Wird ein minderjähriges unverheiratetes Kind volljährig, hat es regelmäßig gegen beide Elternteile einen Anspruch auf Barunterhalt, sofern es sich noch in der Schulausbildung, Berufsausbildung oder im Studium befindet. Dies folgt aus §§ 1601, 1610 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), wonach Eltern ihren Kindern auch eine angemessene Ausbildung schulden. In allen anderen Fällen müssen die volljährigen Kinder ihren Unterhalt jedoch grundsätzlich selber finanzieren, wobei es eng umgrenzte Ausnahmefälle gibt. Was Sie zum Unterhalt volljähriger Kinder wissen sollten und womit Sie im wahrsten Sinne des Wortes „rechnen“ müssen, lesen Sie hier.
Ob ein volljähriges, Unterhalt beanspruchendes Kind privilegiert oder nicht privilegiert ist, hat für seine Unterhaltsberechnung erhebliche Auswirkungen. Denn davon hängen sowohl die Höhe seines Unterhalts als auch der Selbstbehalt der Eltern sowie die Rangeinstufung des volljährigen Kindes ab.
Ein Überblick zum Thema Unterhalt und Tipps für die Unterhaltsberechnung.
Privilegierte volljährige Kinder sind den minderjährigen unverheirateten Kindern gleichgestellt und genießen daher die gleichen Privilegien wie minderjährige Kinder. Nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB sind volljährige Kinder privilegiert, wenn sie
Expertentipp:Auch für privilegierte volljährige Kinder muss der Barunterhaltspflichtige den Mindestunterhalt sicherstellen, also notfalls einen zusätzlichen Mini-Job aufnehmen oder sich auf eine besser vergütete Arbeitsstelle verändern.
Der Volljährigenunterhalt und dessen Höhe richten sich nach der sogenannten Düsseldorfer Tabelle, in der neben den elf Einkommensgruppen für den Unterhaltspflichtigen drei Altersgruppen für minderjährige sowie eine Altersgruppe für volljährige Kinder enthalten sind. Die Höhe des jeweiligen Kindesunterhalts lässt sich nach der Einordnung in die passende Gruppe aus der Tabelle ersehen. Dabei gilt die Tabelle für zwei Unterhaltsberechtigte, so dass bei mehr oder weniger Unterhaltsberechtigten eine Einstufung des Pflichtigen in die nächstniedrigere oder nächsthöhere Einkommensgruppe zu erfolgen hat.
Düsseldorfer Tabelle
Ist das volljährige Kind privilegiert und lebt im Haushalt eines Elternteils oder ist es nicht privilegiert und lebt im Haushalt eines Elternteils, richtet sich sein monatlicher Unterhalt nach der Altersgruppe für volljährige Kinder. Hat das volljährige Kind dagegen einen eigenen Hausstand, beläuft sich sein monatlicher Unterhaltsanspruch auf 930 EUR (Anmerkung 7 zur Düsseldorfer Tabelle, Stand: 1. Januar 2023)
Vom Unterhaltsanspruch abzuziehen ist jedoch das Kindergeld, welches komplett an das volljährige Kind gezahlt wird und in der Düsseldorfer Tabelle nicht berücksichtigt ist. Das Kindergeld mindert den Bedarf des Volljährigen und verringert daher seinen Unterhaltsanspruch.
Auch wenn die Eltern für das volljährige Kind unterhaltspflichtig sind, muss ihnen ein unantastbares Existenzminimum zur Finanzierung ihres eigenen Lebensbedarfes verbleiben. Das geschieht durch den Eigenbedarf (Selbstbehalt). Der notwendige Eigenbedarf beträgt gegenüber privilegierten volljährigen Kindern 1.370 EUR monatlich, wenn der Elternteil erwerbstätig ist, und 1.120 EUR monatlich, wenn der Elternteil nicht erwerbstätig ist. Gegenüber den nicht privilegierten Kindern beläuft sich der angemessene Eigenbedarf auf 1.650 EUR monatlich (Anmerkung 5 zur Düsseldorfer Tabelle, Stand: 1. Januar 2023).
Im Unterhaltsrecht gilt das sogenannte Rangstufenprinzip, wonach die Unterhaltsansprüche der vorrangigen Personengruppe zuerst abzudecken sind, bevor an die jeweils nachrangige Gruppe gezahlt wird. In der Praxis führt dies häufig dazu, dass nachrangige Berechtigte nichts oder nur einen Teil des Unterhalts erhalten.
Minderjährige und privilegierte volljährige Kinder stehen hierbei auf dem 1. Rang, während die nicht privilegierten volljährigen Kinder nur den 4. Rang bekleiden. Damit gehen die Unterhaltsansprüche der getrennt lebenden und geschiedenen Ehegatten den Ansprüchen dieser volljährigen Kinder vor.
Wie sich der Umstand auswirkt, ob ein volljähriges, Unterhalt beanspruchendes Kind privilegiert oder nicht privilegiert ist, können Sie nochmals der folgenden Übersicht entnehmen (Stand: 1. Januar 2023):
Volljähriges Kind ist | Volljähriges Kind lebt | Monatlicher Kindesunterhalt | Monatlicher Eigenbedarf pro Elternteil |
privilegiert | im Haushalt eines Elternteils | richtet sich nach der Düsseldorfer Tabelle | 1.370 EUR |
nicht privilegiert | im Haushalt eines Elternteils | richtet sich nach der Düsseldorfer Tabelle | 1.120 EUR |
nicht privilegiert | mit eigenem Hausstand | beträgt 930 EUR | 1.650 EUR |
Anders als bei der Berechnung des Unterhalts für minderjährige Kinder wird für die Ermittlung der Unterhaltshöhe bei volljährigen Kindern das bereinigte Nettoeinkommen von beiden Elternteilen zusammengerechnet. Dabei ist der jeweilige Unterhalt aber nur anteilig bzw. quotenmäßig im Verhältnis der einzelnen Einkommens- und Vermögensverhältnisse von jedem Elternteil zu zahlen.
Für die Berechnung der Unterhaltszahlungen wird jeweils vom bereinigten Nettoeinkommen der Eigenbedarf abgezogen. Anschließen wird das Einkommen der Elternteile zueinander ins Verhältnis gesetzt und der zu zahlende Anteil ermittelt.
Eigene Einkünfte des Kindes, zu denen auch das Kindergeld gehört, wirken sich bedarfsmindernd aus, so dass sich die Unterhaltszahlungen der Eltern verringern.
Und, wenn's den Kindern nicht verbliebe, den Enkeln kommt es doch zugut.
Zu berücksichtigen sind bei der Berechnung des Unterhaltsbetrags die Düsseldorfer Tabelle sowie der notwendige Eigenbedarf der Elternteile bei Erwerbstätigkeit bzw. keiner Erwerbstätigkeit von 1.370 bzw. 1.120 EUR monatlich (Stand: 1. Januar 2023).
Hier ist bei der Berechnung des Unterhaltsbetrags auf die die Düsseldorfer Tabelle sowie den angemessenen Eigenbedarf der Elternteile von jeweils 1.650 EUR monatlich abzustellen. (Stand: 1. Januar 2023).
Der Unterhaltsbetrag für das nicht privilegierte Kind mit eigenem Hausstand beträgt 930 EUR monatlich, der angemessene Eigenbedarf der Elternteile jeweils 1.650 EUR monatlich (Stand: 1. Januar 2023)
Expertentipp: Solange das betreuende Elternteil dem nun volljährig gewordenen Kind Unterhalt in Natur in Form von Unterkunft, Kost, Bekleidung usw. bietet, kann das Kind trotz Volljährigkeit nicht plötzlich Barunterhalt verlangen. Lediglich dann, wenn das Kind aus triftigen Gründen den Barunterhalt benötigt, ist dieser zu zahlen. Typische Fälle sind etwa der Erhalt des gewünschten Studienplatzes an einem auswärtigen Ort oder die fehlende Zumutbarkeit des Verbleibs beim Elternteil, beispielsweise wegen wiederholten und erheblichen schweren Auseinandersetzungen, die zu einer tiefen Zerrüttung zwischen Eltern und Kind führen. Hingegen liefern die üblichen Alltagskonflikte, einschließlich emotionaler Gefühlsausbrüche zwischen betreuendem Elternteil und volljährigem Kind, keinen Grund dafür, dass der Abkömmling sofort Anspruch auf Barunterhalt hat.
Sind mehrere volljährige Kinder vorhanden, kommt es für den Volljährigenunterhalt ebenfalls darauf an, ob Kinder privilegiert sind und wo sie leben. Wohnt etwa ein 18-jähriger Schüler noch bei der Mutter und lebt sein 23-jähriger Bruder auswärts an seinem Studienort, muss der Vater den Barunterhalt zuerst an den Schüler leisten, da er sich auf dem obersten Rang befindet. Ob der Vater dann noch Unterhalt für den Studenten auf dem 4. Rang zahlen kann, richtet sich nach den Einkommensverhältnissen des Vaters.
Zu zahlen ist der Volljährigenunterhalt grundsätzlich bis zum Abschluss einer angemessenen, den Fähigkeiten des Kindes entsprechenden Berufsausbildung, § 1610 Abs. 2 BGB. Arbeitslose und schwangere volljährige Kinder können trotz abgeschlossener Ausbildung ausnahmsweise einen Unterhaltsanspruch haben.
Auch volljährige Kinder haben unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf Unterhalt. Gründe für einen Anspruch sind insbesondere, wenn sich das volljährige Kind noch in der Ausbildung oder im Studium befindet. Informieren Sie sich rechtzeitig, ob Sie Ihrem Kind auch während der Ausbildung Kindesunterhalt leisten müssen.
Geschrieben von: iurFRIEND-Redaktion