Wissen ist Macht. Nur wenn Sie über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des unterhaltspflichtigen Elternteils oder Ex-Ehepartners informiert sind, sind Sie in der Lage, Ihre Unterhaltsforderung zu begründen und zu beziffern. Das Werkzeug hierfür ist die Auskunftspflicht. Der Unterhaltsschuldner ist verpflichtet, Ihnen Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erteilen. Wir erklären Ihnen, wie Sie sich die prozessuale Vorgehensweise vorstellen können.
Sie fordern Unterhalt? Dann genügt es nicht, zu behaupten, Sie seien auf Unterhalt angewiesen. Im Unterhaltsrecht gilt der Grundsatz, dass Sie bedürftig und leistungsunfähig sein müssen, um Unterhalt zu bekommen. Sie müssen Ihre Unterhaltsforderung also begründen. Nur so können Sie die Unterhaltssituation beurteilen.
Sie müssen erklären, dass Sie aufgrund Ihrer Lebensverhältnisse finanziell bedürftig sind. Zugleich müssen Sie aber auch nachweisen, dass die unterhaltspflichtige Person finanziell leistungsfähig und in der Lage ist, Ihnen den geforderten Unterhalt zahlen zu können. Das können Sie aber nur dann, wenn Sie im Detail wissen, was die unterhaltspflichtige Person an Einkommen hat und welche Vermögenswerte verfügbar sind. Deshalb haben Sie einen gesetzlichen Anspruch, dass die unterhaltspflichtige Person Auskunft über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse erteilt. Ohne die Auskunftspflicht im Unterhaltsrecht könnten Sie Ihren Unterhaltsanspruch nicht konsequent realisieren.
Die Auskunft über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Unterhaltspflichtigen ist auch deshalb wichtig, damit Sie überhaupt in der Lage sind, Ihre Forderungen realistisch zu formulieren. Ist der Unterhaltspflichtige nicht liquide, kann er Ihre Forderung nicht bezahlen. Fordern Sie umgekehrt zu wenig Unterhalt, verzichten Sie auf Ihnen zustehendes Geld.
Vor allem müssen Sie jede Forderung im Hinblick auf die Verfahrenskosten für einen eventuellen Unterhaltsprozess kalkulieren. Ist Ihre Klageforderung zu hoch, erhöhen Sie zwangsläufig den Verfahrenswert für den Unterhaltsprozess. Dann zahlen Sie auch höhere Gerichts- und Anwaltsgebühren und bekommen letztlich nur das zugesprochen, was Sie bei realistischer Betrachtungsweise bekommen hätten.
Die Unterhaltspflichten im Unterhaltsrecht betreffen Kindesunterhalt (§ 1605 BGB), Trennungsunterhalt für den Zeitraum Ihrer Trennung von Ihrem Ehepartner bis zur Scheidung (§ 1361 Absatz IV BGB) oder den nachehelichen Ehegattenunterhalt nach der Scheidung (§ 1580 BGB). Im Prinzip geht es immer darum, dass Sie Ihren Unterhaltsanspruch einschätzen, begründen und angemessen beziffern können.
Fordern Sie Kindesunterhalt, ist der barunterhaltspflichtige Elternteil auskunftspflichtig. In der Regel geht es um den Kindesunterhalt für minderjährige Kinder. Ist das Kind volljährig und lebt nicht mehr im Haushalt eines Elternteils, besteht der Auskunftsanspruch gegenüber beiden Elternteilen. Dann sind nämlich beide Elternteile barunterhaltspflichtig und müssen entsprechend ihren finanziellen Möglichkeiten Unterhalt leisten.
Der Unterhaltsschuldner ist nicht verpflichtet, einen bestimmten Betrag als Unterhaltszahlung anzubieten. Er kann sich im Prinzip darauf beschränken, Unterlagen über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu überreichen und es Ihnen zu überlassen, Ihren Unterhaltsanspruch zu beziffern. Deshalb kommt es darauf an, welche Unterlagen vorzulegen sind. Naturgemäß neigen Unterhaltspflichtige dazu, ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse möglichst zu verschleiern oder schlechter darzustellen, als diese wirklich sind. Deshalb muss der Unterhaltspflichtige Belege vorlegen, aus denen sich die genaue Höhe seiner Einkünfte ergibt. Dieser Beleganspruch steht in § 1605 Absatz I BGB. Insoweit kommt es darauf an, wie der Unterhaltsschuldner sein Geld verdient.
Ist der Unterhaltsschuldner Arbeitnehmer, muss er die letzten zwölf Lohnabrechnungen oder Gehaltsbescheinigungen und wenigstens den letzten Einkommensteuerbescheid vorlegen.
Selbstständig tätige Unterhaltsschuldner legen die Einnahmen-Überschussrechnungen der letzten drei Jahre vor, sofern sie nicht zur Bilanzierung verpflichtet sind. Das ist zum Beispiel bei Freiberuflern so. Besteht eine Bilanzierungspflicht, sind die Bilanzen der letzten drei Geschäftsjahre sowie die dazugehörigen Gewinn- und Verlustrechnungen vorzulegen. Beruft sich der Unterhaltsschuldner darauf, dass sein Einkommen starken Schwankungen unterliegt, genügt es nicht, Einnahmen und Ausgaben ziffernmäßig aufzulisten. Vielmehr ist die Einkommenssituation über einen längeren Zeitraum darzulegen.
Rentenbezieher legen den aktuellen Rentenbescheid vor.
Ist der Unterhaltsschuldner arbeitslos, ist der letzte Arbeitslosenbescheid der Bundesagentur für Arbeit vorzulegen.
Bezieht der Unterhaltsschuldner Mieteinkünfte, muss er die Einnahmen-Überschussrechnung vorlegen. Es reicht nicht aus, die Steuererklärung vorzulegen. Daraus ergibt sich nämlich nicht, mit welchem Aufwand er die mit der Finanzierung der Immobilie verbundenen Darlehen an die Bank zurückgeführt hat. Tilgungsleistungen bleiben nämlich unbeachtlich. Als Nachweis der Zins- und Tilgungsleistungen sollte der Jahreskontoauszug der finanzierenden Bank überreicht werden.
Hat der Unterhaltsschuldner Kapitaleinkünfte, hat er die letzte Jahresbescheinigung über Kapitalerträge und Veräußerungsgewinne vorzulegen. Diese Dokumente erhält er nach Ablauf des Kalenderjahres von seiner Bank.
Hat der Unterhaltsschuldner nach der Scheidung erneut geheiratet, muss er/sie auch Auskunft über die Einkommensverhältnisse des neuen Ehepartners erteilen, aber nur, wenn seine eigenen Einnahmen unter seinem jeweiligen Selbstbehalt liegen. Der Selbstbehalt ist für den Eigenbedarf vorgesehen. Liegen die Einkünfte nämlich unter dem Selbstbehalt, kann es sein, dass der Unterhaltsschuldner über den Familienunterhalt des neuen Ehepartners so gut gestellt ist, dass er verpflichtet sein kann, trotzdem Unterhalt zu zahlen. Allerdings ist der neue Ehepartner nicht verpflichtet, Ihnen als Unterhaltsgläubiger Auskünfte zu erteilen.
Der Unterhaltsschuldner muss die Auskunft so erteilen, dass Sie in der Lage sind, seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse nachzuvollziehen. Dazu muss er die Unterlagen systematisch zusammenstellen. Er kann sich nicht einfach darauf beschränken, einen Wust von Papieren zu überlassen und Ihnen die Aufgabe zu übertragen, sich die notwendigen Fakten zusammenzustellen. Sie sollten in der Lage sein, ohne übermäßigen Aufwand Ihren Unterhaltsanspruch zu berechnen. Notfalls müssen Sie in Ihrem Auskunftsverlangen Punkt für Punkt festlegen, welche Angaben Sie benötigen.
Sie haben grundsätzlich Anspruch, die jeweiligen Originalbelege einzusehen, von denen Sie sich bzw. Ihr Rechtsanwalt eine Kopie anfertigen dürfen. Ein Anspruch zur Vorlage des Arbeitsvertrages besteht aber nicht, es sei denn, der Unterhaltsschuldner verfügt über keine Verdienstbescheinigung oder ist im Ausland beschäftigt.
Unterhaltsschuldner neigen dazu, ihre Unterhaltspflichten zu ignorieren. Sie lassen es schlicht darauf ankommen. Dann wird Ihr Rechtsanwalt erklären, wie strategisch vorzugehen ist. Unterhaltsansprüche werden nämlich meist stufenweise gerichtlich geltend gemacht. Auch wenn diese Ausführungen theoretisch erscheinen, sollten Sie wissen, um was es bei einer „Stufenklage“ geht. Sie können Ihren Rechtsanwalt dann besser unterstützen und verstehen besser, was gerichtlich vor sich geht.
Wenn der Unterhaltsschuldner jegliche Mitwirkung verweigert, hat das Familiengericht dennoch Möglichkeiten, Auskünfte zu beschaffen. § 235 FamFG ermöglicht es dem Gericht, im ersten Schritt anzuordnen, dass die Parteien eines unterhaltsrechtlichen Verfahrens Auskünfte über ihre Einkünfte, ihr Vermögen und ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erteilen sowie entsprechende Belege vorlegen. Auch wenn das Gericht diese Option nicht wahrnimmt, können Sie als Beteiligter am Unterhaltsverfahren jederzeit diese Auskunft beantragen. Dann muss das Gericht entsprechend beschließen. Es wird dazu eine angemessene Frist setzen, innerhalb derer die Auskünfte zu erteilen sind. Die Frist beträgt meist 14 Tage.
Ignoriert der Unterhaltsschuldner die Auskünfte trotz Fristsetzung oder erteilt die Auskünfte nicht vollständig oder offensichtlich fehlerhaft, kann das Gericht beim Arbeitgeber, bei Sozialleistungsträgern, Finanzämtern und Versicherungen die erforderlichen Auskünfte anfordern. Diese Ansprechpartner sind gesetzlich verpflichtet, dem Gericht die angeforderten Auskünfte zu erteilen und können sich nicht auf irgendwelche datenschutzrechtlichen Bestimmungen oder das Persönlichkeitsrecht des Unterhaltsschuldners berufen.
Der Unterhaltsschuldner muss stets nach Ablauf von zwei Jahren erneut Auskunft erteilen und entsprechende Belege vorlegen. Denn es besteht eine Sperrfrist. Vor Ablauf von zwei Jahren besteht die Auskunftspflicht nur, wenn Sie als Unterhaltsgläubiger geltend machen, dass der Unterhaltsschuldner in der Zwischenzeit wesentlich höhere Einkünfte erzielt oder verwertbare Vermögenswerte erworben hat.
Unterhaltsberechnungen gleichen höherer Mathematik. Beim Kindesunterhalt ist die Berechnung noch einigermaßen nachzuvollziehen. Geht es aber um Trennungs- oder Ehegattenunterhalt, der mithin auf die ehelichen Lebensverhältnisse abstellt, wird es komplexer. Auch wenn Sie vorab einen Unterhaltsrechner im Internet zu Rate ziehen, werden Sie nicht umhinkommen, sich frühzeitig anwaltlich beraten zu lassen. Müssen Sie den Unterhalt gerichtlich geltend machen, besteht ohnehin Anwaltszwang.
Geschrieben von: iurFRIEND-Redaktion