Was tun, wenn Beratungshilfe abgelehnt wurde?

10 Tipps, worauf Sie einen Ablehnungsbescheid hin prüfen

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Freitag, 15.03.2024, geschrieben von iurFRIEND-Redaktion

Haben Sie aufgrund Ihres geringen Einkommens wenig Geld, kein Einkommen oder sind anderweitig hilfebedürftig, können Sie sich trotzdem rechtlich beraten lassen, indem Sie beim zuständigen Amtsgericht Beratungshilfe beantragen. Es wäre schön, wenn dies so einfach wäre. In der Praxis ist immer wieder zu hören, dass

  • Anträge auf Beratungshilfe bereits im Vorfeld abgewimmelt werden,
  • die angesprochene Person bei Gericht nicht zuständig ist,
  • auf andere unzumutbare Informationsangebote verwiesen wird,
  • die Ablehnung auf nicht zutreffenden Gründen beruht,
  • die Ablehnung nicht schriftlich begründet wird oder
  • nicht zuletzt durch die fehlende schriftliche Begründung ein Rechtsmittel nicht möglich ist.

Wir erklären, wie Sie eine ablehnende Entscheidung des Amtsgerichts prüfen und was Sie tun können, wenn Ihr Antrag auf Beratungshilfe abgelehnt wird.

Wann erhalten Sie Beratungshilfe?

Möchten Sie sich außergerichtlich anwaltlich beraten lassen, haben Sie Anspruch auf Beratungshilfe, wenn Sie aufgrund Ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin aus eigener Tasche nicht bezahlen könnten. Zweck der Beratungshilfe ist, einkommensschwachen Bevölkerungsgruppen die Wahrnehmung eigener Rechte auch außerhalb eines Gerichtsverfahrens zu erleichtern und zum Abbau von Hemmschwellen beizutragen.

Warum kann Beratungshilfe abgelehnt werden?

Die Gründe, warum ein Antrag auf Beratungshilfe abgelehnt wird, sind vielfältig. Manche sind formeller Natur, andere nicht. Als typische Ablehnungsgründe kommen in Betracht:

1 Bereits z.B. die Scheidung beantragt

Die Beratungshilfe wird zur Wahrnehmung von Rechten außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens gewährt. Deshalb darf in der gleichen Angelegenheit nicht bereits ein gerichtliches Verfahren anhängig sein. Haben Sie die Scheidung beantragt, besteht wegen Ihrer Rechte und Pflichten bei der Scheidung kein Anspruch mehr auf Beratungshilfe.

 

Sie haben dann möglicherweise Anspruch auf Verfahrenskostenhilfe. Diese ist gesondert zu beantragen und kann auch noch im laufenden Scheidungsverfahren beantragt werden. Solange Sie die Scheidung noch nicht beantragt haben und sich außergerichtlich beraten lassen möchten, können Sie Beratungshilfe beantragen.

 

Der Anspruch besteht auch, wenn der Ehegatte die Scheidung beantragt hat, Sie sich aber informieren möchten, wie Sie auf den Scheidungsantrag reagieren sollten. Möchten Sie auf den Scheidungsantrag reagieren und bei Gericht selbst Anträge stellen, ist die Verfahrenskostenhilfe der richtige Weg.

2 Sie sind rechtsschutzversichert

Beratungshilfe setzt voraus, dass Sie keine andere Möglichkeit haben, sich kostenlos beraten zu lassen. Sind Sie rechtsschutzversichert, übernimmt die Rechtsschutzversicherung die anwaltliche Erstberatung. Sie hätten dann keinen Anspruch auf Beratungshilfe.

 

Sie sind auch dann rechtsschutzversichert, wenn lediglich der Ehegatte eine Rechtsschutzversicherung unterhält. Dann sind Sie über dessen Police familienrechtsschutzversichert. Sie haben gleichfalls Anspruch, dass der Versicherer die anwaltliche Erstberatung bezahlt, und zwar auch dann, wenn der Ehegatte seinerseits die Versicherung für eine anwaltliche Erstberatung in der Scheidungssache in Anspruch nimmt.

3 Sie haben eine andere Möglichkeit, sich außergerichtlich beraten zu lassen

Beratungshilfe wird nur gewährt, wenn Sie keine andere Möglichkeit haben, sich rechtlich zu informieren und beraten zu lassen. Diese anderen Möglichkeiten müssen geeignet, erlaubt, zumutbar und kostenfrei sein.

 

Geht es um Kindesunterhalt, kann vorrangig zumindest in einfach gelagerten Fällen die Unterstützung durch das Jugendamt eine andere Möglichkeit darstellen, sich außergerichtlich beraten zu lassen. Beratungshilfe soll daher erst dann in Betracht kommen, nachdem eine Beratung durch das Jugendamt ergebnislos geblieben ist.

 

Teils gibt es für Bremen, Hamburg und Berlin Sonderregelungen. Teils tritt die öffentliche Rechtsberatung an die Stelle der Beratungshilfe nach dem Beratungshilfegesetz, sofern im Landesrecht entsprechendes bestimmt ist. In Berlin besteht ein Wahlrecht zwischen der Inanspruchnahme der öffentlichen Rechtsberatung in den Bezirksämtern und der Beratungshilfe nach dem Beratungshilfegesetz durch Rechtsanwälte

4 Nicht beim örtlich zuständigen Amtsgericht vorstellig geworden

Beratungshilfe ist bei dem für Sie örtlich zuständigen Amtsgericht zu beantragen. Zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk Sie Ihren Wohnsitz haben. Maßgeblich ist der Zeitpunkt des Eingangs des Antrags bei Gericht, nicht der Zeitpunkt, zu dem Sie beratungsbedürftig sind. Ein späterer Umzug schadet nicht.

5 Die Inanspruchnahme der Beratungshilfe darf nicht mutwillig sein

Anträge auf Beratungshilfe werden bisweilen abgelehnt, weil die Inanspruchnahme angeblich mutwillig sei. Mutwilligkeit liegt vor, wenn Sie Beratungshilfe in Anspruch nehmen möchten, obwohl Sie bei verständiger Würdigung aller Umstände davon absehen würden, sich auf eigene Kosten rechtlich beraten zu lassen. Dabei kommt es auf die Kenntnisse und Fähigkeiten des Antragstellers sowie seine wirtschaftliche Lage an, in eigener Sache tätig zu werden. Mutwilligkeit dürfte sich aber in Scheidungsangelegenheiten nur schwierig begründen lassen. Steht die Scheidung bevor, dürfte Ihr Interesse, sich beraten zu lassen, immer irgendwie begründet sein.

Formulare

So beantragen Sie Beratungshilfe

Füllen Sie den Antrag aus, sammeln die nötigen Belege und reichen alle Unterlagen beim Amtsgericht ein. Dabei kann Ihnen auch ein Rechtsanwalt helfen. 

Formular

Antrag auf Beratungshilfe

Sie haben ggf. Anspruch auf Beratungshilfe für eine anwaltliche Erstberatung, wenn Sie ein geringes Einkommen haben oder Sozialhilfe empfangen. 

Download

6. Nicht das richtige Formular verwendet

Beratungshilfe kann mündlich oder schriftlich beim Amtsgericht beantragt werden. Sie müssen ein dafür amtlich vorgesehenes Formular verwenden. Dieses Formular ist mit Ihren persönlichen Angaben zu versehen und zu unterschreiben. Auch Anwälte halten diese Formulare vorrätig.

7. Die Beratungshilfe verspätet beantragt

Sie können die Beratungshilfe vor der Beratung durch einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin beantragen, dürfen Sie sich mit Ihrem Anliegen aber auch unmittelbar an einen Rechtsanwalt wenden und den Bewilligungsantrag nachträglich stellen. In diesem Fall ist der Antrag spätestens vier Wochen nach Beginn der Beratungshilfetätigkeit bei Gericht einzureichen (§ 6 BerHG). Versäumen Sie die Frist, wird der Antrag abgelehnt. Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem Sie anwaltlich beraten werden. In diesem Fall kann der Anwalt auch erst einen Bewilligungsantrag für Sie stellen und die Beratung erst später durchführen.

8. Keine oder unzureichende Belege eingereicht

Beratungshilfe wird bewilligt, wenn Sie Ihre wirtschaftlichen Verhältnisse nachgewiesen haben. Dazu sind dem Antrag die notwendigen Belege beizufügen. Als Beleg kommen

  • Gehaltsabrechnungen,
  • Rentenbescheid,
  • Sozialhilfebescheid
  • oder Ähnliches in Betracht.

Außerdem sind eventuell Belege über Ihr Vermögen und Ihre Belastungen zu erbringen.

9. Ihr Einkommen ist (vermeintlich) zu hoch

Beratungshilfe setzt voraus, dass Ihr Einkommen unterhalb der Grenze liegt, bis zu der Beratungshilfe bewilligt werden kann. Pauschal ist es so, dass Ihr Einkommen, das nach Abzug von Miete, Unterhaltsleistungen und Verbindlichkeiten verbleibt, nicht über dem Bürgergeld oder der Sozialhilfe liegen sollte. Allerdings sind die Einkommensgrenzen, bis zu denen Sie einen Beratungshilfeschein bekommen, oft höher als Sie vielleicht vermuten. Je mehr Abzugsmöglichkeiten bei Ihrem Einkommen zu berücksichtigen sind, desto größer sind die Chancen auf Beratungshilfe.

10. Beratungshilfe wird nur für Ihre Scheidung insgesamt gewährt

Lassen Sie sich scheiden, beschränkt sich Ihr Beratungsbedarf möglicherweise nicht nur auf das Scheidungsverfahren selbst. Es kann sein, dass Sie auch wegen des Sorgerechts oder Umgangsrechts oder wegen der Vermögensauseinandersetzung Beratungsbedarf haben. Oft erteilen Amtsgerichte dann nur einen Berechtigungsschein für die Inanspruchnahme der Beratungshilfe für die „Angelegenheit Scheidung und Folgesachen“.

 

Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts ist jedoch davon auszugehen, dass im Rahmen der Beratungshilfe verschiedene Gegenstände im Zusammenhang mit Trennung und Scheidung nicht als dieselbe Angelegenheit zu betrachten sind. Deshalb ist es naheliegend, mehrere Angelegenheiten im Sinne des Beratungshilfegesetzes anzunehmen und für jede Angelegenheit eigenständig Beratungshilfe zu gewähren. Insoweit wird meist differenziert und jeweils ein Beratungsschein ausgestellt

  • für die Scheidung selbst,
  • für Angelegenheiten im Zusammenhang mit Kindern (Sorgerecht, Umgangsrecht),
  • für Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Ehewohnung und den Haushaltsgegenständen und
  • wegen der finanziellen Auswirkungen von Trennung und Scheidung (Unterhalt, Güterrecht, Vermögensauseinandersetzung).

Die Praxis der Oberlandesgerichte ist hierbei unterschiedlich. Teils werden vier Komplexe unterschieden (OLG München, FamRZ 2015, 1825), teils wird sogar für bis zu sechs Angelegenheiten Beratungshilfe bewilligt (OLG Naumburg, FamFR 2013, 356). Dabei werden auch Versorgungsausgleichssachen berücksichtigt sowie Unterhaltssachen und Güterrechtssachen getrennt betrachtet.

Was tun, wenn der Antrag auf Beratungshilfe abgelehnt wird?

Sie sehen, dass es bei den Bestimmungen zur Beratungshilfe an einer wirklichen Einheitlichkeit ihrer Regeln mangelt. Deswegen sei immer folgendes zu prüfen, wenn ein Antrag darauf abschlägig beschieden wird:

Bestehen Sie auf einem schriftlichen Bescheid

Wird Ihr Beratungshilfeantrag bei mündlicher Vorsprache durch das Gericht abgelehnt, sollten Sie auf einer förmlichen schriftlichen Entscheidung bestehen. Sie sollten sich nicht dazu verleiten lassen, sich mit einer mündlichen Ablehnung zufrieden zu geben. Nur ein schriftlicher Bescheid ist rechtsmittelfähig.

Bestehen Sie auf der Entscheidung des zuständigen Rechtspflegers

Beratungshilfeanträge werden von Rechtspflegern bearbeitet. Bestehen Sie darauf, dass Sie mit dem dafür zuständigen Rechtsträger sprechen können. Der Mitarbeiter des Amtsgerichts, der in der Pforte sitzt, ist nicht zuständig. Auch ein Rechtspfleger oder andere Amtsperson, die Ihre Vorsprache abschlägig beantwortet, muss längst nicht der zuständige Rechtspfleger sein, der für die Bearbeitung Ihres Antrags eigentlich zuständig ist. Meist finden Sie bereits im Eingangsbereich einen Hinweis, wo Sie wegen Ihres Beratungshilfeantrags vorsprechen sollten.

Lassen Sie sich nicht auf kostenpflichtige oder unzumutbare Angebote verweisen

Es gibt unterschiedliche Institutionen, die rechtliche Beratung gewähren. Viele sind kostenpflichtig, andere nicht zumutbar. So kommt die Beratung beim Verbraucherschutzverein nicht in Betracht, wenn Sie sich wegen Ihrer Rechte und Pflichten bei der Scheidung informieren und beraten lassen möchten.

 

Auch der Hinweis, Sie könnten sich anderweitig durch Gang in eine öffentliche Bibliothek wegen der Trennungsfolgen ausreichend informieren, liegt völlig neben der Sache (AG Helmstedt, AGS 2009, 511).

 

Erst recht brauchen Sie sich nicht darauf verweisen zu lassen, dass Sie eine Anwaltshotline kontaktieren. Sie werden dann zwar im Rahmen der kommunikativen Möglichkeiten beraten, müssen aber einkalkulieren, dass Sie über Ihre Telefonrechnung mit Gebühren von mindestens zwei bis fünf oder gar sechs Euro für jede Gesprächsminute belastet werden. Das Problem dabei ist, dass der Anwalt umso mehr Geld verdient, je länger Sie in der Leitung sind und auf eine Antwort auf Ihre Fragen hoffen. Ein solches Beratungsangebot wäre nicht zumutbar.

Legen Sie gegen den Ablehnungsbescheid "Erinnerung" ein

Wurde Ihr Antrag auf Beratungshilfe vom Amtsgericht förmlich abgelehnt, ist als Rechtsmittel die sogenannte Erinnerung statthaft (§ 7 RberHG). Mit der Erinnerung könnten Sie beanstanden, dass der Ablehnungsbescheid möglicherweise fehlerhaft ist.

 

Die Erinnerung ist an keine Frist gebunden. Liegt der Ablehnungsbescheid also schon länger zurück, könnten Sie trotzdem noch Erinnerung einlegen, weil es eben keine Rechtsmittelfrist dafür gibt. Das Rechtsmittel kann auch nicht im Bescheid des Gerichts befristet werden.

 

Haben Sie Erinnerung eingelegt, entscheidet der Amtsrichter/die Amtsrichterin abschließend über Ihren Beratungshilfeantrag. Ein weiteres Rechtsmittel ist nicht möglich. Sie brauchen auch nicht zu befürchten, dass die eventuelle Bewilligung der Beratungshilfe durch die Staatskasse selbst beanstandet wird. Die Staatskasse hat kein Erinnerungsrecht.

Alles in allem

Im Grunde benötigt manch einer fast schon Beratung, wenn er oder sie Beratungshilfe erst beantragen möchte. Insoweit kann sich empfehlen, dass Sie vorab Kontakt mit uns suchen und erst dann den Antrag auf Beratungshilfe stellen. Ist der Beratungshilfeschein erst einmal da, können Sie den Antrag auf eine Unterhaltsberechnung stellen. Gerne weisen Sie uns im Formular darauf hin, dass Sie über einen solchen verfügen.

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