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Aus­kunfts­pflicht im Un­ter­halts­recht - Un­ter­halts­gläu­bi­ger

Bild: Auskunftspflicht im Unterhaltsrecht - Unterhaltsgläubiger

Wie be­grün­de ich mei­ne For­de­rung nach Un­ter­halt?

Wissen ist Macht. Nur wenn Sie über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des unterhaltspflichtigen Elternteils oder Ex-Ehepartners informiert sind, sind Sie in der Lage, Ihre Unterhaltsforderung zu begründen und zu beziffern. Das Werkzeug hierfür ist die Auskunftspflicht. Der Unterhaltsschuldner ist verpflichtet, Ihnen Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erteilen. Wir erklären Ihnen, wie Sie sich die prozessuale Vorgehensweise vorstellen können.

Das Wich­tigs­te

  • Machen Sie Kindesunterhalt, Trennungsunterhalt oder Ehegattenunterhalt geltend, ist jeder unterhaltspflichtige Elternteil oder Ex-Ehepartner verpflichtet, Auskünfte über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erteilen. Sie haben einen Auskunftsanspruch.
  • Die Auskunft ist mit entsprechenden Unterlagen zu belegen. Im Regelfall sind Lohnabrechnungen, Einkommensteuerbescheide oder Einnahmen-Überschussrechnungen vorzulegen.
  • Unterhaltsansprüche werden meist im Wege der sogenannten Stufenklage geltend gemacht, in der stufenweise Auskunft verlangt, Belege eingefordert und in letzter Konsequenz der Unterhaltsanspruch beziffert und gerichtlich geltend gemacht wird.
  • Verweigert der Unterhaltsschuldner jegliche Mitwirkung, kann das Gericht beim Arbeitgeber, bei Sozialleistungsträgern und Finanzämtern diejenigen Auskünfte anfordern, die zur Bezifferung Ihres Unterhaltsanspruchs notwendig sind.

Aus­kunfts­pflich­ten im Un­ter­halts­recht - Wis­sen, um was es geht

Sie fordern Unterhalt? Dann genügt es nicht, zu behaupten, Sie seien auf Unterhalt angewiesen. Im Unterhaltsrecht gilt der Grundsatz, dass Sie bedürftig und leistungsunfähig sein müssen, um Unterhalt zu bekommen. Sie müssen Ihre Unterhaltsforderung also begründen. Nur so können Sie die Unterhaltssituation beurteilen.

Sie müssen erklären, dass Sie aufgrund Ihrer Lebensverhältnisse finanziell bedürftig sind. Zugleich müssen Sie aber auch nachweisen, dass die unterhaltspflichtige Person finanziell leistungsfähig und in der Lage ist, Ihnen den geforderten Unterhalt zahlen zu können. Das können Sie aber nur dann, wenn Sie im Detail wissen, was die unterhaltspflichtige Person an Einkommen hat und welche Vermögenswerte verfügbar sind. Deshalb haben Sie einen gesetzlichen Anspruch, dass die unterhaltspflichtige Person Auskunft über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse erteilt. Ohne die Auskunftspflicht im Unterhaltsrecht könnten Sie Ihren Unterhaltsanspruch nicht konsequent realisieren.

Gut zu wissen: Die Auskunftspflichten im Unterhaltsrecht sind beidseitig zu verstehen. Da Sie Ihre Bedürftigkeit nachweisen müssen, sind Sie selbst auch verpflichtet, Auskunft über Ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erteilen. Sich nur auf die Auskunftsverpflichtung der jeweils anderen Seite zu berufen, genügt allenfalls bei minderjährigen, vermögenslosen Kindern.

Oh­ne Aus­kunft kei­ne ver­nünf­ti­ge For­de­rung

Die Auskunft über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Unterhaltspflichtigen ist auch deshalb wichtig, damit Sie überhaupt in der Lage sind, Ihre Forderungen realistisch zu formulieren. Ist der Unterhaltspflichtige nicht liquide, kann er Ihre Forderung nicht bezahlen. Fordern Sie umgekehrt zu wenig Unterhalt, verzichten Sie auf Ihnen zustehendes Geld.

Vor allem müssen Sie jede Forderung im Hinblick auf die Verfahrenskosten für einen eventuellen Unterhaltsprozess kalkulieren. Ist Ihre Klageforderung zu hoch, erhöhen Sie zwangsläufig den Verfahrenswert für den Unterhaltsprozess. Dann zahlen Sie auch höhere Gerichts- und Anwaltsgebühren und bekommen letztlich nur das zugesprochen, was Sie bei realistischer Betrachtungsweise bekommen hätten.

Gut zu wissen: Fordern Sie Unterhalt, sind Sie der Unterhaltsgläubiger. Derjenige, der Ihnen Unterhalt leisten soll, ist der Unterhaltsschuldner.

Für wel­che Ar­ten von Un­ter­halts­pflich­ten be­ste­hen die Aus­kunfts­pflich­ten?

Die Unterhaltspflichten im Unterhaltsrecht betreffen Kindesunterhalt (§ 1605 BGB), Trennungsunterhalt für den Zeitraum Ihrer Trennung von Ihrem Ehepartner bis zur Scheidung (§ 1361 Absatz IV BGB) oder den nachehelichen Ehegattenunterhalt nach der Scheidung (§ 1580 BGB). Im Prinzip geht es immer darum, dass Sie Ihren Unterhaltsanspruch einschätzen, begründen und angemessen beziffern können.

Spe­zi­ell: Aus­kunfts­pflich­ten beim Kin­des­un­ter­halt

Fordern Sie Kindesunterhalt, ist der barunterhaltspflichtige Elternteil auskunftspflichtig. In der Regel geht es um den Kindesunterhalt für minderjährige Kinder. Ist das Kind volljährig und lebt nicht mehr im Haushalt eines Elternteils, besteht der Auskunftsanspruch gegenüber beiden Elternteilen. Dann sind nämlich beide Elternteile barunterhaltspflichtig und müssen entsprechend ihren finanziellen Möglichkeiten Unterhalt leisten.

Gut zu wissen: Der unterhaltspflichtige Elternteil hat umgekehrt auch einen Auskunftsanspruch gegen das Kind. Auch das Kind ist verpflichtet, Auskunft über seine Einkommensverhältnisse zu erteilen. Bezieht das Kind beispielsweise eine Ausbildungsvergütung, ist diese nach Abzug eines Pauschalbetrages von 100 EUR für berufsbedingte Aufwendungen auf den Kindesunterhalt anzurechnen. Meist geht es aber um den Unterhaltsanspruch volljähriger Kinder. Kinder sind auch verpflichtet, dem unterhaltspflichtigen Elternteil Auskunft über den Stand der Schul- und Berufsausbildung zu erteilen, ob nebenberuflich Einkünfte erzielt werden und mit welcher Perspektive die Schul- und Berufsausbildung betrieben wird.

Mit wel­chen Un­ter­la­gen sind die Ein­kom­mens- und Ver­mö­gens­ver­hält­nis­se zu be­le­gen?

Der Unterhaltsschuldner ist nicht verpflichtet, einen bestimmten Betrag als Unterhaltszahlung anzubieten. Er kann sich im Prinzip darauf beschränken, Unterlagen über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu überreichen und es Ihnen zu überlassen, Ihren Unterhaltsanspruch zu beziffern. Deshalb kommt es darauf an, welche Unterlagen vorzulegen sind. Naturgemäß neigen Unterhaltspflichtige dazu, ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse möglichst zu verschleiern oder schlechter darzustellen, als diese wirklich sind. Deshalb muss der Unterhaltspflichtige Belege vorlegen, aus denen sich die genaue Höhe seiner Einkünfte ergibt. Dieser Beleganspruch steht in § 1605 Absatz I BGB. Insoweit kommt es darauf an, wie der Unterhaltsschuldner sein Geld verdient.

Arbeitnehmer

Ist der Unterhaltsschuldner Arbeitnehmer, muss er die letzten zwölf Lohnabrechnungen oder Gehaltsbescheinigungen und wenigstens den letzten Einkommensteuerbescheid vorlegen.

Selbstständige

Selbstständig tätige Unterhaltsschuldner legen die Einnahmen-Überschussrechnungen der letzten drei Jahre vor, sofern sie nicht zur Bilanzierung verpflichtet sind. Das ist zum Beispiel bei Freiberuflern so. Besteht eine Bilanzierungspflicht, sind die Bilanzen der letzten drei Geschäftsjahre sowie die dazugehörigen Gewinn- und Verlustrechnungen vorzulegen. Beruft sich der Unterhaltsschuldner darauf, dass sein Einkommen starken Schwankungen unterliegt, genügt es nicht, Einnahmen und Ausgaben ziffernmäßig aufzulisten. Vielmehr ist die Einkommenssituation über einen längeren Zeitraum darzulegen.

Rentner, Pensionäre

Rentenbezieher legen den aktuellen Rentenbescheid vor.

Arbeitslose

Ist der Unterhaltsschuldner arbeitslos, ist der letzte Arbeitslosenbescheid der Bundesagentur für Arbeit vorzulegen.

Auskunftsanspruch bei Einnahmen aus Vermietung (Mieteinkünfte)

Bezieht der Unterhaltsschuldner Mieteinkünfte, muss er die Einnahmen-Überschussrechnung vorlegen. Es reicht nicht aus, die Steuererklärung vorzulegen. Daraus ergibt sich nämlich nicht, mit welchem Aufwand er die mit der Finanzierung der Immobilie verbundenen Darlehen an die Bank zurückgeführt hat. Tilgungsleistungen bleiben nämlich unbeachtlich. Als Nachweis der Zins- und Tilgungsleistungen sollte der Jahreskontoauszug der finanzierenden Bank überreicht werden.

Auskunftsanspruch bei Kapitaleinkünften

Hat der Unterhaltsschuldner Kapitaleinkünfte, hat er die letzte Jahresbescheinigung über Kapitalerträge und Veräußerungsgewinne vorzulegen. Diese Dokumente erhält er nach Ablauf des Kalenderjahres von seiner Bank.

Be­trifft die Aus­kunfts­pflicht auch das Ein­kom­men des neu­en Ehe­part­ners?

Hat der Unterhaltsschuldner nach der Scheidung erneut geheiratet, muss er/sie auch Auskunft über die Einkommensverhältnisse des neuen Ehepartners erteilen, aber nur, wenn seine eigenen Einnahmen unter seinem jeweiligen Selbstbehalt liegen. Der Selbstbehalt ist für den Eigenbedarf vorgesehen. Liegen die Einkünfte nämlich unter dem Selbstbehalt, kann es sein, dass der Unterhaltsschuldner über den Familienunterhalt des neuen Ehepartners so gut gestellt ist, dass er verpflichtet sein kann, trotzdem Unterhalt zu zahlen. Allerdings ist der neue Ehepartner nicht verpflichtet, Ihnen als Unterhaltsgläubiger Auskünfte zu erteilen.

In wel­cher Form ist die Aus­kunft zu er­tei­len?

Der Unterhaltsschuldner muss die Auskunft so erteilen, dass Sie in der Lage sind, seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse nachzuvollziehen. Dazu muss er die Unterlagen systematisch zusammenstellen. Er kann sich nicht einfach darauf beschränken, einen Wust von Papieren zu überlassen und Ihnen die Aufgabe zu übertragen, sich die notwendigen Fakten zusammenzustellen. Sie sollten in der Lage sein, ohne übermäßigen Aufwand Ihren Unterhaltsanspruch zu berechnen. Notfalls müssen Sie in Ihrem Auskunftsverlangen Punkt für Punkt festlegen, welche Angaben Sie benötigen.

Sie haben grundsätzlich Anspruch, die jeweiligen Originalbelege einzusehen, von denen Sie sich bzw. Ihr Rechtsanwalt eine Kopie anfertigen dürfen. Ein Anspruch zur Vorlage des Arbeitsvertrages besteht aber nicht, es sei denn, der Unterhaltsschuldner verfügt über keine Verdienstbescheinigung oder ist im Ausland beschäftigt.

Gut zu wissen: Sie können nicht verlangen, dass der Unterhaltsschuldner etwas belegt, was nicht ist. So könnten Sie nicht verlangen, dass er eine Bescheinigung seiner Bank überreicht, aus der hervorgeht, dass er keine Zinseinkünfte erzielt oder bei einem Unternehmen XY nicht in einem Angestelltenverhältnis steht.

Wie ver­hal­te ich mich, wenn der Un­ter­halts­schuld­ner die Aus­kunft ver­wei­gert?

Unterhaltsschuldner neigen dazu, ihre Unterhaltspflichten zu ignorieren. Sie lassen es schlicht darauf ankommen. Dann wird Ihr Rechtsanwalt erklären, wie strategisch vorzugehen ist. Unterhaltsansprüche werden nämlich meist stufenweise gerichtlich geltend gemacht. Auch wenn diese Ausführungen theoretisch erscheinen, sollten Sie wissen, um was es bei einer „Stufenklage“ geht. Sie können Ihren Rechtsanwalt dann besser unterstützen und verstehen besser, was gerichtlich vor sich geht.

  1. In der ersten Stufe fordern Sie Auskunft über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unterhaltsschuldners. Man nennt dies den Auskunftsanspruch.
  2. Da der Unterhaltsschuldner seine Auskünfte belegen muss, werden Sie in Ihrer Klageschrift auch beantragen, Belege vorzulegen, aus denen sich der Höhe der Einkünfte ergibt. Dies nennt man den Beleganspruch. Die aus Ihrer Sicht notwendigen Belege sind in der Antragsschrift genau anzugeben. Nur so ist ein darauf aufbauender Gerichtsbeschluss vollstreckbar.
  3. Sobald Sie wissen, was der Unterhaltsschuldner verdient, sind Sie in der Lage, Ihren Unterhaltsanspruch zu beziffern. Dies ist dann der Zahlungsanspruch.
Expertentipp: In der Anwaltspraxis geht es nicht immer unbedingt stufenweise zu. Dieses grobe Schema ist oft variabel. Ist das Einkommen des Unterhaltsschuldners einigermaßen bekannt, könnten Sie auch sofort mit Stufe 3 eine Zahlungsklage erheben, darin ein bestimmtes Einkommen behaupten und auf der Basis dieses Einkommens Ihren Unterhalt geltend machen. Das Gericht kann dann das angegebene Einkommen als richtig unterstellen, es sei denn, der Unterhaltsschuldner weist ein geringeres Einkommen nach. Zudem kann mit jeder Unterhaltsklage ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbunden werden, sofern Sie dringend auf die Zahlung von Unterhalt angewiesen sind. Ihr Anwalt wird Sie im Einzelfall eingehend über die passende Strategie beraten. Sie sollten sich also nicht wundern, wenn Ihr Anwalt Sie eingehend befragt und nicht augenblicklich Unterhalt bei Gericht beantragt.

Wel­che Mög­lich­kei­ten hat das Ge­richt, wenn die Aus­künf­te ver­wei­gert wer­den?

Wenn der Unterhaltsschuldner jegliche Mitwirkung verweigert, hat das Familiengericht dennoch Möglichkeiten, Auskünfte zu beschaffen. § 235 FamFG ermöglicht es dem Gericht, im ersten Schritt anzuordnen, dass die Parteien eines unterhaltsrechtlichen Verfahrens Auskünfte über ihre Einkünfte, ihr Vermögen und ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erteilen sowie entsprechende Belege vorlegen. Auch wenn das Gericht diese Option nicht wahrnimmt, können Sie als Beteiligter am Unterhaltsverfahren jederzeit diese Auskunft beantragen. Dann muss das Gericht entsprechend beschließen. Es wird dazu eine angemessene Frist setzen, innerhalb derer die Auskünfte zu erteilen sind. Die Frist beträgt meist 14 Tage.

Ignoriert der Unterhaltsschuldner die Auskünfte trotz Fristsetzung oder erteilt die Auskünfte nicht vollständig oder offensichtlich fehlerhaft, kann das Gericht beim Arbeitgeber, bei Sozialleistungsträgern, Finanzämtern und Versicherungen die erforderlichen Auskünfte anfordern. Diese Ansprechpartner sind gesetzlich verpflichtet, dem Gericht die angeforderten Auskünfte zu erteilen und können sich nicht auf irgendwelche datenschutzrechtlichen Bestimmungen oder das Persönlichkeitsrecht des Unterhaltsschuldners berufen.

Wie ist der zeit­li­che Ab­stand, wenn ich er­neut Aus­kunft ver­lan­ge?

Der Unterhaltsschuldner muss stets nach Ablauf von zwei Jahren erneut Auskunft erteilen und entsprechende Belege vorlegen. Denn es besteht eine Sperrfrist. Vor Ablauf von zwei Jahren besteht die Auskunftspflicht nur, wenn Sie als Unterhaltsgläubiger geltend machen, dass der Unterhaltsschuldner in der Zwischenzeit wesentlich höhere Einkünfte erzielt oder verwertbare Vermögenswerte erworben hat.

Fa­zit

Unterhaltsberechnungen gleichen höherer Mathematik. Beim Kindesunterhalt ist die Berechnung noch einigermaßen nachzuvollziehen. Geht es aber um Trennungs- oder Ehegattenunterhalt, der mithin auf die ehelichen Lebensverhältnisse abstellt, wird es komplexer. Auch wenn Sie vorab einen Unterhaltsrechner im Internet zu Rate ziehen, werden Sie nicht umhinkommen, sich frühzeitig anwaltlich beraten zu lassen. Müssen Sie den Unterhalt gerichtlich geltend machen, besteht ohnehin Anwaltszwang.

Geschrieben von: iurFRIEND-Redaktion

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