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Muss ich für ein Kind Un­ter­halt zah­len, das ich nie woll­te?

Bild: Muss ich für ein Kind Unterhalt zahlen, das ich nie wollte?

Bin ich auch für ein un­ge­woll­tes Kind ver­ant­wort­lich?

Es ist eine komplexe Situation. Es gibt Ehepaare, die sind und bleiben ungewollt kinderlos. Dann gibt es Paare oder Ex-Paare, die ungewollt mit einer Schwangerschaft konfrontiert werden. Noch schwieriger ist die Situation, wenn eine Frau in der bestehenden Ehe ein Kind zur Welt bringt und der Vater den Unterhalt verweigert, weil er das Kind nie wollte. Für den Vater des Kindes stellt sich die Frage, ob er Unterhalt für ein Kind zahlen muss, das er nicht als sein Kind betrachtet. Es scheint eine Diskussion, für die es keine befriedigenden Antworten gibt. Wir versuchen, die Eckpunkte aufzuzeigen.

Das Wich­tigs­te

  • Wird in der bestehenden Ehe ein Kind geboren, gilt der Ehemann gesetzlich als der rechtliche Vater des Kindes. Ab dem Zeitpunkt der Trennung von der Ehefrau ist er unterhaltspflichtig und muss dem Kind Kindesunterhalt zahlen.
  • Bestreiten Sie Ihre rechtliche Vaterschaft, können Sie die Vaterschaft gerichtlich anfechten. Solange dies nicht der Fall ist, sind Sie unterhaltspflichtig. Die Unterhaltspflicht besteht auch für ein sogenanntes Kuckuckskind.
  • Kommt ein Kind zur Welt, weil die Frau absprachewidrig nicht verhütet hat, sind Sie als rechtlicher Vater trotzdem unterhaltspflichtig. Schadensersatzansprüche gegen die Frau sind denkbar, lassen sich aber kaum überzeugend begründen.
  • Wird ein Kind geboren, nachdem ein Ehepartner die Scheidung beantragt hat, eröffnet das Gesetz einen Weg, dass Sie als rechtlicher Vater aus Ihrer Verantwortung entlassen werden, wenn der biologische Vater im Einvernehmen aller Beteiligten die Vaterschaft anerkennt.

Wo­von ge­hen wir aus?

Im Mittelpunkt steht das Kind. Irgendwer trägt dafür als Vater die Verantwortung. Damit es nicht zwischen rechtlicher und biologischer Vaterschaft aufgerieben wird und sein Leben im rechtsfreien Raum führen muss, regelt das Gesetz relativ detailliert, welcher Mann in der Verantwortung steht. Die Antwort auf die Frage gestaltet sich insoweit schwierig, als es sehr unterschiedliche Lebenssituationen gibt, aus denen sich die Problematik der Unterhaltspflicht ergibt. Pauschale Antworten gibt es nicht. Es kommt immer auf den Einzelfall an. Um Antworten zu finden, sollten Sie ungefähr wissen, nach welchen Maßstäben der Gesetzgeber mit der Problematik umgeht. Gerade dann, wenn Sie die Trennung vollziehen oder vor der Scheidung stehen, kann es hilfreich sein, den rechtlichen Hintergrund Ihrer Unterhaltspflicht einschätzen zu können.

Was ist der recht­li­che Va­ter?

Wird in der bestehenden Ehe ein Kind geboren, vermutet das Gesetz, dass das Kind vom Ehemann der Mutter abstammt (§ 1592 BGB). Der Ehemann ist dann der rechtliche Vater des Kindes. Grund ist allein, dass das Kind in der Ehe geboren wurde. Ob der Ehemann dann auch der biologische (genetische) Vater des Kindes ist, der das Kind gezeugt hat, ist zunächst unerheblich. Der Ehemann gilt selbst dann als Vater des Kindes, wenn die Partner bereits längere Zeit getrennt voneinander gelebt haben oder es offenbar unmöglich erscheint, dass die Frau das Kind von ihm empfangen hat, weil diese beispielsweise unfruchtbar ist oder mit einem anderen Partner zusammenlebt. Entscheidend ist allein der Zeitpunkt der Geburt des Kindes. Auf den Zeitpunkt der Zeugung oder darauf, welcher Mann das Kind vermeintlich gezeugt hat oder nicht gezeugt hat, kommt es nicht an. Allein die Tatsache der bestehenden Ehe begründet die rechtliche Vaterschaft.

Wie kann ich die rechtliche Vaterschaft beseitigen?

Sind Sie sicher oder vermuten Sie, dass Sie nicht der biologische Vater des Kindes sind, können Sie Ihre rechtliche Vaterschaft anfechten. Die Anfechtung erfordert einen Antrag an das Familiengericht. In einem relativ aufwendigen Anfechtungsverfahren wird dann geprüft, ob Sie der biologische Vater des Kindes sind oder nicht.

Die Konsequenz der rechtlichen Vaterschaft ist die Unterhaltspflicht

Sind Sie der rechtliche Vater des Kindes, kommt es auf den Umstand, dass Sie das Kind nie wollten, nicht an. Sie sind der Vater. Das Kind ist Ihr Kind. Gelten Sie als rechtlicher Vater des Kindes, sind Sie in der bestehenden Ehe unterhaltspflichtig. Erst recht sind Sie unterhaltspflichtig, wenn Sie rechtlicher und auch biologischer Vater sind. Sie leisten dann Familienunterhalt. Ab dem Zeitpunkt der Trennung sind Sie als nicht betreuender Elternteil verpflichtet, dem Kind Kindesunterhalt zu leisten. Die Mutter, die das Kind in Ihrem Haushalt betreut, erfüllt Ihre Unterhaltspflicht bereits dadurch, dass sie das Kind betreut, erzieht und ihm Kost und Logis gewährt. Der Umstand, dass Sie als Vater das Kind nie wollten, bleibt unbeachtlich. Es ist Ihr Kind.

Was Sie beim Thema Unterhalt beachten sollten

Was Sie beim The­ma Un­ter­halt be­ach­ten soll­ten

Ein Überblick zum Thema Unterhalt und Tipps für die Unterhaltsberechnung.

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Kann ich ver­lan­gen, dass die Frau ab­treibt?

Die Tötung des ungeborenen Lebens durch Abtreibung ist strafbar (§ 218 StGB). Eine Ausnahme erlaubt das Gesetz nur bei einer medizinischen, embryopathischen oder kriminologischen Indikation. Die dafür maßgeblichen Umstände beschreibt § 218a StGB. Danach muss die Frau sich drei Tage vor dem Eingriff in einer staatlich anerkannten Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle beraten lassen. Sind zum Zeitpunkt des Eingriffs seit Empfängnis nicht mehr als 22 Wochen verstrichen und legt die Frau der Ärztin bzw. dem Arzt, die bzw. der den Eingriff vornimmt, die Beratungsbescheinigung vor, macht sie sich nicht strafbar. Der Eingriff darf außerdem nicht von der gleichen Ärztin bzw. dem gleichen Arzt vorgenommen werden, die bzw. der die Beratung durchgeführt hat.

Liegt keine derartige Indikation vor, muss die Frau das Kind zur Welt bringen. Als Vater haben Sie nicht das Recht zu verlangen, die Frau möge das Kind abtreiben. Sie können auch nicht verlangen, dass die Frau die Abtreibung in einem Land vollzieht, welches Abtreibungen erlaubt. Die Frau würde sich trotzdem nach deutschem Recht strafbar machen.

Ziel eines Konfliktes oder einer Auseinandersetzung soll nicht der Sieg, sondern der Fortschritt sein.

Joseph Joubert (1754 - 1824)

Wie steht es um die Un­ter­halts­pflicht für ein Ku­ckucks­kind?

Ein sogenanntes Kuckuckskind ist ein Kind, das die Frau aufgrund einer außerehelichen Beziehung während der bestehenden Ehe zur Welt bringt, während sie den Ehemann in dem Glauben lässt, er sei der biologische Vater des Kindes. Der Ehemann der Frau gilt als rechtlicher Vater, zumindest so lange er seine Vaterschaft nicht erfolgreich angefochten hat. Insoweit gilt nichts anderes als das, was sich als Konsequenz der rechtlichen Vaterschaft für die Unterhaltspflicht ergibt.

Was ist, wenn die Frau ab­spra­che­wid­rig nicht ver­hü­tet hat?

Wird die Ehefrau schwanger, weil sie entgegen der Absprachen nicht verhütet hat, ist der Ehemann trotzdem unterhaltspflichtig. Letztlich trägt er das Risiko, dass sich die Frau nicht so verhält, wie es abgesprochen war. Man könnte daran denken, daraus einen Schadensersatzanspruch des Mannes zu konstruieren, mit dem Ziel, die Unterhaltszahlungen dagegen aufzurechnen. Auf welcher rechtlichen Grundlage ein solcher Schadensersatzanspruch zu begründen wäre, erscheint ungewiss. Man könnte die Diskussion im Hinblick auf die gesetzliche Bestimmung des § 1359 BGB führen: Demnach haben die „Ehegatten bei der Erfüllung der sich aus dem ehelichen Verhältnis ergebenden Verpflichtungen einander nur für diejenige Sorgfalt einzustehen, die sie in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegen“. Letztlich dürfte die Diskussion nichts daran ändern, dass der Mann in der bestehenden Ehe das Risiko auch einer ungewollten Schwangerschaft tragen muss.

Expertentipp: Wir bewegen uns in einer rechtlich schwierigen Diskussion. Geht es darum, dass der Mann einen Vermögensschaden geltend macht, ist festzustellen, dass das Vermögen als solches von der dafür maßgeblichen Vorschrift des § 823 BGB (unerlaubte Handlung) nicht erfasst wird. Insbesondere sei die Feststellung erlaubt, dass das geborene Kind nicht als „Schaden“ betrachtet werden kann oder darf. Das Kind selbst kann also nicht Gegenstand eines Schadensersatzanspruchs sein.

Was ist, wenn das Kind ge­bo­ren wird, nach­dem ich die Schei­dung be­an­tragt ha­be?

Wird das Kind geboren, nachdem einer der Ehepartner den Scheidungsantrag gestellt hat, vermutet das Gesetz, dass es wahrscheinlicher ist, dass ein Dritter der biologische Vater ist. Solange die Ehe nicht geschieden ist, gilt nach dem Gesetz zunächst der Ehemann als rechtlicher Vater. Um ein aufwändiges Anfechtungsverfahren zu vermeiden, ermöglicht es das Gesetz, die Vermutung der rechtlichen Vaterschaft rückwirkend zu beseitigen. Es gelten dafür folgende Voraussetzungen:

  • Das Kind wird geboren, nachdem ein Ehepartner die Scheidung beantragt hat und der Scheidungsbeschluss des Familiengerichts noch nicht unanfechtbar (rechtskräftig) geworden ist.
  • Der Dritte, der sich für den biologischen Vater des Kindes hält, muss spätestens bis zum Ablauf eines Jahres nach Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses die Vaterschaft anerkennen.
  • Der Mann, der im Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter verheiratet war und als rechtlicher Vater gilt, muss zustimmen.
  • Auch die Mutter muss der Anerkennung der Vaterschaft durch den vermeintlich biologischen Vater zustimmen. Verweigert die Mutter ihre Zustimmung, bleibt dem rechtlichen Vater nur die Möglichkeit, seine Vaterschaft gerichtlich anzufechten. Dem biologischen Vater bleibt die Möglichkeit, seine Vaterschaft gerichtlich feststellen zu lassen.

Un­ter­halts­pflicht, wenn das Kind oh­ne Kennt­nis des Va­ters durch künst­li­che Be­fruch­tung ge­bo­ren wird

In einem Fall des Landgerichts München (Urteil v. 2.5.2018, Az. 9 O 7697/17) hatte sich eine Frau nach der Trennung von ihrem Mann befruchtete Eizellen einsetzen lassen, die sie sich fünf Jahre zuvor im Einvernehmen mit dem Mann hatte entnehmen lassen. Die Eizellen wurden befruchtet und noch vor der Kernverschmelzung eingefroren. Der Mann hatte es aber nach der Trennung versäumt, seine ursprüngliche Einwilligung zu widerrufen. Um ihren fortbestehenden Kinderwunsch umzusetzen, fälschte die Frau die Unterschrift des Mannes auf dem Formular, mit dem der Arzt beauftragt wurde, die Eizellen einzupflanzen. Die Frau brachte das Kind zur Welt. Der Mann verweigerte den Unterhalt. Er wollte den Arzt verpflichten lassen, den Unterhalt für das ungewollte Kind zu zahlen.

Die Erfahrung nimmt ein furchtbar hohes Schulgeld, aber sie lehrt wie sonst keiner.

Thomas Carlyle (1795 - 1881)

Das Gericht verwies darauf, dass die ursprüngliche schriftliche Zustimmung des Mannes noch immer vorgelegen habe und er seine Zustimmung nie wirksam widerrufen habe. Kriterium war mithin, dass es nach Ansicht des Gerichts möglich sei, die einmal erteilte Einwilligung in den Transfer von Eizellen zumindest im Vorkernstadium zu widerrufen. Vorkernstadium bezeichnet die Situation, bevor die beiden Chromosomensätze miteinander verschmelzen. Konsequenz war, dass der Mann für das Kind unterhaltspflichtig war. Wie die Situation zu beurteilen ist, dass sich eine Frau die Eizellen nach dem Vorkernstadium einsetzen lässt, bedarf der Diskussion.

Da die Frau die Unterschrift des Mannes fälschte, wurde sie wohl wegen Urkundenfälschung zu einem Strafbefehl über 3.600 EUR verurteilt.

Haf­tung des Arz­tes für ein un­ge­wollt ge­bo­re­nes Kind

Anders sind die Fälle zu beurteilen, in denen der Arzt in der Verantwortung steht. Der Bundesgerichtshof hatte einen Fall entschieden, bei dem der Gynäkologe der Frau ein Verhütungspräparat falsch eingesetzt hatte (BGH NJW 1997, 2320). Das Gericht stellte darauf ab, dass der durch eine schuldhafte Vertragsverletzung verursachte Schaden zu ersetzen sei. In diesem Fall wurde die Belastung mit einer Unterhaltsverpflichtung als Vermögensschaden angesehen, der sich allerdings aus einer vertraglichen Absprache herleitete. Durch den Behandlungsfehler des Arztes sei die Lebensplanung der Eltern „durchkreuzt“ worden. Der Gynäkologe wurde verurteilt, bis zum 18. Lebensjahres des Kindes die Unterhaltskosten in Höhe des Existenzminimums zu tragen.

Kann ich we­gen ei­nes Ku­ckucks­kinds we­ni­ger Tren­nungs­un­ter­halt zah­len?

Als sich ein Ehepaar nach 30 Jahren Ehe trennte, verlangte die Ehefrau Trennungsunterhalt. Dabei stellte sich heraus, dass der gemeinsam aufgezogene Sohn aus einer außerehelichen Affäre der Mutter mit einem früheren Arbeitskollegen stammte. Das Oberlandesgericht Hamm (Beschluss v. 9.3.2015, Az. 8 UF 41/14) kürzte den Trennungsunterhalt. Es beurteilte es als grob unbillig, den Mann zu einer höheren Unterhaltszahlung zu verpflichten. Es verwies die Frau darauf, dass sie gegen die eheliche Solidarität verstoßen habe, weil sie ihrem Ehemann verschwiegen hatte, während der Ehe eine außereheliche Beziehung gehabt zu haben und den Mann über Jahre hinweg in dem Glauben gelassen habe, das Kind sei sein eigenes Kind. Erschwerend kam hinzu, dass die Frau entgegen besseren Wissens eidesstattlich versichert hatte, keine Affäre gehabt zu haben.

Fa­zit

Unterhaltsstreitigkeiten, bei denen es um ein ungewolltes Kind geht, sind nicht nur rechtlich, sondern auch moralisch schwierig zu beurteilende Sachverhalte. Auch wenn es dabei ums Geld geht, sollte trotz alledem das Kind im Mittelpunkt stehen. Allein die Diskussion darüber, ob seine Geburt einen Vermögensschaden herbeiführte und das Kind als Schaden zu sehen ist, dürfte die Persönlichkeitsentwicklung des Kindes mindestens beeinträchtigen. In Anbetracht der Tatsache, dass das Kind in der Welt ist, sollten die Beteiligten alles daransetzen, eine angemessene Lösung zu finden. Sind Sie irgendwie betroffen, sollten Sie sich möglichst durch eine geeignete Institution beraten lassen.

Geschrieben von: iurFRIEND-Redaktion

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