Was tun, wenn es ein Kuckuckskind ist?

Mann Kind Sonnenblumen Feld iurFRIEND® AG

Mittwoch, 30.10.2019, geschrieben von iurFRIEND-Redaktion

Ein Kind ist das höchste Glück der Eltern. Bei einem Kuckuckskind trifft diese Einschätzung allenfalls für einen Elternteil zu. Hat Ihnen ein fremder Kuckuck ein Kuckuckskind ins Nest gelegt, dürfte es für Sie als Ehepartner oder als Noch-Ehepartner sowie als Scheinvater interessant sein zu wissen, welche Rechte oder gar Pflichten in Ihrer Person begründet sind.

Was hat der Kuckuck mit dem Kind zu tun?

Ein Kuckuckskind hat im Sprachgebrauch seinen Namen daher, dass der Kuckuck seiner Eier gerne in fremde Nester legt und von einem anderen Vogelpaar ausbrüten lässt. Bei Menschen brütet die verheiratete Mutter das Kind eines fremden Erzeugers aus. Mit anderen Worten: Die Frau ist fremdgegangen. Sie sind ein Scheinvater. Immerhin schätzen Experten, dass die Zahl der Kuckuckskinder in Deutschland bis zu 10 % betragen könnte. Nach einer belgischen Untersuchung soll die Zahl der Kuckuckskinder allenfalls bei unter 2 % liegen. Wie diese Schätzungen zustande kommen, ist nicht bekannt.

Wie ist die Rechtslage beim Kuckuckskind?

Die Rechtslage ist eindeutig. Sind Sie mit der Mutter des Kindes verheiratet, wird das Kind in Ihrer Ehe als eheliches Kind geboren. Das Gesetz vermutet, dass Sie der Erzeuger und damit der rechtliche Vater des Kindes sind. Ob Sie auch der genetische, biologische, leibliche Vater dieses Kindes sind, steht auf einem anderen Blatt. Jene gesetzliche Vermutung besteht auch dann, wenn Sie bereits längere Zeit getrennt voneinander gelebt haben und es völlig offensichtlich ist, dass ein anderer Mann der Erzeuger des Kindes ist. Im Interesse des Kindes stellt das Gesetz allein auf den Zeitpunkt der Geburt des Kindes ab. Das in Ihrer Ehe geborene Kuckuckskind ist also auch Ihr Kind. Daraus ergeben sich eine Reihe von Konsequenzen, insbesondere Pflichten, aber auch Rechte.

Bin ich für das Kuckuckskind finanziell verantwortlich?

Als rechtlicher Vater sind Sie dem Kind, auch wenn es ein Kuckuckskind ist, unterhaltspflichtig. Rein rechtlich ist das Kuckuckskind Ihr Kind. Auch wenn Sie sich von der Mutter trennen, bleiben Sie unterhaltspflichtig und müssen für das Kind Kindesunterhalt zahlen.

Was kann ich tun, wenn ich den Unterhalt verweigern möchte?

Möchten Sie für das Kuckuckskind keinen Unterhalt leisten, sollten Sie Ihre Vaterschaft anfechten. Das Familiengericht entscheidet dann per Beschluss. Ist das Gericht davon überzeugt, dass Sie nicht der genetische Vater sind, wird Ihrer Klage stattgegeben. Um die Abstammungsfrage zu klären, wird das Gericht in der Regel ein Abstammungsgutachten beauftragen. Dabei handelt es sich um ein medizinisches Gutachten eines Sachverständigen, welches das Gericht im Rahmen der Beweisaufnahme einholt.

 

Heimliche Vaterschaftstest haben vor Gericht also keine Relevanz. Es nutzt nichts, wenn Sie heimlich die benutzte Windel des Kindes ins Labor tragen und dort auf Übereinstimmung mit Ihrer genetischen DNA überprüfen lassen. Stellt sich heraus, dass Sie tatsächlich nicht der leibliche Vater sind, entfällt Ihre Unterhaltspflicht. Sie verlieren dann aber auch das vermeintliche Sorgerecht. Ihre bisherige Verwandtschaftsbeziehung zum Kind wird aufgehoben.

Wann kommt ein Unterhaltsregress in betracht?

Selbstverständlich können Sie versuchen, den leiblichen Vater für geleistete Unterhaltszahlungen in Regress nehmen. Da Sie für das Kind Unterhalt gezahlt haben, geht der Unterhaltsanspruch des Kindes auf Sie über (§ 1607 Abs. III S. 2 BGB). Doch Vorsicht: Ihre Regressansprüche als Scheinvater wegen Kindesunterhalt gegen den leiblichen Vater verjähren drei Jahre, nachdem Ihre Scheinvaterschaft vom Gericht rechtskräftig festgestellt wurde.

Kann ich die Mutter in Regress nehmen?

Um womöglich die Mutter wegen geleisteter Unterhaltszahlungen in Regress zu nehmen, müssten Sie der Mutter eine vorsätzlich sittenwidrige Schädigung vorwerfen und daraus einen Schadensersatzanspruch begründen können. In Betracht kommt, dass Ihnen die Mutter das fremde Kind bewusst unterschieben wollte und als eigenes Kind verkauft hat. In der Praxis stellen sich häufig erhebliche Beweisschwierigkeiten.

Kann ich die Mutter zwingen, den Vater preiszugeben?

Gibt die Mutter die Identität des leiblichen Vaters nicht freiwillig preis, kann der Scheinvater den Auskunftsanspruch einklagen. In der Zwangsvollstreckung kann er die Mutter unter Androhung und Festsetzung von Zwangsgeld und ersatzweise Zwangshaft zur Preisgabe veranlassen.

 

Der Gesetzgeber versucht im Hinblick auf die bestehende Rechtsprechung seit 2016 gesetzlich zu regeln, dass Scheinväter gegen die Mutter des Kindes Anspruch haben, den mutmaßlichen leiblichen Vater des Kindes zu benennen, allerdings nur, soweit die Namensnennung für die Mutter im Einzelfall zumutbar ist. Die Problematik dabei ist nicht zu übersehen. Flüchtet die Mutter in Ausflüchte und behauptet, den Erzeuger namentlich nicht zu kennen oder nicht zu wissen, wo er wohnt und lässt sich auch durch Zwangsgeld oder Zwangshaft nicht beeindrucken, hätten Sie möglicherweise schlechte Karten. Bislang ist der Gesetzentwurf noch nicht Gesetz geworden.

 

Der Bundesgerichtshof stellte in diesem Zusammenhang auch klar, dass die Mutter kein schützenswertes Interesse habe, den leiblichen Vater nicht zu benennen. Vielmehr bestehe ein vorrangiges öffentliches Interesse daran, dass der Scheinvater von Maßnahmen von Selbstjustiz abgehalten werde. Sein Auskunftsanspruch diene der Wahrung des Rechtsfriedens und der Rechtsordnung (BGH I ZB 86/08). Insoweit brauchen Sie gegenüber Ihrem Kuckuckskind trotz eventueller moralischer Vorbehalte kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn Sie wissen wollen, wer der wirkliche Vater ist.

Was besagt das „Kuckuckskind-Urteil" des Bundesgerichtshofes?

Im „Kuckuckskind-Urteil“ hatte ein Mann erfolgreich seine Vaterschaft angefochten. Da er zuvor für das scheinbar von ihm stammende Kind Unterhalt gezahlt hatte, wollte er den leiblichen Vater auf Unterhaltsregress in Anspruch nehmen. Der Bundesgerichtshof bestätigte seine Rechtsprechung und verurteilte die Mutter, Auskunft über die Person zu erteilen, die ihr während der gesetzlichen Empfängniszeit beigewohnt hatte (BGH, Urteil vom 9.11.2011, Az. XII ZR 136/09). In diesem Fall war es konkret so, dass der leibliche Vater die Vaterschaft anerkannt hatte und die Mutter durch ihr früheres Verhalten Tatsachen ihres Geschlechtsverkehrs während der Empfängniszeit offenbart hatte. Ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht musste daher hinter die Interessen des Scheinvaters zurücktreten. Sie musste den Erzeuger benennen.

Muss ich trotz Kuckuckskind Trennungsunterhalt zahlen?

Die Krönung ist, dass Sie der Mutter trotz Kuckuckskind auch noch Trennungsunterhalt zahlen müssen. Immerhin entschied das Oberlandesgericht Hamm (Az. 8 UF 41/14), dass es grob unbillig wäre, den Scheinvater zu einer noch höheren Unterhaltszahlung zu verpflichten, als der Scheinvater bereit war, zu zahlen. Da die Frau ihre außereheliche Affäre verschwiegen hatte und damit gegen die eheliche Solidarität verstoßen habe und der Mann das Kuckuckskind über Jahre hinweg mit eigenen finanziellen Mitteln großgezogen hatte, wurde der Anspruch der Frau auf noch höhere Unterhaltszahlungen abgewiesen.

Alles in allem

Kinder sind Kinder. Haben Sie das fremde Kind ein halbes Leben lang als eigenes Kind betrachtet und großgezogen, ist die Überraschung natürlich groß, wenn sich das Kind als Kuckuckskind erweist. Hat sich eine emotionale Beziehung zum Kind entwickelt, wird es trotzdem so sein, dass dieses Kind auch Ihr Kind ist. Es bleibt Ihre Entscheidung, welche Konsequenzen Sie daraus ziehen oder ob Sie die Dinge so belassen, wie sie sind.

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