Zahlen Sie Kindesunterhalt oder Unterhalt nach der Trennung oder Scheidung, zählt jeder Euro. Haben Sie zu viel Unterhalt gezahlt, werden Sie daran interessiert sein, Ihr Geld zurückzufordern. Theoretisch ist dies möglich. Praktisch gibt es einige Schwierigkeiten. Für ein besseres Verständnis erfahren Sie in diesem Ratgeber, wo die Ansätze für eine Zurückforderung liegen. Wie gut die Chancen in Ihrem konkreten Fall stehen, zu viel gezahlten Unterhalt zurückzufordern, klären Sie am besten mit anwaltlicher Beratung.
Tipp 1: Nehmen Sie frühzeitig anwaltliche Beratung in Anspruch
Um zu vermeiden, dass Sie zu viel Unterhalt zahlen, sollten Sie sich frühzeitig über Ihre Unterhaltspflicht informieren und sich möglichst nach Maßgabe Ihrer familiären, beruflichen und wirtschaftlichen Gegebenheiten anwaltlich individuell beraten und die Unterhaltshöhe zuverlässig berechnen lassen.
Tipp 2: Beachten Sie das Aufrechnungsverbot
Da Ihre Unterhaltszahlungen den aktuellen Lebensbedarf des Unterhaltsgläubigers abdecken, dürfen Sie nicht mit zu viel bezahltem Unterhalt in der Vergangenheit aufrechnen. Sie riskieren sonst die Zwangsvollstreckung.
Tipp 3: Lassen Sie Ihre Unterhaltspflicht neu bestimmen
Zahlen Sie aufgrund einer bestehenden rechtsverbindlichen Regelung zu viel Unterhalt, müssen Sie Ihre Unterhaltspflicht neu festsetzen lassen und dazu bei Gericht eine Abänderungsklage einreichen.
Zahlen Sie Unterhalt, sind Sie wahrscheinlich in dem Glauben, dass Sie dem Grunde nach Unterhalt zahlen müssen, der Unterhalt in der Höhe begründet ist und Sie den richtigen Betrag überwiesen haben. Stellt sich dann heraus, dass Sie mehr Unterhalt gezahlt haben, als Sie eigentlich müssen, kommen dafür unterschiedliche Gründe in Betracht.
Haben Sie zu viel Unterhalt gezahlt, bestehen rechtliche und praktische Schwierigkeiten.
Unterhaltszahlungen dienen im Regelfall dem Lebensunterhalt. Der Unterhaltsgläubiger wird das Geld schlicht verbraucht haben. Er oder sie wird wahrscheinlich nicht die finanziellen Mittel haben, zu viel gezahlten Unterhalt einfach so wieder zurückzuzahlen.
Zahlt der Unterhaltsgläubiger den Unterhalt nicht freiwillig zurück, weil er oder sie nicht will oder nicht kann, sind Sie darauf angewiesen, den zu viel gezahlten Unterhalt gerichtlich zurückzufordern. Dann müssen Sie abwägen, ob Sie tatsächlich den Aufwand auf sich nehmen, sich gerichtlich auseinanderzusetzen und dafür die notwendigen Verfahrenskosten für Gericht und Anwalt vorzuschießen. Lassen Sie sich anwaltlich beraten, ob Sie mit einer Klage wirklich Erfolg haben können.
Gut zu wissen: Selbst wenn der Unterhaltsgläubiger erstattungspflichtig ist, geht Ihre Forderung faktisch ins Leere, wenn der Unterhaltsgläubiger nur so viel Geld hat, dass er oder sie das eigene Existenzminimum sichern kann. Dabei ist auf den pfändungsfreien Freibetrag abzustellen. Dieser beträgt 1.178,78 EUR (Stand 1.1.2021). Betreut der Unterhaltsgläubiger ein Kind, erhöht sich der persönliche Freibetrag um einen zusätzlichen Freibetrag für jedes Kind. Selbst wenn Ihr Rückforderungsanspruch gerichtlich festgestellt wäre, könnten Sie den Anspruch nicht zwangsweise vollstrecken.
Möchten Sie zu viel gezahlten Unterhalt zurückfordern, reicht es nicht, dass Sie Ihr Recht moralisch begründen. Sie müssen rechtlich im Detail begründen, warum Sie zu viel Unterhalt gezahlt haben. Damit sind eine Reihe schwieriger Rechtsfragen verbunden: Denn es gibt viele Regeln und Ausnahmen. Dabei geht es vornehmlich um die Problematik der so genannten „ungerechtfertigten Bereicherung“.
Expertentipp: Wenn Sie Ihrem Ehepartner in der Zeit der Trennung freiwillig und ohne jeglichen Vorbehalt Trennungsunterhalt zahlen, ist nach gesetzlichen Bestimmungen davon auszugehen, dass Sie im Zweifel nicht beabsichtigen, den zu viel gezahlten Unterhalt zurückzuverlangen (§ 1360b BGB). Um dies zu vermeiden, sollten Sie nach anwaltlicher Beratung die Unterhaltszahlungen ggf. unter den Vorbehalt stellen, dass Sie freiwillig nur so viel Unterhalt zahlen, wie Sie rechtlich zahlen müssen. Ob Ihnen dieser Vorbehalt später wirklich nutzt und Sie den zu viel gezahlten Unterhalt zurückbekommen, steht dennoch auf einem anderen Blatt.
Möchten Sie derartige Schwierigkeiten vermeiden, sollten Sie präventiv tätig werden. Die Lösung kann nur darin bestehen, dass Sie von vornherein darauf abstellen, dass Sie den Unterhalt so berechnen, dass Ihre Zahlungen wirklich begründet sind und Sie nur den Unterhalt zahlen, den Sie von Gesetzes wegen auch zahlen müssen.
Gewissheit ist die Grundlage, nach der die menschlichen Gefühle verlangen.
Die Empfehlung lautet also, dass Sie Ihre Unterhaltspflicht individuell nach Maßgabe Ihrer familiären, beruflichen und sonstigen wirtschaftlichen Gegebenheiten berechnen lassen. Es versteht sich, dass Sie sich dazu anwaltlich informieren und beraten lassen sollten. Nur ein in Unterhaltsfragen kompetenter Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin werden in der Lage sein, den maßgeblichen Unterhalt zuverlässig zu berechnen.
Wenn Sie praktisch denken, könnten Sie Ihre aktuellen Unterhaltszahlungen mit dem zu viel gezahlten Unterhalt in der Vergangenheit verrechnen. Der Gedanke ist gut, verstößt aber gegen das gesetzliche Aufrechnungsverbot (§ 394 BGB). Da Unterhalt nicht oder nur sehr eingeschränkt der Pfändung unterliegt, ist auch die Aufrechnung ausgeschlossen. Mit etwas, was nicht pfändbar ist, können Sie also nicht aufrechnen. Denn: Der aktuelle Unterhalt soll den täglichen Lebensbedarf des Unterhaltsgläubigers abdecken und muss uneingeschränkt zur Verfügung stehen.
Sie bleiben daher verpflichtet, den aktuellen Unterhalt in der berechneten Höhe pflichtgemäß zu entrichten. Wenn Sie den zu viel gezahlten Unterhalt dann möglicherweise nicht erstattet bekommen, geht dies zu Ihren Lasten. Bestenfalls gelingt es Ihnen, auf freiwilliger Basis eine Vereinbarung zu treffen und den zu viel gezahlten Unterhalt mit aktuellen Unterhaltszahlungen zu verrechnen. Rechnen Sie ohne Absprache auf, riskieren Sie, dass der Unterhaltsgläubiger den aktuellen Unterhalt zwangsweise gegen Sie vollstreckt. Möchten Sie Ihre Unterhaltspflicht korrigieren, müssen Sie zwangsläufig bei Gericht einer Abänderungsklage einreichen und Ihre Unterhaltspflicht neu berechnen lassen.
Expertentipp: Das Aufrechnungsverbot gilt aber nur, solange Sie den Unterhalt an den Unterhaltsgläubiger zahlen. Es greift nicht mehr, wenn der Unterhaltsgläubiger seinen Unterhaltsanspruch an einen Sozialhilfeträger oder wegen der Inanspruchnahme von Unterhaltsvorschuss an das Jugendamt abtritt. Sie können in diesem Fall also zu viel gezahlten Unterhalt ausnahmsweise aufrechnen (BGH NJW 1982, 515).
Vielleicht möchten Sie sich nicht mit der Begründung zufriedengeben, dass Sie das Geld trotz aller praktischen und rechtlichen Schwierigkeiten nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand zurückfordern können. Sind Sie dann entschlossen, den zu viel gezahlten Unterhalt zurückzufordern, müssen Sie sich mit der rechtlichen Begründung auseinandersetzen. Dafür gibt es eine Reihe von gesetzlichen Ansätzen. Der Einfachheit halber bezeichnen wir die unterhaltsberechtigte Person als „Unterhaltsgläubiger“. Sie selbst sind der „Unterhaltsschuldner“.
Suche nicht nach Fehlern, suche nach Lösungen.
Suche nicht nach Fehlern, suche nach Lösungen.
Im Detail:
Das Thema zu viel gezahlten Unterhalts hat viele Facetten. Am besten informieren Sie sich frühzeitig über Ihre Unterhaltspflicht und lassen sich anwaltlich beraten, um die richtige Unterhaltshöhe zu ermitteln und die beste Vorgehensweise für Ihre individuelle Situation zu finden. Dann sind Sie rechtlich auf der sicheren Seite.
Geschrieben von: Volker Beeden