Es ist gut, wenn Sie nach der Scheidung wieder auf eigenen Beinen stehen wollen. Nur so werden Sie finanziell unabhängig. Um diesen Weg zu gehen und im Beruf eigenes Geld zu verdienen, sind Sie möglicherweise darauf angewiesen, sich ausbilden, fortbilden oder umschulen zu lassen. Damit es gelingt, haben Sie gegenüber Ihrem Ex-Partner Anspruch auf Ausbildungsunterhalt. Wir erklären, unter welchen Voraussetzungen Sie Ausbildungsunterhalt verlangen können oder umgekehrt zahlen müssen und was Sie im Detail dazu wissen sollten.
Auch wenn Sie bislang Trennungsunterhalt bezogen haben, sind Sie spätestens mit der Scheidung verpflichtet, selbst für Ihren Lebensunterhalt zu sorgen. Sie haben nur ausnahmsweise Anspruch auf nachehelichen Unterhalt, wenn Sie sich zur Ausübung einer angemessenen beruflichen Tätigkeit ausbilden, fortbilden oder umschulen lassen. Für diese Zeit gelten Sie als unterhaltsbedürftig und können von Ihrem Ex-Partner Ausbildungsunterhalt verlangen. Gleichfalls haben Sie einen Anspruch, wenn Sie in Erwartung der Ehe oder während der Ehe eine Ausbildung abgebrochen oder nicht aufgenommen und dadurch ehebedingte Nachteile in Kauf genommen haben oder in Kauf nehmen mussten. Zweck des Anspruchs auf Ausbildungsunterhalt ist der Ausgleich von Nachteilen, die ein Ehepartner in seinem beruflichen Fortkommen mit Rücksicht auf die Ehe auf sich genommen hat.
Expertentipp: Das Gesetz stellt beim Ausbildungsunterhalt auf den Zeitpunkt nach der Scheidung ab. Dieser Ansatz greift eigentlich zu kurz. Vielmehr ist es konstruktiv, wenn Sie unmittelbar nach der Trennung motiviert sind, sich ausbilden, fortbilden oder umschulen zu lassen. Auch in diesem Fall gesteht die Rechtsprechung bereits ab dem Zeitpunkt der Trennung einen Anspruch auf Ausbildungsunterhalt zu, der im Rahmen des Trennungsunterhaltes zu berücksichtigen ist. Allerdings sind Sie unmittelbar nach der Trennung nicht direkt verpflichtet, eigenes Geld zu verdienen und brauchen sich nicht unmittelbar danach ausbilden, fortbilden oder umschulen zu lassen. Da Ihr Anspruch auf Trennungsunterhalt mit zunehmender Trennungsdauer immer weniger begründet ist, sollten Sie tatsächlich frühzeitig eine Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung ins Auge fassen und mit diesem Ziel Ihren Anspruch auf Trennungsunterhalt aufrechterhalten.
Zwar sind Sie nach der Scheidung für sich selbst verantwortlich, Sie brauchen aber unmittelbar nach der Scheidung nicht direkt eigenes Geld zu verdienen. Vielmehr erlaubt das Gesetz, dass Sie Ihre berufliche Qualifikation nachholen und zur Absicherung Ihres Lebensunterhalts sich ausbilden, fortbilden oder umschulen lassen. Ihr Unterhaltsanspruch und die Unterhaltspflicht Ihres Ehepartners begründen sich daraus, dass Sie auf diesem Weg Ihren künftigen Lebensunterhalt eigenständig erwirtschaften können. Da dieses Ziel auch dem Interesse Ihres Ex-Partners dient und diesen künftig von seiner Unterhaltspflicht befreit, haben Sie Anspruch auf Ausbildungsunterhalt.
Ziel eines Konfliktes oder einer Auseinandersetzung soll nicht der Sieg, sondern der Fortschritt sein.
Expertentipp: Sie sollten das Gespräch mit Ihrem Ex-Ehepartner suchen. Verdeutlichen Sie ihm oder ihr, dass Sie mit dem Ausbildungsunterhalt für sich selbst eine berufliche Perspektive schaffen und den Partner dadurch von seiner Unterhaltspflicht entlasten. Dann sollte es Ihnen gelingen, auf freiwilliger Basis eine entsprechende Vereinbarung herbeizuführen. Sie vermeiden damit eine meist völlig unnötige gerichtliche Auseinandersetzung und ermöglichen bestenfalls auch Ihre einvernehmliche kostengünstige Scheidung.
Sie haben Anspruch auf Ausbildungsunterhalt:
Ein Überblick zum Thema Unterhalt und Tipps für die Unterhaltsberechnung.
Expertentipp: Die Ausbildung darf kein Selbstzweck sein. Sie muss dazu dienen, Ihren Unterhalt zu gewährleisten (OLG Saarbrücken, FamRZ 2008, 411). Ein bloßes Hobbystudium oder die Fortsetzung Ihres Studiums allein aus Gründen der Selbstverwirklichung kommen daher nicht in Betracht. Sie müssen also nach Vorbildung, Fähigkeit, Alter, Gesundheitszustand und Arbeitswillen für die vorgesehene Ausbildung geeignet sein. Je genauer Sie wissen, was Sie wollen, desto leichter lässt sich Ihr Anspruch begründen und durchsetzen.
Beginnen Sie erst nach der Trennung eine Ausbildung, haben Sie keinen Anspruch auf Ausbildungsunterhalt. Vielmehr muss es so sein, dass Sie Ihre Ausbildung in Erwartung Ihrer Ehe, im Hinblick auf Ihre Eheschließung oder während Ihrer Ehe abgebrochen oder nicht aufgenommen haben. Sofern Sie Ihre Ausbildung noch nicht aufgenommen hatten, müssen Sie zumindest bereits feste Berufspläne gehabt und dazu konkrete Maßnahmen getroffen haben. Die bloße Äußerung von Berufswünschen reicht nicht aus.
Expertentipp: Sie wollen nach der Scheidung studieren. Sofern Sie die Universität bis dahin noch nicht von innen gesehen haben, müssen Sie nachweisen, dass Sie sich um einen Studienplatz beworben haben, bestenfalls eine Studienplatzzusage hatten, Ihren Studienwunsch aber nicht fortgeführt hatten, weil Sie bereits schwanger waren und Ihr Kind ehelich geboren werden sollte. Hatten Sie bis dahin „lediglich“ einen Realschulabschluss erworben und Ihren Studienwunsch wegen Ihrer Eheschließung zurückgestellt, können Sie keinen Ausbildungsunterhalt für ein späteres Studium verlangen, da Sie mangels Abitur noch nicht die Voraussetzungen geschaffen hatten, um Ihren Studienwunsch auf einer sicheren Grundlage anzugehen (OLG Frankfurt FamRZ 1995, 879).
Hatten Sie Ihre bereits begonnene Ausbildung nach Ihrer Eheschließung abgebrochen, spricht alles dafür, dass Ihre Ehe der Grund dafür war, dass Sie Ihre Ausbildung nicht fortgesetzt hatten. Auf das Motiv für den Abbruch der Ausbildung kommt es dann nicht an. Hatten Sie die Ausbildung wegen mangelnder Leistungen abgebrochen, besteht der Anspruch auf Ausbildungsunterhalt nicht. Erfolgte der Abbruch der Ausbildung jedoch vor Ihrer Eheschließung, müssten Sie konkret nachweisen, dass die Eheschließung tatsächlich der Anlass war, Ihre Ausbildung abzubrechen.
Ziel Ihrer Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung muss sein, dass Sie nach dem Abschluss eigenes Geld verdienen können. Sie sollen dort ansetzen, wo Sie angehalten haben, als Sie geheiratet haben. Wenn Sie Ihre Ausbildung im Hinblick auf Ihre Eheschließung abgebrochen oder nicht aufgenommen hatten, können Sie sich nach der Scheidung nur ausbilden oder fortbilden lassen, wenn das Berufsbild und der Ausbildungsgang einigermaßen vergleichbar ist (OLG Köln MDR 1996, 611). Ein Zweitstudium oder eine allgemein nicht anerkannte Ausbildung braucht der Ehepartner nicht zu finanzieren.
Expertentipp: Sie waren vor der Eheschließung medizinisch-technische Angestellte. Nach der Scheidung möchten Sie Medizin studieren. Da beide Berufsbilder nicht vergleichbar sind, besteht kein Anspruch auf Ausbildungsunterhalt. Es wäre Ihrem Ex-Partner nicht zuzumuten, Ihnen das Medizinstudium zu bezahlen. Ihr Unterhaltsanspruch besteht aber insoweit, als Sie sich in Ihrem früheren Beruf als MTA auf den neuesten Stand der Technik fortbilden oder als gelernte Arzthelferin sich zur medizinisch-technische Assistentin umschulen lassen.
Ihr Anspruch auf Ausbildungsunterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten für Ihre Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung. Ebenso besteht Anspruch auf Ersatz der Kosten für eine angemessene Krankenversicherung, aber kein Anspruch auf Vorsorgeunterhalt (§ 1578 Abs. II BGB). Um festzustellen, inwieweit Ihr Ex-Ehepartner überhaupt in der Lage ist, Ausbildungsunterhalt zu zahlen, sind Sie auf dessen Auskünfte über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse angewiesen. Je nachdem, in welcher Höhe sich ein unterhaltsrelevantes Einkommen ergibt, beziffert sich die Höhe des Ausbildungsunterhalts.
Beziehen Sie für Ihre Ausbildung oder Fortbildung BAföG oder Ausbildungsvergütung, handelt es sich um eigene Einnahmen, die Ihren Anspruch auf Ausbildungsunterhalt schmälern. Ihre Bedürftigkeit besteht dann nur noch soweit, wie die Unterhaltszahlungen auf den Betrag begrenzt sind, der sich nach Maßgabe des unterhaltsrelevanten Einkommens Ihres Ex-Partners ergibt. Sie sind nicht verpflichtet, in einem Nebenjob zu arbeiten und trotz Ihrer Ausbildung eigenes Geld zu verdienen. Soweit Sie dennoch in einem Nebenjob arbeiten, kommen die Einkünfte allenfalls ansatzweise in Anrechnung.
Sie haben nur dann einen Unterhaltsanspruch, wenn Sie selbst bedürftig sind und Ihren Lebensunterhalt aus eigenem Einkommen nicht gewährleisten können. Haben Sie eigenes Vermögen, brauchen Sie den Vermögensstamm nur für die Ausbildung oder Fortbildung einzusetzen, soweit die Verwertung ohne unzumutbare Verluste möglich ist.
Praxisbeispiel: Sie wohnen in einer eigenen vollständig oder weitgehend abbezahlten Wohnung. Da Sie keine Miete zahlen müssen, brauchen Sie die Wohnung nicht zu verkaufen. Ein Verkauf käme nur in Betracht, wenn die Wohnung für Ihre Verhältnisse unangemessen groß wäre. Haben Sie die Wohnung hingegen vermietet, müssen Sie die Mieteinnahmen für Ihren Lebensunterhalt und damit auch für Ihre Ausbildung verwenden.
Sie müssen Ihren Anspruch auf Ausbildungsunterhalt immer im Zusammenhang mit Ihrer Ehe begründen. Gehen Sie also erst einmal arbeiten und entschließen sich danach, sich ausbilden, fortbilden oder gar umschulen zu lassen, besteht kein Anspruch auf Ausbildungsunterhalt mehr.
Verantwortlich ist man nicht nur für das, was man tut, sondern auch für das, was man nicht tut.
Gut zu wissen: Sie brauchen nach der Scheidung jeden Euro. Sie gehen arbeiten und verdienen eigenes Geld. Da Sie eigenes Geld verdienen, sind Sie nicht unterhaltsbedürftig. Kündigt der Arbeitgeber aus betriebsbedingten Gründen nach einiger Zeit Ihr Arbeitsverhältnis, fehlt der Zusammenhang zwischen Ihrer Arbeitslosigkeit und Ihrer Scheidung. Ihre dann begründete Unterhaltsbedürftigkeit ist nicht mehr ehebedingt.
Ihr Ex-Ehepartner muss so lange Ausbildungsunterhalt zahlen, wie Sie Ihre Ausbildung oder Fortbildung in einem angemessenen zeitlichen Rahmen abschließen können. Sie sollten sich also nicht als Langzeitstudent versuchen. Verzögerungen, die durch Ihre ehebedingte Unterbrechung der Ausbildung entstehen, schaden jedoch nicht. Müssen Sie beispielsweise ein Vorsemester absolvieren, damit Sie den Anschluss an das eigentliche Studium finden, besteht der Anspruch auf Ausbildungsunterhalt.
Voraussetzungen für den nachehelichen Unterhalt
Ihre Ausbildung oder Fortbildung oder Umschulung garantiert natürlich keinen Arbeitsplatz. Finden Sie danach keinen angemessenen Arbeitsplatz, haben Sie Anspruch auf Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit, sofern Sie auch keine Ihrem früheren Ausbildungsstand entsprechende Stelle antreten können. Dabei schadet es nicht, wenn Sie in einem überschaubaren Zeitraum Arbeit suchen und für diesen Zeitraum Unterhalt verlangen.
Praxisbeispiel: Sie hatten nach Ihrer Ausbildung in einer Arztpraxis als Arzthelferin gearbeitet. Nach der Scheidung nutzten Sie die Chance und absolvierten eine Ausbildung als MTA. Da es Ihnen nicht gelingt, eine adäquate Stelle als MTA zu finden, müssen Sie wieder als Arzthelferin arbeiten. Sie können sich nicht darauf berufen, dass Sie keine Ihrer neuen Ausbildung als MTA entsprechende Arbeitsstelle finden und wegen Ihrer Arbeitslosigkeit Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit beanspruchen.
Der Anspruch auf Ausbildungsunterhalt spielt in der gerichtlichen Praxis eine eher untergeordnete Rolle. Dieser Umstand ändert aber nichts daran, dass das Gesetz Ausbildungsunterhalt anerkennt und Ehepartner darin ausdrücklich fördert, die Voraussetzungen für die Gewährleistung des eigenen Lebensunterhalts zu schaffen.
Geschrieben von: iurFRIEND-Redaktion