Heiraten und Kinder bekommen, bedeutet auch, unterhaltspflichtig zu sein. Leben Sie nach Ihrer Trennung oder Scheidung mit einem neuen Lebensgefährten und dessen Kindern in einer Patchwork-Familie zusammen, stellt sich die Frage, wer welchen Unterhalt beanspruchen kann. Um Ihre Unterhaltspflichten zu erfüllen, sollten Sie wissen, nach welchen Maßstäben Sie Unterhalt zahlen müssen. Dabei geht es vornehmlich um Rangfolgen, quotenmäßige Zahlungen und Mangelfälle, in denen das verfügbare Einkommen nicht für alle reicht.
Sie leben in einer Patchwork-Familie, wenn Sie geschieden sind, eigene Kinder haben und mit Ihren Kindern einen neuen Partner ehelichen, der gleichfalls eigene Kinder mit in die Ehe bringt. Sie toppen die Verhältnisse, wenn in Ihrer zweiten Ehe weitere gemeinsame Kinder geboren werden. In diesen Fällen begründen sich eine ganze Reihe von Unterhaltspflichten. Sie sind nämlich unterhaltspflichtig gegenüber:
Bestenfalls verdienen Sie genug eigenes Geld, um alle Unterhaltspflichten in voller Höhe ordnungsgemäß zu bedienen. Verdienen Sie jedoch nicht genug eigenes Geld und können nicht alle Unterhaltspflichten erfüllen, müssen Sie wissen, wie Sie Ihr verfügbares Einkommen aufteilen und was für Sie selbst und Ihre neue Familie zum Leben übrigbleibt.
Heiraten Sie, sind Sie verpflichtet, mit Ihrer Arbeit und Ihrem Vermögen zum gemeinsamen Familienunterhalt beizutragen. Der angemessene Familienunterhalt umfasst alles, was nach Ihren gemeinsamen Verhältnissen erforderlich ist, um die Kosten des Haushalts zu bestreiten und die persönlichen Bedürfnisse der Ehepartner und den Lebensbedarf der gemeinsamen unterhaltsberechtigten Kinder zu befriedigen (§ 1360a BGB).
Mit Ihrem Beitrag zum Familienunterhalt versorgen Sie auch Ihre in der zweiten Ehe geborenen Kinder. Für diese Kinder zahlen Sie keinen Barunterhalt. Barunterhalt fällt erst dann an, wenn Sie sich von Ihrem Ehepartner trennen und Ihr Ehepartner das gemeinsame Kind betreut.
Ähnlich ist die Situation Ihres neuen Ehepartners zu beurteilen. Da Sie zum Familienunterhalt beitragen, hat er/sie keinen Anspruch auf Barunterhalt. Da Sie Ihre Ehe führen, richtet sich der Anspruch des Ehepartners vielmehr darauf, dass Sie gemeinsam die Familie versorgen und ihm/ihr, soweit der Partner kein eigenes Einkommen hat, ein gewisses Taschengeld zur Verfügung steht.
Gegenüber den Kindern (Stiefkindern), die Ihr Ehepartner in die zweite Ehe mit einbringt, sind Sie nicht unterhaltspflichtig. Ebenso wenig ist der neue Ehepartner gegenüber Ihren eigenen Kindern unterhaltspflichtig, die Sie in die Patchwork Familie mitbringen. Eine Unterhaltspflicht lässt sich auch nicht damit begründen, dass Ihr Partner Großverdiener ist und aufgrund seines Einkommens Sie in Ihren Unterhaltszahlungen unterstützen könnte. Ihre Unterhaltspflicht würde sich allerdings dann begründen, wenn Sie das Kind Ihres Ehepartners in der zweiten Ehe adoptieren. Adoptierte Kinder stehen den eigenen Kindern rechtlich gleich.
Leben Sie in einer Patchwork-Familie, tritt oft das Problem auf, dass Sie mehrere Unterhaltspflichten erfüllen müssen. Der Gesetzgeber trifft in § 1609 BGB eine Regelung zur Rangfolge mehrerer unterhaltsberechtigter Personen. Diese Rangfolge tritt ein, wenn Sie als unterhaltspflichtiger Elternteil und Ehepartner außerstande sind, allen unterhaltsberechtigten Personen Unterhalt zu gewähren.
Praxisbeispiel: Sie sind in erster Ehe geschieden. Ihr Ex-Partner versorgt Ihr gemeinsames Kleinkind und hat Anspruch auf nachehelichen Betreuungsunterhalt. Außerdem haben Sie noch einen zwölfjährigen Sohn aus einer außerehelichen Beziehung. Ihr neuer Ehepartner in der zweiten Ehe erwartet, dass Sie im Hinblick auf die Versorgung der in der zweiten Ehe geborenen Kinder und die bestehende Arbeitslosigkeit des Ehepartners höhere Beiträge zum Familienunterhalt leisten. Sie müssen klären, wie Sie Ihr verfügbares Einkommen verteilen.
Vorrangig unterhaltsberechtigt sind stets minderjährige Kinder. Die minderjährigen Kinder aus Ihrer ersten Ehe sind mit den in der zweiten Ehe geborenen minderjährigen Kindern gleichrangig. Ihr in der zweiten Ehe geborenes Kind hat also keinen Vorrang gegenüber Ihren Kindern aus erster Ehe. Ihren Kindern aus erster Ehe zahlen Sie nach Maßgabe der Düsseldorfer Tabelle Kindesunterhalt. Ihre Kinder in der zweiten Ehe versorgen Sie mit Ihrem Beitrag zum Familienunterhalt.
Praxisbeispiel: Ihr Sohn aus erster Ehe ist zehn Jahre alt. In Ihrer zweiten Ehe werden drei weitere Kinder geboren. Alle sind minderjährig. Für Ihr Kind aus erster Ehe zahlen Sie Kindesunterhalt in bar. Allein der Umstand, dass Sie auch die in der zweiten Ehe später geborenen und somit wesentlich mehr Kinder unterhalten müssen, ist kein Argument dafür, dass Sie den Unterhalt für das Kind aus erster Ehe kürzen, verweigern oder sonst wie beanstanden könnten. Ihr Kind aus erster Ehe hat Anspruch auf den vollen Kindesunterhalt.
Bezieht der das Kind betreuende Elternteil das Kindergeld, dürfen Sie die Hälfte des Kindergelds vom Kindesunterhalt abziehen (§ 1612b BGB). Sind Sie auch noch einem Kind aus einer außerehelichen Beziehung unterhaltspflichtig, besteht Ihre Unterhaltspflicht gleichermaßen. Das unehelich geborene Kind hat im Unterhaltsrecht den gleichen Rang wie alle Ihre ehelich geborenen Kinder. Sie können keine Abstriche machen, mit dem Argument, das Kind sei unehelich geboren.
Den minderjährigen Kindern stehen unverheiratete Kinder bis zum 21. Lebensjahr gleich, solange diese im Haushalt eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung (z.B. Berufsschule, Gymnasium) befinden oder ein Studium oder eine Lehre absolvieren. Diese Kinder werden im Unterhaltsrecht als privilegierte Kinder bezeichnet.
Praxisbeispiel: Ihr Sohn aus erster Ehe ist 16 Jahre alt und geht zur Schule. Mit Ihrem neuen Ehepartner in der zweiten Ehe haben Sie einen dreijährigen Sohn. Beide Kinder sind gleichermaßen unterhaltsberechtigt. Sie können den Unterhalt für den Sohn aus erster Ehe nicht mit der Begründung kürzen, dass Sie neu geheiratet haben und Ihr Kind in Ihrer zweiten Ehe Ihnen näher steht und vorrangig zu unterhalten wäre.
Im zweiten Rang sind Elternteile eingestuft, die aufgrund der Betreuung eines Kindes unterhaltsberechtigt sind und Anspruch auf Betreuungsunterhalt haben. Zahlen Sie also Ihrem Ehepartner aus erster Ehe Betreuungsunterhalt, ist der Kindesunterhalt für das Kind aus Ihrer ersten Ehe vorrangig zu zahlen. Reicht Ihr Einkommen nur für das Kind aus, geht der Ehepartner leer aus.
In den zweiten Rang gehören auch geschiedene Ehepartner, deren Ehe von langer Dauer war. Wann eine Ehe von langer Dauer war, ergibt sich aus der Beurteilung des Einzelfalls. Eine konkrete Ehedauer bezeichnet das Gesetz nicht. Dabei reicht es allein nicht aus, dass die Ehe von langer Dauer war. Vielmehr steht dem Ehepartner aus erster Ehe nur Unterhalt zu, wenn er nach der Scheidung ehebedingte Nachteile in Kauf nehmen muss.
Praxisbeispiel: Ihr Ehepartner aus erster Ehe ist aufgrund einer während der Ehezeit eingetretenen Morbus Crohn-Erkrankung erwerbsunfähig. Er ist also unterhaltsberechtigt (§ 1572 BGB). Sein Unterhaltsanspruch ist aber nachrangig zu bedienen, also erst dann, wenn der Unterhaltsanspruch des minderjährigen Kindes erfüllt ist.
Im dritten Rang befinden sich getrennt lebende Ehegatten und geschiedene Ehegatten, denen kein Betreuungsunterhalt zusteht oder deren Ehe nicht von langer Dauer war und die deshalb keine Unterhaltsberechtigung im 2. Rang geltend machen können.
Praxisbeispiel: Sie haben nach Ihrer Scheidung neu geheiratet. Sie haben minderjährige Kinder aus erster und zweiter Ehe. Die Unterhaltsansprüche der Kinder aus erster Ehe sind im vollen Umfang zu erfüllen. Da Ihr geschiedener Ehepartner aus erster Ehe Ihr gemeinsames Kind betreut, ist er im zweiten Rang unterhaltsberechtigt. Ihr aktueller Ehepartner hat nur Anspruch, dass Sie nach Kräften zum Familienunterhalt beitragen. Einen eigenen Unterhaltsrang hat er aber nicht.
Den vierten Rang halten volljährige Kinder.
Praxisbeispiel: Ihr Sohn ist 25 Jahre alt und studiert. Aufgrund seiner Ausbildung könnte er zwar Unterhalt fordern. Da Sie aber die Unterhaltsansprüche Ihrer minderjährigen Kinder sowie eventuell Ihres Ehegatten aus erster Ehe erfüllen müssen, kann Ihr Sohn nur Unterhalt verlangen, wenn Ihr verfügbares Einkommen ausreicht.
Die Rangfolge spielt vornehmlich dann eine Rolle, wenn Sie mehreren unterhaltsberechtigten Personen Unterhalt zahlen müssen und daher ein Mangelfall auftritt. Sie sind dann nicht in der Lage, alle Unterhaltsansprüche abzudecken. Vorrangig Berechtigte kommen zuerst zum Zuge, so dass Sie nachrangig Berechtigte erst dann bedienen können, wenn noch Liquidität übrig bleibt und Ihr Selbstbehalt gewahrt ist. Sofern Sie auch gleichrangige Ansprüche nicht bedienen können, ist Ihr verfügbares Einkommen auf die Berechtigten dieser Ranggruppe anteilig aufzuteilen.
Um Ihren eigenen Lebensunterhalt sicherzustellen, steht Ihnen ein Eigenbedarf zu. Dieser beträgt 1.370 EUR, wenn Sie erwerbstätig sind und 1.120 EUR, wenn Sie nicht arbeiten. Liegt Ihr Einkommen unter diesem Selbstbehalt, brauchen Sie an sich überhaupt nichts zu zahlen. Trotzdem sind Sie im Hinblick auf Ihre Verantwortung für Ihre Kinder gehalten, alles zu tun, genug Geld zu verdienen, dass Sie den Kindesunterhalt einigermaßen bewältigen können.
Auch ein nicht gewolltes Kind ist ein Kind und ist vor allem Ihr Kind. Sie haben es in die Welt gesetzt. Dafür stehen Sie in einer persönlichen Verantwortung. Sie sind verpflichtet, dem Kind Unterhalt zu zahlen, sobald Sie sich von der Mutter trennen und / oder scheiden lassen. An Ihrer Verantwortung verändert sich auch nichts, wenn Sie nach Ihrer Scheidung erneut heiraten und in Ihrer neuen Ehe mit Ihrem neuen Ehepartner gemeinsame Kinder in die Welt setzen.
Leisten Sie Ihrem geschiedenen Ex-Partner nachehelichen Unterhalt, können Sie die Unterhaltszahlungen stornieren, wenn dieser erneut heiratet (§ 1586 BGB). Dann ist dessen neuer Ehepartner für den Familienunterhalt verantwortlich. Soweit der Ex-Partner Ihr gemeinsames Kind in seiner neuen Ehe betreut, besteht der Unterhaltsanspruch für Ihr gemeinsames Kind unverändert fort.
Gut zu wissen: Lebt Ihr Ex-Partner nach Ihrer Scheidung mit einem Lebensgefährten ohne Trauschein unverheiratet zusammen, besteht Ihre nacheheliche Unterhaltspflicht für eine gewisse Zeit lang fort. Der Unterhaltsanspruch kann aber nach einer gewissen Zeit gekürzt werden, da Ihr Ex-Partner mit dem neuen Partner eine Art Bedarfsgemeinschaft bildet und Anspruch darauf hat, dass der erwerbstätige neue Lebenspartner den Partner und damit auch sein Stiefkind mit unterstützt (§ 1579 Nr. 2 BGB).
Das Leben in einer Patchwork-Familie ist meist eine große Herausforderung. Auch wenn Sie mit Ihrer Vergangenheit und Ihrer ersten Ehe abgeschlossen haben, können Sie sich Ihrer unterhaltsrechtlichen Verantwortung nicht entledigen.
Geschrieben von: iurFRIEND-Redaktion