Gerade minderjährige Kinder sind von allen Bedürftigen diejenigen, die am meisten auf den Unterhalt angewiesen sind. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um eheliche, nichteheliche oder adoptierte Kinder handelt. Der Gesetzgeber hat daher verschiedene Instrumentarien geschaffen, die den Vorrang und die Zahlung des Kindesunterhalts gewährleisten sollen. Dazu gehört auch der Mindestunterhalt für Kinder, auf den minderjährige Kinder nach § 1612a Abs. 4 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Verbindung mit der Mindestunterhaltsverordnung Anspruch haben. Was Sie zum Mindestkindesunterhalt wissen sollten und welche gesteigerten Erwerbsobliegenheiten für Unterhaltspflichtige gelten, erfahren Sie hier.
Festgelegt wurden in der Mindestunterhaltsverordnung die folgenden monatlichen Beträge für den Mindestkindesunterhalt das Jahr 2023:
Diese Beträge für den Mindestunterhalt für Kinder entsprechen der untersten Tabellengruppe der Düsseldorfer Tabelle, die zwar keine Gesetzeskraft hat, aber bundesweit für die Ermittlung des Kindesunterhalts verwendet wird. Diese Tabelle, die für zwei Unterhaltsberechtigte ausgelegt ist, enthält 15 Einkommensgruppen sowie drei Altersgruppen für minderjährige Kinder und eine Altersgruppe für volljährige Kinder. Möchten Sie mit Hilfe der Düsseldorfer Tabelle den Kindesunterhalt ermitteln, brauchen Sie dazu lediglich den Unterhaltspflichtigen in seine Einkommensgruppe einzuordnen. Aus der Altersgruppe des Kindes können Sie dann ersehen, wie hoch sein monatlicher Unterhalt ist.
In der Düsseldorfer Tabelle ist das Kindergeld allerdings nicht berücksichtigt. Dieses wird in der Regel an denjenigen Elternteil gezahlt, bei dem das Kind lebt. Der barunterhaltspflichtige Elternteil hat aber Anspruch auf das hälftige Kindergeld, so dass er den monatlichen Mindestunterhalt für Kinder um das halbe Kindergeld kürzen darf, wenn der andere Elternteil das Kindergeld erhält. Das Kindergeld beläuft sich monatlich auf:
Das hat folgende monatliche Zahlbeträge des Barunterhaltspflichtigen für den Mindestkindesunterhalt 2023 zur Folge, wobei der Zahlbetrag das ist, was der Pflichtige tatsächlich zahlen muss:
Diese Zahlbeträge sind im Einzelnen im „Anhang: Tabelle Zahlbeträge ab 1. Juli 2023“ zur Düsseldorfer Tabelle dargestellt.
§ 1612a BGB und die Mindestunterhaltsverordnung erwecken den Eindruck, dass nur minderjährige unverheiratete Kinder Anspruch auf Mindestkindesunterhalt haben. Das ist jedoch so nicht richtig. Den minderjährigen unverheirateten Kindern stehen volljährige unverheiratete Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gleich, solange sie im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden. Damit haben also nicht nur minderjährige unverheiratete Kinder, sondern auch privilegierte volljährige Kinder Anspruch auf Mindestunterhalt.
Die Höhe dieses Mindestunterhalts ergibt sich aus der untersten Tabellengruppe der Düsseldorfer Tabelle. Auch hier ist aber das Kindergeld zu berücksichtigen, das nun nicht mehr an das betreuende Elternteil, sondern an das volljährige Kind ausgezahlt wird. Das Kindergeld mindert daher in voller Höhe den Bedarf des Volljährigen, so dass sich in dieser Höhe sein Anspruch auf Mindestkindesunterhalt verringert. Der Zahlbetrag für das privilegierte volljährige Kind ergibt sich ebenfalls aus dem Anhang: Tabelle Zahlbeträge“ zur Düsseldorfer Tabelle.
Auch wenn der Barunterhaltspflichtige den Mindestunterhalt für die minderjährigen und diesen gleichgestellten privilegierten volljährigen Kinder an sich zu zahlen hat: Ihm selber muss so viel verbleiben, dass seine Existenz gesichert ist und er nicht selber bedürftig wird. Daher steht dem Unterhaltspflichtigen zur Abdeckung seines Existenzminimums gegenüber den minderjährigen und privilegierten volljährigen Kindern der notwendige Eigenbedarf zu. Dieser ist unantastbar und gegenüber den Unterhaltsverpflichtungen vorrangig. Der notwendige Eigenbedarf (Selbstbehalt) beträgt gemäß Anmerkung 5. der Düsseldorfer Tabelle monatlich:
Den Mindestunterhalt für Kinder zahlen kann der Pflichtige nur, wenn er leistungsfähig ist, also seine Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit oder Vermögen über dem notwendigen Eigenbedarf liegen. Ist der Pflichtige nicht leistungsfähig, kann er keinen Unterhalt zahlen und ist daher nicht unterhaltspflichtig.
Ist der Pflichtige mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig, muss er trotzdem alles in seinen Kräften stehende unternehmen, um den Mindestkindesunterhalt sicherzustellen. Den Pflichtigen trifft insoweit eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit (gesteigerte Erwerbspflicht, gesteigerte Unterhaltspflicht, gesteigerte Leistungsfähigkeit).
Gesteigerte Erwerbsobliegenheit heißt, dass der Pflichtige zusätzliche Anstrengungen unternehmen muss, um den Mindestunterhalt für Kinder zahlen zu können. Diese Verpflichtung besteht solange bis der Mindestkindesunterhalt gezahlt werden kann. Ist der Pflichtige zur Zahlung des Mindestunterhalts imstande, entfällt die gesteigerte Erwerbsobliegenheit.
Konkret hat die gesteigerte Erwerbsobliegenheit für den Unterhaltspflichtige zur Folge, dass er zur Abdeckung des Mindestunterhalts:
Auch der Einwand des Unterhaltspflichtigen, er könne den Mindestunterhalt für Kinder aufgrund vorhandener Schulden oder seiner Fahrtkosten zur Arbeit nicht zahlen, greift nicht ohne weiteres.
Aufgrund seiner gesteigerten Erwerbsobliegenheit ist der Pflichtige vielmehr dazu angehalten, geringere monatliche Kreditraten zu beantragen, auch wenn der Kredit dadurch insgesamt teurer wird. Monatliche Darlehensraten bis 100 EUR bleiben selbst dann unberücksichtigt, wenn der notwendige Eigenbedarf dadurch angetastet wird. Sind gegen den Pflichtigen mehrere Pfändungen ausgebracht und kann er deswegen keinen Unterhalt zahlen, muss er regelmäßig den Weg der Privatinsolvenz beschreiten, um eine Vorrangigkeit der Unterhaltsforderung gegenüber den anderen Forderungen zu erreichen.
Die Strecken von und zur Arbeitsstelle hat der Pflichtige mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückzulegen, wenn das billiger als die Fahrten mit dem eigenen Pkw ist, auch wenn die Fahrtzeiten dadurch länger werden. Insoweit stellt sich bei einem teuren Pkw auch die Frage, ob dieser nicht verkauft und der Erlös zur Zahlung des Mindestunterhalts verwendet werden muss, da grundsätzlich auch vorhandenes Vermögen zur Mindestunterhaltssicherung einzusetzen ist.
Kommt der Unterhaltspflichtige seiner gesteigerten Erwerbsobliegenheit schuldhaft nicht nach, muss er sich so behandeln lassen, als ob er das ihm mögliche Einkommen erzielen würde. Das gilt erst recht, wenn der Pflichtige mutwillig seine Arbeitsstelle aufgibt. Damit wird dem Pflichtigen ein fiktives Einkommen unterstellt, welches das Familiengericht ihm in einem Unterhaltsrechtsstreit anrechnet. Aus dem Unterhaltstitel, also dem Beschluss des Familiengerichts, kann der Berechtigte dann notfalls gegen den Pflichtigen die Zwangsvollstreckung betreiben. Trägt der Pflichtige im Unterhaltsverfahren bei Gericht vor, er sei nicht leistungsfähig, ist er dafür darlegungs- und beweispflichtig. Pauschale Aussagen nach dem Motto „Ich habe nichts“ reichen den Familienrichtern nicht.
Die gesteigerte Erwerbsobliegenheit entfällt nicht nur bei Zahlung des Mindestunterhalts, sondern auch dann, wenn das Kind den Unterhalt aus seinem Vermögen bestreiten kann oder ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist. Speziell der Fall, dass ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter existiert, kann in der Praxis von Bedeutung sein. Denn als „unterhaltspflichtiger Verwandte“ kommt auch der andere Elternteil in Betracht, bei dem das minderjährige oder privilegierte volljährige Kind lebt.
Beim minderjährigen Kind besteht jedenfalls eine Verpflichtung zur Zahlung des Barunterhalts auch durch den betreuenden Elternteil, wenn dieser
Expertentipp: Können weder der barunterhaltspflichtige noch der betreuende Elternteil den Mindestunterhalt für Kinder zahlen, hat der Betreuende die Möglichkeit, für Kinder bis 18 Jahre beim Jugendamt Unterhaltsvorschuss nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) zu erhalten. Er kann auch dann beantragt werden, wenn der Pflichtige trotz Leistungsfähigkeit die Zahlung des Mindestkindesunterhalt verweigert.
Der Mindestunterhalt für Kinder geht primär aus der untersten Tabellengruppe der Düsseldorfer Tabelle hervor und wird mindestens alle zwei Jahre geregelt. Der Unterhaltspflichtige darf allerdings die zustehende Hälfte des Kindergeldes abziehen und leistet so den Zahlbetrag. Dieser ergibt sich ebenfalls aus der Düsseldorfer Tabelle. Privilegierte volljährige Kinder sind den minderjährigen Kindern gleichgestellt und haben ebenfalls Anspruch auf Mindestunterhalt. Ist der Unterhaltspflichtige nicht leistungsfähig, kann er den Mindestunterhalt für das Kind nicht zahlen. Hier kommt der Eigenbedarf des Unterhaltspflichtigen zu tragen. Zur Sicherheit des Mindestunterhalts hat der jedoch Pflichtige eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit. Er muss also alles in seinen Kräften stehende tun, um den Mindestunterhalt zu zahlen. Ansonsten droht dem Unterhaltspflichtigen eine Verurteilung zur Zahlung des Mindestunterhalts.
Geschrieben von: iurFRIEND-Redaktion