Kindergeld an sich selbst auszahlen lassen

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Freitag, 17.02.2023, geschrieben von iurFRIEND-Redaktion

Wer ein Kind hat, bekommt vom Staat Kindergeld. Um Doppelleistungen zu vermeiden, wird für jedes Kind nur einer einzigen Person Kindergeld gewährt. Um zugleich bei mehreren potentiell Bezugsberechtigen keine Anspruchskonkurrenz entstehen zu lassen, bedarf es einer Regelung, an welche Person das Kindergeld ausgezahlt wird. Erfahren Sie hier außerdem, wie Sie vorgehen können, wenn Sie das Kindergeld an jemand Neues oder als volljähriges Kind an sich selbst auszahlen lassen möchten.

Wie lange gibt es Kindergeld?

Kindergeld gibt es

  • ab dem Monat, in dem das Kind geboren wird,
  • bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres oder
  • bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, wenn sich das Kind in einer Berufsausbildung befindet oder bei der Agentur für Arbeit als arbeits- oder ausbildungssuchend gemeldet ist.

Muss das Kind zwischen Schulabschluss und Beginn der Berufsausbildung eine Pause einlegen, wird für die Übergangszeit von bis zu vier Monaten Kindergeld bezahlt.

GUT ZU WISSEN

Auswahl zwischen Kindergeld und Kinderfreibetrag

Als Elternteil haben Sie die Wahl zwischen Kindergeld und dem steuerlichen Kinderfreibetrag. In der Praxis ist es so, dass für Kinder zunächst das Kindergeld gezahlt wird. Im Rahmen der Einkommensteuererklärung prüft das Finanzamt von Amts wegen, ob es günstiger ist, Ihnen das Kindergeld oder stattdessen den steuerlichen Kinderfreibetrag zu gewähren („Günstigerprüfung“).

Kann minderjähriges Kind das Kindergeld direkt erhalten?

Der Zweck des Kindergelds besteht darin, dass das Geld zum Unterhalt des Kindes beitragen soll. Da das Kindergeld somit zweckbestimmt ist, sind die Eltern verpflichtet, das Kindergeld für Zwecke des Kindes zu verwenden.

 

Im Lebensalltag ist es jedoch schwierig, genau diesen Zweck zu bestimmen. Jedenfalls kann das minderjährige Kind nicht verlangen, dass das Kindergeld für Spielsachen, Handy oder sonstigen Konsum verwendet oder direkt an das Kind ausgezahlt wird. Das Kindergeld dient regelmäßig mithin dazu, die Lebenshaltungskosten des Kindes zu finanzieren und den Wohnraum zu bezahlen.

Wer erhält normalerweise das Kindergeld?

Die Aussage, dass die Eltern immer das Kindergeld erhalten, greift zu kurz. Kindergeld erhält vielmehr diejenige Person, die die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt. Es kommt im Wesentlichen darauf an, welche Person das Kind betreut.

 

§ 64 Einkommensteuergesetz stellt darauf ab, dass mehrere Personen in einem Kindschaftsverhältnis zum Kind stehen können. Bei leiblichen Eltern erfüllen sowohl die Mutter als auch der Vater diese Voraussetzung. Lebt das Kind zudem noch im gemeinsamen Haushalt der Großeltern, begründen auch die Großeltern ein Kindschaftsverhältnis, so dass um den Anspruch auf das Kindergeld möglicherweise mehrere Personen konkurrieren. Um dieses Konkurrenzverhältnis zu klären, hat der Gesetzgeber folgende Regelungen bestimmt:

  • Lebt das Kind in einem gemeinsamen Haushalt von Vater und Mutter (Eltern sind verheiratet), einem Elternteil und dessen Ehegatten (Stiefelternteil), bei Pflegeeltern oder den Großeltern, können diese Personen untereinander bestimmen, wer vorrangig das Kindergeld bezieht.
  • Die anspruchsberechtigte Person wird dadurch bestimmt, dass der andere Elternteil die vorgedruckte Erklärung „Antrag auf Kindergeld“ unterschreibt und erklärt, dass er/sie damit einverstanden ist, dass dem Antragsteller das Kindergeld gezahlt wird. Die Einverständniserklärung ist so lange gültig, bis sie durch einen der Elternteile widerrufen wird oder eine andere Person einen vorrangigen Anspruch erwirbt (z.B. Aufnahme des Kindes in den Haushalt der Großeltern).
  • Leben die Eltern getrennt und betreut ein Elternteil das Kind in seinem Haushalt, kommt es darauf an, in wessen Haushalt das Kind betreut wird. Lebt das Kind nicht mehr bei den Eltern, erhält das Kindergeld derjenige Elternteil, der den höchsten Kindergeldbeitrag leistet (Konkurrenzverhältnis).

Praxisbeispiel

Kind studiert auswärts, wer bekommt Kindergeld?

Herr und Frau Müller sind geschieden. Das Kind studiert auswärts. Die Mutter ist mittellos und zahlt keinen Unterhalt während der Vater Kindesunterhalt leistet. Demgemäß steht dem Vater das Kindergeld zu. Eventuelle Unterstützungsleistungen der Mutter (Wäschewaschen, Essenspakete, gelegentliche finanzielle Zuwendungen) bleiben unbeachtlich. Zahlt auch die Mutter Kindesunterhalt, kommt es darauf an, wer den höchsten Barunterhalt erbringt. Zahlen die Elternteile gleich hohen oder überhaupt keinen laufenden Barunterhalt, erhält derjenige das Kindergeld, den sie zum Berechtigten bestimmen. Im Streitfall entscheidet das Familiengericht.

Was ist ein Abzweigungsantrag?

Das Kindergeld soll mithin den Unterhalt des Kindes gewährleisten. Verletzt diejenige Person, die das Kindergeld bezieht, ihre Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind, kann eine andere Person, die dem Kind Unterhalt gewährt, verlangen und beantragen, dass das Kindergeld an sie ausgezahlt wird (Abzweigung nach § 74 EstG). Vor der Entscheidung wird der bislang Berechtigte angehört. Dabei kann er oder sie die eigene Leistungsfähigkeit darstellen. Äußert er /sie sich nicht, wird die vom Antragsteller behauptete Verletzung der Unterhaltspflicht vermutet.

Wann bekommt das Kind das Kindergeld selbst?

Ein solcher Abzweigungsantrag kommt auch in Betracht, wenn das Kind das 18. Lebensjahr vollendet und volljährig wird und für sich selbst sorgt. Das volljährige Kind kann dann bei der Familienkasse beantragen, dass das Kindergeld an sich selbst abgezweigt, sprich ausgezahlt wird. Die Elternteile brauchen nicht zuzustimmen und können die Abzweigung auch nicht verhindern. Stellt das volljährige Kind keinen Antrag, erhält der bisherige Elternteil auch weiterhin das Kindergeld, sofern er es unter Nachweis der Voraussetzungen beantragt.

Kindergeld ans Kind zurückzahlen, wenn man nicht mehr bezugsberechtigt war?

Die Familienkasse ist verpflichtet, in bestimmten zeitlichen Abständen zu prüfen, ob der Anspruch auf Kindergeld noch begründet ist und das Kindergeld berechtigterweise ausgezahlt wurde. Beziehen Sie das Kindergeld, sind Sie verpflichtet, an der Aufklärung mitzuwirken. Liegen die Voraussetzungen für den Kindergeldanspruch nicht mehr vor oder kommen Sie Ihrer Mitwirkungspflicht nicht nach, muss der Anspruch auf Kindergeld aufgehoben oder abgeändert werden. Zur Überprüfung übersendet die Familienkasse einen „Fragebogen zur Prüfung des Anspruchs auf Kindergeld“. Haben Sie die Veränderung nicht unverzüglich angezeigt, muss das unrechtmäßig gezahlte Kindergeld zurückgezahlt werden.

 

Ist eine andere Person anspruchsberechtigt, wird das Kindergeld vom Beginn des Monats an gezahlt, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Hierbei sind die Festsetzungsverjährung und die Zahlungsverjährung zu unterscheiden.

EXPERTENTIPP

Festsetzungsfrist vs. Zahlungsverjährung

Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch auf Kindergeld entstanden ist und beträgt vier Jahre. Nach Ablauf dieser Frist kann das Kindergeld für die davorliegende Zeit nicht mehr bewilligt werden (§ 47 Abgabenordnung). Bei der Zahlungsverjährung geht es darum, ob ein festgesetzter Anspruch auf Kindergeld noch erfüllt werden muss. Die Zahlungsverjährung beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch auf Kindergeld erstmals fällig geworden ist und beträgt fünf Jahre. Nach Ablauf dieser Frist darf das Kindergeld nicht mehr ausgezahlt werden, da der Anspruch erloschen ist (§ 47 Abgabenordnung).

Alles in allem

Sind Sie volljährig und erfüllen die Voraussetzungen zum Bezug von Kindergeld, können Sie sich das Kindergeld selbst auszahlen lassen, notfalls auch per Abzweigungsantrag. Für andere Konstellationen, etwa dem Wechsel des Bezugsberechtigten, während das Kind minderjährig ist, empfiehlt es sich im Zweifelsfall immer, sich anwaltlich beraten zu lassen. So ist zum Beispiel auch gewährleistet, dass Sie vermeiden, dass Sie das Kindergeld unberechtigterweise beziehen und zurückzahlen müssten.

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