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Unterhaltsberechnung
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Donnerstag, 15.06.2023 , geschrieben von iurFRIEND-Redaktion
Lebt ein Kind in Deutschland, hat es nach der Trennung der Eltern Anspruch auf Unterhalt. Der Unterhaltsanspruch besteht unabhängig davon, ob der Elternteil in Deutschland oder im Ausland lebt. Lebt der Elternteil in der Schweiz, kann ein in Deutschland rechtsverbindlich festgestellter Unterhaltsanspruch in der Schweiz nach dem Lugano Übereinkommen zwangsweise vollstreckt werden.
Kinder in Deutschland sind immer unterhaltsberechtigt
In der Schweiz leben viele deutsche Staatsangehörige. Meist ist dies beruflich bedingt, dazu kommt eventuell der in der Schweiz bestehende höhere Lebensstandard.
Lebt das Kind nach der Trennung seiner Eltern in Deutschland, kommt es nicht darauf an, ob die Eltern oder ein Elternteil im Ausland leben. Auch im Ausland lebende Elternteile sind dem Kind unterhaltspflichtig. Der Unterhalt für das Kind bestimmt sich allein nach dem deutschen Unterhaltsrecht.
Kindesunterhalt, wenn Elternteil im Ausland lebt
Lebt der unterhaltspflichtige Elternteil im Ausland, hat das in Deutschland lebende Kind nach deutschem Unterhaltsrecht gleichwohl Anspruch auf Kindesunterhalt und kann den Anspruch vor den deutschen Familiengerichten einklagen. Im Idealfall erkennt der unterhaltspflichtige Elternteil seine Unterhaltspflicht gebührenfrei in einer Jugendamtsurkunde an. Wird der Unterhaltsanspruch rechtsverbindlich festgestellt, kann der Kindesunterhalt auch im Ausland vollstreckt werden. Hierzu gibt es eine Reihe internationaler Verträge. Im Verhältnis zur Schweiz gibt es das Lugano-Übereinkommen.
Was ist das Lugano-Übereinkommen?
Das Lugano-Übereinkommen ist ein internationales Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen. Es wurde im Jahr 2007 in Lugano beschlossen. Unterzeichner sind die
Europäische Gemeinschaft,
die Schweizerische Eidgenossenschaft,
das Königreich Dänemark,
das Königreich Norwegen und
die Republik Island.
Für die Schweiz gilt das Lugano-Übereinkommen seit dem 1. Januar 2011. Im Verhältnis zu anderen EU-Mitgliedstaaten findet die Europäische Unterhaltsverordnung (EU-Verordnung Nr. 4/2009) Anwendung. Sind Sie im Besitz eines rechtsverbindlich festgestellten Unterhaltsanspruchs (Unterhaltstitel), können Sie den Unterhaltsanspruch unter anderem auch in der Schweiz zwangsweise vollstrecken.
Welche Unterlagen benötigen Sie für die Zwangsvollstreckung in der Schweiz?
Möchten Sie einen Unterhaltstitel in der Schweiz vollstrecken, ist folgendes zu beachten:
Sie benötigen eine vollstreckbare Ausfertigung des Unterhaltstitels sowie die Vollstreckbarkeitserklärung des zuständigen Gerichts in der Schweiz. Eine Legalisation oder die Erteilung einer Apostille werden nicht verlangt. Als Unterhaltstitel kommen ein gerichtliches Urteil oder eine Jugendamtsurkunde in Betracht.
Ihr Unterhaltstitel muss eine Vollstreckungsklausel enthalten, die als Nachweis für die Vollstreckbarkeit des Schuldtitels in Deutschland dient.
Der Unterhaltstitel ist dem Unterhaltsschuldner formell zuzustellen.
Wurde Ihnen in Deutschland im Unterhaltsstreit Verfahrenskostenhilfe bewilligt, so genießen Sie im Verfahren zur Vollstreckbarkeitserklärung die günstigste Behandlung, die das Recht der Schweiz als vollstreckendem Staat vorsieht.
Wurde der Unterhaltstitel in Form einer Säumnisentscheidung getroffen (Unterhaltsschuldner hat sich am Verfahren nicht beteiligt), kommt es zur Wahrung des rechtlichen Gehörs auf eine ordnungsgemäße Zustellung gegenüber dem Unterhaltsschuldner an.
Handelt es sich bei dem Unterhaltstitel um einen dynamisierten Unterhaltstitel (§ 1612a BGB), so bedarf dieser für die Zwangsvollstreckung in der Schweiz zuvor der Bezifferung. Die Bezifferung erfolgt auf Antrag durch den Rechtspfleger. Der Antrag unterliegt nicht dem Anwaltszwang. Zuständig ist das Gericht, das den Unterhaltstitel erlassen hat.
Sind Sie noch nicht im Besitz eines Unterhaltstitels, kann auch ein Gerichtsverfahren zur Titulierung des Unterhalts in der Schweiz betrieben werden. Dieses Verfahren dürfte jedoch erheblich aufwändiger sein, als wenn Sie den Unterhaltsanspruch in Deutschland titulieren lassen.
Welche Hilfestellung bietet die Zentrale Behörde?
Möchten Sie den Unterhaltstitel in der Schweiz vollstrecken, erhalten Sie von der beim Bundesamt für Justiz eingerichteten Zentralen Behörde die dafür notwendige Unterstützung. Die Zentrale Behörde hilft, die titulierten Unterhaltsansprüche in der Schweiz durchzusetzen. In Jahr 2020 hat die Zentrale Behörde mehr als 13.500 Unterhaltsgläubiger unterstützt, die im In- und Ausland Unterhaltsansprüche geltend machen. Deren Zahl erhöht sich stetig und steigt jährlich um etwa 2500 Fälle. Die Behörde kann auf Grundlage der unterschiedlichen internationalen Übereinkommen Personen in 130 verschiedenen Vertragsstaaten unterstützen (Quelle: Bundesamt für Justiz). Dazu korrespondiert die Zentrale Behörde mit den zuständigen Stellen im Ausland. Dort gibt es meist gleichfalls Zentrale Behörden, so dass auf beiden Seiten jeweils der entsprechende Ansprechpartner zur Verfügung steht. Die Zentralen Behörden sind untereinander eng vernetzt.
Die Entgegennahme und Prüfung Ihres Antrags erfolgt durch das Amtsgericht am Sitz des Oberlandesgerichts, in dessen Bezirk Sie Ihren Wohnsitz haben. Das Amtsgericht prüft, ob Ihr Antrag die erforderlichen Angaben enthält, die erforderlichen Unterlagen beigefügt sind und der Antrag begründet ist. Liegen keine Ablehnungsgründe vor, übersendet das Amtsgericht den Antrag nebst Anlagen unmittelbar an das Bundesamt für Justiz.
EXPERTENTIPP
Unterhalt in der Schweiz nicht eigenmächtig durchsetzen
Möchten Sie den Unterhaltsanspruch in der Schweiz selbst geltend machen oder durchsetzen, bleibt es Ihnen unbenommen, auf die Dienste der Zentralen Behörde zu verzichten. Angesichts der Komplexität des Verfahrens ist dieser Weg aber nicht zu empfehlen. Auch um die Kommunikation und den Schriftverkehr mit der Zentralen Behörde zuverlässig zu erledigen, empfiehlt sich, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Was ist, wenn der Aufenthaltsort des Unterhaltsschuldners unbekannt ist?
Ist der Aufenthaltsort des Unterhaltsschuldners in der Schweiz nicht bekannt, können Sie die Zentrale Behörde auch beauftragen, den Aufenthalt zu ermitteln. Da die Schweiz Melderegister unterhält, ist die Aufenthaltsermittlung meist problemlos. Ähnlich ist es, wenn Sie die Vermögenssituation des Unterhaltsschuldners nicht beurteilen können. Dann kann im Vorfeld über die Zentrale Behörde der Schweiz auch die Vermögenssituation abgeklärt werden. Sie können so besser beurteilen, ob es sich lohnt, den Unterhaltsanspruch dort geltend zu machen.
Wie schnell kann der Unterhaltstitel vollstreckt werden?
Wie schnell Sie den Unterhaltstitel vollstrecken können, hängt von der Bearbeitungsdauer Ihres Antrags bei den Zentralen Behörden ab und nicht zuletzt davon, wie gut Sie selbst informiert sind und wen Sie mit der Bearbeitung Ihres Anliegens beauftragt haben. Haben Sie bereits einen Unterhaltstitel in der Hand, kommen Sie schneller voran, als wenn Sie den Unterhaltstitel erst noch beschaffen müssen. Vor allem müssen die notwendigen Unterlagen vorliegen. Gibt es Lücken, dauert das Verfahren länger.
Das Verfahren kann sich verzögern, wenn Sie vorher den Aufenthalt ermitteln oder wenn Sie den Unterhalt in der Schweiz erst noch gerichtlich geltend machen müssen. Letztlich kommt es auch darauf an, ob der Unterhaltsschuldner in der Schweiz bereit ist, seine Unterhaltspflicht zu akzeptieren oder ob er bzw. sie sich der Verantwortung zu entziehen versucht. Selbst wenn Sie längere Zeit auf den Geldeingang warten müssen, stellen Sie sich immer noch besser, als wenn Sie untätig bleiben und es dem Unterhaltsschuldner überlassen, ob er oder sie den Unterhalt zahlt oder nicht.
Alles in allem
Ihr Unterhaltsanspruch gegen einen im Ausland lebenden Unterhaltsschuldner steht zunächst nur auf dem Papier. Eine ganz andere Herausforderung ist es, wenn Sie diesen Unterhaltsanspruch durchsetzen möchten. Es empfiehlt sich, dafür die Dienste der Zentralen Behörde in Deutschland in Anspruch zu nehmen und den Antrag möglichst über einen in Unterhaltsrechtsangelegenheiten erfahrenen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin vorzutragen und sich im Verfahren begleiten zu lassen.