Haben Sie Anspruch auf Trennungs- oder Ehegattenunterhalt, kann für Sie in manchen Fällen auch die sogenannte Unterhaltsabfindung eine gute Option darstellen. Sie erhalten den Unterhalt dann abschließend in einem einzigen Betrag oder in Teilbeträgen ausgezahlt – und verzichten damit auf laufende Unterhaltszahlungen. Eine Entscheidung dafür kann dennoch sinnvoll sein. Zum einen, wenn Sie schnell Geld benötigen. Und zum anderen, wenn nicht gesichert ist, dass Ihr Ex-Partner weiterhin laufend Unterhalt zahlen wird. Mit einer Unterhaltsabfindung sind aber eine Reihe von Aspekten verbunden, die Sie unbedingt kennen sollten.
Tipp 1: Wägen Sie Vorteile und Nachteile gegeneinander ab
Akzeptieren Sie eine einmalige Abfindung, dürfen Sie von Ihrem Ex-Partner oder Ihrer Ex-Partnerin keine finanzielle Unterstützung erwarten, wenn Sie später nach der Scheidung in Not geraten.
Tipp 2: Krankenversicherer müssen die Abfindung auf 10 Jahre verteilen
Müssen Sie sich nach der Scheidung eigenständig krankenversichern, darf die Krankenversicherung den Betrag nicht auf lediglich 12 Monate aufteilen und danach die Versicherungsprämie bestimmen. Vielmehr ist der Abfindungsbetrag auf 10 Jahre zu verteilen.
Tipp 3: Achtung bei Verfahrenskostenhilfe
Haben Sie sich wegen des Unterhalts gerichtlich auseinandergesetzt und für das Verfahren Verfahrenskostenhilfe erhalten, müssen Sie damit rechnen, dass die Gerichtskasse Ihren Anspruch neu bewertet und den Unterhalt als Einkommen ansetzt.
Vereinbaren Sie aus Anlass Ihrer Trennung oder Scheidung eine Unterhaltsabfindung, zahlt der Ex-Partner oder die Ex-Partnerin anstelle des laufenden Trennungs- oder Ehegattenunterhalts einen Einmalbetrag als Abfindung. Der Betrag kann je nach Vereinbarung in einer Summe oder in Teilbeträgen bezahlt werden.
Sie können sich außergerichtlich auf eine Unterhaltsabfindung verständigen oder im Rahmen Ihres Scheidungsverfahrens vor Gericht einen Abfindungsbetrag aushandeln. In beiden Fällen schließen Sie einen Vergleich, durch den Sie die Frage des Unterhalts abschließend regeln.
Haben Sie aus Anlass Ihrer Eheschließung oder während Ihrer Ehe notariell einen Ehevertrag beurkundet, ist möglicherweise auch die Frage des Unterhalts geregelt. Lesen Sie nach, ob es dort eine Regelung gibt.
Häufig werden Unterhaltsabfindungen in festen Beträgen angegeben, die sich nach der Dauer der Ehe richten. Je länger die Ehe gedauert hat, desto höher ist die Abfindung, die Sie für jedes Jahr Ihrer bestehenden Ehe erhalten. Genauso gut kann der Betrag auch als Prozentsatz des Vermögens Ihres Ehepartners zum Zeitpunkt Ihrer Trennung oder Ihrer Scheidung vereinbart werden. Sollten Sie also in einem Ehevertrag die Frage des Unterhalts bereits geregelt haben, brauchen Sie jetzt nichts mehr zu verhandeln. Ihr Anspruch steht fest.
Ob eine Unterhaltsabfindung in einem einzigen Betrag Vorteile oder Nachteile hat, hängt von Ihrer individuellen Situation ab. Waren Sie viele Jahre verheiratet und hätten möglicherweise einen lebenslangen Unterhaltsanspruch, ist eine solche Abfindung nicht ohne Risiko. Es könnte die Situation eintreten, dass Sie das Geld verbraucht haben und dann in eine Notlage geraten, ohne aber noch Unterhaltsansprüche geltend machen zu können. Sie müssen also abwägen, ob Sie laufende Unterhaltszahlungen verlangen oder Sie lieber einen einmaligen Unterhaltsbetrag akzeptieren wollen.
Hier eine Übersicht über die Vorteile der Unterhaltsabfindung gegenüber laufenden Unterhaltszahlungen, die für Ihre Entscheidung wichtig sein könnten:
Ein Überblick zum Thema Unterhalt und Tipps für die Unterhaltsberechnung.
Jede Formulierung ist individuell. Erwarten Sie keine pauschalen Vorgaben. Es gibt jedoch einige Grundregeln, die Sie beachten sollen:
Jede Vereinbarung muss auf die Interessenlage beider Ehepartner angemessene Rücksicht nehmen. Führt eine Vereinbarung dazu, dass ein Partner nach der Scheidung auf staatliche Unterstützungsleistung angewiesen ist, wird das Familiengericht die Vereinbarung beanstanden und für unwirksam erklären.
Insoweit müssen Sie die Vereinbarung über Unterhalt immer im Gesamtzusammenhang mit den Rechten und Pflichten sehen, die sich aus Ihrer Scheidung ergeben. Die Höhe des Abfindungsbetrages bestimmt sich also mithin darin, wie Sie nach Ihrer Scheidung insgesamt wirtschaftlich stehen. Auch ein hoher Abfindungsbetrag kann unangemessen sein, wenn Sie dafür anderweitig auf einen vielleicht noch höheren Zugewinnausgleich oder den Versorgungsausgleich verzichten.
„Herr Müller zahlt zur Abwendung des nachehelichen Unterhalts an Frau Müller einen einmaligen Betrag in Höhe von 100.000 EUR. Mit der Zahlung des Betrages sind die wechselseitigen Unterhaltsansprüche abgegolten. Rein vorsorglich verzichten die Eheleute auf weitergehenden nachehelichen Unterhalt und nehmen diesen Verzicht wechselseitig auch für den Fall der Not an.“
Expertentipp: Eine einvernehmliche Regelung spart Geld. Streiten Sie wegen des Unterhalts vor Gericht, verursachen Sie wegen des Unterhaltsstreits einen Verfahrenswert, der sich nach dem zwölffachen Betrag Ihrer Forderung richtet. Fordern Sie beispielsweise 500 EUR monatlichen Unterhalt, ergibt sich ein Verfahrenswert von 6.000 €. Damit erhöhen Sie die Kosten für Ihre Scheidung erheblich. Vor allem müssen sich beide Ehepartner anwaltlich vor Gericht vertreten lassen.
Wichtig ist, dass Sie die Vereinbarung notariell beurkunden lassen (§ 1585c BGB). Die Beurkundung dient dem Schutz des wirtschaftlich schwächeren Partners. Lediglich Unterhaltsansprüche, die Sie nach Abschluss Ihrer Scheidung regeln, sind formfrei möglich.
Idealerweise regeln Sie die Unterhaltsfrage im Rahmen einer Scheidungsfolgenvereinbarung. Eine solche Scheidungsfolgenvereinbarung, die auch die Unterhaltsfrage regelt, ist die optimale Voraussetzung für Ihre einvernehmliche Scheidung im gegenseitigen Einvernehmen.
Kostenloses Muster für den Entwurf Ihrer Scheidungsfolgenvereinbarung
Zahlt der Ex-Partner oder die Ex-Partnerin auf den Unterhalt eine Abfindung, kann er oder sie den Abfindungsbetrag als
oder alternativ als
steuerlich in der Einkommensteuererklärung geltend machen.
Beachten Sie: Will der unterhaltspflichtige Ehepartner die Unterhaltszahlung als Sonderausgabe in seiner Einkommensteuererklärung geltend machen, sind Sie verpflichtet, Ihre Zustimmung zu erteilen. Dazu müssen Sie das Formblatt Anlage U unterschreiben. Voraussetzung ist lediglich, dass Ihnen aus Ihrer Mitwirkung keine steuerrechtlichen Nachteile entstehen (BGH FamRZ 1998, 953). Verweigern Sie Ihre Zustimmung, kann der Ex-Partner beim Familiengericht beantragen, dass Sie Ihre Zustimmung erteilen müssen. Allerdings können Sie Ihre Zustimmung davon abhängig machen, dass der unterhaltspflichtige Ex-Partner verpflichtend erklärt, Ihnen eventuell entstehende steuerliche Nachteile zu erstatten.
Nachteile entstehen Ihnen dann, wenn die Unterhaltszahlung über den steuerlichen Freibetrag hinausgeht und Sie deshalb Einkommenssteuer zahlen müssen. Gleiches ist anzunehmen, wenn der Unterhaltsbetrag zusammen mit Ihrem sonstigen Einkommen den steuerlichen Freibetrag übersteigt. Nachteile könnten auch dann entstehen, wenn Sie höhere Krankenversicherungsbeiträge leisten müssen, staatliche Fördergelder verlieren oder sogar eine niedrigere Rente akzeptieren müssen.
Sie brauchen die Unterhaltsabfindung hingegen nicht zu versteuern, wenn der Ex-Partner die Zahlung als außergewöhnliche Belastung steuerlich geltend macht. Die steuerliche Absetzbarkeit als außergewöhnliche Belastung ist jedoch schlechter als der Sonderausgabenabzug. Denn: Verdienen Sie mehr als 624 EUR eigenes Geld, vermindert jeder über den Höchstbetrag von 9.408 EUR hinausgehende Betrag die als Unterhaltszahlung abzugsfähige Zahlung.
Beispiel: Sie verdienen 5.000 EUR eigenes Einkommen. Der Ex-Partner kann dann maximal 10.032 EUR (9.408 EUR plus 624 EUR) minus 5.000 EUR = 5.032 EUR als außergewöhnliche Belastung steuerlich geltend machen.
Expertentipp: Sie können die Unterhaltszahlung leider nicht auf mehrere Jahre verteilen. Vielmehr ist der Unterhaltsbetrag in einer Summe in dem Jahr zu versteuern, in dem Sie den Betrag erhalten. Sie riskieren damit eine relativ hohe Steuerbelastung. Sie könnten allenfalls vereinbaren, dass der Betrag über wenigstens zwei Jahre hinweg in Teilbeträgen gezahlt und der jeweilige Restbetrag gestundet wird.
Waren Sie während Ihrer Ehe über Ihren Ex-Partner oder Ihre Ex-Partnerin in der Krankenversicherung familienversichert, müssen Sie sich nach der Scheidung eigenständig versichern. Dabei bewerten die Krankenkassen Ihre Unterhaltsabfindung als Einkommen. Die Versicherungsprämie richtet sich dann danach, was Sie monatlich verdienen.
Teils haben Krankenkassen die Unterhaltsabfindung auf lediglich 12 Monate verteilt und danach das Einkommen des antragstellenden Versicherungsnehmers bemessen. Infolge der Abfindung wurden die Versicherungsprämien entsprechend hoch berechnet.
Praxisbeispiel: In einem Streitfall hatte sich ein Ehepaar auf einen Unterhaltsanspruch in Höhe von einmalig 35.000 EUR geeinigt. Die Krankenkasse legte den Betrag auf 12 Monate um und ging von einem beitragspflichtigen monatlichen Einkommen von 2.916 EUR aus. Entsprechend hoch war die monatliche Versicherungsprämie.
Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (Beschluss vom 29.1.2015, A. L ¼ KR 17/13) hat dieser Verfahrensweise jedoch Einhalt geboten. Bei einer Aufteilung auf lediglich 12 Monate werde der Versicherungsnehmer unangemessen schlechter gestellt als eine Person, die ihren Unterhalt regelmäßig monatlich über einen längeren Zeitraum erhält. Demgemäß wurde die Krankenkasse verurteilt, die Abfindung auf 10 Jahre zu verteilen. In der Folge ergeben sich erheblich geringere Krankenkassenbeiträge.
Haben Sie in rechtsverbindlicher Form eine Unterhaltsabfindung vereinbart, haben Sie 30 Jahre Zeit, Ihren Anspruch geltend zu machen. Erst danach verjährt der Anspruch.
Dieser Aspekt ist insoweit wichtig, als die regelmäßige Verjährungsfrist lediglich drei Jahre beträgt. Da die dreijährige Verjährungszeit auf wiederkehrende Leistungen abstellt, ist eine einmalige Unterhaltsabfindung nicht einer laufenden Unterhaltszahlung gleichzustellen. Denn: Der unterhaltspflichtige Ex-Partner ist nicht schutzwürdig. Er kann sich auf eine bestimmte Höhe des Anspruchs einstellen und braucht nicht damit zu rechnen, dass vielleicht über Jahre hinweg ein kaum mehr kalkulierbarer Betrag aufläuft (Bundesgerichtshof, Beschluss vom 9.7.2014, Az. XII ZB 719/12). Nur dieses Risiko will die kurze dreijährige Verjährungsfrist vermeiden.
Müssen Sie Ihren Unterhaltsanspruch gerichtlich geltend machen, haben Sie bei geringem Einkommen wahrscheinlich Anspruch auf staatliche Verfahrenskostenhilfe. Dann ergibt sich die Frage, ob die Abfindung als Einkommen zu verstehen ist und Sie deshalb nachträglich die Verfahrenskosten bezahlen müssen.
Die Frage wird in der Rechtsprechung kontrovers beurteilt. Teils wird argumentiert, dass es sich bei der Unterhaltsabfindung um eine zweckgebundene Zuwendung handele. Diese trete an die Stelle laufender Unterhaltszahlungen und sei daher nicht als ein nachträglich für die Verfahrenskosten anzusetzendes Einkommen oder Vermögen zu betrachten.
Wer ein geringes Einkommen hat, Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe bezieht, kann VKH in Anspruch nehmen. Das müssen Sie beachten!
Nach der neuen gesetzlichen Regelung müssen Sie jedoch davon auszugehen, dass der vereinbarte Abfindungsbetrag als Einkommen zu bewerten ist und in monatliche Unterhaltsleistungen umzurechnen ist (§ 115 Abs. I S. 1 ZPO). Hinzu kommt die Regelung, dass Sie den Vermögenswert, den Sie durch die Prozessführung erlangen, für die Verfahrenskostenhilfe als Einkommen einsetzen müssen (§ 120a Abs. III ZPO).
Wurde Ihnen für das Verfahren ratenfreie Verfahrenskostenhilfe bewilligt, müssen Sie damit rechnen, dass nachträglich monatliche Ratenzahlungen angeordnet werden und Sie die Verfahrenskostenhilfe in Teilbeträgen an die Gerichtskasse wieder erstatten müssen (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 23.1.2014, Az. 2 WF 271/13).
Im Regelfall erfolgt eine Umrechnung auf einen Zeitraum von höchstens 24 Monaten. Allerdings können die jeweiligen persönlichen Verhältnisse auch einen anderen Umrechnungszeitraum begründen. Maßgeblich kommt es dazu an, für welchen Zeitraum Sie auf den Abfindungsbetrag zur Deckung Ihres laufenden Unterhalts angewiesen sind.
Prüfen Sie für sich genau, ob eine Unterhaltsabfindung für Sie die richtige Lösung ist. Denn sie hat sowohl Vor- als auch Nachteile. Generell gilt: Jede Vereinbarung, die Sie im Hinblick auf Ihre Trennung und Scheidung im gegenseitigen Einverständnis treffen, ist eine gute Vereinbarung. Sie ermöglichen damit die einvernehmliche Scheidung, benötigen an sich nur einen einzigen Rechtsanwalt, sparen erheblich an Verfahrensgebühren, wickeln Ihre Scheidung zügig ab und schaffen sich emotional und organisatorisch den Freiraum für Ihr Leben danach.
Geschrieben von: iurFRIEND-Redaktion