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Wie kann ich Kin­des­un­ter­halt von mei­nen El­tern ein­kla­gen?

Bild: Wie kann ich Kindesunterhalt von meinen Eltern einklagen?

Wie kann ich Kin­des­un­ter­halt von mei­nem Va­ter oder mei­ner Mut­ter ein­kla­gen?

Unterhaltsstreitigkeiten sind die häufigsten familienrechtlichen Auseinandersetzungen. Sie werden oft erbittert geführt. Geht es nach der Trennung der Eltern beim Zugewinnausgleich um eine einmalige Zahlung, wirkt sich die Festlegung des Unterhalts und die fortlaufende Zahlung im Regelfall über Jahre hinaus auf das Leben der Beteiligten aus. Im ungünstigsten Fall müssen Sie den Kindesunterhalt von Ihrem Vater oder Ihrer Mutter einklagen. Aber auch ein Urteil oder ein Vergleich über den Unterhalt erledigen häufig den Streit nicht endgültig. Ändern sich die Einkommensverhältnisse Ihres unterhaltspflichtigen Elternteils oder werden Sie älter oder volljährig und befinden sich in der Berufsausbildung, kann der Streit neu entstehen. Eines muss klar sein: Einfache Lösungen gibt es nicht.

Das Wich­tigs­te

  • Die Zahlungsmoral beim Kindesunterhalt ist allgemein schlecht. Unterhaltsstreitigkeiten sind an der Tagesordnung.
  • Im einfachsten Fall erkennt Ihr Vater bzw. Ihre Mutter die Unterhaltspflicht in einer Jugendamtsurkunde an.
  • Im Idealfall machen Sie Kindesunterhalt in einem sogenannten vereinfachten Verfahren bei Gericht geltend. Dann kann Ihr Vater oder Ihre Mutter nur eingeschränkt Einwände gegen die Unterhaltspflicht erheben.
  • Das vereinfachte Verfahren hat aus prozessstrategischer Sicht Vor- und Nachteile.
  • Alternativ zum vereinfachten Verfahren können Sie in dringenden Fällen den Kindesunterhalt in einer einstweiligen Anordnung gerichtlich festsetzen lassen. Wichtig ist, dass Sie Ihren Vater oder Ihre Mutter vorab in Verzug setzen.
  • Sind die Einkommensverhältnisse Ihres Vaters oder Ihrer Mutter unbekannt, können Sie im Wege einer Stufenklage Auskunft verlangen und nach Maßgabe der Auskunft Ihren Anspruch beziffern.
  • Titulierte Ansprüche lassen sich bei Veränderung der Einkommensverhältnisse im Wege der Abänderungsklage neu festsetzen.

Ist Kin­des­un­ter­halt hier­zu­lan­de ein all­täg­li­ches Pro­blem?

Nach Angaben des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung erfüllt die Hälfte aller unterhaltspflichtigen Elternteile ihre Unterhaltspflichten überhaupt nicht, ein weiteres Viertel allenfalls unregelmäßig. Gründe sind so gut wie immer darin zu suchen, dass die finanzielle Lage problematisch ist. Trennen sich Eltern, sind zwei Haushalte zu finanzieren, jeder Elternteil möchte möglichst mit dem eigenen Fahrzeug mobil bleiben, muss sich eigenständig versichern und alles, was sonst durch zwei geteilt wurde, nunmehr allein finanzieren. Die Konsequenz scheint oft darin zu bestehen, dass Elternteile ihre Einkommensverhältnisse frisieren und manipulieren. Sie gehen Teilzeit arbeiten, arbeiten schwarz nebenher oder verweigern beharrlich jegliche Auskünfte über ihre Einkommensverhältnisse.

Wie kom­me ich an mei­nen Kin­des­un­ter­halt? Ide­al­fall: Ju­gend­amts­ur­kun­de

Im Idealfall erklärt sich der unterhaltsberechtigte Elternteil bereit, seine Unterhaltspflicht beim Jugendamt anzuerkennen. Dazu kann er jedes beliebige Jugendamt in Deutschland aufsuchen und dort eine sogenannte Jugendamtsurkunde beurkunden lassen. Darin erkennt er seine Unterhaltspflicht rechtsverbindlich an. Auf Grundlage dieser Urkunde könnten Sie den Kindesunterhalt gegen Ihren Vater oder Ihre Mutter zwangsweise vollstrecken, falls er oder sie nicht freiwillig Kindesunterhalt leistet. Ist Ihr Vater oder Ihre Mutter dazu nicht bereit, müssen Sie den normalen Weg gehen und Ihren Kindesunterhalt einklagen.

Wie kann ich den Kin­des­un­ter­halt ein­kla­gen?

Müssen Sie den Kindesunterhalt tatsächlich einklagen, sollten Sie ungefähr wissen, was in der rechtlichen Praxis wichtig ist. Es gibt verfahrensrechtlich unterschiedliche Wege, den Kindesunterhalt geltend zu machen. Diese Wege sind strategischer Natur und hängen von vielerlei Faktoren ab. Sie werden kaum umhinkommen, sich hierzu anwaltlich beraten zu lassen. Einfache Fälle, die sich mit klarem Ergebnis bewerten lassen, dürften in der Praxis die absolute Ausnahme sein.

Was ist das ver­ein­fach­te Ver­fah­ren zur Un­ter­halts­fest­set­zung?

Soll der Unterhalt erstmals tituliert werden und ist kein anderes gerichtliches Verfahren anhängig, können Sie einen Antrag auf Unterhaltsfestsetzung auch im sogenannten vereinfachten Verfahren stellen. Für dieses Verfahren ist ausschließlich das Familiengericht zuständig, in dessen Bezirk Sie oder der nicht unterhaltspflichtige Elternteil ihren Wohnsitz haben. Bei dieser Zuständigkeit verbleibt es auch, wenn der zuvor genannte Elternteil die Scheidung beantragt.

Gut zu wissen: Ihr Antrag, den Kindesunterhalt im vereinfachten Verfahren festzusetzen, muss auf einem dafür amtlich eingeführten Formular gestellt werden und alle in § 249 FamFG geforderten Angaben enthalten. Sie finden den Antrag auf der Website des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz:

Wel­che Vor­tei­le hat das ver­ein­fach­te Ver­fah­ren zur Un­ter­halts­fest­set­zung?

  • Sie können ohne großes Kostenrisiko Unterhalt bis zu 120 % des Regelbedarfs geltend machen, bevor das Einkommen Ihres Vaters bzw. Ihrer Mutter geklärt werden muss.
  • Ihr Vater oder Ihre Mutter kann nur wenige Einwendungen zur Unterhaltshöhe erheben. Wenn der unterhaltspflichtige Elternteil darauf beruft, dass er finanziell nicht leistungsfähig sei, aber zur Zahlung bereit ist, muss er sich zur Erfüllung der Unterhaltszahlungen verpflichten, in detaillierter Form Auskunft über seine gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse zu erteilen.
  • Wenn Ihr Vater oder Ihre Mutter seine bzw. ihre Zahlungspflicht anerkennt, keine Einwendungen oder nur in nicht zulässiger Form Einwendungen erhebt, erreichen Sie relativ schnell einen Zahlungstitel.

Wel­che Nach­tei­le hat das ver­ein­fach­te Ver­fah­ren zur Un­ter­halts­fest­set­zung?

  • Erhebt Ihr Vater oder Ihre Mutter in zulässiger Form Einwendungen, können sich im Vergleich zu einer sofort erhobenen Unterhaltsklage erhebliche Verzögerungen ergeben.
  • Ist Ihr Elternteil erkennbar leistungsunfähig, stellt das vereinfachte Verfahren nur einen Umweg zur Klage dar. Äußert sich Ihr Vater oder Ihre Mutter außergerichtlich nicht oder lediglich zweifelhaft, ist das vereinfachte Verfahren generell ungeeignet.
  • Erlauben die Einkommensverhältnisse des unterhaltspflichtigen Elternteils, soweit sie bekannt sind, nicht ohne weiteres die Zahlung des geltend gemachten Unterhalts, ist das vereinfachte Verfahren ungeeignet. Dies gilt vor allem im Mangelfall, aber auch dann, wenn mehrere Unterhaltspflichten bestehen und deshalb das verfügbare Einkommen unter den unterhaltsberechtigten Personen aufzuteilen ist.

Wel­che Al­ter­na­ti­ve be­steht zum ver­ein­fach­ten Ver­fah­ren zur Un­ter­halts­fest­set­zung?

Sind Sie dringend auf den Kindesunterhalt angewiesen, kann es empfehlenswert sein, den Unterhalt durch einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung geltend zu machen. Im anschließenden normalen Gerichtsprozess ist dann die endgültige Höhe des Kindesunterhalts zu verhandeln und festzusetzen. Dieser Weg kann sich vor allem auch dann empfehlen, wenn Ihr betreuender Elternteil den Scheidungsantrag eingereicht hat. Ihre Unterhaltsforderung wird dann im Zusammenhang mit der Scheidung verhandelt und entschieden.

Wie be­rei­te ich die Un­ter­halts­kla­ge vor?

Sie müssen Ihren Elternteil in Verzug setzen

Um Ihren Kindesunterhalt eventuell einklagen zu können, müssen Sie Ihrem Vater oder Ihrer Mutter vorweg Gelegenheit geben, freiwillig den Kindesunterhalt zu leisten. Dazu müssen Sie ihn oder sie in Verzug setzen. Dies ist insoweit wichtig, als Sie für die Vergangenheit nur Kindesunterhalt nachfordern können, soweit der unterhaltspflichtige Elternteil in Verzug war. Sie setzen Ihren Elternteil dadurch in Verzug, dass Sie ihn  auffordern, über seine Einkünfte und sein Vermögen Auskunft zu erteilen oder, wenn Sie seine Einkünfte genau kennen, den maßgeblichen Kindesunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle an Sie zu zahlen.

Sie kennen das Einkommen Ihres Elternteils

Im Idealfall kennen Sie das Einkommen Ihres Vaters oder Ihrer Mutter und bauen darauf Ihre Unterhaltsansprüche auf. Die Unterhaltshöhe können Sie leicht der Düsseldorfer Tabelle entnehmen. Dort sind in Abhängigkeit von dem Nettoeinkommen Ihres Vaters oder Ihrer Mutter und Ihrer Altersstufe die maßgeblichen Unterhaltszahlbeträge benannt.

Verweigert Ihr Vater oder Ihre Mutter die Zahlung, können Sie bei Gericht eine Zahlungsklage erheben, darin ein bestimmtes Einkommen behaupten und nach Maßgabe dieses Einkommens den Kindesunterhalt geltend machen.

Sie kennen das Einkommen ihres Elternteils nicht

Wissen Sie nicht, was Ihr Vater oder Ihre Mutter verdient und ist er oder sie auch nicht bereit, Ihnen Auskünfte zu erteilen, müssen Sie, vertreten durch den anderen Elternteil notgedrungen eine Unterhaltsklage beim örtlich zuständigen Familiengericht einreichen. Prozessual formulieren Sie eine sogenannte Stufenklage. In der ersten Stufe wird Ihr unterhaltspflichtiger Elternteil dazu aufgefordert, über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu informieren. Hat er sich hierzu erklärt, können Sie nach Maßgabe dieser Einkünfte Ihren Kindesunterhalt beziffern und in der nächsten Stufe Zahlung beantragen.

Welches Gericht ist für mich zuständig?

Für Verfahren, in denen Kindesunterhalt einzuklagen ist, ist ausschließlich das Familiengericht zuständig, in dessen Bezirk das Kind oder der das Kind vertretende Elternteil im Inland wohnt (§ 232 Abs. I Nr. 2 FamFG). Wohnen Sie also in Düsseldorf und Ihr Vater bzw. Ihre Mutter in Hamburg, so ist das Amtsgericht, Unterabteilung Familiengericht in Düsseldorf für den Fall zuständig.

Gut zu wissen: Hat Ihr betreuender Elternteil die Scheidung beantragt und steht der Kindesunterhalt zur Debatte, ist ausschließlich das Familiengericht zuständig, bei dem der betreuende Elternteil den Scheidungsantrag gestellt hat. Bei diesem Gericht ist das Scheidungsverfahren anhängig. Ihre Ansprüche auf Kindesunterhalt werden also im Zusammenhang mit der Scheidung verhandelt und entschieden. Da das Prozessrecht im Scheidungsverfahren unterschiedliche örtliche Zuständigkeiten der Gerichte ermöglicht, kommt es nicht unbedingt auf Ihren eigenen Wohnort an.

In wessen Namen ist die Klage zu führen?

Leben Ihre Eltern getrennt und ist die Ehe noch nicht geschieden, werden Ihre Unterhaltsansprüche als minderjähriges Kind von demjenigen Elternteil geltend gemacht, in dessen Obhut Sie sich befinden. Maßgeblich ist hierfür, dass Sie von einem Elternteil rein tatsächlich überwiegend betreut und versorgt werden. Dieser Elternteil kann die Unterhaltsansprüche allerdings nicht als Ihr gesetzlicher Vertreter, sondern nur im eigenen Namen geltend machen. Allerdings wirkt eine gerichtliche Entscheidung für und gegen Sie als minderjähriges Kind.

Wel­che Mög­lich­kei­ten hat das Ge­richt, selbst In­for­ma­tio­nen zu be­schaf­fen?

Weigert sich Ihr Vater oder Ihre Mutter, auch auf Ersuchen des Gerichts, innerhalb einer gerichtlich bestimmten Frist Auskünfte über seine oder ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erteilen, kann das Gericht bei Arbeitgebern, Sozialleistungsträgern, Versicherungsunternehmen oder Finanzämtern Auskünfte und Belege anfordern. Nach Maßgabe dieser Auskünfte kann das Gericht den Unterhaltsprozess entscheiden.

Was ist, wenn sich das Ein­kom­men mei­nes El­tern­teils künf­tig än­dert?

Hat das Gericht im Unterhaltsprozess die Höhe Ihres Kindesunterhalts in Abhängigkeit von einem bestimmten Einkommen Ihres Vaters oder Ihrer Mutter festgesetzt, können Sie den Kindesunterhalt neu festsetzen lassen, wenn er oder sie später mehr verdient. Sie reichen bei Gericht dazu eine Abänderungsklage ein und beantragen, den festgesetzten Kindesunterhalt neu festzusetzen.

Fa­zit

Unterhaltsprozesse sind komplex. Es gibt eine ganze Reihe von Stolperfallen, die vornehmlich im Prozessrecht begründet sind. Prozessrecht ist pure Strategie und damit die Kunst eines kompetenten Anwalts oder einer kompetenten Anwältin. In Unterhaltsstreitigkeiten werden viele Nebelkerzen gezündet, so dass Sie erfahrungsgemäß nur den Durchblick bekommen, wenn Sie sich anwaltlich vertreten lassen.

Geschrieben von: iurFRIEND-Redaktion

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