auf das bereinigte Nettoeinkommen des unterhaltspflichtigen Ehepartners oder Elternteils an. Das bereinigte Nettoeinkommen bestimmt das unterhaltsrelevante Einkommen. Es ergibt sich, wenn Sie vom Bruttoeinkommen eine Reihe unterhaltsrelevanter Verbindlichkeiten abziehen. Wir erklären, mit welchen Schritten Sie das bereinigte Nettoeinkommen ermitteln.
Tipp 1: Freiwillige Leistungen Dritter bleiben außen vor
Erhalten Sie von Ihren Eltern auf freiwilliger Basis finanzielle Zuschüsse, brauchen Sie diese nicht als Einkommen zu berücksichtigen.
Tipp 2: Berücksichtigen Sie den Wohnvorteil
Wohnt der Unterhaltspflichtige in der eigenen Immobilie und spart Miete, ist seinem Einkommen der Wohnvorteil hinzuzurechnen.
Tipp 3: Lassen Sie den Unterhalt individuell berechnen
Vertrauen Sie nicht blind Unterhaltsrechnern im Internet. Besser ist, wenn Sie den Unterhalt anhand Ihrer familiären und wirtschaftlichen Gegebenheiten individuell errechnen lassen.
Egal, ob Sie Kindesunterhalt, Trennungsunterhalt für den Zeitraum der Trennung oder Ehegattenunterhalt nach der Scheidung fordern oder zahlen: Maßgeblich kommt es auf das bereinigte Nettoeinkommen dessen an, der Unterhalt zahlen soll. Das bereinigte Nettoeinkommen ist das unterhaltsrelevante Einkommen, also genau das Einkommen, das für die Bemessung des Unterhalts die maßgebliche Rolle spielt.
Geht es um den Kindesunterhalt, bestimmt das unterhaltsrelevante bereinigte Nettoeinkommen nach Maßgabe der Düsseldorfer Tabelle die Höhe des Kindesunterhalts. Für die Berechnung des Trennungsunterhalts und des Ehegattenunterhalts nach der Scheidung gibt es keine vergleichbaren Tabellen. Vielmehr berechnet sich der Unterhalt nach Ihren Lebensverhältnissen und Ihrem Lebensbedarf. Das Gesetz bestimmt hierzu eine Reihe von Grundsätzen.
Gut zu wissen: Das bereinigte Nettoeinkommen ist nicht identisch mit dem Nettoeinkommen in der Gehaltsabrechnung. Vielmehr wird das bereinigte Nettoeinkommen nach eigenständigen Regeln berechnet. Grund ist, dass es im Steuerrecht Abschreibungsmöglichkeiten gibt, die im Unterhaltsrecht nicht anerkannt werden. Umgekehrt können Sie im Unterhaltsrecht Beträge abziehen, die Sie wiederum steuerlich nicht geltend machen können.
Ausgangspunkt, um das das unterhaltsrelevante bereinigte Nettoeinkommen beim unterhaltspflichtigen Ehepartner oder Elternteil zu berechnen, ist immer das Gesamteinkommen.
Sind Sie angestellt, zählt Ihr durchschnittliches Bruttoeinkommen der vergangenen letzten 12 Monate. Es kommt insoweit also nicht darauf an, was Sie im nächsten Monat oder in einem halben Jahr verdienen. Sind Sie selbstständig oder freiberuflich tätig, zählt Ihr durchschnittliches Einkommen der letzten drei Jahre. Zum Einkommen an sich kommen aber noch weitere Posten hinzu. Insbesondere zählen auch Sachbezüge. In Betracht kommen unter anderem:
Gut zu wissen: Erhalten Sie von Ihren Eltern freiwillige Unterstützungsleistungen, werden diese nicht Ihrem Einkommen zugerechnet. Oder arbeiten Sie mehr, als Sie arbeiten müssten, werden Ihre Einkünfte als überobligatorische Arbeit betrachtet und allenfalls zur Hälfte als Einkommen berücksichtigt. Dies kann der Fall sein, wenn Sie neben Ihrer eigentlichen Arbeit noch eine Nebentätigkeit ausüben, um Schulden abbezahlen zu können.
Steht das Gesamteinkommen fest, sind unterhaltsrelevante Schulden und Verbindlichkeiten berücksichtigen. Was kann man also alles vom Unterhalt abziehen? In Betracht kommen:
Gut zu wissen: Ist der Unterhaltspflichtige nicht sozialversicherungspflichtig, ist ihm bei der Berechnung des unterhaltsrelevanten Einkommens ein Anteil von rund 20 % seiner Bruttoeinnahmen für den Aufbau einer privaten Altersversorgung zuzubilligen (BGH Az. XII ZR 67/00). Der Ansatz entfällt, wenn die Kosten bereits als Betriebsausgaben berücksichtigt wurden.
Heiraten Sie nach der Scheidung erneut, können Sie die Unterhaltspflicht gegenüber Ihrem neuen Ehepartner nicht einkommensmindernd geltend machen. Der „alte“ und der „neue“ Ehepartner müssen sich den Unterhalt teilen. Der Ex-Ehepartner ist ausnahmsweise bevorrechtigt, wenn er/sie Unterhalt wegen Kindesbetreuung verlangen oder eine lange Ehezeit von mindestens 15 Jahren geltend machen kann. In diesem Fall ist sein Unterhaltsanspruch vorrangig zu bedienen.
Dazu gibt es drei wichtige Aspekte zu kennen.
Fordern Sie Unterhalt, sind Sie darauf angewiesen, dass der Ex-Ehepartner oder Elternteil Auskunft über seine wirtschaftlichen Verhältnisse erteilt. Das Gesetz bestimmt deshalb, dass der Unterhaltspflichtige auskunftspflichtig ist (§ 1605 BGB). Sie haben die Höhe Ihrer Einkünfte zu belegen und Belege vorzulegen, aus denen sich die genaue Höhe der Einkünfte ergibt. Wichtig ist, dass der Unterhaltsberechtigte ohne übermäßigen Aufwand in der Lage sein muss, den Unterhaltsanspruch nachzuvollziehen. Negativbelege brauchen Sie nicht zu erstellen, also beispielsweise nicht eine negative Auskunft Ihrer Bank vorzulegen, dass Sie keine Zinserträge erzielen.
Gut zu wissen: Haben Sie nach der Scheidung erneut geheiratet, müssen Sie auch Auskunft über die Eigentumsverhältnisse Ihres neuen Ehepartners erteilen, wenn Ihre eigenen Einkünfte unter Ihrem jeweiligen Selbstbehalt liegen. Nur so kann nämlich die unterhaltsberechtigte Person Ihren Anteil am Familienunterhalt bestimmen.
Sind Sie Spitzenverdiener und liegen mit Ihrem Verdienst über der höchsten Einkommensstufe der Düsseldorfer Tabelle, genügt es zur Bestimmung des Kindesunterhalts nicht, zu erklären, Sie seien „unbegrenzt leistungsfähig“. Der Bedarf des Kindes leitet sich nämlich von der Lebensstellung seiner Eltern ab. Auch wenn das Kind keinen Anspruch auf Teilhabe an dem besonders hohen Verdienst eines Elternteils habe, müssen die Gerichte für die Bemessung des Bedarfs des Kindes die genaue Höhe des Einkommens kennen. Auch spiele das Einkommen eine Rolle, wenn es darum gehe, mit welchem Anteil sich die Elternteile an bestimmten Kosten wie beispielsweise den Betreuungskosten für einen Kinderhort, beteiligen müssen (BGH, Urteil vom 16.9.2020, Az. XIII ZB 499/19).
Steht das bereinigte Nettoeinkommen des unterhaltspflichtigen Ehepartners oder Elternteils fest, ist auch das Nettoeinkommen des Unterhaltsempfängers festzustellen. Auch hier kommt es auf das unterhaltsrelevante bereinigte Nettoeinkommen an. Der Betrag, der sich als unterhaltsrelevantes Nettoeinkommen ergibt, ist bei den Unterhaltszahlungen zu berücksichtigen.
Zögern Sie es nicht hinaus, sich über das Trennungsjahr, die Scheidung und ihre Folgen zu informieren. Machen Sie sich rechtzeitig Gedanken und versuchen sich zu einigen.
Zu unterscheiden sind hier der Kindesunterhalt sowie der Trennungs- und Ehegattenunterhalt.
Steht das bereinigte Nettoeinkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils fest, ergibt sich der Kindesunterhalt aus der Düsseldorfer Tabelle. Das unterhaltsrelevante Einkommen bestimmt die Einordnung in eine der Einkommensstufen 1 - 15 in der Tabelle. Je nachdem, in welche der vier Altersstufen das Kind einzustufen ist, ergibt sich die Höhe des Kindesunterhalts. Soweit ein minderjähriges Kind eigene Einkünfte hat, die es beispielsweise durch Zeitungsaustragen verdient, sind diese nicht auf den Kindesunterhalt anzurechnen. Eine Ausbildungsvergütung ist jedoch bis auf einen Freibetrag von 100 EUR zu berücksichtigen. Auch BAföG reduziert den Kindesunterhalt.
Der Unterhalt für getrenntlebende und geschiedene Ehegatten bemisst sich im Ergebnis grundsätzlich nach dem Halbteilungsgrundsatz. Bei Erwerbseinkünften wird noch vorab ein Erwerbstätigenbonus berücksichtigt, der den erwerbstätigen Ehepartner motivieren soll, auch künftig eigenes Geld zu verdienen.
Praxisbeispiel: Das unterhaltsrelevante bereinigte Nettoeinkommen des Ehepartners 1 beträgt 6.000 EUR, das unterhaltsrelevante bereinigte Nettoeinkommen des Ehepartners 2 beträgt 1.500 EUR. Beide können einen Erwerbstätigenbonus von 1/10 beanspruchen.
Der Unterhaltsempfänger hat Anspruch auf 45% der Differenz der beiden Einkommen:
Der Unterhaltsberechtigte hat also einen Unterhaltsanspruch von 2.025 EUR.
Unterhaltsrechner sind eine Hilfe, wenn Sie den Unterhalt grob berechnen wollen. Der Schwachpunkt besteht darin, dass Sie genau wissen müssen, welche Daten und Fakten Sie dazu in den Rechner eingeben müssen. Machen Sie bei der Berechnung oder der Eingabe des bereinigten Nettoeinkommens fehlerhafte oder unvollständige Angaben, erhalten Sie meist falsche und oft überhöhte und in der Sache nicht begründete Ergebnisse. Sie fahren besser, wenn Sie sich den Unterhaltsanspruch individuell und nach Maßgabe Ihrer familiären und wirtschaftlichen Verhältnisse konkret berechnen lassen.
Sind Sie nicht anwaltlich beraten, riskieren Sie, dass Sie zu hohe Unterhaltsbeträge fordern und den unterhaltspflichtigen Partner oder Elternteil möglicherweise veranlassen oder gar provozieren, seine Unterhaltspflicht in Frage zu stellen. Umgekehrt riskieren Sie, dass Sie Ihre Unterhaltspflichten fehlerhaft beurteilen und den Unterhaltsempfänger veranlassen, den Unterhaltsanspruch im ungünstigsten Fall gerichtlich geltend zu machen.
Das Unterhaltsrecht hat unglaublich viele Facetten. Dies hängt damit zusammen, dass jede Lebenssituation individuell ist. Sofern Sie den Zahlbetrag für den Unterhalt nicht in Übereinstimmung mit Ihrem Ehepartner und dem Elternteil festsetzen, sollten Sie sich frühzeitig anwaltlich beraten lassen.
Geschrieben von: