Nehmen Sie Ihr Umgangsrecht für Ihr gemeinsames Kind wahr, entstehen Ihnen möglicherweise Kosten. Daraus ergeben sich eine Reihe von Fragen. So geht es darum, ob Sie Fahrtkosten zum Kind oder Übernachtungskosten für das Kind vom Kindesunterhalt abziehen oder den Kostenaufwand steuerlich absetzen dürfen. In diesem Ratgeber erfahren Sie, welche Aspekte eine Rolle spielen.
Tipp 1: Unterhaltspflicht besteht unabhängig vom Umgangsrecht und umgekehrt
Ihr Umgangsrecht besteht auch, wenn Sie keinen Kindesunterhalt zahlen können. Und umgekehrt: Sie sind unterhaltspflichtig, auch wenn Ihnen kein Umgangsrecht zustehen sollte.
Tipp 2: Freibeträge und Fahrtkostenpauschale nutzen
Nutzen Sie den Kinderfreibetrag von aktuell 8.388 EUR (Stand: 2023), der hälftig zwischen den Eltern aufgeilt wird, und machen die Fahrtkostenpauschale von 0,38 EUR pro Kilometer geltend.
Tipp 3: Hartz IV-Empfänger haben teils Anspruch auf größere Wohnung
Sind Sie in Ausübung Ihres Umgangsrechts auf eine größere Wohnung mit einem Kinderzimmer angewiesen, haben Sie möglicherweise Anspruch auf einen höheren Zuschuss vom Jobcenter.
Steht Ihnen ein gesetzliches Umgangsrecht für Ihr gemeinsames Kind zu, sind Sie zugleich verpflichtet, für das Kind Kindesunterhalt zu entrichten. Ihre Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt besteht unabhängig davon, ob Sie ein gemeinsames Sorgerecht oder / und ein Umgangsrecht haben. Egal, ob und wie Sie Ihr Umgangsrecht wahrnehmen: Sie sind und bleiben verpflichtet, den sich aus der Düsseldorfer Tabelle ergebenden Kindesunterhalt an das Kind zu zahlen.
Kindesunterhalt hat nämlich den Zweck, den Lebensunterhalt des Kindes sicherzustellen. Um diesen Zweck zu erreichen, dürfen Sie die Zahlung nicht davon abhängig machen, dass Ihnen ein Sorgerecht oder ein Umgangsrecht zustehen. Ihr Barunterhalt ist mit dem Betreuungsunterhalt, den der betreuende Elternteil mit der Betreuung des Kindes erbringt, gleichzusetzen. Barunterhalt und Betreuungsunterhalt gelten als gleichwertige Leistungen. Es ist also kein Argument, wenn Sie behaupten, Sie möchten weniger Kindesunterhalt zahlen, weil der andere Elternteil das Kind „nur“ betreut. Mit dem gleichen Argument könnte sonst der betreuende Elternteil auch seine Betreuungsleistungen kürzen.
Expertentipp: Ihr Umgangsrecht besteht auch dann, wenn Sie außerstande sind, den Kindesunterhalt zu zahlen. Sie dürfen Ihr Kind trotzdem sehen. Auch insoweit sollte klar sein, dass das eine das andere nicht ausschließt.
Wohnt das Kind weiter weg, müssen Sie möglicherweise hohe Fahrtkosten in Kauf nehmen. Der damit einhergehende Kostenaufwand geht jedoch ausschließlich zu Ihren Lasten. Sie dürfen den Kostenaufwand nicht mit dem Kindesunterhalt verrechnen und den Barunterhalt kürzen. Genauso wenig können Sie dem betreuenden Elternteil Ihre Fahrtkosten bei Wegzug der Mutter oder des Vaters in Rechnung stellen, weil sie oder er infolge des Umzugs in eine weiter entfernte Stadt oder gar in ein anderes Land Ihr Umgangsrecht für das Kind beeinträchtigt und dadurch den Kostenaufwand verursacht habe (Bundesgerichtshof, Az. XII ZB 599/13).
Gleiches gilt, wenn Sie zum Wohnort des Kindes fahren und dort übernachten müssen. Auch diesen Kostenaufwand müssen Sie selbst tragen. Ihre Pflicht, den Mehraufwand selbst zu bezahlen, wird damit begründet, dass Ihnen auch die Hälfte des Kindergeldes zugutekommt und auf den Kindesunterhalt angerechnet wird.
Auch wenn Sie Ihr Kind besonders intensiv und über das eigentlich vereinbarte Umgangsrecht hinaus betreuen, bleiben Sie trotzdem verpflichtet, den Kindesunterhalt in voller Höhe zu zahlen (Kammergericht Berlin, Az. 13 UF 164/15). Es ist und bleibt Ihre freiwillige, allerdings auch sehr lobenswerte Entscheidung, wenn Sie sich intensiv um Ihr Kind kümmern. Dennoch rechtfertigt dies nicht, dass Sie den Kindesunterhalt für Ihr Kind kürzen.
Wie wird der Kindesunterhalt berechnet? Erfahren Sie, was Sie beim Kindesunterhalt beachten müssen.
Mit dem Kindesunterhalt ist der normale Lebensbedarf des Kindes abgedeckt. In besonderen Fällen sind Sie als unterhaltspflichtiger Elternteil auch verpflichtet, Mehrbedarf und Sonderbedarf zu zahlen. Auch diese Verpflichtung besteht völlig unabhängig davon, ob und in welchem Umfang das Umgangsrecht wahrgenommen wird.
Sie haben ein behindertes Kind. Die mit der Betreuung des Kindes einhergehenden Belastungen stellen Mehrbedarf dar (Bundesfinanzhof, FamRZ 2000, 665). Auch wenn Sie sich besonders intensiv um Ihr Kind kümmern, bleiben Sie verpflichtet, den mit der Betreuung einhergehenden Mehrbedarf (Mehrkosten einer auswärtigen Unterbringung, spezialärztliche Versorgung, behindertengerechte Ausstattung der Wohnung, Förderunterricht, heilpädagogische Maßnahmen) gemeinsam mit dem betreuenden Elternteil zu tragen. Sie dürfen deshalb keineswegs den Kindesunterhalt kürzen.
Nehmt Ihr Kind an einem Schüleraustausch teil, gilt der Kostenaufwand als Sonderbedarf (Oberlandesgericht Dresden, OLGR 2006, 357). Sie brauchen sich ausnahmsweise nicht am Sonderbedarf zu beteiligen, wenn Ihnen dies im Hinblick auf die Höhe der Kosten und Ihre finanziellen Verhältnisse nicht zumutbar ist. Jedenfalls dürfen Sie die Zahlung nicht davon abhängig machen, dass Sie den Kindesunterhalt kürzen oder Ihnen ein großzügiges Umgangsrecht zugestanden wird.
Rechtlich anerkannt ist, dass Sie als Hartz IV-Empfänger bzw. -empfängerin Anspruch auf Leistungen zur Ausübung des Umgangsrechts mit Ihrem getrennt lebenden Kind haben können. Insbesondere kommen die Kosten für die Fahrt zum Kind oder für ein eigenes Kinderzimmer in der Wohnung für Kind in Betracht.
So verpflichtete das Sozialgericht Dortmund (Beschluss vom 28.12.2010, Az. S 22 AS 5857/10) das Jobcenter dazu, einem langzeitarbeitslosen Vater die Mehrkosten für eine größere Wohnung zu bezahlen. Der Vater wohnte in einer 40 m² großen Wohnung. Für seine 11-jährige Tochter benötigte er zumindest ein kleines eigenes Zimmer und trug den Wunsch vor, in eine 64 m² große Wohnung umzuziehen. Da der Mehraufwand für die Miete weniger als 14 EUR betrug, hielt es das Sozialgericht für angemessen, dem Vater die größere Wohnung zuzugestehen.
Gut zu wissen: In einer Entscheidung des Sächsisches Landessozialgerichts (Beschluss vom 3.4.2011, Az. L 7 AS 753/10) stellten die Richter klar, dass kein Anspruch auf zwei getrennte Kinderzimmer für zwei Kinder im Vorschulalter bestehe. Es sei den Eltern zuzumuten, dass sich die beiden Kinder im Alter von vier und zwei Jahren ein gemeinsames Kinderzimmer teilten. Dass auch kleinere Kinder Anspruch auf eigenen Wohnraum haben, bedeute nicht, dass jedes Kind ohne Weiteres ein eigenes Zimmer beanspruchen könne.
Sie haben nicht nur ein gesetzliches Recht auf Umgang mit Ihrem Kind. Das Gesetz bestimmt auch eine Umgangspflicht. Denn: Das Kind soll die Chance haben, mit jedem seiner Elternteile angemessenen Umgang zu pflegen. Selbst wenn Sie auf Ihr Umgangsrecht verzichten oder es einfach nicht wahrnehmen, hätte der betreuende Elternteil kein Recht, deshalb auf den Kindesunterhalt zu verzichten.
Beachten Sie, dass der Kindesunterhalt zweckgebunden ist und den Lebensunterhalt Ihres Kindes gewährleisten soll. Ein Verzicht auf den Kindesunterhalt würde diesem Zweck zuwiderlaufen. Sie könnten den betreuenden Elternteil dann auch nicht darauf verweisen, dass er oder sie alternativ zum Kindesunterhalt Unterhaltsvorschuss beim Jugendamt beantragen könnte. Unterhaltsvorschuss gibt es nämlich nur, wenn Sie als unterhaltspflichtiger Elternteil finanziell nicht in der Lage sind, den Kindesunterhalt für das Kind zu zahlen.
Unterhaltsvorschuss, wie und wo Sie ihn beantragen können und was Sie dafür brauchen.
Ansonsten verbietet es das Gesetz ausdrücklich, dass das Kind als unterhaltsberechtigte Person auf künftig entstehende Unterhaltsansprüche verzichtet (§ 1614 BGB).
Als Umgangskosten kommen mithin folgende Aufwendungen in Betracht:
Sie sollten jedenfalls versuchen, Ihren über das normale Maß hinausgehenden Kostenaufwand für die Wahrnehmung Ihres Umgangsrechts steuerlich in Ihrer Einkommensteuererklärung als Sonderausgaben geltend zu machen. Fahrtkosten schlagen sich mit 0,38 EUR je Kilometer zu Buche. Auch Übernachtungskosten wären zu berücksichtigen. Allerdings gibt es keine klare Linie in der Rechtsprechung. Möglicherweise wird der Bundesfinanzhof abschließend Stellung nehmen. Hat das Finanzamt Ihren Kostenansatz im Steuerbescheid zurückgewiesen, sollten Sie Einspruch einlegen. Beachten Sie dazu die Monatsfrist nach der Zustellung des Steuerbescheides. Der Steuerbescheid bleibt dann im Hinblick auf Ihren Anspruch wahrscheinlich offen.
Expertentipp:
Haben Sie Ihr Umgangsrecht gerichtlich eingeklagt, können Sie die Anwalts- und Gerichtskosten nicht als außergewöhnliche Belastungen in Ihrer Einkommenssteigerung geltend machen (Bundesfinanzhof, Urteil vom 14.12.2016, Az. VI R 49/15). Voraussetzung sei nämlich, dass ein Prozess existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berühre. Dies sei bei Verfahren zum Umgangsrecht, Kindesunterhalt oder Aufenthaltsbestimmungsrecht nicht der Fall. Solche Verfahren seien nicht zwangsläufig. Daher könne der Kostenaufwand nicht berücksichtigt werden.
Das Umgangsrecht spielt faktisch keine Rolle, wenn Sie Ihr gemeinsames Kind zeitlich und organisatorisch gleichermaßen mit Ihrem Ex-Ehepartner oder Ihrer Ex-Ehepartnerin betreuen. Bei einem echten Wechselmodell (Betreuung 50 zu 50) betreut jeder Elternteil das Kind und schuldet deshalb auch jeweils Barunterhalt.
Der Barunterhalt orientiert sich an den Einkommens- und Vermögensverhältnissen beider Elternteile. Wer mehr verdient, zahlt mehr Barunterhalt. Da Sie Ihr Kind regelmäßig sehen und letztlich auch das Sorgerecht ausüben, kommt es auf das Umgangsrecht nicht mehr an. Auch ein erhöhter Kostenansatz bei der Betreuung fällt nicht ins Gewicht.
Expertentipp: Betreuen Sie Ihr Kind bis zum 14. Lebensjahr im paritätischen Wechselmodell, können Sie Kinderbetreuungskosten (Kosten für Kindergarten, Kindertagesstätte, Betreuung durch Tagesmütter oder -väter, Babysitter) steuerlich als Sonderausgaben geltend machen. Tragen Sie dazu in Zeile 71 der Anlage Kind zur Einkommensteuererklärung den Zeitraum ein, in dem welcher Elternteil das Kind betreut hat. In diesem Fall gehört das Kind das gesamte Jahr über zu beiden Haushalten (BMF-Schreiben vom 14.3.2012, Kinderbetreuungskosten).
Der Kinderfreibetrag wird hälftig auf die Elternteile aufgeteilt. Für das Jahr 2023 beträgt der Kinderfreibetrag 8.388 EUR.
Dabei kommt es nicht darauf an, welcher Elternteil das Kind betreut. Das Finanzamt prüft jedoch, ob es möglicherweise günstiger ist, Ihnen das Kindergeld zu zahlen oder alternativ den steuerlichen Kinderfreibetrag zukommen zu lassen (sog. Günstigerprüfung). Außerdem kann ein Elternteil den Kinderfreibetrag in voller Höhe für sich beanspruchen, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil seine Unterhaltsverpflichtung zu weniger als 75 % erfüllt. In diesem Fall machen Sie in der Anlage Kind zur Einkommensteuererklärung in Zeile 38 den vollen Kinderfreibetrag geltend.
Ist der betreuende Elternteil gerichtlich dazu verpflichtet, auf eigene Kosten für das Kind Winterbekleidung zu kaufen, verstößt er oder sie gegen eine gerichtlich gebilligte Umgangsvereinbarung, wenn diese zugleich die Verpflichtung beinhaltet, die Winterbekleidung aus eigener Tasche zu bezahlen.
Praxisbeispiele:
Sie stehen als Elternteil in einer besonderen Verantwortung für Ihr Kind. Auch wenn Ihre finanzielle Verantwortung mit der Zahlung des Kindesunterhalts an sich abgegolten ist, sollten Sie alles dafür tun, dass sich Ihr Kind zu einem verantwortungsvollen Mitglied der Gesellschaft entwickeln kann. Für Detailfragen zu den Umgangskosten sollten Sie sich am besten individuell beraten lassen.
Geschrieben von: Volker Beeden