Mit dem Altersvorsorgeunterhalt leistet der unterhaltspflichtige Ehepartner nach der Scheidung einen finanziellen Beitrag zur Absicherung des Partners im Rentenalter. Der Altersvorsorgeunterhalt ist nicht mit dem Altersunterhalt zu verwechseln. Die Berechnung des Altersvorsorgeunterhalts erfolgt nach der sogenannten Bremer Tabelle. Sie brauchen sich nicht in Details zu verlieren. Wichtig ist, dass Sie wissen, was Altersvorsorgeunterhalt ist und unter welchen Voraussetzungen Sie Anspruch haben.
Tipp 1: Machen Sie Altersvorsorgeunterhalt auch im Zeitraum der Trennung geltend
Sie haben auch bereits für den Zeitraum Ihrer Trennung Anspruch darauf, dass der Partner die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der verminderten Erwerbsfähigkeit übernimmt. Der Anspruch entsteht in dem Augenblick, in dem Ihr Scheidungsantrag dem Ehepartner zugestellt und damit rechtshängig wird. Er endet mit der Rechtskraft der Scheidung.
Tipp 2: Verwenden Sie den Altersvorsorgeunterhalt unbedingt für die Altersvorsorge
Da die Beträge für den Altersvorsorgeunterhalt zweckgebunden zu verwenden sind, müssen Sie dem Ehepartner auf Verlangen nachweisen, wie Sie die Beträge verwendet haben. Sie sind auskunftspflichtig. Der Ehepartner kann die Zahlungen ansonsten verweigern.
Tipp 3: Lassen Sie Ihre Unterhaltsansprüche individuell berechnen
Die Unterhaltsberechnung ist in der Praxis oft eine komplexe Aufgabe. Für Sie ist wichtig, dass Sie wissen, welchen Anspruch Sie überhaupt haben und welche Voraussetzungen Sie erfüllen müssen. Ihr Anwalt oder Ihre Anwältin kann Ihren Unterhaltsanspruch im Detail beziffern. Ein einfacher Unterhaltsrechner im Internet kann diese Aufgabe nicht erfüllen.
Sie haben Anspruch auf Altersvorsorgeunterhalt ab dem Zeitpunkt, an dem Ihr Scheidungsantrag Ihrem Ehepartner durch das Familiengericht zugestellt wird. Ihr Scheidungsantrag ist dann bei Gericht „rechtshängig“. Ihr Anspruch endet, wenn Sie Ihr Renteneintrittsalter erreichen. Sie sollen für den Zeitraum abgesichert werden, ab dem Sie in Rente gehen.
Die Bremer Tabelle dient zur Berechnung des Altersvorsorgeunterhalts.
Ihr Recht, für Ihr Alter Vorsorge zu betreiben, lässt sich auf mehreren Ebenen begründen.
Ein Überblick zum Thema Unterhalt und Tipps für die Unterhaltsberechnung.
Da der Altersvorsorgeunterhalt den Zweck hat, Ihnen die Vorsorge für Ihr Alter zu ermöglichen, dürfen Sie die Zahlungen nicht für den laufenden Lebensunterhalt verbrauchen. Sie können frei wählen, wie Sie damit Ihre Altersvorsorge bilden. Sie können die Beträge in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, eine private Lebens- oder Rentenversicherung abschließen oder andere Versorgungsmöglichkeiten in Anspruch nehmen.
Der unterhaltspflichtige Ex-Ehepartner hat Anspruch darauf, dass Sie Ihn darüber informieren, wie Sie die Beträge verwenden. Ignorieren Sie dessen Aufforderung, Auskunft zu erteilen, kann der unterhaltspflichtige Ex-Partner die Zahlungen einstellen.
Der Altersvorsorgeunterhalt setzt voraus, dass Sie nach der Scheidung Anspruch auf nachehelichen Unterhalt haben, weil Sie ein Kleinkind betreuen, Unterhalt wegen Alters, Krankheit oder Gebrechlichkeit geltend machen oder erwerbslos sind oder aus sonstigen Gründen (Billigkeitsgründen) ausnahmsweise nachehelichen Lebensunterhalt verlangen können (§ 1578 Abs. III BGB).
Sie müssen den Altersvorsorgeunterhalt ausdrücklich geltend machen. Sie erhalten die Zahlung nicht automatisch. Bestenfalls vereinbaren Sie den Altersvorsorgeunterhalt in einer Scheidungsfolgenvereinbarung, die Sie außergerichtlich beim Notar beurkunden oder aus Anlass der mündlichen Verhandlung vor dem Familiengericht gerichtlich protokollieren lassen.
Zahlt der unterhaltspflichtige Ehepartner nicht freiwillig Altersvorsorgeunterhalt, empfiehlt sich, den Anspruch im direkten Zusammenhang mit Ihrer Scheidung im Scheidungsverbund gerichtlich geltend zu machen. Sie reduzieren durch diesen Scheidungsverbund die Gebühren für Ihr Scheidungsverfahren. Klagen Sie den Unterhaltsanspruch hingegen erst ein, wenn das Familiengericht Ihre Scheidung beschlossen hat, setzen Sie ein eigenständiges Verfahren in Gang. Dafür fallen eigenständige Gebühren für Gerichtskasse und Anwalt an.
Expertentipp: In der Praxis wird der Anspruch auf Altersvorsorgeunterhalt oft übersehen. Er ist gerade nicht Teil des Elementarunterhalts. Vielmehr muss er eigenständig berechnet werden. Der Anspruch besteht nur, wenn Sie Anspruch auf Elementarunterhalt haben. Ihr Anspruch scheidet allerdings aus, wenn Sie bereits selbst eine gleichwertige Altersvorsorge haben (BGH FamRZ 1999, 372).
Aus Anlass Ihrer Scheidung führt das Familiengericht im Regelfall von Amts wegen den Versorgungsausgleich durch. Dabei werden Ihre Rentenanwartschaften und die Rentenanwartschaften Ihres Ehepartners zusammengerechnet und unter den Partnern aufgeteilt.
Der Versorgungsausgleich stellt als Stichtag auf den Tag ab, an dem Ihr Scheidungsantrag dem Ehepartner vom Familiengericht zugestellt wird. Bis genau zu diesem Stichtag werden Ihre Ansprüche auf Altersvorsorge aus dem Versorgungsausgleich berechnet. Ansprüche, die Sie oder der Ehepartner nach diesem Stichtag erwerben, spielen für die Durchführung des Versorgungsausgleichs dann keine Rolle mehr.
Ab dem Zeitpunkt, ab dem der Scheidungsantrag bei Gericht rechtshängig wird, haben Sie dann stattdessen Anspruch auf Altersvorsorgeunterhalt, vorausgesetzt, Sie haben Anspruch auf nachehelichen Unterhalt.
Der Altersvorsorgeunterhalt ist Teil Ihres Unterhaltsanspruchs, den Sie insgesamt nach der Scheidung geltend machen können. Ihr Unterhaltsanspruch umfasst Ihren gesamten Lebensbedarf. Ihr Lebensbedarf setzt sich aus dem Elementarunterhalt und dem Altersvorsorgeunterhalt zusammen.
In der Praxis wird der Altersvorsorgeunterhalt nach der sogenannten Bremer Tabelle berechnet. Die Höhe des Altersvorsorgeunterhalts bestimmt sich nach Ihrem Elementarunterhalt, also dem Unterhalt, den Sie ohne den Vorsorgeunterhalt beanspruchen können. Als Altersvorsorgeunterhalt ist der Betrag zu zahlen, der an die gesetzliche Rentenversicherung zu zahlen wäre, wenn Sie aus einer versicherungspflichtigen Tätigkeit Einkünfte in Höhe des Elementarunterhalts hätten.
Expertentipp: Sie können zur Berechnung Ihres Elementarunterhalts und des Altersvorsorgeunterhalts einen Unterhaltsrechner im Internet zu Rate ziehen. Allerdings sind die Ergebnisse nur so gut, wie die Daten, die Sie selbst eingeben. Soweit Sie Schwierigkeiten haben, dass unterhaltsrelevante bereinigte Nettoeinkommen Ihres Ehepartners zu beziffern oder sich mit der Angabe sonstiger Daten überfordert fühlen, werden Sie aller Wahrscheinlichkeit nach wenig zuverlässige Ergebnisse produzieren. Es empfiehlt sich daher, dass Sie Ihre Unterhaltsansprüche im Hinblick auf Ihre finanziellen und familiären Gegebenheiten individuell berechnen lassen. Ihr Rechtsanwalt oder Ihre Rechtsanwältin können Sie dabei unterstützen.
Die Bremer Tabelle dient der Berechnung eines fiktiven Bruttolohns, aus dem sich wiederum der Altersvorsorgeunterhalt als wichtiger Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung errechnet. Die Tabelle wird derzeit vom Richter am OLG a. D. Werner Gutdeutsch, München, geführt. Die Berechnung erfolgt in mehreren Schritten:
Gut zu wissen: Auch der Partner, der unterhaltspflichtig ist, kann bei der Berechnung seines bereinigten Nettoeinkommens angemessene Altersvorsorgeleistungen für die private Altersvorsorge in Höhe von mindestens 5 % seines Bruttolohns geltend machen. Ist er nicht sozialversicherungspflichtig und selbstständig tätig, ist ihm/ihr bei der Berechnung des unterhaltsrelevanten Einkommens ein Anteil von rund 20 % des Bruttoeinkommens für die Verwendung zur privaten Altersversorgung zuzubilligen.
Praxisbeispiel: (einfache Musterrechnung)
Ihr unterhaltspflichtiger Ehegatte hat ein bereinigtes Nettoeinkommen von 3.500 EUR. Sie selbst haben keine Einkünfte. Sie rechnen wie folgt:
Im Regelfall haben Sie Anspruch auf Altersvorsorgeunterhalt ab dem Zeitpunkt, ab dem Sie Ihren Ehepartner aufgefordert haben, den möglichst bezifferten Unterhalt zu entrichten. Rückwirkend Unterhalt geltend zu machen, dürfte oft mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden sein. Sie sollten also unbedingt Ihren Rechtsanwalt oder Ihre Rechtsanwältin frühzeitig darauf ansprechen, ob und inwieweit Ihnen Altersvorsorgeunterhalt zusteht.
Verantwortlich ist man nicht nur für das, was man tut, sondern auch für das, was man nicht tut.
Im Idealfall einigen Sie sich mit Ihrem Ehepartner im Rahmen einer Scheidungsfolgenvereinbarung über den Grund, die Dauer und die Höhe Ihres nachehelichen Ehegattenunterhalts. In dieser Vereinbarung können Sie auch den Altersvorsorgeunterhalt ansprechen. Da der Altersvorsorgeunterhalt immer zweckgebunden zu verwenden ist und nicht zu Ihrer freien Verfügung steht, kann sich eine entsprechende Vereinbarung empfehlen.
Praxisbeispiel: (einfaches Muster)
Ehepartner A verpflichtet sich hiermit gegenüber Ehepartner B, bei der XY-Versicherung eine Rentenversicherung abzuschließen und die Zahlungen des Ehepartners B auf den Versorgungsunterhalt in voller Höhe und jeweils sofort in diese Versicherung einzuzahlen. Ehepartner A ist verpflichtet, dem Ehepartner B unaufgefordert nachzuweisen, dass diese Versicherung besteht und die Zahlungen der Prämien erfolgt sind.
Der Altersvorsorgeunterhalt lässt sich auch bereits während Ihrer bestehenden Ehe begründen. Während Ihrer Ehe sind Sie einander verpflichtet, durch Ihre Arbeit und mit Ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten (§ 1360 BGB). Der angemessene Unterhalt umfasst die Kosten des gemeinsamen Haushalts sowie die persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten und den gesamten Lebensbedarf der gemeinsamen Kinder. Darüber hinaus erfasst die Unterhaltspflicht auch die Vorsorge für die Alterssicherung und die Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit der Ehegatten (BGHZ 32, 249).
Sie haben hinsichtlich Ihrer Altersvorsorge jedoch kein Recht darauf, dass Ihr Ehepartner eine individuelle eigenständige Versicherung für Sie begründet. Wenn, dann erfolgt die Altersvorsorge durch den Ehepartner während der Ehe auf freiwilliger Basis und im Rahmen Ihrer liquiden Möglichkeiten. Sie haben insoweit nur einen Anspruch auf eine von Ihrem erwerbstätigen Ehegatten abgeleitete Sicherung des künftigen Unterhalts, der sich im Versorgungsausgleich bei der Scheidung und im nachehelichen Ehegattenunterhalt niederschlagen kann.
Leben Sie getrennt, sind Sie im Zeitraum des Trennungsjahres über den aus Anlass der Scheidung durchzuführenden Versorgungsausgleich an der Altersversorgung des Ehepartners beteiligt. Ab dem Zeitpunkt, an dem Ihr Scheidungsantrag dem Ehepartner vom Gericht zugestellt wird und damit rechtshängig wird, entfällt die Ausgleichspflicht der Rentenanwartschaften im Versorgungsausgleich.
Ab diesem Zeitpunkt können Sie jedoch im Rahmen des Trennungsunterhalts auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der verminderten Erwerbsfähigkeit geltend machen (§ 1361 BGB). Dieser Anspruch endet wiederum in dem Augenblick, in dem Ihre Scheidung rechtskräftig wird.
Danach steht Ihnen der Altersvorsorgeunterhalt wiederum zu, wenn Sie Anspruch auf nachehelichen Ehegattenunterhalt (Elementarunterhalt) haben. Diesen Anspruch müssen Sie wiederum eigenständig geltend machen. Auf diesem Wege können Sie also auch nach Zustellung des Scheidungsantrags zusätzlichen Unterhalt erhalten, um eigenständig Rentenanwartschaften zu begründen.
Der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt nach der Scheidung umfasst den gesamten Lebensbedarf. Über den Inhalt dessen, was den gesamten Lebensbedarf ausmacht, wird in der Praxis gerne gestritten. Sie sollten sich frühzeitig informieren und anwaltlich beraten lassen.
Geschrieben von: Volker Beeden