Ändert sich die Steuerklasse, wenn das Kind auszieht?

Muenzen Im Glas iurFRIEND® AG

Mittwoch, 20.03.2024, geschrieben von iurFRIEND-Redaktion

Wohnt Ihr Kind in Ihrem Haushalt, zahlen Sie in der Steuerklasse II als alleinerziehender Elternteil weniger Einkommensteuer als ohne Kind in der Steuerklasse I. Zieht das Kind aus Ihrer Wohnung aus, stellt sich die Frage, ob sich damit auch die Steuerklasse ändert. Erfahren Sie hier, wer in welche Steuerklasse (I oder II) einzuordnen ist, wann ein Elternteil als alleinerziehend gilt, (z.B. wenn ein neuer Partner in Ihre Wohnung einzieht) und welcher Zusammenhang zwischen Steuerklasse und Unterhalt besteht. Gipfelt Ihr Interesse hierin in einer professionellen Unterhaltsberechnung (hier geht's zum Formular), sind wir Ihnen zum fairen Preis behilflich.

Wer ist in der Steuerklasse I und II?

Die Höhe der Einkommensteuer lässt sich aus der Lohnsteuertabelle ablesen. Der Familienstand und die Kinder werden in Steuerklassen angegeben. Nach dem Einkommensteuergesetz gehören Arbeitnehmer

  1. in die Steuerklasse I, die ledig, verheiratet, verwitwet oder geschieden sind und bei denen die Voraussetzungen für die Steuerklasse III oder IV nicht erfüllt sind.
  2. In die Steuerklasse II gehören die in Steuerklasse I bezeichneten Arbeitnehmer, wenn ihnen ein Kinderfreibetrag oder Kindergeld für mindestens ein Kind zusteht.

Der Vorteil in der Steuerklasse II ist, dass zusätzlich zum Kinderfreibetrag von 8.952 Euro ein Entlastungsbetrag in der Höhe von 4.260 Euro vorgesehen ist, der sich für den alleinerziehenden Elternteil wie ein zweiter Freibetrag für das Kind auf die Lohnsteuer auswirkt. Der Kinderfreibetrag hingegen steht beiden Elternteilen zu, unabhängig davon, wer das Kind betreut. Leben die Eltern getrennt, wird der Kinderfreibetrag im Regelfall aufgeteilt.

EXPERTENTIPP

Vertrauen ist gut, Kontrolle besser

Sind Sie Arbeitnehmer, kann der Arbeitgeber alle Daten, die für die Ermittlung Ihrer Lohnsteuer relevant sind (elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale) aus einer zentralen Datenbank elektronisch abrufen. Sie müssen ihm dazu vor Beginn der Beschäftigung Ihre Steueridentifikationsnummer und Ihr Geburtsdatum mitteilen. Auch wenn viele Änderungen Ihrer Lohnsteuerabzugsmerkmale automatisch berücksichtigt werden (z.B. Steuerklasse, Geburt eines Kindes, Scheidung, Kirchenaustritt), sollten Sie den Arbeitgeber auf veränderte familiäre Verhältnisse aufmerksam machen. Ansonsten ist für alle Änderungen der Steuerklassen und die Eintragung von Freibeträgen ausschließlich das Finanzamt zuständig. Da die Datenbank des Fiskus oft Fehler enthält, sollten Sie Ihre Lohnabrechnung genau prüfen, ob Ihre Lohnsteuermerkmale richtig sind. Stellen Sie einen Fehler fest, bitten Sie umgehend das Finanzamt um eine Korrektur.

Steuerklasse und Entlastungsbetrag für Alleinerziehende

Sind Sie alleinerziehender Elternteil, profitieren Sie von der steuervergünstigten Steuerklasse II. Sie können in die Steuerklasse II wechseln, wenn Sie ein minderjähriges Kind haben, das in Ihrem Haushalt wohnt und ohne Partner oder Partnerin erziehen.

 

Sie dürfen aber auch keine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person bilden (z.B. Großelternteil), die in der Lage wäre, sich an den Kosten für die Haushaltsführung zu beteiligen. Geringverdiener und Pflegebedürftige dürfen also mit dem Alleinerziehenden und dem Kind zusammenwohnen, ohne dass die Entlastung infrage gestellt wird.

 

In diesem Fall steht Ihnen ein besonderer Steuerfreibetrag für Alleinerziehende zu. Er führt dazu, dass Sie mehr Nettoeinkommen haben. Dieser Entlastungsbetrag kann immer nur von einem der beiden Elternteile in Anspruch genommen werden. Alleinerziehende erhalten ab 2023 für das erste Kind einen Entlastungsbetrag von 4.260 €. Für jedes weitere Kind erhöht sich der Entlastungsbetrag um jeweils 240 €.

 

Sie können den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende beantragen, wenn Sie für Ihr Kind Kindergeld beziehen oder Sie alternativ Anspruch auf den Kinderfreibetrag haben. Anspruch auf Kindergeld besteht, wenn in Ihrem Haushalt ein Kind wohnt und dort gemeldet ist. An wen die Zahlung tatsächlich erfolgt, ist unerheblich. Entfällt das Kindergeld, zum Beispiel, weil das Kind 25 Jahre alt geworden ist, geht ab diesem Monat auch der Entlastungsbetrag verloren.

 

Erhalten beide den Kinderfreibetrag, sollten Sie sich mit dem anderen Elternteil absprechen, wer den Freibetrag beantragt. Derjenige, der mehr verdient, hat in der Regel auch den höheren Steuervorteil. Das Finanzamt geht normalerweise davon aus, dass der Empfänger des Kindergeldes auch den Entlastungsbetrag beantragt. Wird davon abgewichen, ist mit Rückfragen vom Finanzamt zu rechnen. In diesem Fall wäre auf § 24b Abs. 1 Satz 3 Einkommensteuergesetz zu verweisen. Dort ist unmissverständlich klargestellt, dass der Entlastungsbetrag demjenigen Elternteil zusteht, der Anspruch auf das Kindergeld hat.

GUT ZU WISSEN

Wann gilt man als alleinerziehend?

Doch Vorsicht: Der Entlastungsbetrag steht nur "echten" alleinstehenden Elternteil zu, zu deren Haushalt mindestens ein Kind (leibliches Kind, Adoptivkind, Pflegekind, Stiefkind oder Enkelkind) gehört, für das Kindergeld oder alternativ der Kinderfreibetrag gewährt wird. Voraussetzung ist dazu, dass das Kind minderjährig ist oder sich noch in Ausbildung befindet. "Echte" Alleinstehende sind ledig oder geschieden und dürfen keine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person bilden (Ausnahmen: volljähriges Kind in Ausbildung, Geringverdiener, Pflegebedürftige).

Was ist, wenn mein Kind zu Hause auszieht?

Zieht das Kind aus Ihrer Wohnung aus, geht der Entlastungsbetrag und damit die Steuerklasse II nicht verloren. Der Bundesfinanzhof hat klargestellt, dass allein die Meldung eines Kindes in der Wohnung eines alleinerziehenden Elternteils eine unwiderlegbare Vermutung für die Haushaltszugehörigkeit des Kindes begründet. Liegen alle weiteren Voraussetzungen für den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende vor, ist die Steuerklasse II zu gewähren. Dabei kommt es vorrangig auf die Wohnsitzmeldung an, so dass die tatsächlichen Verhältnisse keine Rolle spielen.

Praxisbeispiel

Tochter eines Witwers mit eigener Wohnung

Der Vater einer Tochter war verwitwet und bezog das Kindergeld. Die Tochter war zwar in der Wohnung des Vaters gemeldet, lebte aber in einer eigenen Wohnung. Entgegen der Auffassung des Finanzamtes gewährte der Bundesfinanzhof den Entlastungsbetrag. Ist das Kind in der Wohnung des Elternteils gemeldet, sei zu vermuten, dass das Kind auch zum Haushalt dieses Elternteils gehört. Diese Vermutung ist in § 24b Abs. I Satz 2 EstG formuliert. Die Haushaltszugehörigkeit sei allein aufgrund der Meldung zu vermuten. Es spiele keine Rolle mehr, wenn das Kind tatsächlich in einer eigenen Wohnung lebt (Bundesfinanzhof, Urteil v. 5.2.2015, Az. III R 9/13).

 

Ist das Kind jedoch nicht in der Wohnung des Elternteils gemeldet, muss das Vorliegen der Haushaltszugehörigkeit gegenüber dem Finanzamt nachgewiesen werden. Ist das Kind zeitgleich bei beiden Eltern gemeldet, steht der Entlastungsbetrag und die Steuerklasse II regelmäßig demjenigen Elternteil zu, der das Kindergeld erhält, sofern diese Person zugleich "alleinstehend" ist (§ 24b Abs. 1 Satz 3 EStG.

Geschieht die Änderung automatisch oder muss man sie beantragen?

Trennen Sie sich vom Ehepartner, müssen Sie spätestens nach Ablauf des Trennungsjahres Ihre Steuerklassen anpassen. Die Änderung geschieht nicht automatisch. Vielmehr müssen Sie das Finanzamt informieren, dass Sie getrennt leben und beantragen, dass Sie als alleinstehender Elternteil in die Steuerklasse II eingetragen werden möchten. Der Antrag kann im Zusammenhang mit der Einkommensteuererklärung oder mit einem Antrag auf Lohnsteuerermäßigung gestellt werden.

EXPERTENTIPP

Elektronisch beantragen

Der Antrag auf Steuerermäßigung kann im Formular-Management-System der Bundesfinanzverwaltung bei den „Steuerformularen“ im Ordner „Lohnsteuer“ heruntergeladen werden. Alternativ lässt sich im Portal Mein Elster elektronisch die Steuerklasse ändern oder ein Freibetrag eintragen.

Was ist, wenn mein neuer Partner bei mir einzieht?

Leben Sie in einer eheähnlichen Gemeinschaft (nicht verheiratet, aber zusammenlebend) und betreuen ein Kind, gelten Sie nicht mehr als alleinerziehend und werden in Steuerklasse I eingeordnet.

Praxisbeispiel

Von Steuerklasse II in I

Paula ist geschieden und gilt damit als ledig. Sie ist Mutter des 5-jährigen Jan. Lange lebte sie mit ihrem Sohn alleine. Da zu dieser Zeit alle Voraussetzungen für die Steuerklasse II zutrafen, wurde Paula nach der Steuerklasse II besteuert. Da ihr Freund in die Wohnung eingezogen ist, lebt Paula in aller eheähnlichen Gemeinschaft, gilt nicht mehr als alleinerziehend und ist in die Steuerklasse I einzuordnen.

 

Gleiches gilt aber auch für Personen, die fähig wären, sich an den Kosten für die Haushaltsführung zu beteiligen. Insoweit sollte es möglich sein, dass Geringverdiener und Pflegebedürftige in der Wohnung leben, ohne dass der Entlastungsbetrag gestrichen wird. Ansatzpunkt dafür ist, dass Eltern, die ihre Kinder allein großziehen, oft hohe finanzielle Belastungen haben. Gibt es eine Person, die wirtschaftlich zur Haushaltsführung beiträgt, verliert der Entlastungsbetrag hingegen den Zweck.

Welche Zusammenhänge bestehen zwischen Steuerklasse und Unterhalt?

Ist ein Elternteil in die Steuerklasse I eingeordnet, zahlt er/sie vergleichsweise mehr Steuern, als wenn die Steuerklasse II oder III maßgebend wäre. Um das unterhaltsrelevante Nettoeinkommen zu bestimmen, ist das Bruttoeinkommen um die Einkommensteuer zu reduzieren. Wer also mehr Einkommensteuer zahlt, hat ein geringeres Nettoeinkommen und zahlt im Ergebnis weniger Unterhalt.

EXPERTENTIPP

Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche Belastungen

Geht es um den Kindesunterhalt, lässt sich der Unterhalt von der Einkommensteuer nur abziehen, wenn kein Anspruch auf Kindergeld oder Kinderfreibetrag besteht. In diesem Fall reduzieren die Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche Belastungen die Einkommensteuer bis zu 10.908 € (Stand 2023). Dabei geht es meist um Sachverhalte, in denen das Kind 25 Jahre alt wird, damit der Anspruch auf das Kindergeld entfällt, das Kind auswärts wohnt und ein Elternteil weiterhin Unterhalt leistet.

GUT ZU WISSEN

Ausbildungsfreibetrag

Auch der Ausbildungsfreibetrag sollte berücksichtigt werden. Er beträgt für 2023 = 1200 €. Der Freibetrag ist an das Kindergeld gekoppelt: Solange Anspruch auf Kindergeld besteht, wird auch der Steuervorteil gewährt. Für jeden Monat ohne Anspruch, reduziert sich der Freibetrag um ein Zwölftel. Getrennte Elternteile erhalten den Freibetrag jeweils zur Hälfte. Zieht das Kind aus Ihrer Wohnung aus, können Sie den Ausbildungsfreibetrag trotzdem einkommensteuerrechtlich geltend machen.

Alles in allem

Zieht Ihr Kind zu Hause aus, ist dies steuerlich nicht unbedingt ein Nachteil. Um sich die Steuerklasse II und den damit verbundenen Entlastungsbetrag für Alleinerziehende zu erhalten, sollten Sie wissen, auf was es dabei ankommt. Haben Sie den Eindruck, aufgrund dieser Umstände als Unterhaltsberechtigter mehr Geld bekommen bzw. als Unterhaltszahlender entlastet werden zu müssen, prüfen Sie dies unbedingt mit einer rechtssicheren Unterhaltsberechnung nach. Hier finden Sie die meistgestellten Fragen zum Vorgehen.

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