Unterhalt trotz Klinikaufenthalt weiterzahlen?

Kind Sparschwein iurFRIEND® AG

Dienstag, 07.02.2023, geschrieben von iurFRIEND-Redaktion

Den Unterhaltszahler erwartet ein längerer Krankenhausaufenthalt und er sieht sich außerstande, den vereinbarten Unterhalt zu zahlen. Eine schwierige Zeit für ihn aufgrund von Krankheit oder Verletzung, und gleichermaßen ein Albtraum für den Unterhaltsempfänger, wenn er kein Geld bekommt. Daraus ergibt für beide Parteien die Frage, ob der Unterhalt trotz Klinikaufenthalt weiter zu zahlen ist. Möchten Sie Streit vermeiden, sollten beide Parteien wissen, wie es um den Unterhalt bei einem Klinikaufenthalt steht.

Vereinbart ist vereinbart

Haben Sie Anspruch auf Kindesunterhalt, Trennungs- oder Ehegattenunterhalt, besteht der Anspruch darauf unabhängig davon, dass der Unterhaltszahler im Krankenhaus liegt. Ihr Anspruch besteht dem Grundsatz nach unverändert fort. Umgekehrt sind Sie als Unterhaltszahler verpflichtet, den vereinbarten Unterhalt zu leisten, und zwar auch dann, wenn Sie

  • im Krankenhaus liegen,
  • sich gar im Koma befinden oder
  • mangels Liquidität keine Zahlungen leisten können.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich Ihre Unterhaltspflicht nach Ihrem Jahresbruttoeinkommen in den letzten zwölf Monaten bemisst. Damit zählt also nicht unmittelbar das Einkommen, das Ihnen jetzt zum Zeitpunkt Ihres Krankenhausaufenthaltes zur Verfügung steht. Für die damit verbundenen Schwierigkeiten müssen Sie eine andere Lösung finden, bei der jede Partei ihren Beitrag leisten sollte.

Praxisbeispiel

Auch der Vermieter fragt nicht nach Klinikaufenthalt

Vergleichen Sie die Situation mit der Verpflichtung, die Miete für eine Wohnung zu zahlen. Sind Sie Mieter, müssen Sie dem Vermieter die Miete zahlen, unabhängig davon, ob Sie wirtschaftlich, physisch oder psychisch in der Lage sind, die Zahlungen wirklich zu leisten. Es ist letztlich nicht das Problem des Vermieters, ob Sie leistungsfähig sind. Dieser Aspekt hat sich auch in der Corona-Pandemie gezeigt, als Vermieter darauf bestanden, die vereinbarte Miete einzufordern. Mieter blieben trotzdem verpflichtet, die Miete zu entrichten.

Hilft der Grundsatz des Wegfalls der Geschäftsgrundlage?

Im Vertragsrecht gibt es den Grundsatz des Wegfalls der Geschäftsgrundlage. Entfällt die Geschäftsgrundlage, auf der eine vertragliche Vereinbarung beruht, kann die insoweit verpflichtete Partei fordern, dass die Vereinbarung den geänderten Gegebenheiten angepasst wird. Im Unterhaltsrecht lässt sich dieser Grundsatz aber nicht ohne Weiteres ins Feld führen. Im Unterhaltsrecht geht es um gesetzliche Unterhaltsansprüche, die rechtsverbindlich begründet sind.

 

Soweit es bei den Unterhaltszahlungen Schwierigkeiten gibt, haben Sie als Unterhaltszahler die Möglichkeit, Ihre Unterhaltszahlungen speziell im Wege einer gerichtlichen Abänderungsklage neu festsetzen zu lassen. Ungeachtet dessen sollten vorzugsweise außergerichtliche Absprachen in Betracht kommen.

Welche Möglichkeit bietet die Abänderungsklage?

Möchten Sie Ihre Unterhaltsverpflichtung in der Höhe abändern, müssen Sie beim Familiengericht eine Abänderungsklage einreichen. Die Abänderungsklage hat, so wie der Name bereits zum Ausdruck bringt, das Ziel, einen rechtsverbindlich bestehenden Zahlungstitel abzuändern.

 

Voraussetzung ist immer, dass Ihre wirtschaftliche Situation so erhebliche Auswirkungen auf Ihre Liquidität hat, dass es Ihnen nicht mehr zuzumuten wäre, den bislang festgesetzten Unterhalt in voller Höhe weiter zahlen zu müssen. Die Gerichte fordern, dass die Auswirkungen mindestens 10 % ausmachen müssen.

 

Liegen Sie im Krankenhaus, wäre Voraussetzung, dass Ihre physische oder psychische Gesundheit sich dauerhaft auswirkt und auch künftig erhebliche Auswirkungen auf Ihre Liquidität haben wird. Werden Sie hingegen gesund aus dem Krankhaus entlassen, dürften diese Voraussetzungen nicht vorliegen. Solange Sie in der Klinik liegen und möglicherweise handlungsunfähig sind, werden Sie kaum eine Möglichkeit haben, beim Familiengericht eine Abänderungsklage vorzutragen.

Maximal 6 Wochen Lohnfortzahlung, dann Krankengeld

Sind Sie Arbeitnehmer oder als Arbeitnehmer arbeitslos gemeldet und liegen im Krankenhaus, haben Sie Anspruch auf Lohnfortzahlung. Ihr Arbeitgeber zahlt für längstens sechs Wochen unverändert Ihren Lohn. Insoweit besteht kein Grund, den Unterhalt reduzieren zu wollen. Auch nach Ablauf von sechs Wochen zahlt die Krankenkasse Krankengeld. Das Krankengeld wird in Höhe von 90 Prozent Ihres letzten Nettogehaltes ausgezahlt.

 

Soweit das Krankengeld über Ihrem persönlichen Selbstbehalt (als Erwerbstätiger) liegt (1.370 € im Monat beim Kindesunterhalt, 1.510 € beim Trennungs- oder Ehegattenunterhalt), bleiben Sie verpflichtet, den vereinbarten Unterhalt zu zahlen. Damit es nicht zu Zahlungsunterbrechungen kommt, haben Sie idealerweise bereits vor Ihrer Einweisung ins Krankenhaus Ihrer Bank einen Dauerauftrag erteilt. Dann überweist die Bank automatisch den Unterhalt an den Unterhaltsempfänger. Sie brauchen sich um nichts weiter zu kümmern.

 

Die Krankengeldzahlung ist zeitlich nicht beschränkt. Für dieselbe Krankheit erhalten Sie Krankengeld für die Dauer von maximal 78 Wochen oder für 546 Kalendertage innerhalb einer Blockfrist von 3 Jahren gezahlt.

 

Sind Sie selbstständig tätig und gesetzlich krankenversichert, haben Sie nur Anspruch auf Krankengeld, wenn Sie einen entsprechenden Tarif abgeschlossen haben.

GUT ZU WISSEN

Sie müssen Vermögenswerte einsetzen

Im Übrigen müssen Sie berücksichtigen, dass Sie die Unterhaltszahlungen nicht allein auf Ihr Gehalt beziehen dürfen. Soweit Sie Vermögenswerte besitzen, beispielsweise Guthaben auf dem Girokonto oder Wertpapiere im Depot haben, sind Sie verpflichtet, auch diese Vermögenswerte für den Unterhalt zu verwenden.

Wie konsequent handeln Sie als Unterhaltsempfänger?

Haben Sie Anspruch auf Unterhalt, sollten Sie Theorie und Wirklichkeit unterscheiden. Selbst wenn Sie auf dem Papier Anspruch auf einen bestimmten Betrag haben, geht Ihre Forderung ins Leere, wenn der Unterhaltszahler aus finanziellen Gründen nicht in der Lage ist, den vereinbarten Unterhalt zu zahlen. Auch wenn er noch Vermögenswerte besitzt, wird er im Zeitraum des Krankenhausaufenthaltes kaum in der Lage sein, Vermögenswerte zu Geld zu machen und aus dem Erlös den Unterhalt zu zahlen.

Unterhalt stunden

Es empfiehlt sich, dass Sie auf die Gegebenheiten die gebotene Rücksicht nehmen. Sie könnten die Unterhaltszahlungen stunden und erst wieder geltend machen, wenn der Unterhaltszahler aus dem Krankenhaus entlassen wird und wieder über finanzielle Mittel verfügt.

Teilzahlungsregelung ins Spiel bringen

Ist der Unterhaltszahler noch in der Lage, wenigstens Teilbeträge des vereinbarten Unterhalts zu zahlen, sollten Sie eine Teilzahlungsregelung akzeptieren. Dann erhalten Sie wenigstens Teilbeträge und brauchen nicht auf den Gesamtbetrag zu verzichten. Insoweit ist eine Kompromisslösung immer besser als eine maximale Forderung.

Zwangsvollstreckung durchsetzen?

Ist Ihre Forderung rechtsverbindlich festgestellt (tituliert), könnten Sie zwar die Zwangsvollstreckung in die Wege leiten und auf das Gehalt des Unterhaltszahler beim Arbeitgeber zugreifen oder eventuell vorhandenes Guthaben auf dessen Girokonto pfänden.

 

Ob Sie damit aber wirklich eine tragfähige Regelung erreichen, erscheint angesichts der finanziellen Schwierigkeiten des Unterhaltszahler eher fraglich. Vielmehr ist anzunehmen, dass sich die Situation verhärtet und der Unterhaltszahler sich veranlasst sehen könnte, sich gegen Ihre Forderung zur Wehr zu setzen. So könnte er beispielsweise sein Girokonto in ein Pfändungsschutzkonto umwandeln. Dann könnten Sie das dort vorhandene Guthaben, wenn überhaupt, nur noch insoweit beanspruchen, als es den persönlichen Freibetrag des Unterhaltszahler übersteigt.

 

Pfänden Sie das Gehalt beim Arbeitgeber, müssten Sie einkalkulieren, dass Sie damit das Renommee des Unterhaltszahler als Arbeitnehmer beeinträchtigen, möglicherweise seiner Karriere schaden und sich damit in der Perspektive ins eigene Fleisch schneiden.

Alles in allem

Wer Geld fordert, muss immer berücksichtigen, ob der Schuldner in der Lage ist, zu zahlen. Es nutzt nichts, zu fordern, wenn sich im Ergebnis nichts erreichen lässt. Gestehen Sie als Unterhaltsempfänger zu, dass der Unterhaltszahler aufgrund seines sicher unfreiwilligen Krankenhausaufenthaltes mindestens finanzielle Schwierigkeiten hat, die sich besser nicht in Langezeitfolgen auswirken. Und gestehen Sie als Unterhaltszahler zu, dass der Unterhaltsempfänger auf den Unterhalt angewiesen ist und wenigstens das Angebot einer vertretbaren Lösung erwartet.

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