50 % der sechs- bis 13-jährigen Kinder in Deutschland besitzen ein eigenes Handy oder Smartphone (Angaben einer Kindermedienstudie 2020). An der Frage des Handys scheiden sich die Geister. Nicht selten wird diese auch zu einem Streitpunkt der Eltern nach der Trennung und Scheidung . Wann sollte das Kind ein Handy bekommen? Was für ein Handy soll es sein? Müssen die Kosten aus dem regulären Kindesunterhalt gezahlt werden oder zählt ein Handy als Sonderbedarf? All dies und weitere Tipps erfahren Sie in diesem Blogbeitrag.
Warum sollten Kinder ein Handy haben?
Kinder wachsen heutzutage in einer Welt auf, in der so gut wie alles digitalisiert ist. Das Handy ist eines der wichtigsten Werkzeuge, an dieser Entwicklung teilzuhaben.
Handy verleiht Sicherheit
Ist das Kind allein, können Eltern das Kind immer erreichen und das Kind kann jederzeit die Hilfe der Eltern anfordern oder informieren, wo es gerade ist und was es tut. Nutzt das Kind eine App wie WhatsApp, lässt sich leicht feststellen, wann das Kind zuletzt online war. Leben die Eltern getrennt, kann der Kontakt über Handy es erleichtern, den Umgang zum nicht betreuenden Elternteil zu pflegen.
Sie könnten auch argumentieren, dass ein Kind, das über kein Handy verfügt, in seinem sozialen Umfeld benachteiligt und im ungünstigsten Fall sogar gemobbt wird, wenn andere Kinder stolze Besitzende eines Handys sind. Danach sollte man sich nicht unbedingt richten oder gar den Anspruch an sich haben, dem Kind stets das neueste Modell zu besorgen. Dennoch ist ein Handy ein Mittel, um mit Familie und Freundinnen sowie Freunden im Austausch zu bleiben und kann auch die Kompetenz sowie das Interesse an Technik fördern.
Handy schult technische und Medienkompetenz
Je früher ein Kind mit der Technik des Handys vertraut ist, desto eher ist es in der Lage, die Möglichkeiten eines Handys optimal zu nutzen. Smart Devices und Apps sind aus dem Alltag kaum noch wegzudenken und früher oder später wird das Kind ohnehin mit der digitalen Welt konfrontiert. Es lässt sich also kaum vermeiden und so ist es besser, wenn Sie Ihr Kind dem Alter angemessen an die Technik heranführen und mit ihm über Chancen und Risiken zu sprechen.
Kindgerecht einrichten und Nutzung regulieren
Wenn Sie sich Sorgen über die Risiken machen, informieren Sie sich, wie Sie das Handy kindgerecht einrichten können. So gibt es Möglichkeiten, Kaufschranken in App Stores einzurichten. Je nach Alter können Sie mit Ihrem Kind individuelle Grenzen festlegen, welche Funktionen genutzt werden sollten und zu welchen Zeiten das Handy mal weggelegt werden sollte. Im Handy selber können Sie ebenfalls Ruhezeiten und Ähnliches einstellen, in denen bestimmte Funktionen abgestellt werden.
Risiken eines Handys und wie diesen vorzubeugen
Jede technische Neuerung ist mit Risiken verbunden. Diese lassen sich nicht gänzlich vermeiden, Sie können jedoch aktiv vorbeugen, um eine sichere Handynutzung zu ermöglichen.
Im Straßenverkehr aufmerksam bleiben
Nicht zuletzt sollten gesundheitliche Risiken ernst genommen werden. Auch wenn die Handystrahlung (SAR-Wert) aller Wahrscheinlichkeit nach keine oder nur geringe Auswirkungen auf den menschlichen Organismus zu haben scheint, ist die Handystrahlung immer noch Strahlung, der Sie Ihr Kind nicht unbedingt, zumindest nicht dauerhaft, aussetzen sollten. Nicht zuletzt ist der Verdacht begründet, dass die Handystrahlung auch die Fruchtbarkeit junger Menschen beeinträchtigen könnte, wenn das Handy ständig in der Hosentasche getragen wird. Auch scheinen Handys ein großes Suchtpotenzial darzustellen. Wenn man beobachtet, mit welcher Intensität manche Kinder Handys nutzen und andere Aktivitäten kaum mehr eine Rolle spielen, lässt sich nicht das Risiko leugnen, dass die Entwicklung bestimmter Fähigkeiten durchaus gefährdet sein könnte. Vereinbaren Sie also klare Regeln zur Nutzung des Handys. Zwölf- bis 14-jährige sollten das Handy nicht als länger als eine Stunde am Tag nutzen. Regeln Sie, dass beim Essen und in der Schule das Handy möglichst auszuschalten ist und das Handy nicht den Ablauf des Tages bestimmen darf.
Vorbild für das Kind sein
Motivieren Sie Ihr Kind, über das Handy hinaus auch analoge Aktivitäten zu nutzen. Dazu gehört, Bücher zu lesen, Brettspiele zu erlernen und zu nutzen, sich in einem Verein zu engagieren oder sich sportlich zu betätigen. Seien Sie dem Kind ein Vorbild und beweisen selber verantwortungsvollen Umgang mit Ihrem Smartphone.
Cybermobbing und Privatsphäre
Warnen Ihr Kind vor Cybermobbing. Sprechen Sie darüber, dass über die sozialen Kontakte nichts kommuniziert wird, was man einem Menschen nicht ins Gesicht sagen oder über sich selbst preisgeben würde. Klären Sie Ihr Kind darüber auf, dass es nicht fremde Fotos ins Netz stellt, weil hier meist Urheberrechte bestehen. Sprechen Sie darüber, dass es über seine sozialen Kontakte möglichst wenig persönliche Informationen oder Fotos von sich selbst preisgibt, weil damit das Risiko verbunden ist, dass diese Daten missbraucht werden. Ist erstmal etwas im Internet geteilt, ist es schwierig, Fotos und andere Informationen wieder zu entfernen.
Wann empfiehlt sich ein erstes Smartphone für das Kind?
Erziehungspsychologen und Pädagogen empfehlen, dass Kinder frühestens ab 5 - 9 Jahren ein Handy bekommen, aber auch dann nur ein klassisches Handy mit Tasten ohne die Möglichkeit des Internetzugangs:
- Die Nutzungsmöglichkeiten sollten auf Telefonieren und den Versand von Nachrichten beschränkt sein.
- Idealerweise gibt es auch eine SOS-Funktion für Notfallsituationen.
- In dieser Altersgruppe ist zu berücksichtigen, dass ein Kind den Wert eines Handys noch nicht wirklich erfassen kann. Es besteht das Risiko, dass das Handy schnell verloren geht, unsachgemäß behandelt und kaputtgemacht wird.
- Wenn, dann sollte ein Handy als Notfallhandy dienen und zur Verfügung stehen, wenn der Grundschüler den Schulbus verpasst oder in einer gefährlichen Situation Hilfe benötigt.
Ab einem Alter von etwa zwölf Jahren werden Eltern kaum mehr umhinkommen, ihrem Nachwuchs ein Smartphone zuzugestehen, zumal nach Angaben der Statistiker bereits 90 % der Kinder im Alter von 12 - 14 Jahren ein Smartphone besitzen.
Handy als Prepaid oder Vertrag?
Viele ältere Jugendliche, die ein Handy mit Vertrag nutzen, sind hoch verschuldet und können den Kostenaufwand kaum bezahlen. Sie werden bereits in jungen Jahren mit einer negativen Schufa-Meldung konfrontiert. Insoweit empfiehlt sich, Kinder ein Prepaid-Handy an die Hand zu geben oder einen Tarif mit einer Telefon-Flatrate zu nutzen und das Risiko einer Vertragsfalle zu vermeiden. Vorteilhaft ist zudem, dass Kinder früh lernen, sich kostenbewusst zu verhalten und danach auszurichten, was finanziell machbar ist. Hilfreich wäre, teure Sonderrufnummern zu sperren und bei Überschreiten eines monatlichen Datenlimits eine abschaltbare Datenautomatik einzurichten.
Zählt beim Unterhalt das Handy als Sonderbedarf?
Sonderbedarf stellt sich als unregelmäßiger, außergewöhnlich hoher Bedarf dar und ist zusätzlich zum regulären Kindesunterhalt zu leisten. Er lässt sich nur begründen, wenn er nicht vorauszusehen war und deshalb bei der Bemessung des regulären Unterhaltsbedarfs keine Berücksichtigung gefunden hat. Dabei müssen sich beide Eltern anteilsmäßig nach dem Verhältnis ihrer Einkommen beteiligen.
Nach Maßgabe dieser Voraussetzungen dürfte sich ein Handy unterhaltsrechtlich nicht als Sonderbedarf begründen lassen, der zusätzlich zum normalen Kindesunterhalt zu leisten wäre. Soweit ersichtlich, gibt es hierzu keine Rechtsprechung. Wächst ein Kind heran, ist abzusehen, dass der Wunsch nach einem Handy entsteht. Der betreuende Elternteil, der den normalen Kindesunterhalt für das Kind vereinnahmt, hat damit ausreichend Zeit, Geld für das Handy anzusparen und vielleicht auch das Kind anzuhalten, sein Taschengeld danach auszurichten.
Das Handy ist eine unglaublich tolle Erfindung. Aber wie es so mit Erfindungen ist, sie müssen verantwortungsvoll und sinnvoll genutzt werden. Vorteile und Nachteile überschneiden sich. Gerade, wenn es um ein Handy für Ihr Kind geht, stehen Sie vor der großen Herausforderung, Ihr Kind auf die digitale Welt angemessen vorzubereiten.