Mehr Unterhalt für Schulsachen?

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Dienstag, 01.09.2020, geschrieben von iurFRIEND-Redaktion

Begründen Schulsachen einen Mehr- oder Sonderbedarf?

Bildung ist die beste Voraussetzung, das Leben konstruktiv zu gestalten. Bildung kostet aber auch Geld. Braucht Ihr Kind neue Schulbücher oder wird es eingeschult, stehen Sie vielleicht jedes Jahr vor einer finanziellen Herausforderung. Dann ist es naheliegend, wenn Sie daran denken, den anderen Elternteil Ihres Kindes in die Verantwortung einzubeziehen und mehr Unterhalt für Schulsachen einzufordern. Ob und inwieweit Sie damit Erfolg haben, beantwortet das Unterhaltsrecht nicht unbedingt in Ihrem Sinne. Verfügen Sie nur über ein geringes Einkommen, haben Sie jedoch noch andere Möglichkeiten.

Unterhalt für Schulsachen ist im Barunterhalt enthalten

Betreuen Sie Ihr Kind in Ihrem Haushalt, ist Ihr Ex-Partner als Elternteil unterhaltspflichtig und leistet den Kindesunterhalt in Form von Barunterhalt. Dieser Barunterhalt deckt den Lebensbedarf Ihres Kindes ab. Zum Unterhaltsbedarf werden alle Aufwendungen gerechnet, die Sie für die Unterbringung, Ernährung, Bekleidung, Ausbildung und Gesundheitssorge Ihres Kindes aufbringen müssen. Der Barunterhalt bemisst sich nach der Düsseldorfer Tabelle. In diesem Unterhaltsbetrag sind normalerweise Ihre Aufwendungen für Schulsachen enthalten. Die Tabellensätze definieren den Unterhalt in Form von Pauschalbeträgen, bei denen auf das Jahr bezogene übliche Schwankungen nach oben oder unten bereits berücksichtigt sind.

 

Sie haben Anspruch darauf, dass Sie den Unterhalt in Bargeld erhalten. Ihr unterhaltspflichtiger Ex-Partner hat kein Recht, seine Unterhaltszahlungen mit Aufwendungen zu verrechnen, die er selbst für das Kind getätigt hat. Selbst wenn er sich in Wahrnehmung seines Umgangsrechts finanziell für das Kind engagiert, muss er den vollen Kindesunterhalt zahlen. Maßgebend ist immer der sich nach Maßgabe der Düsseldorfer Tabelle ergebende Unterhaltsbetrag. Demgemäß mindert sich Ihr Anspruch auf Barunterhalt auch nicht anteilig für den Zeitraum, den Ihr Kind im Rahmen des Umgangsrechts an Wochenenden oder in den Ferien bei dem unterhaltspflichtigen Elternteil verbringt (BGH FamRZ 1984, 473).

Begründen Schulsachen Mehrbedarf oder Sonderbedarf?

Mit der Feststellung, dass der Unterhalt für Schulsachen und Schulmaterialien bereits im normalen Barunterhalt enthalten ist, ist Ihnen als betreuender Elternteil finanziell natürlich nicht geholfen. Gerade, weil Schulsachen und Schulmaterialien oft teuer sind, reicht der normale Barunterhalt möglicherweise nicht aus, um den Kostenaufwand zuverlässig abzudecken.

Da Schulsachen meist nur zu Beginn des Jahres anfallen, könnten Sie argumentieren, es handele sich um Mehrbedarf oder Sonderbedarf, der über den normalen Bedarf des Kindesunterhalts hinausgeht. Bevor Sie jetzt einen Streit vom Zaun brechen oder sich als unterhaltspflichtiger Elternteil übermäßig aufregen, sollten Sie die Vorschrift des § 1613 BGB zurate ziehen. Gesetz und Rechtsprechung haben relativ klar geregelt, wann Elternteile Anspruch auf Mehrbedarf oder Sonderbedarf für Ihr Kind haben. Sie dürfen sich dabei nicht von der vermeintlichen Bedeutung der Begriffe zu einer Interpretation verleiten lassen, die der Inhalt tatsächlich nicht hergibt.

Sind denn Schulsachen kein Mehrbedarf?

Vom Wortlaut her sind Schulsachen natürlich MehrbedarfRechtlich sind sie es aber nicht. Mehrbedarf ist definiert als ein während eines längeren Zeitraums regelmäßig anfallender Bedarf, der die üblichen Kosten übersteigt und deshalb in den Regelsätzen der Düsseldorfer Tabelle nicht enthalten ist (BGH Urteil vom 26.11.2008, XII ZR). Damit scheitert der Kostenaufwand für Schulsachen bereits daran, dass er nicht während eines längeren Zeitraums regelmäßig anfällt. Selbst wenn während des Schuljahres immer wieder einmal Schulsachen angeschafft werden müssen, fallen sie nicht regelmäßig an.

Sind denn Schulsachen kein Sonderbedarf?

Sonderbedarf ist definiert als ein Bedarf, der unregelmäßig eintritt und außergewöhnlich hoch ist. Es muss sich also um einen Bedarf handeln, der überraschend und unvorhergesehen entsteht und so hoch ist, dass es Ihnen als betreuender Elternteil nicht zuzumuten ist, den Kostenaufwand alleine tragen zu müssen (§ 1613 Abs. II BGB, BGH FamRZ 1982, 145).

 

Unregelmäßig ist ein Bedarf nur dann, wenn er nicht mit Wahrscheinlichkeit vorauszusehen war und deshalb bei der Bemessung des laufenden Unterhalts durch Bildung von Rücklagen im laufenden Unterhalt nicht berücksichtigt werden konnte (BGH, FamRZ 2006, 612). Bedarfspositionen, die also über einen gewissen Zeitraum hinweg regelmäßig wiederkehrend entstehen, sind somit kein Sonderbedarf. Außerdem muss der Bedarf im Verhältnis zum laufenden Unterhalt außergewöhnlich hoch daherkommen. Zudem ist die Notwendigkeit im Einzelfall zu begründen.

 

Auch mit dieser Definition können Sie den unterhaltspflichtigen Elternteil nicht am Kostenaufwand für Schulsachen beteiligen. Schulsachen sind kein Sonderbedarf, da deren Anschaffung nicht unregelmäßig ist. Vielmehr müssen Sie jedes Schuljahr neue Schulmaterialien anschaffen. Außerdem ist der Kostenaufwand für Schulmaterialien nicht überraschend. Sie müssen also wohl oder übel im Hinblick auf das anstehende Schuljahr Geld ansparen und Ihre Lebensführung so kalkulieren, dass noch ausreichend Geld für Schulsachen übrig bleibt.

 

Demgemäß hat auch das Bundesverwaltungsgericht festgestellt, dass die Kosten für eine Schultüte bei der Einschulung keinen Sonderbedarf darstellen (BVerwG Urteil vom 21.1.1993, 5 C 34 92). Müssen Sie eine Schultüte kaufen, so müssen Sie den Kostenaufwand aus dem Barunterhalt abdecken.

Was ist, wenn Sie die Kosten für Schulsachen nicht bezahlen können?

In vielen Bundesländern haben Sie die Möglichkeit, die Schulbücher über die Schule auszuleihen. Die Bundesländer übernehmen dafür die Kosten. Sie brauchen die Schulbücher also nicht aus der eigenen Tasche zu bezahlen. Bezahlen müssen Sie lediglich sonstige Schulmaterialien, wie Schultüte, Schreibwerkzeug und Schulhefte. Nachteilig dabei ist, dass Ihr Kind die ausgeliehenen Schulbücher sorgfältig behandeln und nach Ablauf des Schuljahres in dem Zustand zurückgeben muss, in dem es die Schulbücher am Anfang des Schuljahres entgegengenommen hat.

Nutzen Sie das staatliche Bildungspaket

Fällt es Ihnen schwer, Schulmaterialien zu bezahlen, gibt es immer noch das Bildungs- und Teilhabegesetz. Sie haben Anspruch auf Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn Sie oder Ihr Kind bereits eine staatliche Unterstützungsleistung beziehen. Dies ist der Fall, wenn Sie den Kinderzuschlag, die Grundsicherung für Arbeitssuchende, Sozialhilfe, Wohngeld oder Asylbewerberleistungen beziehen. Auch wenn Sie keine dieser Leistungen beziehen, besteht eventuell Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitssuchende oder Sozialhilfe (Bedarfsauslösung).

 

Über Leistungen für Bildung und Teilhabe, das sogenannte Bildungspaket, berät Sie die für Sie zuständige Gemeinde oder Ihr Landkreis. Sie können Leistungen erhalten für den persönlichen Schulbedarf wie Schulranzen, Sportzeug, Stifte, Füller, Hefte, Bastelmaterial, Taschenrechner und Lernsoftware bis zu 150 EUR im Schuljahr. Außerdem können die Ausgaben für ein- und mehrtägige Ausflüge, die Kosten für die Schülerbeförderung, ein gemeinsames Mittagessen in der Schule und die angemessene Lernförderung auch ohne Versetzungsgefährdung übernommen werden. Insoweit sind Sie nicht unbedingt darauf angewiesen, dass sich Ihr Ehepartner an Ihrem Kostenaufwand beteiligt.

Alles in allem

Ansonsten bleibt Ihnen nichts anderes übrig, als den absehbaren Kostenaufwand aus dem Barunterhalt und Ihren eigenen Ressourcen anzusparen. Trotzdem spricht nichts dagegen, wenn Sie den unterhaltspflichtigen Elternteil darauf ansprechen, dass Ihnen aus Anlass des Beginns des neuen Schuljahres besondere Kosten entstehen.

 

Bestenfalls wird sich Ihr Ex-Partner am Kostenaufwand für das gemeinsame Kind beteiligen. Wenn er sich beteiligt, tut er oder sie es aus der moralischen Verpflichtung als Elternteil heraus. Rechtlich verpflichtet ist der Elternteil dazu jedenfalls nicht. Auch insoweit empfiehlt es sich, dass Sie bei Ihrer Trennung und Scheidung darauf achten, dass Sie die Kommunikation mit Ihrem Ex-Partner trotz emotionaler Vorbehalte möglichst aufrechterhalten. Gerade, wenn es um das gemeinsame Kind geht, ist es immer von Vorteil, wenn der andere Elternteil bereit und finanziell natürlich auch in der Lage ist, sich an der Erziehung, Entwicklung und Unterhaltung des Kindes angemessen und möglichst über den reinen Kindesunterhalt hinaus zu beteiligen.

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