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Unterhaltsberechnung
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Donnerstag, 02.02.2023 , geschrieben von iurFRIEND-Redaktion
Unterhaltsberechnungen sind vergängliche Momentaufnahmen. Die aktuellen Einkommensverhältnisse bestimmen, wie viel Unterhalt ein unterhaltspflichtiger Elternteil oder Ex-Ehepartner zu zahlen hat. Geht es um den Kindesunterhalt, wirkt sich die Gehaltserhöhung meist tatsächlich positiv aus. Geht es um Trennungs- oder Ehegattenunterhalt, kommt es darauf an, ob eine Gehaltserhöhung bereits während der Ehe mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten war und die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt hat.
Welche Auswirkungen hat eine Gehaltserhöhung auf den Kindesunterhalt?
Der Kindesunterhalt bemisst sich nach den Einkommensverhältnissen des unterhaltspflichtigen Elternteils in den letzten zwölf Monaten. Verdient der Elternteil mehr Geld als zuvor, führt die Einkommenssteigerung immer zu einer Erhöhung des Kindesunterhalts. Auf den Grund der Gehaltserhöhung kommt es nicht an. Ebenso wenig kommt es auf die Einkommensverhältnisse während der Ehe an. Kindesunterhalt bemisst sich immer nach dem aktuellen Einkommen der Eltern. Damit nimmt das Kind, anders als der Ehegatte beim Trennungs- und Ehegattenunterhalt, an einem späteren Karrieresprung des unterhaltspflichtigen Elternteils teil (BGH, Beschluss vom 16.9.2020, Az. XII ZB 499,19).
Es zählt immer das Nettoeinkommen, das sich nach Abzug bestimmter Verbindlichkeiten konkret als „bereinigtes Nettoeinkommen“ berechnet. Dieses bereinigte Nettoeinkommen ist Ausgangspunkt, um nach der Düsseldorfer Tabelle die Höhe des Kinderunterhalts zu bestimmen.
Gehaltserhöhung auch durch Wechsel der Steuerklasse
Eine Gehaltserhöhung kann sich auch indirekt ergeben, wenn der unterhaltspflichtige Elternteil nach der Scheidung erneut heiratet und aus der Steuerklasse I in die Steuerklasse III wechselt. Infolge der günstigeren Steuerklasse erhöht sich sein Nettoeinkommen. Doch Vorsicht: Ist auch die neue Ehefrau berufstätig, steht ihr ein Teil der Steuerersparnis zu, die sich mithin aus dem Splittingvorteil ergibt. Zur Berechnung des Kindesunterhalts dürfen Sie daher das neue unterhaltsrelevante Einkommen nicht einfach mit dem Nettoeinkommen gleichsetzen, das sich aus der Steuerklasse III ergibt.
Vereinbarungen oft billiger als Kampf um jeden Euro
Vielmehr ist dieses Nettoeinkommen um denjenigen Betrag zu vermindern, der dem neuen Ehegatten gebührt (OLG Nürnberg FamRZ 205, 211). Um eine genaue und wahrscheinlich komplizierte Berechnung im Detail zu vermeiden, empfiehlt sich, mit Schätzungen zu arbeiten und sich im gegenseitigen Einvernehmen auf einen bestimmten Betrag zu verständigen. Sollten Sie sich streiten, steht der Aufwand, den Sie betreiben müssten, um zu einem Ergebnis zu kommen, sehr wahrscheinlich nicht im Verhältnis zum Ertrag. Grund ist mithin, dass sich eine Einkommenssteigerung beim Kindesunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle erst auswirkt, wenn sich das Einkommen um wenigstens 400 € erhöht. Erst dann rutscht der unterhaltspflichtige Elternteil in eine höhere Einkommensstufe.
Bonuszahlungen nur bei Regelmäßigkeit zu berücksichtigen
Erhält der unterhaltspflichtige Elternteil vom Arbeitgeber im laufenden Jahr eine Bonuszahlung, ist eine variable und nicht regelmäßig gezahlte Bonuszahlung unterhaltsrechtlich nur zu berücksichtigen, wenn diese regelmäßig und damit nachhaltig gezahlt wird und somit das unterhaltsrelevante Einkommen auch des kommenden Jahres beeinflusst.
Ist bei einer Gehaltserhöhung Kindesunterhalt nachzuzahlen?
Unterhalt ist immer ab dem Monat fällig, nach dem die Zahlungspflicht des Elternteils begründet ist. Erlangt der betreuende Elternteil als gesetzlicher Vertreter des Kindes Kenntnis von der Gehaltserhöhung des anderen Elternteils, kann er/sie den erhöhten Unterhalt geltend machen. Da sich der Unterhalt aber nach dem Einkommen der letzten zwölf Monate richtet, führt die Gehaltserhöhung dazu, dass der erhöhte Unterhalt dem Kind in voller Höhe erst nach weiteren zwölf Monaten zugutekommt. Voraussetzung ist ferner, dass der Unterhalt rechtzeitig geltend gemacht und der unterhaltspflichtige Elternteil formal ordnungsgemäß in Verzug gesetzt wurde. Details regelt § 1613 BGB (Unterhalt für die Vergangenheit). Ist der Verzug begründet, muss der Elternteil den um die Gehaltserhöhung erhöhten Unterhaltsbetrag nachzahlen.
Gehaltserhöhung infolge der Trennung
Die Gehaltserhöhung nach der Trennung bleibt für den Ehegattenunterhalt unberücksichtigt, wenn der Ehepartner eine besser bezahlte Stelle bei einem anderen Arbeitgeber angenommen hat, was er nachweislich nicht getan hätte, hätte die Ehe fortbestanden. In diesem Fall beruht die Einkommenssteigerung nicht unbedingt auf der gemeinsamen Lebensleistung der Ehegatten.
Gehaltserhöhung bei Karrieresprung (aber auch Minderungen)
Die frühere Stichtagsregelung, die für den Trennungsunterhalt auf den Zeitpunkt der Trennung und für den nachehelichen Unterhalt auf den Zeitpunkt der rechtskräftigen Scheidung abstellte, hat der Bundesgerichtshof weitgehend aufgegeben. Da das Gesetz keine Fixierung auf einen Stichtag enthalte, seien nach dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung spätere Änderungen (Gehaltserhöhungen, aber auch Gehaltsminderungen) des verfügbaren Einkommens grundsätzlich zu berücksichtigen.
Aus dem Gesetz ergebe sich, dass das Unterhaltsrecht den geschiedenen Ehegatten nicht besserstellen wolle, als er/sie während der Ehe stand oder aufgrund einer absehbaren Entwicklung ohne die Scheidung stehen würde. Eine Einkommenssteigerung, die auf der gemeinsamen Lebensleistung der Ehegatten beruht, kann sich also unterhaltserhöhend auswirken.
Daher bleibe eine Gehaltserhöhung nach der Scheidung unberücksichtigt, wenn die Gehaltserhöhung nicht bereits „in der Ehe angelegt“ war. Da dieser Ansatz begrifflich schwierig zu fassen ist, hat die Rechtsprechung in einer Reihe von Einzelfällen bewertet, wann eine Gehaltserhöhung zu einer Erhöhung des Unterhalts führt.
Meist geht es um die Frage des Karrieresprungs. Von einem Karrieresprung ist immer dann auszugehen, wenn es sich um eine erhebliche unerwartete Einkommensverbesserung handelt, die aus der Tätigkeit des unterhaltspflichtigen Ex-Partners in einer anderen beruflichen Funktion oder einem anderen Tätigkeitsbereich resultiert (OLG Köln, Urteil vom 29.12.2003, Az. 14 WF 180/13). Ein Karrieresprung setzt also eine vom Normalverlauf der beruflichen Entwicklung abweichende und aus Sicht der Trennung und Scheidung nicht erwartbare Entwicklung voraus. Die notwendige Höhe der Einkommensverbesserung hat das Oberlandesgericht Köln mit 20 % über dem bisher erzielten Einkommen definiert.
Die Voraussetzungen, dass es sich um einen Karrieresprung handelt, muss der unterhaltspflichtige Ehepartner darlegen und beweisen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 2.3.2015, Az. 7 UF 224/14). Kann er/sie diesen Nachweis nicht führen, lässt sich die Vermutung begründen, dass die Gehaltserhöhung in der Ehe angelegt war und auf der gemeinsamen Lebensleistung beider Ehegatten beruht.
Beispiele, in denen ein Karrieresprung bejaht wurde
Berufung vom Oberarzt zum Chefarzt während der Trennungszeit
Beförderung vom Verkaufsleiter zum Geschäftsführer einer Firma
Beförderung eines Oberstudienrats zum Studiendirektor zwei Jahre nach der Trennung
Beispiele, in denen ein Karrieresprung abgelehnt wurde
Beförderung aus der Gehaltsstufe A 14 zum Studiendirektor A 15
Beförderung eines Vollzugsbeamten von der Besoldungsgruppe A 12 nach A 13
Aufstieg vom Rechtsdezernenten einer Gemeinde zum Beigeordneten
Beförderung eines Intendanten zum Generalintendanten
Umorientierung eines Berufskraftfahrers Nahverkehr zum Berufskraftfahrer Fernverkehr
Gehaltserhöhungen nach langer Zeit nicht mehr unterhaltsrelevant
Eine Gehaltserhöhung beeinflusst den Unterhalt nur, wenn ein zeitlicher Zusammenhang besteht. Je mehr Zeit zwischen Trennung und Scheidung und der beruflichen Fortentwicklung besteht, desto weniger war diese Entwicklung zum Zeitpunkt der Trennung oder Scheidung zu erwarten. Ferner muss es sich um eine erhebliche Gehaltserhöhung handeln, die die Gerichte meistens mit mindestens 15 - 20 % ansetzen.
Wie erfahren Sie von einer Gehaltserhöhung?
Machen Sie Unterhaltsansprüche geltend, ist jeder unterhaltspflichtige Elternteil oder Ex-Partner verpflichtet, Auskünfte über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erteilen. Sie haben einen gesetzlich verbrieften Auskunftsanspruch. Die Auskunft ist mit entsprechenden Unterlagen zu belegen. Der Unterhaltsschuldner muss stets nach Ablauf von zwei Jahren erneut Auskunft erteilen und entsprechende Belege vorliegen.
Vor Ablauf der zwei Jahre besteht die Auskunftspflicht ausnahmsweise nur, wenn Sie als Unterhaltsgläubiger geltend machen, dass der Unterhaltsschuldner (Elternteil, Ex-Partner) in der Zwischenzeit wesentlich höhere Einkünfte, beispielsweise durch eine Gehaltserhöhung, erzielt hat. Sie sollten also einen begründeten Verdacht haben, dass eine Gehaltserhöhung erfolgt ist. Spekulieren führt meist nur zum Streit. Sollte die Sperrfrist von zwei Jahren seit der letzten Auskunft noch nicht vergangen sein, könnte sich im Hinblick auf den damit verbundenen Aufwand empfehlen, den Zeitraum der zwei Jahre abzuwarten und dann den Regelauskunftsanspruch geltend zu machen.
Der auskunftspflichtige Elternteil oder Ex-Partner ist jedenfalls nicht verpflichtet, von sich aus eine Gehaltserhöhung zu melden, so dass es auch nicht schadet, wenn die Gehaltserhöhung verschwiegen wird. Problematisch wird es nur, wenn der Unterhaltsschuldner in der Auskunft über seine Einkommensverhältnisse eine Gehaltserhöhung verschweigt und in der Absicht handelt, den Unterhaltsanspruch auf dem geringeren Niveau zu halten. In diesen Fällen kann sich durchaus der Verdacht des Betruges oder des Prozessbetruges begründen.
Alles in allem
Die Forderung nach mehr Unterhalt oder umgekehrt die Weigerung, mehr Unterhalt zu zahlen, ist von strategischen Erwägungen beeinflusst. Bestenfalls einigen Sie sich im gegenseitigen Einvernehmen auf eine bestimmte Unterhaltshöhe. Gibt es kein Einvernehmen, sollten Sie Ihre Forderung oder Ihre Abwehrhaltung nur mit anwaltlicher Begleitung vortragen. Nur so lässt sich vermeiden, dass Sie unbegründete Forderungen stellen oder begründete Forderungen mit nichtigen Argumenten entgegentreten.