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Kin­des­un­ter­halt wenn der Ex-Part­ner im Aus­land lebt

Bild: Kindesunterhalt wenn der Ex-Partner im Ausland lebt

Wel­che Un­ter­halts­re­ge­lun­gen gibt es, wenn ein El­tern­teil im Aus­land lebt?

Ihr Kind oder Sie selbst sind auf Unterhalt angewiesen? Lebt der unterhaltspflichtige Elternteil oder Ex-Ehepartner im Ausland, stehen Sie vor dem Problem, den Unterhaltsanspruch im Ausland geltend zu machen. Dann ist die Frage zu beantworten, auf welchen Wegen Sie ans Ziel kommen. Auch wenn das Bundesamt für Justiz (Zentrale Behörde) Ansprechpartner ist, schreckt der bürokratische Aufwand oft ab. Wir erklären Ihnen in 10 Punkten, was Sie wissen müssen, um die Gegebenheiten in Ihrem Sinne beurteilen zu können. In diesen Fällen kann die richtige Information bares Geld sparen.

Das Wich­tigs­te

  • Lebt die unterhaltspflichtige Person im Ausland, ist es oft schwierig, den Kindesunterhalt für ein in Deutschland lebendes Kind geltend zu machen. Gleiches gilt für den Ehegattenunterhalt.
  • Um diese Problematik zu bewältigen, haben sich etwa 130 Staaten in mehreren internationalen Übereinkommen darauf verständigt, sich gegenseitig in Unterhaltssachen zu unterstützen. In nahezu allen diesen Ländern stehen Zentrale Behörden als Ansprechpartner zur Verfügung. Zentrale Behörde in Deutschland ist das Bundesamt für Justiz.
  • Um Unterhaltsansprüche im Ausland geltend zu machen, sind die für das jeweilige internationale Übereinkommen maßgeblichen Formblätter zu verwenden. Entsprechende Unterlagen sind beizufügen.
  • Direkter Adressat für einen Antrag ist Ihr örtlich zuständiges Amtsgericht. Dieses leitet Ihren Antrag nach Prüfung auf Vollständigkeit an das Bundesamt für Justiz weiter. Von dort geht der Antrag zur Vollstreckung des Unterhalts an die jeweilige zentrale Behörde des ausländischen Staates.

War­um ist es schwie­rig, Un­ter­halts­an­sprü­che im Aus­land gel­tend zu ma­chen?

Der Handlungsspielraum deutscher Gerichte endet an der Staatsgrenze. Auch wenn Sie einen in Deutschland erstellten Unterhaltstitel (z.B. Gerichtsurteil über Kindesunterhalt) in der Hand halten, müssen Sie den Titel im Ausland irgendwie vollstrecken. Die damit verbundenen bürokratischen Hürden scheinen unüberwindlich. Noch schwieriger ist es, wenn Sie keinen Titel haben und den Unterhalt vor den Gerichten eines ausländischen Staates geltend machen wollen.

Unterhaltsangelegenheiten müssen nicht immer streitig verlaufen.

Aus diesem Grund haben sich fast alle Staaten in der Welt bereit erklärt, in Unterhaltssachen zusammenzuarbeiten. Ziel ist, das Verfahren so zu vereinfachen, dass jede unterhaltsberechtigte Person in der Lage ist, Unterhaltsansprüche auch dann geltend zu machen, wenn die unterhaltspflichtige Person im Ausland lebt. Gleiches gilt im umgekehrten Fall, wenn die unterhaltspflichtige Person in Deutschland und die unterhaltsberechtigte Person im Ausland lebt.

Die von den Staaten ausgehandelten Übereinkommen in Unterhaltssachen sind aber so komplex, dass Sie als Unterhaltsgläubiger (unterhaltspflichtige Person) Schwierigkeiten haben, das Verfahren zu überblicken. Ohne kompetente Unterstützung verlieren Sie sich in der Komplexität des Verfahrens.

Gut zu wissen: In den allermeisten Fällen schuldet der Unterhaltsschuldner den Kindesunterhalt. Gleichermaßen können Sie aber auch Trennungs- und Ehegattenunterhalt geltend machen und Ihren Anspruch gegen den im Ausland lebenden Unterhaltsschuldner vollstrecken.

Auf wel­cher Rechts­grund­la­ge ar­bei­ten die Staa­ten in Un­ter­halts­sa­chen zu­sam­men?

Es gibt eine ganze Reihe internationaler Verträge. Je nachdem, in welchem Staat sich die unterhaltspflichtige Person aufhält, ist die entsprechende Vereinbarung maßgebend. All diese zwischenstaatlichen Vereinbarungen haben zwar das gleiche Ziel, bestimmen aber teils unterschiedliche Voraussetzungen. Insoweit kommt es entscheidend darauf an, in welchem Staat sich der Unterhaltsschuldner aufhält.

Für Sie ist es letztlich egal, auf welcher rechtlichen Grundlage der Staat es ermöglicht, den Unterhalt gegen den Unterhaltsschuldner geltend zu machen. Dennoch sollten Sie wissen, dass es dafür spezielle Rechtsgrundlagen gibt und welche in Betracht kommen. Interessant ist, dass das Unterhaltsrecht zu den wenigen Rechtsgebieten zählt, in denen es nahezu weltweit Regelungen für die internationale Zusammenarbeit der Staaten gibt.

Es gibt derzeit folgende staatliche Vereinbarungen:

  • EG-Unterhaltsverordnung

    Die EG-UntVO ist anwendbar, wenn der Unterhaltsschuldner sich in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhält. Hier kooperiert das Bundesamt für Justiz als Zentrale Behörde mit den Zentralen Behörden aller EU-Mitgliedstaaten. Eine Ausnahme bildet lediglich Dänemark. Dort sind Unterhaltsansprüche auf einer anderen Rechtsgrundlage geltend zu machen.

  • Haager Unterhaltsübereinkommen 2007

    Das HUÜ 2007 gilt im Verhältnis zu den Vertragsstaaten des Übereinkommens. Dies sind derzeit Albanien, Bosnien, Herzegowina, Brasilien, Montenegro, Norwegen, Türkei, Ukraine, USA und Weißrussland. Es treten immer wieder Staaten neu bei. So gilt das Haager Unterhaltsübereinkommen seit 19.10.2018 auch für Honduras, seit 1.2.2017 für die Türkei sowie für Brasilien und Weißrussland.

  • UN- Übereinkommen 1956

    Staaten, die nicht Mitglied der Europäischen Union sind und auch nicht das Haager Unterhaltsübereinkommen 2007 unterzeichnet haben, unterliegen dem UN- Übereinkommen 1956. In diesem Fall muss der Unterhaltsschuldner in einem Staat leben, der das Abkommen unterzeichnet hat. Das Übereinkommen hat derzeit 65 Vertragsstaaten.

  • Verfahren bei förmlicher Gegenseitigkeit

    Letztlich gibt es Staaten, mit denen keinerlei internationale Übereinkommen vereinbart wurden. Dies betrifft derzeit Kanada (Ausnahme Provinz Quebec) und Südafrika. Förmliche Gegenseitigkeit bedeutet, dass in diesen Ländern allein deshalb Unterhaltsansprüche geltend gemacht werden können, weil sich umgekehrt auch Deutschland entsprechend verpflichtet hat.

In den allermeisten Fällen schuldet der Unterhaltsschuldner den Kindesunterhalt. Gleichermaßen können Sie aber auch Trennungs- und Ehegattenunterhalt geltend machen und Ihren Anspruch gegen den im Ausland lebenden Unterhaltsschuldner vollstrecken.

Gut zu wissen: Geht es um Ehegattenunterhalt, können Sie zumindest in allen EU-Mitgliedstaaten und Vertragsstaaten des UN-Übereinkommens 1956 Ihre Ansprüche gleichfalls geltend machen.

Kann das Ver­fah­ren fi­nan­zi­ell un­ter­stützt wer­den?

Verfügen Sie nur über ein geringes Einkommen, wird Ihnen im Regelfall Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe gewährt. Dann übernimmt die Gerichtskasse an Ihrem örtlich zuständigen Amtsgericht den Kostenaufwand oder Sie zahlen die verauslagten Kosten in Teilbeträgen an die Gerichtskasse zurück. Im Regelfall erhalten Sie Prozess- und Verfahrenskostenhilfe auch dann, wenn Sie den Unterhalt für ein minderjähriges Kind im europäischen Ausland vor den dortigen Gerichten geltend machen wollen.

Gut zu wissen: Vorteilhaft ist, dass es nicht mehr erforderlich ist, einen Unterhaltstitel vor der Vollstreckung durch die ausländische Behörde für vollstreckbar erklären zu lassen (Exequaturverfahren). Nach dem 18.6.2011 ergangene Unterhaltsentscheidungen sind ohne gesonderte Vollstreckbarkeitserklärung in allen EU-Mitgliedstaaten vollstreckbar (Ausnahme Dänemark, Großbritannien). Damit erleichtert sich die Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen erheblich.

Wel­che In­sti­tu­tio­nen sind für das Ver­fah­ren ver­ant­wort­lich?

Den notwendigen Antrag stellen Sie bei dem für Ihren Wohnsitz örtlich zuständigen Amtsgericht. Das Amtsgericht prüft, ob Sie alle notwendigen Unterlagen vorgelegt haben. Danach leitet es Ihren Antrag an das Bundesamt für Justiz weiter. Das Bundesamt für Justiz wird als Zentrale Behörde tätig. Es korrespondiert mit den zuständigen Stellen im Ausland. Dort gibt es meist gleichfalls Zentrale Behörden, so dass auf beiden Seiten jeweils der entsprechende Ansprechpartner zur Verfügung steht. Die Zentralen Behörden sind untereinander eng vernetzt.

Wie recht­fer­ti­ge ich mei­nen Un­ter­halts­an­spruch?

Ihr Anspruch auf Kindesunterhalt oder Ehegattenunterhalt sollte idealerweise tituliert sein. Tituliert bedeutet, dass Sie einen vollstreckbaren Titel in der Hand halten, aus dem sich ergibt, dass Ihr Anspruch besteht. Dies kann beim Kindesunterhalt eine Jugendamtsurkunde sein, in der der Unterhaltsschuldner seine Unterhaltspflicht anerkannt hat oder ein gerichtliches Zahlungsurteil über Unterhalt. Haben Sie noch keinen Titel in der Hand, kann auch ein Gerichtsverfahren zur Titulierung von Unterhalt im Ausland betrieben werden. Dies dürfte jedoch erheblich aufwendiger sein, als wenn Sie den Unterhaltsanspruch in Deutschland titulieren lassen.

Kann das Ju­gend­amt den Un­ter­halt gel­tend ma­chen?

Sie können das Jugendamt in seiner Eigenschaft als Beistand ansprechen und anregen, den Kindesunterhalt gegen den Unterhaltsschuldner als gesetzlicher Vertreter des Kindes im Ausland geltend zu machen. Das Jugendamt kann auch tätig werden, wenn es Unterhaltsvorschuss gezahlt hat und den Unterhaltsschuldner im Ausland in Regress nehmen möchte.

Sie können aber auch einen in Unterhaltsangelegenheiten kompetenten Rechtsanwalt beauftragen, der Sie durch das Verfahren begleitet und sofort reagieren kann, wenn Schwierigkeiten und Hindernisse auftauchen.

Was ist, wenn der Auf­ent­halts­ort oder die Ver­mö­gens­si­tua­ti­on des Un­ter­halts­schuld­ners un­be­kannt sind?

Wissen Sie nicht, an welcher Adresse der Unterhaltsschuldner im Ausland gemeldet ist, können Sie die Zentrale Behörde auch beauftragen, den Aufenthaltsort zu ermitteln. Soweit der ausländische Staat ein Melderegister unterhält, ist dies meist relativ problemlos. Gibt es keine Melderegister, haben die Staaten teils andere Möglichkeiten der Aufenthaltsermittlung. Ähnlich ist es, wenn Sie die Vermögenssituation des Unterhaltsschuldners nicht beurteilen können. Dann kann im Vorfeld über die Zentrale Behörde des ausländischen Staates auch die Vermögenssituation abgeklärt werden. Sie können dann besser beurteilen, ob es sich lohnt, Ihren Unterhaltsanspruch geltend zu machen.

Wel­che For­ma­li­tä­ten muss ich be­ach­ten?

Je nachdem, auf welcher rechtlichen Grundlage Sie Unterhaltsansprüche geltend machen, gibt es entsprechende Formblätter. Diese Formblätter sind zwingend zu verwenden. Auch kommt es darauf an, ob Sie bereits einen Unterhaltstitel eines deutschen Gerichts oder eines deutschen Jugendamtes in Händen halten oder nicht. Allein die EU-Unterhaltsverordnung hält sieben unterschiedliche Formblätter bereit, je nachdem auf welcher Grundlage und mit welchem Ziel Sie Unterhalt geltend machen (z.B. Formblatt V, Aufenthaltsermittlung und Vermögensrecherche).

Um dem ausländischen Staat die Sachbearbeitung zu erleichtern, muss das betreffende Formblatt in die Amtssprache des ersuchten Mitgliedstaates übersetzt werden. Hierfür gibt es in Verbindung mit den Formblättern entsprechende Module.

Den Formblättern sind alle notwendigen Unterlagen beizufügen, aus denen sich Ihr Anspruch auf Unterhalt ableiten lässt. Geht es um Kindesunterhalt, benötigen Sie insbesondere die Geburtsurkunde Ihres Kindes sowie den Unterhaltstitel in vollstreckbarer Ausfertigung.

Wie lan­ge dau­ert die Be­ar­bei­tung der An­trä­ge?

Es lässt sich keine pauschale Antwort geben. Die Bearbeitungsdauer Ihres Antrags hängt davon ab, wie gut Sie selbst informiert sind und wen Sie mit der Bearbeitung Ihres Anliegens beauftragen. Haben Sie bereits einen Unterhaltstitel in der Hand, kommen Sie schneller voran, als wenn Sie den Unterhaltstitel erst noch beschaffen müssen. Auch die notwendigen Unterlagen müssen vorliegen. Gibt es hier Lücken, dauert das Verfahren länger. Verfahren verzögern sich, wenn Sie vorher den Aufenthalt ermitteln müssen oder wenn Sie im Ausland den Unterhalt gerichtlich geltend machen wollen. Letztlich kommt es auch darauf an, ob der Unterhaltsschuldner im Ausland bereit ist, seine Unterhaltspflicht zu akzeptieren oder ob er sich seiner Verantwortung zu entziehen gedenkt.

Praxisbeispiel: Egal, wie lange es dauert, bis Sie an Ihr Geld kommen. Sie verlieren nichts. Sie können nur gewinnen. Selbst wenn Sie längere Zeit auf den Geldeingang warten müssen, stellen Sie sich noch immer besser, als wenn Sie untätig bleiben und es allein dem Unterhaltsschuldner überlassen, ob er Unterhalt zahlt oder nicht.

Wel­ches Ein­kom­men ist dem Un­ter­halts­schuld­ner an­zu­rech­nen?

Lebt der Unterhaltsschuldner im Ausland, hat er aufgrund der Verhältnisse vor Ort oft einen Lebensstandard, der demjenigen in Deutschland nicht unbedingt vergleichbar ist. Sein Einkommen ist dann entsprechend anzupassen.

  • Lebt der Unterhaltsschuldner in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, werden zur Umrechnung die vom Statistischen Amt der Europäischen Union ermittelten „vergleichbaren Preisniveaus des Endverbrauchs der privaten Haushalte“ herangezogen.
  • Lebt der Unterhaltsschuldner nicht in der Europäischen Union, müssen die Lebenshaltungskosten anhand anderer Vergleichszahlen ermittelt werden. Sind die Lebenshaltungskosten dort höher als in Deutschland, ist das Nettoeinkommen auf deutsche Verhältnisse herunterzurechnen. Geht es um Kindesunterhalt, erfolgt danach die Einstufung in die Düsseldorfer Tabelle. Allerdings muss der unterhaltspflichtige Elternteil mindestens den Mindestunterhalt zahlen. Ist umgekehrt der Lebensstandard im Ausland niedriger, ist das Nettoeinkommen höher anzusetzen.

Die in diesem Zusammenhang oft zitierte Ländergruppeneinteilung des Bundesfinanzministeriums betrifft den umgekehrten Fall, dass das unterhaltsberechtigte Kind im Ausland und der Unterhaltsschuldner in Deutschland wohnt. Dann ist die Höhe seines Unterhalts an die lokalen Lebenshaltungskosten anzupassen und entsprechend zu kürzen.

Fa­zit

Lebt der Unterhaltsschuldner im Ausland, brauchen Sie keinesfalls die Hoffnung aufzugeben, Sie könnten den Unterhaltsschuldner zur Zahlung des Unterhalts veranlassen. Der Staat gibt Ihnen das Werkzeug an die Hand, Ihren Unterhalt mit guten Aussichten auf Erfolg geltend zu machen. Benötigen Sie dabei Unterstützung, stehen wir Ihnen gerne zur Seite.

Geschrieben von: iurFRIEND-Redaktion

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