Post vom Anwalt, oh Schreck? Keine Sorge. Ein Aufforderungsschreiben zur Unterhaltszahlung ist noch kein Grund, zu erschrecken. Keine gute Idee ist es hingegen, das Schreiben zu ignorieren oder eine Antwort auf die lange Bank zu schieben. Sie sollten auf jeden Fall reagieren. Da es bereits in diesem Stadium auf die richtige Strategie ankommt und jedes Wort ein Wort zu viel sein kann, sollten Sie überlegen, ob Sie wirklich selbst antworten wollen oder sich kompetent informieren und vielleicht doch lieber anwaltlich vertreten lassen. Verstehen Sie diese Empfehlung nicht als anwaltliche Werbung, sondern aus guten Gründen als wohl gemeinten Rat.
Was ist ein Aufforderungsschreiben?
Ein Aufforderungsschreiben ist nichts anderes als ein Schreiben von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin, in dem Sie aufgefordert werden, etwas zu tun oder zu unterlassen. Geht es um Unterhalt und sind Sie gegenüber Ihrem Kind oder Ihrem Ex-Partner unterhaltspflichtig, werden Sie beim ersten Kontakt meist aufgefordert,
Im Unterhaltsrecht geht es speziell darum, den Unterhaltspflichtigen in Verzug zu setzen. Ab dem Zeitpunkt, zu dem Sie in Verzug gesetzt wurden, sind Sie in der Zahlungspflicht, vorausgesetzt, Ihre Unterhaltspflicht und die Höhe des geforderten Unterhalts erweist sich als begründet. Auch wenn Sie die Zahlungen zunächst verweigern, kann der Unterhaltsberechtigte ab dem Zeitpunkt der Inverzugsetzung den Unterhalt einfordern, wenn Sie später zur Zahlung verpflichtet werden sollten. Haben Sie also eine Aufforderung zur Unterhaltszahlung bekommen, ist zu prüfen, ob und inwieweit Sie nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen unterhaltspflichtig sind.
Bin ich verpflichtet, einem Anwalt zu antworten?
Sie sind nicht verpflichtet, einem Anwalt auf das Aufforderungsschreiben zu antworten. Dann allerdings gehen Sie das Risiko ein, dass sich der Anwalt genötigt sieht, Sie wegen Ihrer Unterhaltspflicht gerichtlich in Anspruch zu nehmen. Wenn Sie Glück haben, erhalten Sie vorher nochmals eine Erinnerung mit der Aufforderung, Stellung zu nehmen. Unternehmen Sie nichts oder ignorieren die vom Anwalt gesetzte Frist zur Stellungnahme, bleibt dem Anwalt nichts anderes übrig, als die Unterhaltsforderung gerichtlich geltend zu machen. Sie erhalten dann im nächsten Schritt Post vom Amtsgericht und werden nochmals unter Fristsetzung aufgefordert, auf die Forderung des Unterhaltsberechtigten Stellung zu beziehen.
Unternehmen Sie auch dann nichts, werden Sie zwangsläufig wahrscheinlich zur Zahlung des Unterhalts verurteilt. Ist Ihre Unterhaltspflicht gerichtlich festgestellt (tituliert), müssen Sie damit rechnen, dass der Unterhaltsberechtigte die Forderung im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzt. Sie riskieren dann, dass beispielsweise Ihr Girokonto oder das Gehalt bei Ihrem Arbeitgeber gepfändet wird.
Sie können all diese Nachteile vermeiden, wenn Sie auf das Aufforderungsschreiben des Anwalts angemessen reagieren. Dies bedeutet natürlich nicht, dass Sie Ihre Unterhaltspflicht vorbehaltlos anerkennen müssen. Es geht nur darum, dass der Anwalt weiß, wie Sie zu der Unterhaltsfrage stehen und wie weiter vorzugehen ist.
Wie antwortet man einem Anwalt?
Um einem Anwalt zu antworten, bedarf es keiner besonderen Form. Erhalten Sie ein Aufforderungsschreiben zur Unterhaltszahlung, werden Sie möglicherweise ärgerlich, vielleicht auch wütend sein. Trifft dies zu, sollten Sie nicht sofort antworten. Sie riskieren, dass Sie in Ihrem Antwortschreiben Worte verwenden, die emotional geprägt und nicht geeignet sind, eine sachliche Auseinandersetzung zu ermöglichen. Besser ist, Sie legen das Schreiben erst einmal zur Seite und schlafen eine Nacht darüber. Am nächsten Tag betrachten Sie die Dinge erfahrungsgemäß nüchterner.
Möchten Sie das Schreiben dann selbst beantworten, kommt es darauf an, was der Anwalt will.
- Werden Sie aufgefordert, Ihr Einkommen zu belegen, werden Angaben zu Ihrem Einkommen und die Vorlage Ihrer letzten Gehaltsabrechnungen erwartet.
- Werden Sie aufgefordert, einen bestimmten Unterhaltsbetrag zu zahlen, müssen Sie Stellung nehmen, inwieweit Sie überhaupt unterhaltspflichtig sind und nach welchen Kriterien sich Ihre Unterhaltspflicht bestimmt.
Sie können das Schreiben mit der Post schicken oder per E-Mail beantworten. Eine SMS oder eine WhatsApp-Nachricht werden dem Ernst der Angelegenheit nicht gerecht. Wichtig ist, dass Sie eine Kopie Ihrer Stellungnahme anfertigen, so dass sich immer nachvollziehen lässt, was Sie geäußert haben.
Kann man den Anwalt umgehen?
Erhalten Sie von einem Anwalt ein Aufforderungsschreiben, liegt meist die Originalvollmacht des Mandanten bei. In Unterhaltsangelegenheiten kommen als Mandanten beim Kindesunterhalt Ihr Kind und beim Ehegattenunterhalt der Ex-Partner in Betracht. Mit der Beauftragung eines Anwalts geben die Mandanten zu erkennen, dass sie durch diesen Anwalt vertreten werden und im Regelfall kein Interesse besteht, in direkten Kontakt mit der unterhaltspflichtigen Gegenseite treten zu wollen.
Insoweit sollten auch Sie dem Anwalt antworten und Ihr Antwortschreiben nicht an dessen Mandanten richten. Dies bringt auch nichts, da der Mandant Ihr eventuelles Antwortschreiben dem Anwalt weiterreichen würde.
Genauso wenig wird der Mandant den direkten Kontakt zu Ihnen wünschen, wenn er/sie einen Anwalt beauftragt hat. Würde der Mandant den Kontakt direkt suchen und hinter dem Rücken des Anwalts tätig werden, könnte der Anwalt dies als Vertrauensbruch verstehen und sich veranlasst sehen, das Mandat zu kündigen. Schließlich ist es Inhalt des Mandats, dass der Anwalt den Schriftverkehr für den Mandanten führt und der Mandant in die zweite Reihe zurücktritt.
Es ist auch zweckmäßig und zielführend, wenn die Verhandlungen ausschließlich über den Anwalt laufen und der Anwalt nach Maßgabe von Gesetz und Rechtsprechung die unterhaltsrechtliche Angelegenheit beurteilt. Würde sich der Mandant hier einmischen, bestünde das Risiko, dass die Verhandlungen in die falsche Richtung und zum Nachteil des Mandanten gehen.
Was ist, wenn gegnerischer Anwalt nicht antwortet?
Haben Sie auf das Aufforderungsschreiben eines Anwalts geantwortet und antwortet dann der gegnerische Anwalt nicht mehr, ist die Frage, was als nächstes passiert. Im Regelfall wird der Anwalt wohl antworten, da es immer zweckmäßig ist, außergerichtlich eine Einigung herbeizuführen.
Haben Sie in Ihrem Antwortschreiben Ihre Unterhaltspflicht nachhaltig bestritten, müssen Sie damit rechnen, dass sich der Anwalt auf keine weitere Diskussion einlässt und den Unterhalt direkt beim Amtsgericht gerichtlich geltend macht. Sie können diesen Schritt nicht verhindern. Sollten Sie nach dem Inhalt Ihres Antwortschreibens aber keine Veranlassung für die unmittelbare Inanspruchnahme des Gerichts gegeben haben, riskiert der Anwalt und die Gegenseite, dass ihnen die Verfahrenskosten auferlegt werden und Sie, auch wenn Sie zur Zahlung von Unterhalt verpflichtet werden, von den Kosten entlastet werden.
Möchten Sie wirklich selbst antworten?
Sie können das Aufforderungsschreiben des Anwalts selbst beantworten. Keine Frage. Aber: Das Unterhaltsrecht ist ein komplexes Rechtsgebiet. Sie müssen in der Lage sein, zu beurteilen, ob und inwieweit Ihre Unterhaltspflicht tatsächlich besteht. Hier gibt es eine Vielzahl von Ansätzen, nach denen sich unterhaltsrechtliche Angelegenheiten beurteilen. Vor allem gibt es unendlich viel Rechtsprechung. Antworten Sie selbst, riskieren Sie, dass Ihre Argumentation rechtlich völlig neben der Sache liegt und vergeben sich die Chance, von vornherein so zu reagieren, dass Sie in der weiteren Auseinandersetzung gute Karten haben.
Sie vermeiden diese Risiken, wenn Sie
- sich frühzeitig kompetent informieren und
- nach Möglichkeit anwaltlich beraten und vertreten lassen.
Ein Anwalt erkennt schnell, wie die Dinge liegen. Scheint Ihre Unterhaltspflicht im Grundsatz begründet, ist immer noch zu verhandeln, in welcher Höhe Sie Unterhalt leisten müssen.
Gerade, wenn in unterhaltsrechtlichen Angelegenheiten emotionale Aspekte hineinspielen, ist es immer riskant, die Verhandlung selbst führen zu wollen. Im Unterhaltsrechtsstreit zählen fast ausschließlich rechtliche Aspekte. Die Beratung und die Vertretung durch einen im Unterhaltsrecht erfahrenen Anwalt oder eine Rechtsanwältin gewährleisten, dass genau diese rechtlichen Aspekte zur Geltung gebracht werden. Mit der eigenen anwaltlichen Beratung und Vertretung stellen Sie die „Waffengleichheit“ her und sind den Attacken der Gegenseite nicht schutzlos ausgeliefert.
Sollte es im Nachgang zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommen und möchten Sie sich vor Gericht verteidigen, sind Sie ohnehin auf die anwaltliche Vertretung angewiesen. Vor den Familiengerichten besteht Anwaltszwang. Dies bedeutet, dass Sie nur über einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin vortragen können und Sie sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Gericht anwaltlich vertreten lassen müssen. Sind Sie nicht anwaltlich vertreten, werden Sie nicht gehört und werden nach Maßgabe des Vortrags der Gegenseite, unabhängig davon, was Sie vortragen möchten, zur Zahlung von Unterhalt verurteilt.
Nutzen Sie Beratungshilfe und Verfahrenskostenhilfe
Die Beratung und Vertretung durch einen Anwalt muss auch nicht am Geld scheitern. Fehlt Ihnen die notwendige Liquidität, haben Sie Anspruch auf staatliche Beratungshilfe und im Gerichtsverfahren Anspruch auf Verfahrenskostenhilfe. Dann übernimmt der Staat die Gebühren für die anwaltliche Beratung und Vertretung.
Beim Unterhalt geht es immer ums Geld. Die Kosten, die Sie in eine frühzeitige anwaltliche Beratung investieren, ersparen Ihnen möglicherweise höhere und vielleicht unbegründete Unterhaltszahlungen. Riskieren Sie also nichts, was sich später kaum mehr reparieren lässt.