Heiraten Sie einen Partner oder eine Partnerin, die ein eigenes Kind in die Ehe einbringt, sind Sie Stiefelternteil. Sie brauchen für Ihr Stiefkind kein Bargeld als Kindesunterhalt zu zahlen. Diese an sich klare Feststellung erscheint nur auf den ersten Blick einfach. Tatsächlich sind mit der Frage des Unterhalts bei Stiefkindern eine Reihe interessanter Details verbunden. Wir erklären, was Sie als Stiefelternteil dazu wissen sollten.
Sie sind Stiefmutter, wenn Ihr Partner ein eigenes leibliches Kind in Ihre neue Ehe einbringt. Bringt Ihre Partnerin ein leibliches Kind in die Ehe ein, sind Sie Stiefvater. Gleiches gilt, wenn Sie einen gleichgeschlechtlichen Partner oder Partnerin ehelichen. Auch dann sind Sie ein Stiefelternteil.
Die Bezeichnung „Stiefelternteil“ und „Stiefkind“ sind volkstümliche Begriffe, aber keine Rechtsbegriffe. Die Beziehung zwischen einem Kind und dem mit ihm nicht verwandten Ehepartner seiner Mutter oder seines Vaters bezeichnet das Gesetz als Schwägerschaft (Verwandtschaft 1. Grades in gerader Linie nach § 1590 BGB).
Verfassungsrechtlich ist anerkannt, dass Stiefkinder und Stiefelternteile eine Familie im Sinne des Art. 6 Grundgesetz darstellen, sofern Sie in familiärer Gemeinschaft leben. In der Praxis und insbesondere im Bürgerlichen Gesetzbuch hat diese Tatsache jedoch kaum eine Bedeutung.
Gut zu wissen: Als Stiefelternteil stehen Sie trotz der Schwägerschaft Ihrem Stiefkind wie ein beliebiger Dritter gegenüber. Sie haben rechtlich keine Beziehung zum Stiefkind. Vom Gesetz her sind Sie Fremde. Ihr Stiefkind ist deshalb nicht mit Ihnen verwandt und hat kein gesetzliches Erbrecht, wenn Sie das Zeitliche segnen. Immerhin aber sind Stiefkinder, wenn sie letztwillig bedacht werden, erbschaftssteuerrechtlich den leiblichen Abkömmlingen gleichgestellt (§ 15 ErbStG: Steuerklasse I).
Als Stiefmutter oder Stiefvater sind Sie rechtlich nicht verpflichtet, für den Unterhalt Ihres Stiefkindes zu sorgen. Da Sie sich wie Fremde gegenüberstehen, besteht keine Unterhaltspflicht. Ihr Stiefkind kann auch dann keinen Unterhalt fordern, wenn Sie ein sehr hohes Einkommen haben oder das Stiefkind dauerhaft in Ihrem Haushalt lebt.
Ein Überblick zum Thema Unterhalt und Tipps für die Unterhaltsberechnung.
Im Lebensalltag dürfte es aber so sein, dass Sie als Stiefelternteil Ihr Stiefkind über Ihren Beitrag zum Familienunterhalt mit unterhalten. In der Regel werden Sie sich mit Ihrem Partner, der ein Kind mit in die Ehe einbringt, regelmäßig ausdrücklich oder stillschweigend darauf verständigen, dass der Unterhaltsbeitrag zum Familienunterhalt auch die Bedürfnisse des Stiefkindes mitumfasst. Allerdings lässt sich allein durch die faktische Übernahme der Mitversorgung des Kindes nicht ohne weiteres auf eine vertragliche Verpflichtung schließen, dass Sie das Kind auch künftig bedingungslos unterhalten werden (OLG Nürnberg FamRZ 1965, 217).
Das, was Sie für Ihr Stiefkind ausgeben, könnten Sie zumindest theoretisch von Ihrem Ehepartner als leiblicher Elternteil zurückverlangen. Dieser Fall könnte dann in Betracht kommen, wenn der andere leibliche Elternteil, der gegenüber seinem Kind unterhaltspflichtig ist, keinen Unterhalt zahlt, obwohl er/sie Unterhalt zahlen müsste.
Gut zu wissen: Sind Sie der „Ernährer“ der Familie und werden bei einem Verkehrsunfall getötet, hat Ihr leibliches Kind gegen den Unfallverursacher einen Schadensersatzanspruch und muss dem Kind eine Unfallrente bezahlen (§ 844 Abs. II BGB). Ihr Stiefkind hingegen hätte keinen solchen Anspruch, da hierfür keine gesetzliche Verpflichtung besteht (BGH NJW 1969, 2007).
Auch im Erbrecht findet sich eine Regelung, die Stiefkinder betrifft. Verstirbt der leibliche Elternteil des Kindes, sind Sie als überlebender Ehepartner verpflichtet, Ihrem Stiefkind Ausbildungsunterhalt zu zahlen, damit das Kind in der Lage ist, trotz des Ablebens seines leiblichen Elternteils eine angemessene Ausbildung absolvieren. Voraussetzung ist allerdings, dass das Stiefkind wirtschaftlich bedürftig ist (§ 1371 Abs. IV BGB).
In der Wissenschaft wird die Einführung einer gesetzlichen Unterhaltspflicht des Stiefelternteils diskutiert. Teils wird diese vehement abgelehnt. Die Bedenken gegen eine gesetzliche Unterhaltspflicht des Stiefelternteils begründen sich darin, dass die Interessen leiblicher Kinder des Stiefelternteils beeinträchtigt würden. Außerdem wird auf die möglicherweise verminderten Heiratschancen von ledigen und geschiedenen Müttern hingewiesen.
Insoweit komme eine Unterhaltspflicht des Stiefelternteils allenfalls dann in Betracht, wenn der Stiefelternteil ein minderjähriges Stiefkind freiwillig in die familiäre Hausgemeinschaft aufnimmt. Die Unterhaltspflicht könnte aber auch nur dann begründet sein, wenn das Kind wirtschaftlich bedürftig sei. Die Unterhaltspflicht der leiblichen Eltern müsse stets als vorrangig eingestuft werden. Der Stiefelternteil könne nicht verpflichtet werden, zur Entlastung des geschiedenen anderen Elternteils zum Unterhalt des Stiefkindes beizutragen.
In der kleinen Welt, in welcher Kinder leben, gibt es nichts, dass so deutlich von ihnen erkannt und gefühlt wird, als Ungerechtigkeit.
Für die Unterhaltspflicht spricht, dass Sie als Stiefelternteil aufgrund Ihrer ehelichen Solidarität gegenüber dem Ehepartner verpflichtet sind, auch das in Ihren Haushalt und Ihre Lebensgemeinschaft aufgenommene Stiefkind zu unterhalten. Außerdem wird darauf hingewiesen, dass derjenige Ehepartner, der die Hausrolle übernimmt, mit der Pflege und Erziehung eines Kindes und damit auch eines Stiefkindes seine Unterhaltspflicht erfüllt (§ 1606 Abs. III BGB). Auch dürfen Sie das minderjährige Kind bereits kraft Ihres Mitsorgerechts zur Mithilfe im Haushalt anhalten. (§ 1619 BGB).
Ihr Stiefkind kann eine Halbwaisenrente beanspruchen, wenn Sie versterben. Der Anspruch besteht allerdings nicht, wenn Sie mit dem leiblichen Elternteil des Kindes in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft leben (Sozialgericht Stuttgart, Urteil vom 21.5.2011, Az. S 19 R 5054/07). Die Klage wurde abgewiesen, weil die Partner nicht miteinander verheiratet waren und das Kind daher nicht das Stiefkind des verstorbenen Partners war. Auch habe kein Pflegekindschaftsverhältnis vorgelegen, da die Bindung zum leiblichen Elternteil nicht völlig gelöst worden war.
Ihr Stiefkind, dessen leiblicher Elternteil arbeitslos ist, hat keinen Anspruch auf Hartz-IV-Leistungen nach SGB-II, wenn Sie als Stiefelternteil über ein ausreichend hohes Einkommen verfügen (Bundessozialgericht, Urteil vom 23.5.2013, Az. B 4 AS 67/11 R).
Praxisbeispiel: Im Fall zahlte der leibliche Vater des Kindes keinen Unterhalt. Vielmehr müsse die Stieftochter ihren Bedarf aus dem Einkommen des Stiefvaters decken. Steuerlich könne der Stiefvater den Kinderfreibetrag beanspruchen, wenn der leibliche Vater keinen Unterhalt zahlt.
Das Bundesverfassungsgericht hatte eine betreffende Verfassungsbeschwerde abgewiesen (BVerfG, Beschluss vom 29.5.2013, 1 BvR 1083/09). Bei unverheirateten Kindern, die mit einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können, sind nicht nur das Einkommen und Vermögen des leiblichen Elternteils, sondern auch das Einkommen und Vermögen des mit dem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Partners (Stiefelternteil) zu berücksichtigen (§ 9 Abs. II S. 2 SGB II). Diese Vorschrift sei verfassungsgemäß. Insoweit müssen Sie als Stiefelternteil indirekt für Ihr Stiefkind aufkommen und eigentlich Unterhalt leisten.
Adoptieren Sie Ihr Stiefkind, führt die Adoption dazu, dass das Kind alle Rechte und Pflichten eines leiblichen Kindes erhält. Umgekehrt erhalten Sie als Stiefelternteil alle Rechte und Pflichten eines leiblichen Elternteils. In diesem Fall sind Sie dem Kind selbstverständlich zum Unterhalt verpflichtet. Ihr Kind hält zudem ein gesetzliches Erbrecht.
Daran ändert sich nichts, wenn Sie sich vom Partner scheiden lassen. Auch nach der Scheidung bleiben Sie gegenüber dem Kind in der Unterhaltspflicht und müssen Kindesunterhalt leisten. Die Unterhaltspflicht des leiblichen Elternteils ist mit der Adoption erloschen.
Bringt Ihre Ehepartnerin in Ihrer bestehenden Ehe aufgrund einer außerehelichen Beziehung ein Kind zur Welt, sind Sie der rechtliche Vater des Kindes. Auch ein Kuckuckskind ist somit Ihr Kind und damit nicht Ihr Stiefkind.
Das Gesetz vermutet nämlich, dass Sie der Erzeuger des Kindes sind, wenn das Kind in Ihrer Ehe geboren wird. Sie bleiben rechtlicher Vater des Kindes, solange die Vaterschaft des biologisch und leiblichen Vaters nicht festgestellt wird. Diese gesetzliche Vermutung besteht auch dann, wenn Sie bereits längere Zeit getrennt voneinander leben und es auf der Hand liegt, dass ein anderer Mann der Erzeuger des Kindes ist. Im Interesse des Kindes stellt das Gesetz ausschließlich auf den Zeitpunkt der Geburt des Kindes ab. Das in Ihrer Ehe geborene Kuckuckskind ist also auch Ihr Kind. Es ist nicht Ihr Stiefkind. Als rechtlicher Vater sind Sie gegenüber dem Kind, auch wenn es ein Kuckuckskind ist, unterhaltspflichtig. Trennen Sie sich von der Mutter, bleiben Sie unterhaltspflichtig und müssen für das Kind Kindesunterhalt zahlen.
Das Gesetz trägt zumindest der Tatsache Rechnung, dass das Stiefkind in Ihrem Haushalt lebt. Sind Sie mit dem leiblichen Elternteil des Kindes verheiratet, haben Sie als Stiefelternteil ein „kleines Sorgerecht“ (§ 1687b BGB). Sie dürfen in Alltagsangelegenheiten des Stiefkindes Entscheidungen treffen. Dazu gehört alles, was im täglichen Leben einer Familie anfällt. Dazu gehören Fragen der Freizeitgestaltung oder Schulangelegenheiten wie die Teilnahme an einem Schulausflug. Sie dürfen auch Schulzeugnisse unterzeichnen oder dem Kind verbieten, übermäßig Fernsehen zu sehen.
Sofern Sie das Kind einvernehmlich in Ihrem Haushalt aufnehmen, sind Sie in der Pflicht, Ihrem Ehepartner bei der Pflege und Erziehung seines Kindes mitzuhelfen. Diese Pflicht ergibt sich als Konsequenz Ihrer ehelichen Beistandspflicht (§ 1353 BGB, OLG Karlsruhe FamRZ 1961, 371).
Voraussetzung für Ihre Mitentscheidungsbefugnis ist aber, dass Ihr Ehepartner als leiblicher Elternteil allein sorgeberechtigt gegenüber dem Kind ist. Solange das gemeinsame Sorgerecht mit dem anderen leiblichen Elternteil noch besteht, steht Ihnen das kleine Sorgerecht nicht zu. Dass sich daraus in der Praxis Probleme ergeben, dürfte klar sein.
Trennen Sie sich von Ihrem Ehepartner, haben Sie nach der Scheidung ein Umgangsrecht mit Ihrem Stiefkind, wenn Sie für das Kind tatsächliche Verantwortung getragen haben und eine sozial-familiäre Beziehung besteht und der Umgang dem Wohl des Kindes dient. Eine sozial-familiäre Beziehung ist anzunehmen, wenn Sie mit dem Kind über längere Zeit in einem Haushalt gelebt haben. Ihr Umgangsrecht setzt voraus, dass positiv festgestellt wird, dass der Umgang dem Kindeswohl dient und ein besonderes Vertrauensverhältnis entstanden ist. War der Kontakt zum Stiefkind mehr als drei Jahre unterbrochen, werden Sie kaum noch eine Chance haben, ein Umgangsrecht eingeräumt zu bekommen.
Gut zu wissen: Verstirbt der allein sorgeberechtigte leibliche Elternteil, bleibt Ihre Mitsorge und damit Ihre fortdauernde Verantwortung für das Kind für die laufende Betreuung und Erziehung bestehen. Allerdings wird das Sorgerecht in diesem Fall dem anderen noch lebenden leiblichen Elternteil auf seinen Antrag hin übertragen, es sei denn, die Übertragung widerspricht dem Wohle des Kindes (§ 1681 Abs. II BGB).
Inwieweit diese Regelung dem Kindeswohl dient, dürfte zweifelhaft sein, wenn Sie Ihr Stiefkind wie ein eigenes Kind behandelt und in diesem Sinne bislang betreut haben. Da in diesem Fall das Familiengericht über das Sorgerecht zu entscheiden hat, wird auch Ihr Mitsorgerecht gewürdigt. In diesem Fall könnten Sie als Vormund bestellt werden. Das elterliche Sorgerecht erhalten Sie nicht (BayObLG, FamRZ 1988, 973; OLG Karlsruhe, Justiz 1975, 29). Eine bessere Lösung könnte darin bestehen, dass der Gesetzgeber Ihnen für diesen Fall das volle elterliche Sorgerecht zuerkennen würde.
Sind Sie Vermieter, können Sie die Mietwohnung nicht kündigen und zur Begründung darauf verweisen, Sie benötigen die Wohnung für das leibliche Kind Ihres Lebenspartners, sofern Sie nicht miteinander verheiratet sind und das Stiefkind nicht in Ihrem Haushalt lebt. Da Stiefkinder nicht zu dem in § 573 Abs. II Nr. 2 BGB genannten Personenkreis gehören, komme eine Eigenbedarfskündigung nicht in Betracht. Das Stiefkind sei auch kein Familienangehöriger, da der Stiefelternteil mit dem Stiefkind weder verwandt noch verschwägert ist (AG Siegburg, WuM 2019, 33).
Die rechtliche Beziehung zwischen Stiefkind und Stiefelternteil ist teils klar, teils wenig verständlich. Möchten Sie Ihre Beziehung auf eine klare Grundlage stellen, sollten Sie das Stiefkind adoptieren und damit einem leiblichen Kind gleichstellen.
Geschrieben von: iurFRIEND-Redaktion