Den Unterhalt für Ihr Kind können Sie beim Familiengericht in einem regulären Unterhaltsverfahren oder auch in einem vereinfachten Verfahren festsetzen lassen. Das vereinfachte Verfahren soll den Unterhaltsanspruch schneller und kostengünstiger durchsetzen, als es auf dem normalen Klageweg der Fall wäre. Die Bezeichnung als „vereinfachtes Verfahren“ darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Verfahren komplex ist und möglichst mit anwaltlicher Begleitung durchgeführt werden sollte. Ungeachtet dessen bietet das vereinfachte Verfahren die Chance, relativ schnell ans Ziel zu gelangen. Wir erklären, ob das Verfahren auch für Sie eine Option darstellt.
Tipp 1: Versuchen Sie vorab eine gütliche Einigung
Bevor Sie gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen, sollten Sie dem anderen Elternteil unbedingt Gelegenheit geben, seine Unterhaltspflicht für Ihr gemeinsames Kind freiwillig rechtsverbindlich anzuerkennen.
Tipp 2: Nehmen Sie anwaltliche Beratung in Anspruch
Das vereinfachte Unterhaltsverfahren ist nicht unbedingt der Weisheit letzter Schluss. Ob es auch im Hinblick auf Ihre individuellen Gegebenheiten den richtigen Weg darstellt, bedarf der Prüfung im Detail.
Tipp 3: Nehmen Sie Beratungshilfe und Verfahrenskostenhilfe in Anspruch
Sind Ihre Einkommensverhältnisse beschränkt, können Sie außergerichtlich Beratungshilfe durch einen Rechtsanwalt in Anspruch nehmen. Müssen Sie den Kindesunterhalt gerichtlich geltend machen, kommt Verfahrenskostenhilfe (VKH) in Betracht.
Das „vereinfachte Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger“ hat die Existenzsicherung minderjähriger Kinder im Blickfeld. Es geht darum, den Unterhalt für ein Kind anstelle eines langwierigen mehrstufigen Verfahrens durch ein einfaches und schnelles gerichtliches Verfahren festzusetzen. Das Familiengericht beschließt dann per Beschluss über den Unterhalt für Ihr Kind.
Dieser Beschluss ist vollstreckungsfähig, so dass Sie den Kindesunterhalt beim unterhaltspflichtigen Elternteil zwangsweise beitreiben können. Dazu können Sie notfalls den Gerichtsvollzieher beauftragen. Der Gerichtsvollzieher kann in der Wohnung des Elternteils vorstellig werden und Sachwerte pfänden. Genauso gut können Sie auf das Gehalt des Elternteils bei dessen Arbeitgeber zugreifen oder sein Girokonto sperren lassen.
Sie haben die freie Wahl, ob Sie den Kindesunterhalt im vereinfachten Verfahren oder in einem normalen Verfahren durch das Familiengericht festsetzen lassen. Sie können das Verfahren also frei wählen. Gehen Sie den normalen Klageweg, müssen Sie mit Einwendungen rechnen. Mit einer Einwendung kann sich der unterhaltspflichtige Elternteil gegen seine Unterhaltspflicht rechtlich verteidigen. Das formale Verfahren nimmt oft erhebliche Zeit in Anspruch.
Beim vereinfachten Verfahren hingegen kann sich der unterhaltspflichtige Elternteil nur eingeschränkt zur Wehr setzen. Wenn er sich zur Wehr setzen will, muss er oder sie innerhalb eines Monats die vom Gesetz eingeräumten Einwendungen vortragen. In der Regel gelangen Sie im vereinfachten Verfahren also wesentlich schneller und vor allem kostengünstiger zu einem vollstreckbaren Unterhaltstitel.
Gut zu wissen: Das vereinfachte Unterhaltsverfahren scheint vorwiegend von den Jugend- und Sozialbehörden im Rahmen der Beistandschaft für ein Kind genutzt zu werden. Das Verfahren ist stark formalisiert. Die Vielzahl der notwendigen Angaben kann abschreckend wirken. Daher sollten Sie sich anwaltlich beraten und begleiten lassen. Das vereinfachte Verfahren ist auf jeden Fall eine sinnvolle Option, schnell und kostengünstig den Unterhalt für Ihr Kind festsetzen zu lassen.
Das vereinfachte Verfahren zur Festsetzung des Kindesunterhalts ist weitgehend strukturiert. Es gilt, amtlich vorgegebene Voraussetzungen zu erfüllen. Das Verfahren ist in §§ 249 ff FamFG geregelt. Stellen Sie den Antrag, sind Sie der Antragsteller. Der unterhaltspflichtige Elternteil ist der Antragsgegner. Im Detail:
Betreuen Sie zusammen mit Ihrem Ex-Partner das Kind im paritätischen Wechselmodell, ist das Verfahren zur vereinfachten Unterhaltsfestsetzung unzulässig (OLG Brandenburg, Beschluss vom 29.8. 2017, Az. 9 WF 160/17). In diesem Fall sind beide Elternteile barunterhaltspflichtig. Allerdings muss es sich um ein echtes Wechselmodell halten, bei dem beide Elternteile das Kind zu etwa gleichen Anteilen betreuen. Der bloße Umgangsaufenthalt bei einem Elternteil genügt dafür nicht. Im Detail:
Es empfiehlt sich dringend, dem unterhaltspflichtigen Ex-Partner Gelegenheit einzuräumen, sich freiwillig zur Zahlung von Kindesunterhalt zu verpflichten. Ein Weg besteht darin, die Unterhaltspflicht beim Jugendamt in einer Jugendamtsurkunde anzuerkennen. Auch die Anerkennung in einer notariellen Urkunde kommt in Betracht. Klagen Sie sofort, werden Ihnen die Kosten des Verfahrens auferlegt, wenn der Unterhaltspflichtige einwendet, zu dem Verfahren keinen Anlass gegeben zu haben und er sich sofort zur Unterhaltszahlung verpflichtet. Daher gilt: Der Unterhalt, den Sie für das Kind fordern, darf das 1,2-fache des Mindestunterhalts nicht übersteigen.
Gut zu wissen: Der Mindestunterhalt ergibt sich aus der aktuell geltenden Düsseldorfer Tabelle. Er beträgt in der 1. Altersstufe eines Kindes 393 EUR. Machen Sie das 1,2-fache (120 %) des Mindestunterhalts geltend, ergibt sich ein Unterhaltsbetrag von 472 EUR. Sie können den Kindesunterhalt nach Ihrer Wahl als gleichbleibenden Monatsbetrag oder veränderlich in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes des Mindestunterhalts verlangen. Sie beantragen den Kindesunterhalt in einem dafür eigens vorgesehenen amtlichen Formular.
Sie können im vereinfachten Unterhaltsverfahren auch Unterhalt für die Vergangenheit verlangen. Es gelten allerdings die Voraussetzungen des § 1613 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Danach müssen Sie den Ex-Partner formal in Verzug gesetzt haben. Das bedeutet, dass Sie den Partner nachweislich aufgefordert haben müssen, über seine Einkünfte Auskunft zu erteilen oder Sie ihn oder sie konkret aufgefordert haben, Kindesunterhalt für Ihr gemeinsames Kind zu zahlen.
Möchten Sie den Kindesunterhalt im vereinfachten Unterhaltsverfahren beantragen, ist das Familiengericht zuständig, in dessen Bezirk sich Ihr Kind gewöhnlich aufhält. Das Familiengericht ist eine Unterabteilung des Amtsgerichts. Dort wiederum ist ein Rechtspfleger mit der Angelegenheit betraut.
Dafür benötigen Sie das Formular „Antrag auf Festsetzung von Unterhalt“ . Sie erhalten das Formular auch beim Jugendamt oder direkt beim Amtsgericht. Sofern Sie sich anwaltlich beraten und vertreten lassen, wird Ihr Anwalt das Formular gemeinsam mit Ihnen ausfüllen und bei Gericht einreichen.
Liegt der Antrag beim Familiengericht vor, setzt das Gericht den unterhaltspflichtigen Elternteil schriftlich in Kenntnis und fordert ihn auf, innerhalb eines Monats eventuelle Einwendungen vorzutragen.
Wie wird der Kindesunterhalt berechnet? Erfahren Sie, was Sie beim Kindesunterhalt beachten müssen.
Ziel des vereinfachten Unterhaltsverfahrens ist es, dass Sie schnell und kostengünstig einen vollstreckbaren Unterhaltstitel in die Hände bekommen. Aus diesem Grund kann sich der unterhaltspflichtige Elternteil nur sehr eingeschränkt zur Wehr setzen. Liegt Ihr Antrag bei Gericht vor, übersendet das Gericht dem unterhaltspflichtigen Elternteil eine Ausfertigung und weist darauf hin, welche Einwendungen in Betracht kommen und was der Antragsgegner ansonsten noch zu berücksichtigen hat.
Es kommen mithin folgende Einwendungen in Betracht:
Das Glück des Lebens besteht nicht darin, wenig oder keine Schwierigkeiten zu haben, sondern sie alle siegreich und glorreich zu überwinden.
Das Familiengericht erkennt den Einwand eines Elternteils, den Unterhalt ohne die Gefährdung des eigenen Unterhalts nicht oder nicht in der beantragten Höhe erbringen zu können, nur unter folgenden Voraussetzungen an (§ 252 Abs. II FamFG):
Expertentipp: Einwendungen sind auf einem Datenblatt für Einwendungen gegen den Antrag auf Festsetzung von Unterhalt vorzutragen. Sofern Sie unterhaltspflichtig sind, empfiehlt sich, dass Sie sich anwaltlich beraten lassen. Im Hinblick darauf, dass nur bestimmte Einwendungen zulässig sind und im Detail vorgetragen werden müssen, riskieren Sie ansonsten, dass Sie trotz Ihrer Einwendungen zu vielleicht nicht berechtigten Unterhaltszahlungen verpflichtet werden.
Sofern Sie außergerichtlich anwaltliche Beratung in Anspruch nehmen möchten, haben Sie Anspruch auf Beratungshilfe. Möchten Sie sich im streitigen Verfahren zur Wehr setzen, können Sie Verfahrenskostenhilfe beantragen. Es spricht angesichts der Komplexität des „vereinfachten“ Verfahrens sogar eine Vermutung dafür, dass Sie ohne anwaltliche Hilfe nicht in der Lage sein werden, Ihre Verfahrensrechte sachgemäß und wirksam wahrzunehmen (OLG Brandenburg, FamRZ 2015, 1923).
Trägt der unterhaltspflichtige Elternteil nicht innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung Ihres Antrags seine Einwendungen vor, setzt das Gericht den Unterhalt in der beantragten Höhe fest und lässt später vorgetragene Einwendungen unberücksichtigt. Gleiches gilt, wenn der Elternteil fehlende Belege auf Anforderung des Gerichts nicht nachreicht. Soweit der Elternteil Einwendungen vorträgt, werden Sie hierüber informiert und können dazu Stellung beziehen.
Die Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. Es kommt immer auf die Umstände im Einzelfall an. Die Bezeichnung als „vereinfachtes“ Verfahren darf jedenfalls nicht darüber hinwegtäuschen, dass Sie Ansprüche auf Kindesunterhalt ordnungsgemäß begründen müssen. Sie müssen immer damit rechnen, dass sich der unterhaltspflichtige Elternteil gegen seine Unterhaltspflicht verteidigtund das vereinfachte Verfahren trotzdem in ein normales Klageverfahren übergeleitet wird. Insoweit sollten Sie sich anwaltlich beraten lassen, welche Option in Ihrer Situation empfehlenswert ist.
Die Absicht des Gesetzgebers, Kindesunterhalt für minderjährige Kinder in einem vereinfachten Unterhaltsverfahren festzusetzen, ist ein lobenswerter Weg. Der Umstand, dass das vereinfachte Verfahren mehrfach reformiert wurde, zeigt allerdings, wie schwierig dieser Weg oft ist.
Geschrieben von: iurFRIEND®-Redaktion