Liegt einer der Tatbestände für den nachehelichen Unterhalt vor, richtet sich der Unterhaltsanspruch des geschiedenen berechtigten Ehegatten nach dem Maß der ehelichen Lebensverhältnisse. Bleiben die Verhältnisse einschließlich des Einkommens des unterhaltspflichtigen Ehegatten unverändert, bleibt auch der Unterhaltsanspruch bestehen. Wann dieser konkret endet, ist gesetzlich nicht geregelt. Eine Möglichkeit für den Pflichtigen, den Unterhaltsanspruch des Berechtigten herabzusetzen, zeitlich zu befristen oder beides miteinander zu kombinieren, bietet § 1578b BGB. Was Sie über diese Unterhaltsbegrenzung wissen sollten und wann diese greift, erfahren Sie im Folgenden.
Als der Gesetzgeber mit Wirkung zum 01.01.2008 das Unterhaltsrecht reformierte, wollte er den bis dahin meist lebenslang bestehenden Anspruch auf Geschiedenenunterhalt an die gesellschaftlichen Veränderungen angleichen. Es wurde daher der Grundsatz der Eigenverantwortung aufgestellt, wonach die Ehegatten nach der Scheidung grundsätzlich selber für ihren Unterhalt sorgen müssen. Nur wenn das aus persönlichen oder wirtschaftlichen Gründen nicht möglich ist, kommt Geschiedenenunterhalt aufgrund einer der gesetzlichen Unterhaltstatbestände nach §§ 1570 ff BGB in Betracht.
Im Zuge der Reform wurde aber auch dieser noch mögliche Geschiedenenunterhalt als Folge des Grundsatzes der Eigenverantwortung beschränkt. Durch die Unterhaltsbegrenzung des geänderten § 1578b BGB wurde die Möglichkeit geschaffen, den nachehelichen Unterhalt herabzusetzen und / oder zeitlich zu befristen. Maßgebliches Kriterium für eine Begrenzung des Unterhalts ist die Prüfung, ob der Unterhaltsanspruch unbillig ist.
Vom Grundsatz der Eigenverantwortung machte der Gesetzgeber mit Wirkung zum 01.01.2013 einen kleinen Rückzieher, in dem er in § 1578b BGB das Kriterium der langen Ehedauer einführte. Während die lange Ehedauer zum einen quasi gleichberechtigt und alternativ neben den gesetzlichen Unterhaltstatbeständen steht, ist zum anderen bei einer langen Ehedauer eine Unterhaltsbegrenzung nur schwer möglich.
Die Unterhaltsbegrenzung nach § 1578b BGB sieht insgesamt drei Möglichkeiten vor, den Geschiedenenunterhalt einzuschränken.
Zunächst kann der nacheheliche Unterhalt auf den angemessenen Lebensbedarf herabgesetzt werden. Dabei wird davon ausgegangen, dass sich der Geschiedenenunterhalt zunächst nach dem Maß der ehelichen Lebensverhältnisse bestimmt (voller Unterhalt). Die Unterhaltsbegrenzung erfolgt durch eine Herabsetzung auf den angemessenen Lebensbedarf, der sich nach der Lebensstellung richtet, die der Berechtigte ohne die Ehe und den damit verbundenen Erwerbsnachteilen erlangt hätte (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 10.11.2010, Az. XII ZR 197/08).
Alternativ kann eine Unterhaltsbegrenzung dergestalt erfolgen, dass der nacheheliche Unterhalt zeitlich befristet wird.
Und schließlich ist eine Herabsetzung des Unterhalts in der Weise möglich, dass Herabsetzung und zeitliche Befristung miteinander kombiniert werden.
Entscheidendes Kriterium für eine Unterhaltsbegrenzung ist die Billigkeit. Es unterliegt also – vereinfacht gesagt – einer Gerechtigkeitsprüfung des Familiengerichts, ob der Anspruch auf Unterhalt nach der Scheidung unbegrenzt besteht oder im Rahmen der Unterhaltsbegrenzung herabgesetzt und / oder zeitlich befristet wird. Abzustellen ist im Rahmen der Billigkeitsabwägung auf die durch die Ehe entstandenen Nachteile für den Unterhaltsberechtigten (ehebedingte Nachteile) sowie auf die nacheheliche Solidarität.
Zu den gesetzlichen Unterhaltstatbeständen für den Geschiedenenunterhalt sollten Sie wissen, dass diese in erster Linie einen Ausgleich der ehebedingten Nachteile des Unterhaltsberechtigten bezwecken. Ehebedingte Nachteile sind solche, die zumindest teilweise ihre Ursache in der Eheschließung und der Rollenverteilung in der Ehe haben. § 1578b BGB nennt als mögliche Nachteile ausdrücklich die Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes sowie die Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe.
Expertentipp: Die Ehen der Ehefrauen F1 und F2 wurden geschieden. Beide Frauen üben inzwischen eine Erwerbstätigkeit aus und machen Unterhalt nach der Scheidung in Form von Aufstockungsunterhalt geltend. F1 hatte während der Ehe ihre berufliche Karriere zugunsten der Kinderbetreuung und Haushaltsführung aufgegeben. Demgegenüber kündigte F2 bereits geraume Zeit vor der Ehe ihre Arbeitsstelle wegen der Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes. Während der Ehe fand keine Betreuung des Kindes durch F2 statt, da das Kind auf ein Internat ging. Inzwischen sind die Kinder volljährig und stehen im Berufsleben. Folge: Bei F1 liegt in beruflicher Hinsicht ein ehebedingter Nachteil vor. Dagegen ist ein solcher Nachteil bei F2 nicht gegeben, da die Kindesbetreuung vor der Ehe stattfand und eine Kindesbetreuung während der Ehe nicht erfolgte (vgl. dazu BGH, Urteil vom 20.02.2013, Az.: XII ZR 148/10).
Für die Auswirkungen vorhandener bzw. nicht vorhandener ehebedingter Nachteile auf die Unterhaltsbegrenzung gilt also:
Liegen keine ehebedingten Nachteile vor, bestehen bei der Unterhaltsbegrenzung folgende Ausnahmen:
Bei der Billigkeitsabwägung für eine Begrenzung des Unterhalts ist auch auf die nacheheliche Solidarität abzustellen. Eine genaue Definition für diesen Begriff existiert nicht. Gemeint ist damit die sogenannte wirtschaftliche Verflechtung der Ehegatten, die sich aus der Familieneinheit und der gegenseitigen Rücksichtnahme ergeben hat sowie speziell bei Ehen von längerer Dauer auch nach der Scheidung noch fortwirkt.
Wird etwa ein lebenslanger Anspruch auf nacheheliche Unterhalt geltend gemacht, bei dem eine Herabsetzung des Unterhalts ausscheiden soll, spielt bei der Billigkeitsabwägung auch die nacheheliche Solidarität eine Rolle (vgl. dazu BGH, Urteil vom 08.06.2011, Az.: XII ZR 17/09).
Möchte der Pflichtige eine Begrenzung des Unterhalts durchsetzen, muss er sich dazu an das Familiengericht wenden. Geltend gemacht wird die Begrenzung des Unterhalts in der Praxis meistens im Rahmen einer Abänderungsklage, also wenn der bereits vor einiger Zeit ergangene gerichtliche Beschluss über den Unterhaltsanspruch abgeändert werden soll, weil sich die zugrundeliegenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben. Die meisten gerichtlichen Verfahren wegen einer Unterhaltsbegrenzung betreffen den Aufstockungsunterhalt.
Expertentipp: Der Unterhaltspflichtige sollte bereits im ersten Gerichtsverfahren, in dem der Berechtigte Unterhalt nach der Scheidung beansprucht, den Einwand der Unterhaltsbegrenzung geltend machen und diesen ausreichend begründen. Geschieht das nicht und war bereits zu diesem Zeitpunkt mit Sicherheit vorhersehbar, dass Gründe für eine Begrenzung des Unterhalts in Form einer Herabsetzung oder zeitlichen Befristung vorliegen, kann deswegen die Unterhaltsbegrenzung in einem späteren Abänderungsverfahren abgelehnt werden. Denn im Abänderungsverfahren können Fehler aus dem ersten Verfahren nicht korrigiert werden.
Beweispflichtig für Tatsachen, die die Begrenzung des Unterhalts begründen, ist der unterhaltspflichtige geschiedene Ehegatte. Allzu hohe Anforderungen werden daran aber nicht gestellt. Es reicht daher aus, wenn der Pflichtige im Gerichtsverfahren etwa Folgendes vorträgt:
Der geschiedene unterhaltsberechtigte Ehegatte (bzw. Antragsteller oder Antragsgegner) betreut keine Kinder mehr und kann einer Vollzeitbeschäftigung im erlernten oder vor der Ehe ausgeübten Beruf nachgehen. Im Übrigen sind keine ehebedingten Nachteile ersichtlich.
Es ist dann Sache des Berechtigten, die Umstände darzulegen und unter Beweis zu stellen, die eine Herabsetzung des Unterhalts ausschließen. Um dieser sekundären Beweislast nachzukommen, kann sich der Berechtigte – in dem Fall, in dem er wegen der Ehe und Kinderbetreuung seine berufliche Karriere aufgegeben hat – etwa vergleichbarer Karriereverläufe bedienen, um seine damaligen beruflichen Möglichkeiten plausibel vorzutragen (BGH, Beschluss vom 14.05.2014, Az.: XII ZB 301/12).
Liegen die Voraussetzungen für eine Unterhaltsbegrenzung vor, stellt sich die Frage, wann genau diese konkret eingreift und ab wann genau der nacheheliche Unterhalt herabgesetzt und / oder zeitlich befristet wird. Die Antwort darauf kann Ihnen kein Rechtsanwalt bzw. Fachanwalt für Familienrecht geben.
Vielmehr entscheidet das Familiengericht nach einer Billigkeitsabwägung aller Umstände (BGH, Beschluss vom 14.05.2014, Az.: XII ZB 301/12). Wie lange dann noch der Anspruch auf vollen Unterhalt nach der Scheidung besteht und wann die Begrenzung des Unterhalts zum Tragen kommt, befindet einzig und allein das Gericht. Ausnahmsweise gilt hier der Spruch: „Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand.“
Neben der Begrenzung des Unterhalts für den Geschiedenenunterhalt nach § 1578b BGB „Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unterhalts wegen Unbilligkeit“ gibt es noch die
Gemeinsam haben beiden Vorschriften, dass es bei grober Unbilligkeit zu Wegfall und Minderung des Unterhalts kommen kann, also eine Verwirkung, Kürzung oder Befristung des Unterhaltsanspruchs möglich ist.
Im Wesentlichen handelt es sich dabei um die Fälle, in denen der Unterhaltsberechtigte schuldhaft Straftaten oder schwere Fehlverhalten gegenüber dem Unterhaltspflichtigen begeht.
Der Unterhaltsanspruch kann nach den gesetzlichen Voraussetzungen begrenzt werden, wenn die berechnete Höhe im Einzelfall unbillig wäre. Es kommt dabei stets auf den Einzelfall an. Das Gericht beurteilt dies auf Grundlage der ehebedingten Nachteile der Ehepartner sowie dem Umfang der ehelichen Solidärität, die konkret erwartet werden kann. Wenn die ehbedingten Nachteile höher oder genauso hoch sind, wie der berechnete Unterhalt, ist eine Begrenzung ausgeschlossen.
Geschrieben von: iurFRIEND-Redaktion