Kinder bedeuten Verantwortung. Verantwortung beinhaltet Betreuung, aber auch finanzielle Verpflichtung. Geht es um den Kindesunterhalt, ist bei Trennung und Scheidung der Eltern zwischen Barunterhalt und Betreuungsunterhalt zu unterscheiden. Auch Sonderbedarf und Mehrbedarf spielen beim Kindesunterhalt eine Rolle. Wir erklären die Unterschiede und zeigen auf, nach welchen Maßstäben Unterhaltsansprüche zu erfüllen sind.
Solange Sie mit Ihrem Ehepartner und dem anderen Elternteil Ihres gemeinsamen Kindes zusammenleben, können Sie bestimmen, in welcher Art Sie Unterhalt gewähren. Im Regelfall erfüllen Sie Ihre Unterhaltspflichten dadurch, dass Sie dem Kind Verpflegung und Unterkunft und natürlich Liebe und Geborgenheit bieten. Der Kindesunterhalt ist insoweit Teil des Familienunterhalts. Jeder Ehepartner ist gehalten, im Rahmen seiner Möglichkeiten und in Absprache mit dem Partner seinen Beitrag zum Familienunterhalt zu leisten. Soweit beide Ehepartner berufstätig sind, bedarf es der Absprache, wie das Kind betreut wird.
Ein Überblick zum Thema Unterhalt und Tipps für die Unterhaltsberechnung.
Zieht ein Ehepartner wegen der Trennung vom Partner aus der gemeinsamen ehelichen Wohnung aus, kann er oder sie das gemeinsame Kind nicht mehr in der bisherigen Form betreuen. Das Kind wird meist von demjenigen Partner betreut, der in der Wohnung verbleibt oder der sich bereit erklärt, das Kind in seinen neuen Haushalt mitzunehmen. Jetzt gilt es, den Unterhalt des Kindes sicherzustellen und die Unterhaltspflichten aufzuteilen.
Trennen Sie sich von Ihrem Ehepartner und versorgen das Kind in Ihrem Haushalt, leisten Sie Betreuungsunterhalt. Sie erfüllen Ihre Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind allein mit der Betreuung des Kindes in Ihrem Haushalt. Der andere Partner, der das Kind nicht mehr betreut, erfüllt seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind, indem er Kindesunterhalt in bar bezahlt. Wir sprechen vom Barunterhalt. Betreuungsunterhalt und Barunterhalt sind gleichwertige Unterhaltsleistungen.
Gut zu wissen: Sie können Ihre Barunterhaltspflicht nicht damit einschränken wollen, dass Sie die Betreuungsleistung des anderen Elternteils als nicht gleichwertig beurteilen. Es gilt, anzuerkennen, dass auch die Betreuung des Kindes im Alltag eine elterliche Aufgabe ist, die aus der Verantwortung gegenüber dem Kind entsteht und mit Geld nur bedingt aufzuwiegen ist.
Sie können Ihre Unterhaltspflicht auch nicht damit hinterfragen, dass Sie das Kind lieber selbst betreuen würden. Dieses Argument ist insoweit nachrangig, als allein das Wohl des Kindes entscheidet, bei welchem Elternteil es lebt. Auch wenn Eltern hierüber oft geteilter Meinung sind, ist darauf abzustellen, wo das Kind besser aufgehoben ist. Dabei ist darauf abzustellen, dass das Kind möglichst in seiner gewohnten sozialen Umgebung verbleiben sollte, wo es am besten betreut werden kann und nicht zuletzt, wo es sich besser aufgehoben fühlt. Im Zweifelsfall muss das Familiengericht entscheiden.
Betreuen Sie das Kind nicht in Ihrem Haushalt, sind Sie barunterhaltspflichtig und leisten dem Kind Barunterhalt. Die Höhe des Barunterhalts bemisst sich nach der Düsseldorfer Tabelle. Die Familiengerichte wenden diese Unterhaltstabelle an, wenn es darum geht, den Kindesunterhalt zu bestimmen. Je nachdem, was Sie netto verdienen, werden Sie in eine Einkommensgruppe 1 – 10 eingestuft. Die unterste Einkommensstufe 1 beginnt bei 0 EUR und endet bei 1.900 EUR. Die oberste Einkommensstufe 10 beginnt bei 5.100 EUR und endet bei 5.500 EUR. In Abhängigkeit vom Alter des Kindes ergibt sich der Barunterhaltsbetrag. Die Düsseldorfer Tabelle wird meist im Jahresrhythmus an die Lebenshaltungskosten angepasst, sodass sich die Barunterhaltsbeträge regelmäßig erhöhen.
Praxisbeispiel: Sie verdienen 3.400 EUR netto im Monat. Damit gehören Sie in die Einkommensstufe 5. Ist Ihr Kind 4 Jahre alt, zahlen Sie 525 EUR Kindesunterhalt. Für ein 15-jähriges Kind wären 706 EUR zu zahlen (Stand 1. Januar 2023).
Erhält ein Elternteil Kindergeld, wird das Kindergeld zur Hälfte auf Ihren Barunterhalt angerechnet. Grund ist, dass auch der nicht betreuende Elternteil Anspruch auf das Kindergeld hätte.
Praxisbeispiel: Sie müssten für Ihr vierjähriges Kind 525 EUR Kindesunterhalt zahlen. Da der betreuende Elternteil das Kindergeld (für das erste Kind 250 EUR) erhält, ist die Hälfte des Kindergeldes in Höhe von 125 EUR auf den Kindesunterhalt anzurechnen. Sie zahlen dann effektiv noch 400 EUR Kindesunterhalt.
Im Ausnahmefall kann auch der betreuende Elternteil barunterhaltspflichtig sein. Verfügt der betreuende Elternteil um ein 50 % höheres Einkommen als der eigentlich barunterhaltspflichtige Elternteil, ist er verpflichtet, neben der Betreuung des Kindes auch Barunterhalt zu leisten (BGH, Urteil v. 4.5.2011, Az. XII ZR 70/09). In diesem Fall gelte der Grundsatz der Gleichwertigkeit von Barunterhalt und Betreuungsunterhalt nicht uneingeschränkt. Dem eigentlich betreuenden Elternteil sei eine Beteiligung am Barunterhalt zuzumuten, da er durch seinen hohen Verdienst den eigenen angemessenen Unterhalt nicht gefährde. Umgekehrt rechtfertige der höhere Verdienst, den Selbstbehalt des unterhaltspflichtigen Elternteils von einem notwendigen (960 EUR/1.160 EUR) auf einen angemessenen Selbstbehalt (vom Einzelfall abhängig) heraufzusetzen.
Für Kinder ist das Beste gerade gut genug.
Minderjährige Kinder, die sich in der Schulausbildung befinden, haben im Regelfall stets Anspruch auf den vollen Kindesunterhalt. Absolviert das minderjährige Kind eine Berufsausbildung, muss es sich die Ausbildungsvergütung nach Abzug einer Kostenpauschale von 100 EUR auf den Kindesunterhalt anrechnen lassen. Im Regelfall entfällt damit die Barunterhaltspflicht.
Unterhaltsbedürftig sind auch sogenannte privilegierte Kinder. Dies sind Kinder bis zum 21. Lebensjahr, die im Haushalt eines Elternteils leben und sich in der Schul- oder Berufsausbildung befinden. Auch diese Kinder haben Anspruch auf den vollen Kindesunterhalt, müssen sich aber eigene Einkünfte anrechnen lassen.
Wird das Kind volljährig, ist es eigentlich für sich selbst verantwortlich. Solange es sich jedoch in der Schul- oder Berufsausbildung befindet, besteht Ihre Unterhaltspflicht fort. Das Kind gilt insoweit als bedürftig. Sie müssen Ihr Kind so lange unterstützen, bis es auf eigenen Füßen stehen kann. Damit es seine Berufsausbildung schnellstmöglich zu Ende führt, ist das Kind nicht verpflichtet, eigenes Geld zu verdienen. Bloße Nebenverdienste braucht es sich nicht auf den Kindesunterhalt anrechnen zu lassen. Anrechenbar sind jedoch Einkünfte aus einer geringfügigen Beschäftigung. Auch eine Vergütung für einen Werkstudenten wäre auf den Kindesunterhalt anzurechnen.
Studiert das Kind auswärts, hat es rein rechnerisch Anspruch auf 860 EUR Kindesunterhalt (Stand 1.1.2021). Wohnt das Kind im Haushalt eines Elternteils, erfüllt der betreuende Elternteil seine Unterhaltspflicht, indem er dem Kind Verpflegung und Unterkunft gewährt sowie ein angemessenes Taschengeld zahlt. Der Barunterhalt des nicht betreuenden Elternteils bemisst sich dann nach der Düsseldorfer Tabelle.
Rückwirkenden Unterhalt für die Vergangenheit gibt es nur unter Einschränkungen. Grund ist, dass Unterhalt den aktuellen Lebensbedarf abdecken soll. Rückwirkender Unterhalt erfüllt diese Funktion nicht mehr. Wer Unterhalt benötigt, wird das Geld einfordern. Wer nichts fordert, braucht offensichtlich auch nichts. Außerdem soll sich der unterhaltspflichtige Elternteil darauf einstellen dürfen, dass er nicht für Unterhaltsforderungen in Anspruch genommen wird, mit denen er nicht mehr gerechnet hat. Außerdem lassen sich die in der Vergangenheit maßgeblichen Einkommensverhältnisse kaum mehr zuverlässig feststellen. Unterhalt für die Vergangenheit gibt es daher nur:
Die Menschen sind da, um einander zu helfen, und wenn man eines Menschen Hilfe in rechten Dingen nötig hat, so muß man ihn dafür ansprechen.
Mehrbedarf kann über den Kindesunterhalt hinaus verlangt werden, wenn es sich um regelmäßig anfallende Kosten handelt, die die üblichen Kosten übersteigen und deshalb in den Regelsätzen der Düsseldorfer Tabelle nicht erfasst sind. Regelmäßig anfallende Kosten können unter anderem folgendes sein:
Sonderbedarf kann im Gegensatz zu Mehrbedarf nur wegen eines unregelmäßigen außergewöhnlichen hohen Bedarfs geltend gemacht werden. Es geht um Kosten, die nicht vorhersehbar waren und deshalb im laufenden Unterhalt nicht enthalten sind. Da Sie als betreuender Elternteil gehalten sind, für voraussehbare und zukünftig entstehende Kosten Rücklagen zu bilden, wird Sonderbedarf nur in begründeten Ausnahmefällen zugestanden. Beispiele für solche Ausnahmefälle sind:
Betreuen Sie Ihr Kind im Wechselmodell und wechseln sich in der Betreuung gleichberechtigt ab, gibt es den allein betreuenden Elternteil nicht mehr. Sie betreuen Ihr Kind nunmehr, wenn auch abwechselnd, gemeinsam. Auch wenn Sie damit gleichberechtigt Betreuungsunterhalt leisten, werden Sie von der Barunterhaltspflicht nicht befreit. Wäre dem so, bräuchten beide Elternteile keinen Barunterhalt mehr zu zahlen, obwohl sie eigentlich nur den Betreuungsbedarf des Kindes abdecken. Daher schulden beide Elternteile nach Maßgabe ihrer Einkommensverhältnisse dem Kind Barunterhalt. Wer mehr verdient, leistet einen höheren Anteil am Barunterhalt, wer weniger verdient, weniger.
Zahlen Sie Kindesunterhalt, haben Sie als nicht betreuender Elternteil regelmäßig ein Umgangsrecht. Dieses Umgangsrecht steht Ihnen unabhängig davon zu, ob und wie viel Kindesunterhalt Sie leisten. Auch wenn Sie Ihr Umgangsrecht besonders zeitintensiv und kostenintensiv wahrnehmen, haben Sie kein Recht, deshalb den Kindesunterhalt zu kürzen. Sie können Ihre Betreuungsleistungen bei der Wahrnehmung des Umgangsrechts nicht mit dem Kindesunterhalt verrechnen. Wenn, dann müssen Sie sich mit dem anderen Elternteil absprechen und klären, ob eine Verrechnung in Betracht kommt.
Sind Sie dem Kind barunterhaltspflichtig, steht Ihnen zunächst ein Selbstbehalt zu. Dieser beträgt, wenn Sie berufstätig sind, 1.160 EUR im Monat (Stand 1.1.2020). Verdienen Sie weniger, sind Sie verpflichtet, Ihre Leistungsfähigkeit voll auszuschöpfen. Sie müssen sich um besser bezahlte Beschäftigungsmöglichkeiten bemühen und Arbeiten annehmen, die Sie sich normalerweise nicht unbedingt würden zumuten wollen. Notfalls müssen Sie in einem Nebenjob arbeiten. Unterlassen Sie zumutbare Verdienstchancen, können Ihnen theoretisch erzielbare (fiktive) Einkünfte angerechnet werden. Die Konsequenz ist, dass auch das Geld pfändbar wäre, das Sie unterhalb Ihres Selbstbehaltes verdienen.
Gut zu wissen: Sind Sie arbeitslos, müssen Sie für die Arbeitssuche genauso viel Zeit verwenden, als wenn Sie in Vollzeit arbeiten würden. Dies bedeutet, dass Sie monatlich 20 - 30 Bewerbungen abschicken und sich auf zumutbarer Weise bestmöglich um eine Arbeitsstelle bemühen müssen. Andernfalls müssen Sie sich ein fiktives Einkommen aus Erwerbstätigkeit zurechnen lassen (OLG Brandenburg, Az. 10 UF 133/05).
Verfügt der betreuende Elternteil über ein besonders hohes Einkommen, kann der Selbstbehalt des unterhaltspflichtigen Elternteils erhöht werden (BGH, Urteil v. 5.5.2011, Az. XII ZR 70/09). In einem solchen Fall könne der Elternteil ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Selbstbehalts zum Barunterhalt des Kindes beitragen. Der notwendige Selbstbehalt (960 EUR / 1160 EUR) ist dann im Einzelfall auf einen angemessenen Selbstbehalt zu erhöhen.
Kindesunterhalt, sei es Barunterhalt oder Betreuungsunterhalt, hat viele Facetten. Je nachdem, ob Sie Kindesunterhalt für Ihr Kind einfordern oder Kindesunterhalt für Ihr Kind zahlen müssen, gibt es unterschiedliche Ansatzpunkte. So sollten Sie sich stets eingehend beraten lassen und erst danach entscheiden, was Sie tun oder unterlassen.
Geschrieben von: iurFRIEND-Redaktion