Beziehen Sie für Ihr Kind Kindesunterhalt oder für sich selbst Trennungsunterhalt oder Ehegattenunterhalt, sind Sie darauf angewiesen, dass Ihr Ex-Partner pünktlich Zahlungen leistet. Bleiben die Zahlungen aus, könnten Sie versuchen, Ihren Anspruch zwangsweise zu vollstrecken. Bis Sie tatsächlich ans Geld kommen, gilt es, eine Reihe von Hürden zu überwinden. Wir erklären, was Sie zu den Voraussetzungen für Unterhaltspfändungen wissen sollten.
Tipp 1: Risiko bei Mahn- und Vollstreckungsbescheid
Lassen Sie Ihren Unterhaltsanspruch durch einen Mahn- und Vollstreckungsbescheid titulieren, riskieren Sie, dass das Verfahren durch den Widerspruch oder Einspruch des Unterhaltsschuldners in einen normalen, meist zeitaufwendigen und zusätzliche Kosten verursachenden Unterhaltsprozess übergeleitet wird.
Tipp 2: Nutzen Sie das Pfändungsprivileg
Möchten Sie das sogenannte Pfändungsprivileg bei Unterhaltsforderungen geltend machen, müssen Sie dies extra bei Gericht beantragen.
Tipp 3: Mahn-und Vollstreckungsbescheid erfordert Hinweis auf Unterhalt
Erwirken Sie bei Gericht einen Mahn- und Vollstreckungsbescheid, greift das Pfändungsprivileg nur, wenn Sie ausdrücklich auf einen gesetzlich begründeten Unterhaltsanspruch verweisen.
Haben Sie ein gemeinsames Kind, das Sie in Ihrer Obhut haben und betreuen, ist Ihr Ex-Partner unterhaltspflichtig. Er oder sie muss nach Maßgabe der Düsseldorfer Tabelle Kindesunterhalt leisten. Oder sind Sie nach Ihrer Trennung auf Trennungsunterhalt oder nach Ihrer Scheidung auf nachehelichen Ehegattenunterhalt angewiesen, ist Ihr Ex-Partner unterhaltspflichtig. Im Idealfall zahlt der Ex-Partner den Unterhalt freiwillig.
Ein Überblick zum Thema Unterhalt und Tipps für die Unterhaltsberechnung.
Sofern Sie nichts schriftlich vereinbart haben oder Ihre Ansprüche rechtsverbindlich festgestellt sind, haben Sie keinerlei Garantie, dass Sie auch in Zukunft pünktliche Zahlungen erhalten. Pfänden können Sie unter diesen Voraussetzungen nichts. Sie haben keine Möglichkeit, die Zwangsvollstreckung zu betreiben. Möchten Sie die Zwangsvollstreckung betreiben, müssen Sie Ihre Ansprüche titulieren lassen. Sie benötigen dafür einen Unterhaltstitel.
Ein Unterhaltstitel ist ein rechtsverbindliches Dokument, in dem der unterhaltspflichtige Ex-Partner zur Zahlung des Unterhalts verpflichtet wird. Es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, einen solchen Unterhaltstitel zu erwirken. Sie haben folgende Optionen:
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Sind Sie im Besitz eines Unterhaltstitels, können Sie die Zwangsvollstreckung und damit Pfändungsmaßnahmen in die Wege leiten. Für die Zwangsvollstreckung müssen Sie einen Gerichtsvollzieher beauftragen.
Die Menschen sind da, um einander zu helfen, und wenn man eines Menschen Hilfe in rechten Dingen nötig hat, so muß man ihn dafür ansprechen.
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Als Pfändungsmaßnahme kommt bei unterhaltspflichtigen Ex-Partnern oder Elternteilen meist die Lohnpfändung beim Arbeitgeber in Betracht. Eine Option besteht auch darin, das Girokonto des Unterhaltsschuldners bei dessen Bank zu pfänden. Der Unterhaltsschuldner kann sich dagegen insoweit zur Wehr setzen, als er sein Girokonto als Pfändungsschutzkonto führt oder umgehend in ein Pfändungsschutzkonto (P-Konto) umwandeln lässt.
Um eine Pfändungsmaßnahme auszubringen, benötigen Sie einen sogenannten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss. Diesen erhalten Sie auf Ihren Antrag beim Amtsgericht am Wohnort des unterhaltspflichtigen Elternteils oder Ex-Partners. Der Antrag ist auf einem dafür vorgesehenen Formular zu formulieren. Ihr Rechtsanwalt oder Ihre Rechtsanwältin weiß, wie dabei vorzugehen ist. Wichtig ist auch, dass der Unterhaltstitel zur Vorbereitung der Zwangsvollstreckung dem Unterhaltsschuldner zugestellt werden muss.
Sie erhalten dann vom Amtsgericht einen Pfändungs -und Überweisungsbeschluss. Erst mit diesem Beschluss können Sie Pfändungsmaßnahmen einleiten. So könnten Sie den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss dem Arbeitgeber des Unterhaltsschuldners zustellen. Der Arbeitgeber ist der sogenannte Drittschuldner. Als Drittschuldner muss der Arbeitgeber erklären, dass und inwieweit er die Pfändung des Lohns anerkennt. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, mitzuwirken. Er muss den pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens des Unterhaltsschuldners von dessen Arbeitslohn abziehen und diesen Teil direkt an Sie als den unterhaltsberechtigten Ex-Partner oder Elternteil überweisen.
Pfänden Sie den Lohn des Unterhaltsschuldners, stehen dem Unterhaltsschuldner bei einer Lohnpfändung Freibeträge zu. Diese Freibeträge ergeben sich aus den Pfändungstabellen des § 850c ZPO. Dem Unterhaltsschuldner muss so viel Geld verbleiben, dass er seinen Lebensunterhalt selber bestreiten kann und nicht auf staatliche Unterstützung angewiesen ist. Dies ist aber nur der erste Schritt. Im zweiten kommt das Pfändungsprivileg bei Unterhaltsforderungen zum Tragen. Machen Sie nämlich Unterhaltsansprüche geltend, können Sie eine sogenannte privilegierte Pfändung wegen Unterhaltsforderungen ausbringen (§ 850d ZPO).
Fordern Sie Kindesunterhalt, Trennungsunterhalt oder Ehegattenunterhalt, steht Ihnen mehr Geld zu, als in der Pfändungstabelle vorgesehen ist. Dabei muss dem Unterhaltsschuldner (Ex-Partner, Elternteil) nur so viel Geld übrigbleiben, dass er selbst seinen eigenen notwendigen Unterhalt noch bestreiten kann, ohne dass er zusätzlich Sozialleistungen beziehen muss. Als Maßstab werden hier meist die Regelsätze der Grundsicherung herangezogen.
Das Pfändungsprivileg erfasst aber nur gesetzlich begründete Unterhaltspflichten. Haben Sie einen Kostenerstattungsanspruch gegen den Ex-Partner aus einem Unterhaltsprozess, gilt das Vollstreckungsprivileg nicht (BGH, Urteil vom 9.7.2009, Az. VII ZB 65/08). Nur der kraft Gesetzes zu leistende Unterhalt ist bevorzugt, also privilegiert.
Gut zu wissen: Bezieht der Unterhaltsschuldner Urlaubsgeld oder Weihnachtsgeld vom Arbeitgeber muss ihm mindestens die Hälfte des nach dem Gesetz unpfändbaren Betrages verbleiben. Dies bedeutet, dass Sie das halbe Urlaubsgeld und bis zu 500 EUR vom Weihnachtsgeld pfänden können (§ 850d Abs. I S. 2 ZPO). Nur das ist der pfändbare Betrag. Mehr davon ist dann nicht pfändbar.
Haben Sie wegen Ihrer Unterhaltsforderungen einen Mahn- und Vollstreckungsbescheid erwirkt, greift das Pfändungsprivileg nur, wenn sich aus dem Mahn- und Vollstreckungsbescheid unmittelbar ergibt, dass Sie Unterhaltsforderungen geltend machen (BGH, Beschluss vom 6.4.2016, Az. VII ZB 67/13). Grund ist, dass das Gericht im Mahnverfahren nicht prüft, ob Ihr Anspruch zu Recht besteht. Der Mahn- und Vollstreckungsbescheid ergeht allein aufgrund Ihrer einseitigen Angaben. Deshalb ist wichtig, dass Sie bei Beantragung des Mahn- und Vollstreckungsbescheides genau angeben, dass Sie gesetzliche Unterhaltsansprüche geltend machen.
Ist der Unterhaltsschuldner gegenüber mehreren Personen in der Unterhaltspflicht, greift für die Zwangsvollstreckung die im Gesetz bestimmte Rangfolge (§ 1609 BGB). Demnach sind minderjährige und volljährige privilegierte Kinder vorrangig unterhaltsberechtigt. Erst im zweiten Rang folgen Elternteile, die Anspruch auf Betreuungsunterhalt oder auf Unterhalt nach einer langjährigen Ehe haben. Danach folgen unterhaltsberechtigte geschiedene Ehepartner sowie volljährige, nicht privilegierte Kinder.
Pfänden Sie, kann der Unterhaltsschuldner bei Gericht geltend machen, dass er einer anderen Person gegenüber vorrangig unterhaltsberechtigt ist. Das Vollstreckungsgericht wird dem Schuldner dann so viel Geld belassen, dass er seinen notwendigen Unterhalt bestreiten und außerdem seine laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten erfüllen kann. Zweckmäßigerweise belässt das Vollstreckungsgericht dem Schuldner auch ein geringfügiges Taschengeld, damit der Schuldner zur Arbeit motiviert bleibt. Das Vollstreckungsgericht wird also auf Antrag des Unterhaltsschuldners eine Entscheidung treffen, welcher Notbedarf dem Schuldner als den für seinen Unterhalt absolut notwendigen Betrag zu belassen ist.
Expertentipp: Der Unterhaltsschuldner hat noch die Möglichkeit, die sofortige Zwangsvollstreckung von Unterhalt abzuwenden, indem er beim Amtsgericht einen Vollstreckungsschutzantrag stellt (§ 120 Abs. II FamFG). Dazu muss er gegenüber dem Gericht glaubhaft machen, dass die Vollstreckung für ihn einen nicht zu ersetzenden Nachteil bedeuten würde. Allerdings ist diese Option eine Ausnahme. Denkbar ist die Annahme eines nicht zu ersetzenden Nachteils, sofern die Vollstreckung die Sperrung des einzigen Geschäftskontos des Unterhaltsschuldners zur Folge hätte. Dann könnte die konkrete Gefahr bestehen, dass der Schuldner seine Lebensgrundlage verliert (OLG Brandenburg FamRZ 2015, 165; 1742).
Sind Sie wegen Ihrer Unterhaltsforderungen auf die Zwangsvollstreckung angewiesen, sollten Sie nicht ohne anwaltliche Begleitung aktiv werden. Ihr Rechtsanwalt oder Ihre Rechtsanwältin wissen, welche Hürden es zu überwinden gilt. Ansonsten riskieren Sie, dass Ihre Vollstreckung scheitert.
Geschrieben von: Volker Beeden