Steht Ihnen die Scheidung oder ein Unterhaltsstreit bevor, können Sie von Ihrer Ehepartnerin bzw. Ihrem Ehepartner einen Kostenvorschuss für die Verfahrenskosten einfordern, wenn die Voraussetzungen nach § 1360a Abs. 4 BGB dafür vorliegen. Der Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss (VKV) ist eine Unterhaltsleistung und geht einem möglichen Anrecht auf Verfahrenskostenhilfe (VKH) vor. In diesem Ratgeber erfahren Sie, in welchen Fällen Sie VKV erhalten können und was Sie beachten müssen.
Tipp 1: Anwaltliche Beratung
Lassen Sie sich anwaltlich beraten, um herauszufinden, welche Ansprüche Sie in Ihrem konkreten Fall haben und wie Sie diese am besten geltend machen können. Sonst gehen Sie ein unnötiges Kostenrisiko ein.
Tipp 2: Streit vermeiden
Vermeiden Sie Streit und ziehen eine Mediation bei Trennung und Scheidung in Erwägung. Oftmals können Sie auch außergerichtlich eine gute Lösung für beide Seiten finden und so ein kostspieliges Verfahren vermeiden.
Tipp 3: Handeln Sie frühzeitig
Kündigt sich eine gerichtliche Auseinandersetzung an, sollten Sie frühzeitig aktiv werden und sich mit den rechtlichen Fragen auseinandersetzen. So haben Sie den größtmöglichen Handelsspielraum und können sich rechtzeitig um alles kümmern.
Das Thema ist für die Frage der Finanzierung von Rechtsstreitigkeiten relevant. Im Bereich des Familienrechts geht es häufig um Scheidungsverfahren. Da Sie nur durch den gerichtlichen Scheidungsbeschluss geschieden werden können und für das Scheidungsverfahren in Deutschland Anwaltszwang herrscht, fallen für jede Scheidung Gerichts- und Anwaltskosten an. Vielleicht geht es aber auch um Unterhaltsansprüche, wie z.B. Kindesunterhalt oder andere Scheidungsfolgen, ggf. im Verbund mit der Scheidung. All diese Kosten müssen Sie in der Regel selber tragen. Nach § 115 der Zivilprozessordnung (ZPO) müssen Sie dazu Ihr gesamtes einsetzbares Einkommen aufwenden. Für die Finanzierung Ihrer Scheidung oder anderer Rechtsstreite stehen Ihnen zudem verschiedene Hilfen zur Verfügung:
Sie haben im Rahmen der ehelichen Unterhaltspflichten im Familienrecht Anrecht auf VKV gegen den leistungsfähigen Ehepartner. Nach § 1360a Abs. 4 BGB ist der Ehepartner dazu verpflichtet, die Kosten eines Rechtsstreits in einer persönlichen Angelegenheit des anderen Ehepartners vorzuschießen, wenn er dazu selber nicht in der Lage ist, soweit dies billig ist. Der Begriff der Billigkeit bezieht sich darauf, ob die Vorschusspflicht in Anbetracht der individuellen Umstände des Einzelfalls fair ist. Die Voraussetzung der persönlichen Angelegenheit ist bei einem Scheidungsverfahren oder einem Unterhaltsstreit zu bejahen. Auch wenn das Ehepaar sich bereits getrennt hat, dauert diese Unterhaltspflicht fort, da weiterhin eine gewisse rechtliche eheliche Solidarität besteht.
Der Anspruch auf Verfahrenskostenhilfe endet dementsprechend mit der Rechtskraft der Scheidung. Ab diesem Zeitpunkt ist jeder Ex-Ehepartner für sich selbst verantwortlich und muss grundsätzlich selber für seinen Lebensunterhalt und Kosten für Rechtsstreite aufkommen. Heiraten Sie nach der Scheidung erneut und möchten etwa einen gerichtlichen Unterhaltsstreit gegen Ihre Ex-Ehepartnerin bzw. Ihren Ex-Ehepartner führen, so müssen Sie sich wegen des Verfahrenskostenvorschusses an Ihre aktuelle Ehepartnerin bzw. Ehepartner wenden. Nun besteht die eheliche Unterhaltspflicht zwischen Ihnen beiden, sodass sie bzw. er dazu verpflichtet ist, die Kosten vorzuschießen.
Gut zu wissen: Da es sich bei dem Verfahrenskostenvorschuss um eine Unterhaltsleistung handelt, müssen Sie diesen in der Regel nicht zurückzahlen. Dieser Fall könnte jedoch eintreten, wenn sich Ihre finanziellen Verhältnisse wesentlich verbessert haben und Sie den Vorschuss problemlos zurückzahlen können.
Eine der Voraussetzungen für Verfahrenskostenvorschuss ist Ihre finanzielle Bedürftigkeit. Ihr eigenes Einkommen muss so gering sein, dass es nicht ausreicht um die Kosten für Gericht und Anwältin bzw. Anwalt zu tragen. Für die Finanzierung müssen Sie auch Ihr Vermögen einsetzen, sofern dieses nicht zu den angemessenen Rücklagen für Notfälle oder Krankheiten zählt.
Ihre Ehepartnerin bzw. Ihr Ehepartner muss finanziell leistungsfähig sein. Das bedeutet, dass sie bzw. er dazu in der Lage sein muss, Ihnen den Kostenvorschuss zu zahlen, ohne seinen eigenen Lebensunterhalt zu gefährden. Dabei steht dem Ehepartner ein Selbstbehalt zu, der nicht für Unterhaltszahlungen aufgewendet werden muss. Erhalten Sie nach der Trennung bereits Trennungsunterhalt und womöglich Kindesunterhalt für Ihr gemeinsames Kind, kann es sein, dass aufgrund des Selbstbehalts nur eine eingeschränkte oder gar keine Leistungsfähigkeit mehr vorliegt.
Sie haben nur Anspruch auf den Kostenvorschuss, wenn Ihre Sache auch Aussicht auf Erfolg hat. So soll verhindert werden, dass mutwillig Verfahren mit dem Kostenvorschuss eingeleitet werden, die von vornherein erfolglos oder nicht sinnvoll sind. Gibt es überhaupt keine rechtliche Grundlage für Ihr Begehren oder ist es offensichtlich, dass Sie keinen Erfolg vor Gericht haben werden, so erhalten Sie keinen Vorschuss. Hier kommt es ganz auf den Einzelfall und seine Besonderheiten an. Bevor Sie Ihre Forderung geltend machen, sollten Sie Ihre Erfolgsaussichten prüfen, um keine unnötigen Kosten durch den erfolglosen Antrag zu verursachen.
Sie sollten den Verfahrenskostenvorschuss so zeitig wie möglich beanspruchen. Das bedeutet, dass Sie vor oder zumindest während des Verfahrens aktiv werden sollten. Nachträglich können Sie den Verfahrenskostenvorschuss nicht mehr fordern, insbesondere wenn es um ein Scheidungsverfahren geht und Sie am Ende rechtskräftig geschieden sind und somit keine Anspruchsgrundlage in diesem Verhältnis mehr besteht.
Wenn Ihre Ehepartnerin bzw. Ihr Ehepartner die Vorschusspflicht nicht anerkennt oder die Zahlung verweigert, müssen Sie Ihren Anspruch gerichtlich durchsetzen. Im Wege der einstweiligen Anordnung können Sie recht kurzfristig eine Entscheidung herbeiführen. Dazu müssen Sie jedoch darlegen, dass es sich um eine dringliche Sache handelt, etwa wenn es um eine Härtefallscheidung geht. Des Weiteren stehen Sie in der Beweispflicht für die Voraussetzungen für den Verfahrenskostenvorschuss. Da Sie sich auf die für Sie begünstigenden Umstände berufen, wird Ihnen auferlegt, entsprechende Beweise zu liefern. Sowohl die Bedürftigkeit als auch die Leistungsfähigkeit ergibt sich in der Regel aus Gehaltsnachweisen und ggf. weitern Unterlagen über das einzubeziehende Vermögen.
Expertentipp: Haben Sie keine Nachweise über die Einkommensverhältnisse Ihrer Ehepartnerin bzw. Ihres Ehepartners, können Sie Ihren Anspruch auf Auskunft zur Not ebenfalls gerichtlich geltend machen.
Sie müssen erst Verfahrenskostenvorschuss geltend machen, da die staatliche Verfahrenskostenhilfe, teils auch Prozesskostenhilfe genannt, nachrangig ist. Die Staatskasse soll möglichst entlastet werden, sodass Sie nur Anspruch auf Verfahrenskostenhilfe haben, wenn Sie alle anderen Finanzierungsmöglichkeiten ausgeschöpft haben. Im Rahmen der Antragstellung auf VKH müssen Sie darlegen, dass Sie finanziell bedürftig und somit auf die staatliche Hilfe angewiesen sind. Stellt sich dann heraus, dass Sie gar nicht versucht haben, den Verfahrenskostenvorschuss zu erhalten oder dass Sie diese Option nicht genutzt haben, so wird Ihr Antrag abgelehnt. Daher sollten Sie zunächst Ihr Anrecht auf den Kostenvorschuss durchsetzen, bevor Sie versuchen, VKH zu beantragen.
Wer ein geringes Einkommen hat, Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe bezieht, kann VKH in Anspruch nehmen. Das müssen Sie beachten!
Die Kosten für das Familiengericht ergeben sich aus dem Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen (FamGKG), die Anwaltskosten ergeben sich aus dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Grundlage der Berechnung ist der so genannte Verfahrenswert. Dieser wird anhand des dreifachen Nettoeinkommens des Ehepaars ermittelt. Für jede weitere rechtliche Folge der Scheidung, über die Sie sich im Verfahren streiten, steigt der Verfahrenswert weiter. Je höher der Verfahrenswert ist, desto höher fallen entsprechend auch die Gerichts- und Anwaltskosten aus. Wenn Sie eine einvernehmliche Scheidung anstreben, bei der Sie möglichst alle Scheidungsfolgen, wie Versorgungs- und Zugewinnausgleich, Unterhaltsansprüche und das Sorgerecht für gemeinsame Kinder klären, können Sie weitere Kosten sparen.
Diese Checkliste unterstützt Sie Schritt für Schritt bei dem Entwerfen einer Scheidungsfolgenvereinbarung.
Auch mit einem geringen Einkommen haben Sie verschiedene Möglichkeiten, einen Rechtsstreit zu finanzieren, sofern die nötigen Voraussetzungen dafür vorliegen. Sie müssen die anfallenden Kosten für das Verfahren nicht alleine tragen. Kümmern Sie sich rechtzeitig um die relevanten Unterlagen und lassen sich individuell anwaltlich beraten, um alle Fragen zu klären.
Geschrieben von: iurFRIEND-Redaktion