Wer Einzelunternehmer ist und Unterhalt zahlen muss, für den stellt sich die Frage, wie er mit dem verdienten Geld verfahren sollte – auf das Gehalt draufpacken oder anderweitig als Gewinn investieren. Da in letzterem Fall Spielräume entstehen, den Unterhalt zu drücken, sollten Sie sowohl als Empfänger oder Zahler von Unterhalt wissen, wo die Grenzen dabei liegen. Lesen Sie hier, was in der Buchführung eines Unternehmers legitim erscheint und wo es Ansätze gibt, das unterhaltsrelevante Einkommen anzuzweifeln. Um es vorwegzunehmen: Da der in Steuerbescheiden ausgewiesene Gewinn für die Unterhaltsberechnung nicht maßgebend ist, sollten Sie zur Klärung Ihres Anliegens eine professionelle Unterhaltsberechnung erwägen, die Sie bei uns auch online bekommen können.
Gewinnreduzierung verfolgt steuerliches UND unterhaltsrechtliches Interesse
Wer selbstständig und unternehmerisch tätig ist, möchte viel Gewinn einfahren. Andererseits ist der Gewinn steuerpflichtig. Je höher der Gewinn, desto höher die Einkommenssteuer. Der Unternehmer wird also auch daran interessiert sein, seinen Gewinn im Hinblick auf die Einkommensteuer und letztlich auch im Hinblick auf seine Unterhaltspflichten zu reduzieren. Aus steuerlicher, aber auch aus unterhaltsrechtlicher Sicht ergeben sich jedoch Grenzen.
Erstellt der Unternehmer eine Einnahmen-Überschussrechnung (Gewinn- und Verlustrechnung), ist es völlig legitim, wenn er alle seine Betriebsausgaben berücksichtigt. Die Betriebsausgaben mindern den Ertrag. Dies führt zu der Frage, welche Betriebsausgaben absetzbar sind und welche Ausgaben darüber hinaus aus unterhaltsrechtlicher Sicht eventuell noch zusätzlich zu berücksichtigen sind und welche nicht.
Im Hinblick auf die Betriebsausgaben entscheidet letztlich das Finanzamt, welche Ausgaben anerkannt werden und welche nicht. Wird eine Betriebsausgabe anerkannt, ist es legitim, wenn der Unternehmer dadurch den Ertrag und damit seinen Gewinn reduziert. Ob eine Betriebsausgabe aber auch unterhaltsrechtlich anzuerkennen ist, ist wieder eine ganz andere Frage.
Insoweit sind die zu versteuernden Einkünfte meist geringer als das Einkommen, das für die Unterhaltsberechnung relevant ist. Grund dafür ist, dass steuerspezifische Abzüge vom Einkommen unterhaltsrechtlich nicht oder nur teilweise anzuerkennen sind. Schwierigkeiten entstehen zudem dadurch, weil die vom Unternehmer selbst gefertigten Unterlagen und Belege vornehmlich im Hinblick auf steuerliche Vorschriften erstellt werden. Steuerrecht und Unterhaltsrecht haben aber unterschiedliche Zielsetzungen und eigene Begrifflichkeiten. Hier ergibt sich viel Spielraum und naturgemäß auch solcher für streitige Auseinandersetzungen.
80% PKW-Betriebskosten abgesetzt
Das OLG Hamm (NJW-RR 1998, 78) belehrte einen selbstständigen Optiker, dass allenfalls 20 % seiner PKW-Betriebskosten als betriebsbedingt anzuerkennen waren. Der Optiker hatte 80 % der Betriebskosten seines Pkw als betriebsbedingt abgesetzt. Er konnte nicht angeben, wieso er für sein Geschäft in diesem Umfang einen Pkw benötigte.
Zum Ratgeber: Fahrtkosten und Unterhalt Luxuriöse Immobilie als Bürogebäude gekauft
Kauft ein Unternehmer eine Immobilie und richtet darin seine Büros ein, kann er die Finanzierungszinsen und das zur Ausstattung notwendige Mobiliar als Betriebsausgaben in der Gewinn- und Verlustrechnung berücksichtigen. Es ergibt sich die Frage, inwieweit die Ausgaben unterhaltsrechtlich ihren Niederschlag finden, wenn die Investition luxuriös erscheint und den Verdacht begründet, es gehe dem Unternehmer nur darum, sein unterhaltsrelevantes Einkommen zu reduzieren. Hier wäre festzustellen, bis zu welcher Grenze die Ausgaben anzuerkennen sind und ab wann die Ausgaben als unangemessen erscheinen.
Steuerrechtlich kann der Unternehmer Abschreibungen vornehmen, durch die der Verschleiß von Gegenständen berücksichtigt wird. Oft ist aber so, dass der Abschreibung gar keine tatsächliche Wertminderung in Höhe des steuerlichen Anerkennungsbetrages gegenübersteht. Hier ist es Aufgabe des Unternehmers, seine Einnahmen und Ausgaben als Unterhaltszahler so darzustellen, dass die nur steuerlich beachtlichen Aufwendungen deutlich von den unterhaltsrechtlich relevanten abgegrenzt werden können (BGH FamRZ 1998, 357). Zweifel bei der Einkommensermittlung gehen zu Lasten des Unternehmers. Im Zweifel kann sich das Familiengericht im Unterhaltsrechtsstreit mit einer Schätzung behelfen, die regelmäßig nicht unbedingt zugunsten des Unterhaltszahlers ausgeht.
Option Privatentnahmen und Gewinnausschüttungen
Der Unternehmer muss aus seinem Gewinn seinen Lebensunterhalt bestreiten. Das Geld, das er dazu aus der Kasse nimmt, wird als Privatentnahme bezeichnet. Der Umfang der Privatentnahmen ergibt regelmäßig einen guten Ausgangspunkt für die Ermittlung der unterhaltsrelevanten Einkünfte. Diese spiegeln den Lebenszuschnitt des Selbstständigen wieder (OLG Düsseldorf FamRZ 1983, 399).
Unterhaltszahler muss Empfänger nicht an Privatentnahmen beteiligen
Der Unterhaltszahler muss den Unterhaltsempfänger aber nicht an den Entnahmen teilhaben lassen, wenn er von der Substanz des Betriebes lebt. Ihm ist nicht zuzumuten, die Entnahmen zu Lasten einer fortschreitenden Verschuldung des Unternehmens zu tätigen und durch zusätzliche Darlehensaufnahme zu finanzieren, wenn dies zu einer Überschuldung des Betriebs und einem Verlust der aufgebauten Existenz führen würde (OLG Frankfurt, FamRZ 2005, 803). Gegebenenfalls kann der Unternehmer dann aber auch angehalten sein, den Betrieb einzustellen und eine abhängige Arbeit anzunehmen.
Unterhaltszahler darf sein Gehalt jedoch nicht zu klein rechnen
Zahlt sich der Unternehmer ein Gehalt aus, kann dieses nicht allein Grundlage für die Unterhaltsberechnung sein, wenn er zugleich Gewinne stehen lässt. Wäre dieser Weg richtig, könnte der Unternehmer durch ein zu gering bemessendes Gehalt seine Unterhaltspflicht reduzieren, obwohl auf dem Unternehmenskonto noch Guthaben steht. Andererseits kann der Unternehmer gute Gründe haben, nicht seinen gesamten Gewinn für den Lebensbedarf zu verbrauchen, wenn er aus unternehmerischer Perspektive Geld anspart. Trotzdem bemisst sich der Unterhalt nach dem Gewinn des Unternehmers. Schließlich können auch Gläubiger auf dieses Kapital zugreifen, wenn sie Forderungen geltend machen. Unterhaltsrechtlich steht dem Unternehmer zur Absicherung des eigenen Lebensunterhalts aber sein Selbstbehalt zu.
Welche Faktoren bemessen den Gewinn des Einzelunternehmers?
Die Bemessung des unterhaltsrelevanten Einkommens bei unternehmerisch tätigen Personen ist ein schwieriges Terrain. Grundlage des maßgeblichen Einkommens ist das durchschnittliche Einkommen der letzten drei Jahre. Bei einem erst neu gegründeten Unternehmen kann der jeweilige Jahresertrag zugrunde gelegt werden. In der Regel ermitteln Einzelunternehmer ihren Gewinn durch eine Einnahmen-Überschussrechnung (Gewinn- und Verlustrechnung).
Der Gewinn, der sich daraus ergibt, ist aber noch lange nicht Grundlage für die Unterhaltsberechnung. Der Rohgewinn steht meist nicht für die Lebenshaltung und die Unterhaltszahlung zur Verfügung. Dieser ist vielmehr um eine Reihe von Verbindlichkeiten zu bereinigen. Ausgangspunkt für die Gewinnbereinigung ist der festgestellte Überschuss aus der Gewinn- und Verlustrechnung.
Vom Rohgewinn sind abzuziehen:
- Beiträge zur Altersvorsorge in Höhe der gesetzlichen Rentenversicherung zuzüglich einer Zusatzversorgung, aber höchstens bis zu 23 % des Gewinns
- Beiträge zur Krankheitsvorsorge
- Einkommensteuer
- Kirchensteuer
- Gewerbesteuer
- berücksichtigungswürdige Schulden, insbesondere ehebedingte Schulden,
- Kindesunterhalt
Zum Rohgewinn hinzuzurechnen sind:
- Abschreibungen (Erfahrungssatz 1/3)
- Privatentnahmen (Tätigt der Unternehmer also unangemessen hohe Privatentnahmen, kann er dadurch nicht ohne Weiteres sein unterhaltsrelevantes Einkommen reduzieren)
- Ein zu gering angegebener privater Eigenverbrauch
- durch betriebliche Ausgaben ersparte Aufwendungen im privaten Lebensbereich (OLG Koblenz, FamRZ 2018, 259).
- Investitionszulagen
Investitionszulagen
Das Steuerrecht gewährt die Möglichkeit, in der Einkommensteuererklärung eine Investitionszulage geltend zu machen. So kann der Unternehmer angeben, dass er in den nächsten drei Jahren mit der Anschaffung eines neuen betrieblich notwendigen Pkw oder der notwendigen Renovierung der Büroräume eine Investition tätigen wird, die steuerrechtlich als Betriebsausgabe zu berücksichtigen ist. Macht er beispielsweise 5.000 Euro geltend, verringert sich das zu versteuernde Einkommen um diesen Betrag.
Wie ist in der Praxis zu verfahren?
Das Familiengericht prüft im Rahmen einer umfassenden Beweiswürdigung die vom Unterhaltspflichtigen vorgetragenen Ausgaben und die damit im Zusammenhang vorgelegten Unterlagen, ob diese richtig und vollständig sind. Widersprüche und Ungereimtheiten müssen nach richterlichem Hinweis aufgeklärt werden. Ansonsten werden sie als unwahr zurückgewiesen. Auch kann das Familiengericht unklare Positionen schätzen und dazu auf Erfahrungswerte zurückgreifen. Solche Erfahrungswerte sind bei
- Industrie- und Handelskammer,
- Handwerkskammer,
- Arbeitsamt,
- Innung
- oder sonstigen Berufsverbänden
in Erfahrung zu bringen (BGH FamRZ 1993, 789). Der Unternehmer genügt diesen Anforderungen, indem er die vollständige Einnahmenüberschussrechnung mit Kontennachweisen und die Steuerbescheide für den Unterhaltszeitraum vorlegt.
Die Einkommensermittlung und die danach durchzuführende Unterhaltsberechnung bei Selbstständigen und Unternehmern ist meist eine Herausforderung. Einfache Unterhaltsrechner im Internet helfen hier nicht weiter. Sind Sie als Unterhaltszahler oder als Unterhaltsempfänger an einer zuverlässigen Unterhaltsberechnung unter Beteiligung von EinzelunternehmerInnen interessiert, wenden Sie sich am besten gleich an unsere Experten. Unsere Unterhaltsberechnungen* sind rechtssicher, zuverlässig und vor allem enorm kostentransparent. Mit Ausfüllen des Unterhaltsformulars gehen Sie noch keine Verpflichtung ein – wir rufen Sie nach dem Erhalt Ihrer Informationen an und übermitteln Ihnen einen Preisvorschlag, den Sie annehmen und auch noch weitere Fragen stellen können. Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme!