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Kin­des­un­ter­halt Über­sicht

Bild: Kindesunterhalt Übersicht

Was muss ich zum Kin­des­un­ter­halt wis­sen?

Sind Sie Vater oder Mutter eines Kindes, müssen Sie das Kind versorgen. Das Kind hat Anspruch, dass es betreut, aber auch wirtschaftlich unterstützt wird. Sind Sie auf Kindesunterhalt angewiesen oder müssen Sie Kindesunterhalt zahlen, sollten Sie Ihre Rechte und Pflichten kennen. Allein mit der Lektüre der Düsseldorfer Tabelle ist es nicht getan. Kindesunterhalt hat viele Facetten. Wir erklären 20 interessante Fakten und allerlei Wissenswertes zum Kindesunterhalt.

DAS WICH­TIGS­TE

  • Ab dem Zeitpunkt Ihrer Trennung ist der nicht betreuende Elternteil zur Zahlung von Kindesunterhalt verpflichtet. Der das Kind betreuende Elternteil erfüllt seine Unterhaltspflicht durch die alltägliche Betreuung und Versorgung des Kindes.
  • Der Kindesunterhalt bemisst sich in der Praxis nach der Düsseldorfer Tabelle. Dort ist in Abhängigkeit vom Nettoeinkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils und dem Alter des Kindes der Kindesunterhalt festgesetzt.
  • Über den Kindesunterhalt hinaus können Sie im Einzelfall Sonderbedarf oder Mehrbedarf geltend machen.
  • Um die Lebensgrundlagen des unterhaltspflichtigen Elternteils zu gewährleisten, besteht Anspruch auf einen Selbstbehalt (Eigenbedarf).
  • Bestenfalls erkennt der unterhaltspflichtige Elternteil seine Zahlungspflicht in einer vollstreckbaren Jugendamtsurkunde an. Verweigert er den Kindesunterhalt, setzen die Jugendämter auf Ihren Antrag im Wege der Beistandschaft oder in Ihrem Auftrag ein Rechtsanwalt den Zahlungsanspruch gerichtlich durch.
  • Ungeachtet dessen besteht die Möglichkeit, die Zahlungspflicht in einem vereinfachten Unterhaltsverfahren gerichtlich umzusetzen. Notfalls beantragen Sie Unterhaltsvorschuss beim Jugendamt.
  • Reicht das verfügbare Einkommen bei mehreren Unterhaltspflichten nicht aus, liegt ein Mangelfall vor. Dann bestimmt das Gesetz eine Rangfolge, in der der Elternteil seine Unterhaltspflichten zu erfüllen hat.

Wann hat ein Kind An­spruch auf Kin­des­un­ter­halt?

Als Elternteil sind Sie mit Ihrem Kind in gerader Linie verwandt. Folgerichtig sind Sie unterhaltspflichtig. Umgekehrt wäre auch Ihr volljähriges Kind Ihnen gegenüber unterhaltspflichtig, wenn Sie als Elternteil bedürftig sein sollten. Wichtigste Regel des Unterhaltsrechts ist, dass derjenige, der außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, als bedürftig gilt und deshalb unterhaltsberechtigt ist. Ein minderjähriges Kind gilt daher stets als unterhaltsberechtigt. Solange Sie mit dem anderen Elternteil in einem Haushalt leben, erfüllen beide Elternteile ihre Unterhaltspflicht dadurch, dass sie das Kind versorgen und unterhalten. Trennen sich die Elternteile, wird ein Elternteil in der Regel das Kind weiterhin in seinem Haushalt versorgen, während der andere seine Unterhaltspflicht dadurch erbringt, dass er Kindesunterhalt zahlt.

Was sind Be­treu­ungs­un­ter­halt und Bar­un­ter­halt?

Ab dem Zeitpunkt Ihrer Trennung müssen Sie eine Regelung treffen, welcher Elternteil das Kind künftig betreut. Betreuen und versorgen Sie das Kind in Ihrem Haushalt, leisten Sie Betreuungsunterhalt. Damit erfüllen Sie Ihre Unterhaltspflicht. Ihr Kind hat allenfalls noch Anspruch auf ein angemessenes Taschengeld. Derjenige Elternteil, der das Kind nicht in seinem Haushalt betreut, leistet hingegen Barunterhalt. Betreuungsunterhalt und Barunterhalt gelten als gleichwertige Leistungen.

Gut zu wissen: Der Kindesunterhalt ist stets in Form von Bargeld zu zahlen. Naturalleistungen sind kein Ersatz für Barleistungen. Eine Verrechnung mit eigenständigen Versorgungsleistungen, die Sie vielleicht im Zusammenhang mit dem Umgangsrecht leisten, kommt nicht in Betracht. Ihr Kind hat Anspruch auf den vollen Betrag des Kindesunterhalts, der ihm nach Maßgabe der Düsseldorfer Tabelle zusteht.

Was ist, wenn der be­treu­en­de El­tern­teil mit ei­nem neu­en Part­ner zu­sam­men­lebt?

Lebt der betreuende Elternteil mit einem neuen Partner zusammen, bleibt Ihre Unterhaltspflicht fortbestehen. Der neue Partner ist gegenüber dem Kind nicht unterhaltspflichtig. Er ist auch dann nicht unterhaltspflichtig, wenn der Elternteil, der das Kind betreut, den neuen Partner heiratet. Die Heirat entlastet Sie nicht von Ihrer finanziellen Verantwortung für Ihr Kind.

Wel­che Kin­der sind un­ter­halts­be­rech­tigt?

Ihr Kind ist unterhaltsberechtigt, wenn es folgende Voraussetzungen erfüllt:

  • Ihr Kind ist minderjährig und schulpflichtig. Ihre Unterhaltspflicht besteht bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Ihres Kindes. Es kommt nicht darauf an, ob das Kind ehelich oder nichtehelich geboren wurde.
  • Ihr Kind ist volljährig. Dann sind Sie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres unterhaltspflichtig, wenn sich das Kind in der Schul- oder Berufsausbildung befindet und im Haushalt des anderen Elternteils lebt. Diese Kinder werden auch als „privilegierte“ Kinder bezeichnet.
  • Vollendet Ihr Kind das 21. Lebensjahr, bleiben Sie unterhaltspflichtig, sofern das Kind bedürftig ist und sich insbesondere in einer Berufsausbildung oder im Studium befindet. Bleibt das Kind unbeschäftigt, ist es grundsätzlich für seinen Lebensunterhalt selbst verantwortlich. Ihre Unterhaltspflicht besteht nur fort oder entsteht neu, wenn das Kind seine Bedürftigkeit nicht selbst verschuldet hat (z.B. bei Krankheit, Unfall, Behinderung)
  • Ihre Unterhaltspflichten für das Kind bestehen auch, wenn Sie das Kind adoptiert haben. Ein adoptiertes Kind steht einem eigenen leiblichen Kind gleich.

Wo­nach be­misst sich der Kin­des­un­ter­halt?

Der Kindesunterhalt bemisst sich in der Praxis nach der Düsseldorfer Tabelle. Die Tabelle wird in regelmäßigen Abständen aktualisiert. Diese Tatsache ist wichtig, weil unterhaltspflichtige Elternteile gerne bezweifeln, dass die Düsseldorfer Tabelle verbindlich ist. Sie sollten daher wissen, welche rechtliche Relevanz diese Tabelle überhaupt hat.

Die Düsseldorfer Tabelle beruht auf Koordinierungsgesprächen, die unter Beteiligung aller Oberlandesgerichte und der Unterhaltskommission des Deutschen Familiengerichtstages regelmäßig stattfinden. Sie hat keine Gesetzeskraft. Allerdings wird die Düsseldorfer Tabelle von den Familiengerichten weitgehend angewandt, um im Streitfall den Kindesunterhalt festzusetzen.

Gut zu wissen: Der Gesetzgeber bestimmt in § 1612a BGB, dass ein minderjähriges Kind den „Unterhalt als Prozentsatz des jeweiligen Mindestunterhalts“ verlangen kann. Der Mindestunterhalt wird vom Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz alle zwei Jahre per Verordnung auf der Grundlage des aktuellen Existenzminimumberichts der Bundesregierung neu bestimmt. Die Verordnung „zur Festlegung des Mindestunterhalts minderjähriger Kinder“ dient wiederum als Grundlage für die Festsetzung der Unterhaltsbeträge in der Düsseldorfer Tabelle.

Wie er­gibt sich der Kin­des­un­ter­halt aus der Düs­sel­dor­fer Ta­bel­le?

Die Düsseldorfer Tabelle geht vom bereinigten Nettoeinkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils sowie dem Alter des Kindes aus. Je mehr ein Elternteil verdient oder je älter das Kind ist, desto höher ist der Kindesunterhalt. Die Tabelle hat folgenden Aufbau:

  • Es gibt 15 Einkommensstufen. Die Einkommensstufe 1 gilt für Nettoeinkommen bis 2.150 EUR. 
  • Die Tabelle erfasst Kinder in vier Altersstufen, nämlich 0 - 5, 6 - 11, 12 - 17 und ab 18 Jahre. Der unterste Betrag in der Einkommensstufe 1 für Kinder von 0 - 5 Jahre beträgt 437 EUR (Stand 1. Januar 2023). 
  • In der fünften Spalte der Düsseldorfer Tabelle ist für jede Einkommensstufe ein Bedarfskontrollbetrag genannt. Zweck ist, das verfügbare Einkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils angemessen zu verteilen, wenn mehrere Unterhaltspflichten bestehen. Verbleibt dem unterhaltspflichtigen Elternteil weniger Liquidität, als es dem jeweiligen Bedarfskontrollbetrag entspricht, ist er in die nächstniedrigere Einkommensstufe einzuordnen.

Gut zu wissen: Die Düsseldorfer Tabelle geht davon aus, dass zwei unterhaltsberechtigte Personen vorhanden sind (z.B. geschiedener Ehegatte und ein Kind oder zwei unterhaltspflichtige Kinder). Sind weniger als zwei Unterhaltsberechtigte vorhanden, ist der unterhaltspflichtige Elternteil in die nächsthöhere Einkommensstufe anzuordnen. Gibt es hingegen mehr als zwei Unterhaltsberechtigte, kann die Wahl der niedrigeren Einkommensstufe angemessen sein.

Wel­chen Un­ter­halts­an­spruch ha­ben Stu­den­ten?

Auswärts lebende Studenten erhalten 930 EUR Unterhalt (Stand 1. Januar 2023). Das Kindergeld wird als Einkommen des Studenten in voller Höhe angerechnet. Soweit ein BAföG-Anspruch besteht, ist der Student antragspflichtig und muss die Eltern entlasten.

Was ist der Ei­gen­be­darf oder Selbst­be­halt?

Als unterhaltspflichtiger Elternteil können Sie nur Kindesunterhalt zahlen, wenn Ihre eigene Lebensgrundlage gewährleistet ist. Um zu vermeiden, dass Sie auf öffentliche Leistungen angewiesen sind, haben Sie Anspruch auf einen Eigenbedarf oder Selbstbehalt. Der Selbstbehalt beträgt 1.120 EUR, wenn Sie nicht erwerbstätig sind und 1.370 EUR, wenn Sie erwerbstätig sind (Stand 1. Januar 2023). Ist Ihr Kind volljährig, beträgt der Selbstbehalt 1.650 EUR.

In­wie­weit wird das Kin­der­geld auf den Kin­des­un­ter­halt an­ge­rech­net?

Kindergeld soll die Eltern entlasten und einen Beitrag zum Unterhalt des Kindes leisten. Kindergeld ist eine staatliche Leistung an die Eltern, die dem Kind zugutekommen soll. Auch wenn das Kindergeld nach der Trennung der Eltern in voller Höhe an denjenigen Elternteil ausgezahlt wird, bei dem das Kind lebt, wird das Kindergeld zur Hälfte auf den Kindesunterhalt angerechnet. Der sich aus der Düsseldorfer Tabelle ergebende Zahlbetrag reduziert sich also um die Hälfte des für das Kind gezahlten Kindergeldes. Ist das Kind volljährig und nicht privilegiert (z.B. Student), wird das Kindergeld auf den Barbedarf des Kindes in voller Höhe angerechnet.

Wann ha­be ich über den Kin­des­un­ter­halt hin­aus An­spruch auf Son­der­be­darf?

Normalerweise ist der Bedarf des Kindes mit dem Betreuungsunterhalt und Barunterhalt der Elternteile abgegolten. Sonderbedarf entsteht durch einen unregelmäßigen außergewöhnlich hohen Kostenaufwand, den der betreuende Elternteil nicht voraussehen konnte und deshalb bei der Bemessung laufender Unterhaltszahlungen nicht berücksichtigt werden konnte. Als Sonderbedarf anerkannt sind Arztkosten, Nachhilfekosten für eine kurze Zeit, nicht aber Kosten für Kleidung, Sport, Urlaubsreisen oder Musikinstrumente. Geht es um Klassenfahrten, Kommunion oder Konfirmation, ist die Rechtsprechung uneinheitlich. Hier kommt es auf den Einzelfall und die betreffende Begründung an.

Wann ha­be ich An­spruch auf Mehr­be­darf?

Mehrbedarf wird durch regelmäßig laufende Mehraufwendungen verursacht, die im Interesse des Kindes anfallen. Ein Halbtagskindergartenplatz ist durch den Regelunterhalt abgedeckt. Mehrbedarf entsteht dann, wenn der Kostenaufwand für die Fremdbetreuung über die üblichen Betreuungsleistungen eines Elternteils hinausgeht oder die Betreuung pädagogisch oder aufgrund der Behinderung des Kindes veranlasst ist. Die Kosten des Mehrbedarfs muss der unterhaltspflichtige Elternteil nicht allein tragen. Beide Elternteile sind nach ihren Einkommensverhältnissen zu beteiligen.

In­wie­weit ist das Ein­kom­men des Kin­des auf den Kin­des­un­ter­halt an­zu­rech­nen?

Minderjährige unverheiratete Kinder gelten stets als bedürftig und haben bedingungslos Anspruch auf Kindesunterhalt. Sie müssen sich eigene Einkünfte (z.B. Ausbildungsvergütung, Kapitalerträge, Mieteinnahmen) anrechnen lassen, brauchen aber ihr eigenes Vermögen dem Stamm nach nicht anzugreifen (z.B. keine Pflicht zum Verkauf von Wertpapieren).

Wie set­ze ich den Kin­des­un­ter­halt durch, wenn die Zah­lung ver­wei­gert wird?

Im Idealfall einigen Sie sich gütlich über den Kindesunterhalt. Dennoch ist es sinnvoll, den Unterhaltsanspruch titulieren zu lassen. Nur ein titulierter Unterhalt ist im Streitfall vollstreckbar. Im einfachsten Fall erkennt der unterhaltspflichtige Elternteil beim Jugendamt seine Zahlungsverpflichtung in einer Jugendamtsurkunde an. Auch dann ist der Zahlungsanspruch tituliert und vollstreckbar.

Verweigert der unterhaltspflichtige Elternteil den Kindesunterhalt, können Sie eine freiwillige Beistandschaft für das Kind beim Jugendamt einrichten. Dann macht das Jugendamt den Unterhaltsanspruch geltend und setzt den Anspruch notfalls auch gerichtlich durch. Alternativ können Sie den Unterhaltsanspruch effektiv auch mit anwaltlicher Hilfe realisieren. Sofern Sie die Verfahrensgebühren nicht selbst bezahlen können, sollten Sie staatliche Verfahrenskostenhilfe beantragen, so dass das Verfahren für Sie im Regelfall gebührenfrei abgewickelt werden kann.

Was ist das ver­ein­fach­te Un­ter­halts­ver­fah­ren?

Um die Zahlungspflicht für den Kindesunterhalt schnell festzustellen und einen langwierigen Unterhaltsprozess zur vermeiden, ermöglicht das Gesetz ein sogenanntes vereinfachtes Unterhaltsverfahren. Das Antragsverfahren läuft über den zuständigen Rechtspfleger beim Amtsgericht.

Zweck ist, Einwände des unterhaltspflichtigen Elternteils, dass er zur Zahlung nicht verpflichtet oder in der Lage sei, zu erschweren. Erklärt der unterhaltspflichtige Elternteil, er müsse aufgrund des eigenen Einkommens nur einen geringeren Betrag zahlen, muss er gleichzeitig erklären, in welcher Höhe er Unterhalt zahlen wird und sich dazu verpflichten. Anhand eines Vordrucks muss er Auskunft über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erteilen und diese belegen.

In besonders dringlichen Fällen können Sie auch einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung stellen. Dazu müssen Sie die Gründe für den Unterhaltsanspruch und dessen Höhe glaubhaft machen, ohne dass Sie bereits detaillierte Nachweise benötigen. Der Unterhaltsanspruch wird danach im normalen Unterhaltsprozess endgültig geprüft und festgestellt.

Wie er­hal­te ich die zur Be­zif­fe­rung des Kin­des­un­ter­halts not­wen­di­gen Aus­künf­te?

Der Kindesunterhalt lässt sich nur beziffern, wenn Sie die Einkommensverhältnisse des unterhaltspflichtigen Elternteils kennen. Der Elternteil ist daher verpflichtet, Auskunft über sein Vermögen und seine Einkünfte zu erteilen. Dazu hat er Einkommensbelege, ein Verzeichnis seiner Einnahmen und Ausgaben vorzulegen und deren Vollständigkeit nach bestem Wissen an Eides statt zu versichern. Verweigert der Elternteil die Auskünfte, kann das Familiengericht sich notfalls die notwendigen Informationen selbst beschaffen, indem es direkt von Arbeitgebern, Versorgungseinrichtungen und Finanzamt Auskünfte einholt.

Wie er­mit­telt sich das un­ter­halts­re­le­van­te Ein­kom­men (be­rei­nig­tes Net­to­ein­kom­men)?

Die Düsseldorfer Tabelle bemisst den Kindesunterhalt nach dem unterhaltsrelevanten Nettoeinkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils. Dieses bereinigte Nettoeinkommen ergibt sich aus dem Bruttoeinkommen, von dem Steuern, Sozialversicherungsabgaben, berufsbedingte Aufwendungen und Verbindlichkeiten, die die Ehe geprägt haben und im gemeinsamen Interesse beider Ehepartner begründet wurden, abzuziehen sind.

Was ist, wenn das Ein­kom­men nicht aus­reicht, um den Kin­des­un­ter­halt zu be­zah­len?

Liegt das Einkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils unter seinem Selbstbehalt (960/1.160 EUR), geht das Kind im Regelfall leer aus. Schwierig wird die Situation, wenn das Einkommen über dem Selbstbehalt liegt, der Elternteil aber mehrere Unterhaltspflichten zu erfüllen hat. Es handelt sich dann um einen Mangelfall. Für diesen Mangelfall bestimmt das Gesetz eine Rangfolge von Unterhaltsansprüchen.

1. Rang: Minderjährige Kinder und Kinder zwischen 18 und 21 Jahren, die sich in der Schul- oder Berufsausbildung befinden und im Haushalt eines Elternteils leben. Da alle diese Kinder gleichrangig Anspruch auf Kindesunterhalt haben, ist das verfügbare Einkommen aufzuteilen.

2. Rang: Elternteile, die Kinder betreuen und deshalb unterhaltsberechtigt sind oder im Fall einer Scheidung wären und Ehepartner bei Ehen von langer Dauer. Erst wenn Ansprüche im 1. Rang bedient sind, kommen Unterhaltsansprüche im 2. Rang in Betracht.

3. Rang: Alle anderen Ehepartner, die nicht im 2. Rang stehen.

4. Rang: Kinder, die nicht im 1. Rang stehen, also volljährige, nicht privilegierte Kinder.

In­wie­weit be­steht ei­ne Ar­beits­pflicht des un­ter­halts­pflich­ti­gen El­tern­teils?

Der unterhaltspflichtige Elternteil ist verpflichtet, grundsätzlich jedwede Arbeit anzunehmen, um seiner Verantwortung für das leibliche Kind gerecht zu werden. Arbeitet er trotz bestehender Erwerbsmöglichkeiten nicht, bemisst sich seine Leistungsfähigkeit nicht nach seinem tatsächlich erzielten, sondern nach dem erzielbaren Einkommen. Er muss sich also das Einkommen fiktiv anrechnen lassen, das er unter zumutbarem Einsatz seiner Arbeitskraft hätte erzielen können. Zum Einsatz seiner Arbeitskraft hat er entsprechende Erwerbsbemühungen zu entfalten und nachzuweisen.

Seine Zahlungsunfähigkeit ist allenfalls zu rechtfertigen, wenn er trotz angemessener Erwerbsbemühungen keine Arbeit findet oder krankheitsbedingt arbeitsunfähig ist. Es entspricht auch nicht der Erwerbsobliegenheit, wenn der verpflichtete Elternteil nach der Scheidung in einer neuen Ehe oder faktischen Lebensgemeinschaft unter Aufgabe eigener Erwerbstätigkeit die Aufgaben eines Hausmanns oder Hausfrau übernimmt. Es besteht kein Recht, die aus der ersten Ehe erwachsene Unterhaltspflicht zu vernachlässigen und nur noch die Unterhaltspflicht gegenüber der neuen Familie zu erfüllen.

In­wie­weit kann ich für die Ver­gan­gen­heit Kin­des­un­ter­halt ein­for­dern?

Kindesunterhalt für die Vergangenheit können Sie nur einfordern, wenn Sie den unterhaltspflichtigen Elternteil in Verzug gesetzt haben. Verzug bedeutet, dass Sie den Elternteil aufgefordert haben, Auskunft über Einkünfte und Vermögen zu erteilen oder Sie den Unterhaltsanspruch einklagen.

Wann er­hal­te ich Un­ter­halts­vor­schuss?

Bekommt Ihr Kind keinen Unterhalt oder liegt die Zahlung unter dem Mindestunterhalt, können Sie bei der Unterhaltsvorschusskasse Unterhaltsvorschuss beantragen. Der Antrag ist schriftlich in der Regel beim Jugendamt, in dessen Bezirk Ihr Kind lebt, zu stellen. Das Antragsformular sowie ein Merkblatt erhalten Sie beim Jugendamt oder Ihrer Gemeindeverwaltung. Der Anspruch besteht bis zum vollendeten 18. Lebensjahr des Kindes und ist zeitlich nicht mehr eingeschränkt. Das Kindergeld wird angerechnet. Ist Ihr Kind älter als zwölf Jahre, erhalten Sie Unterhaltsvorschuss nur, wenn Sie 600 EUR monatlich brutto verdienen.

Fa­zit

Kindesunterhalt hat viele Facetten. Wichtig ist zunächst nur, dass Sie die Ansätze kennen, nach denen der Anspruch auf Kindesunterhalt zu beurteilen ist. Nach diesen Ansätzen bestimmt sich, wie Sie Ihr Recht auf Zahlung von Kindesunterhalt durchsetzen oder Ihre Pflicht zur Zahlung von Kindesunterhalt beurteilen.

Geschrieben von: iurFRIEND-Redaktion

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