Das Wechselmodell bietet beiden Ehepartnern als Elternteilen die Möglichkeit, sich gleichberechtigt und gleichermaßen um das gemeinsame Kind zu kümmern. Da die Betreuungsleistung im Vordergrund steht, stellt sich die Frage, wie die Betreuung den Barunterhalt für das Kind beeinflusst. Wir erklären, in welchem Licht Sie die Unterhaltspflichten betrachten sollten und wie Sie mit dem Kindesbarunterhalt umgehen.
Betreuen Sie Ihr gemeinsames Kind abwechselnd organisatorisch zu gleichen Teilen, liegt ein echtes Wechselmodell vor. Diese Art der Betreuung heißt daher auch paritätisches Wechselmodell oder, weil das Kind zwei Lebensmittelpunkte hat, auch Doppelresidenzmodell. Ihr Kind verbringt gleich viel Zeit mit Vater und Mutter. Der organisatorische Aufwand dürfte am geringsten sein, wenn Sie Ihr Kind im Zweiwochenrhythmus oder im Monatsrhythmus abwechselnd betreuen.
Betreut ein Elternteil das Kind aber nur zu einem Drittel oder zu 40 %, fehlt es an der paritätischen Betreuung und damit an einem echten Wechselmodell. In diesem Fall verbleibt es bei der Regelung, die das herkömmliche Residenzmodell vorgibt. Danach betreut ein Elternteil das Kind überwiegend in seinem Haushalt, während der andere Elternteil auf ein mehr oder weniger großzügig gehandhabtes Umgangsrecht angewiesen ist.
Wie Sie die Betreuung und den Umgang mit Ihrem Kind handhaben, hängt von Ihren wirtschaftlichen und beruflichen Gegebenheiten, Ihrem Interesse am Kind und nicht zuletzt von Ihrer Wohnsituation ab. Aus der Art und Weise, wie Sie Ihr Kind betreuen, ergeben sich dann auch Konsequenzen in Hinblick auf den Barunterhalt für das Kind. In der Praxis lassen sich drei Konstellationen unterscheiden:
Betreut ein Elternteil das Kind überwiegend in seinem Haushalt, während der andere Elternteil sich auf ein Umgangsrecht beschränkt, verbleibt es bei der normalen Regelung, nach der der nicht betreuende Elternteil den vollen Kindesunterhalt nach Maßgabe der Düsseldorfer Tabelle leistet. Es gibt keinen Grund, irgendwelche Abstriche vorzunehmen.
Betreuen Sie Ihr Kind überwiegend, ist Ihre Betreuungsleistung gleichwertig gegenüber der Unterhaltsleistung, die der andere Elternteil als Barunterhalt für das Kind erbringt. Betreuungsunterhalt und Barunterhalt dienen gleichermaßen den Interessen des Kindes.
Sie dürfen nicht den Anspruch erheben, dass Sie mit dem Barunterhalt mehr für das Kind tun, als es der betreuende Elternteil tut. Letztlich erbringt auch der betreuende Elternteil über die reine Betreuung hinaus finanzielle Leistungen für das Kind. Ebenso wenig dürfen Sie als betreuender Elternteil den Anspruch erheben, Ihre Betreuungsleistung sei gegenüber der Unterhaltszahlung des anderen Elternteils höherwertig oder aufwendiger. Möchten Sie den anderen Elternteil mehr in die Verantwortung für das Kind einbeziehen, müssen Sie ihm ein großzügigeres Umgangsrecht einräumen oder in letzter Konsequenz ein Wechselmodell anstreben. Wechseln Sie sich nämlich in der Betreuung regelmäßig ab, berechnet sich der Unterhalt unter Einbeziehung der jeweiligen Betreuungsleistungen.
Befindet sich ein Kind öfter und länger in der Obhut eines an sich nur umgangsberechtigten Elternteils und nähert sich der Umgang einer paritätischen Betreuung an, führt ein großzügig genutztes Umgangsrecht für sich genommen noch nicht dazu, dass der Barunterhaltsanspruch teilweise erfüllt wäre (BGH FK 2014,128).
Nehmen Sie Ihr Umgangsrecht besonders intensiv wahr, können die Mehraufwendungen durchaus Berücksichtigung finden, soweit Sie damit auch den anderen Elternteil finanziell entlasten. Fallen beispielsweise für die Fahrt zum Kind hohe Fahrtkosten oder sogar Übernachtungskosten an, kommt eine Herabstufung um eine Einkommensgruppe in der Düsseldorfer Tabelle in Betracht. Dadurch sinkt Ihr Nettoeinkommen und damit auch der Barunterhalt.
Betreuen Sie Ihr Kind im echten Wechselmodell, können Sie und der Ex-Partner sich nicht darauf berufen, dass Sie Ihre Unterhaltspflicht allein durch die Pflege und Erziehung des Kindes erfüllen. Die Kinderbetreuung kann für keinen Elternteil dazu führen, von der Barunterhaltspflicht befreit zu sein. Wären beide Elternteile von der Barunterhaltspflicht betreut, wäre nur der Betreuungsbedarf des Kindes abgedeckt. Beim echten Wechselmodell gibt es den allein betreuenden Elternteil nicht mehr.
Auch wenn Sie Ihr Kind paritätisch betreuen, schulden Sie neben Ihrer Betreuungsleistung deshalb trotzdem immer noch beide Barunterhalt. Ihre Barunterhaltspflicht bemisst sich nach Ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen. Diejenige, der mehr verdient, zahlt einen höheren Barunterhalt, derjenige, der weniger verdient, zahlt entsprechend weniger.
Als Elternteil können Sie auf die Unterhaltszahlung des anderen Elternteils auch nicht für die Zukunft verzichten. Der Unterhalt dient dazu, den aktuellen Lebensbedarf des Kindes abzudecken. Insoweit reduziert sich der Unterhaltsbetrag, den ein nicht betreuender Elternteil im Fall eines bloßen Residenzmodells zu leisten hätte, nur um den Aufwand der Betreuungsleistung.
Wichtig zu wissen: Behauptet ein Elternteil, er betreue das Kind im Wechselmodell, muss er die Betreuungszeiten detailliert darlegen. Dabei kommt es entscheidend auch darauf an, ob sich beide Elternteile so aufeinander verlassen können, dass die Betreuung des Kindes zu gleichen Anteilen gewährleistet ist. Dazu dürfte auch gehören, dass Sie sich um schulische, sportliche, medizinische, freizeitmäßige und kindliche Belange genauso kümmern wie Ihr Ehepartner und bereit sind, an der Erziehung des Kindes mitzuwirken. Nur dann lässt sich von einem echten Wechselmodell sprechen.
Auch beim Wechselmodell mindert das Kindergeld den Lebensbedarf des Kindes. Die Rechtsprechung nimmt hier rechnerisch kaum mehr nachvollziehbare Anteilsberechnungen vor. Danach wird die Hälfte des Kindergelds bedarfsmindernd beim Barunterhalt berücksichtigt, während der auf dem Betreuungsunterhalt entfallende Anteil am Kindergeld den Eltern aufgrund der gleichwertigen Betreuungsleistung hälftig zusteht (BGH, FamRZ 2016, 1053). Möchten Sie sich derartige Rechenschritte ersparen, sollten Sie zumindest beim echten Wechselmodell das Kindergeld anteilig zur Anrechnung bringen und möglichst nicht zwischen Barunterhalt und Betreuungsunterhalt unterscheiden.
Gut zu wissen: Die Kindergeldkasse zahlt das Kindergeld in einem Betrag an einen Elternteil aus. Eine Aufteilung an beide Elternteile ist organisatorisch nicht möglich. Die Auszahlung erfolgt an denjenigen Elternteil, bei dem das Kind mit dem Hauptwohnsitz gemeldet ist. Meistens ist das die bisherige eheliche Wohnung. Soweit ein Elternteil das volle Kindergeld erhält, muss er die Hälfte an den anderen Elternteil auszahlen.
Gut zu wissen:Spätestens im Jahr nach Ihrer Trennung müssen Sie die Steuerklasse wechseln. Als alleinerziehender Elternteil werden Sie die Steuerklasse II eingestuft, während der andere Elternteil in die steuerungünstige Steuerklasse I eingestuft wird. Da es beim echten Wechselmodell keinen vollständig alleinerziehenden Elternteil gibt, dürfte streng genommen keinem der Elternteile die Steuerklasse II zustehen. Vom Gesetz her ist es derzeit auch nicht möglich, dass beide Elternteile Steuerklasse II in Anspruch nehmen. Sie müssen sich also untereinander verständigen, wer in die Steuerklasse II und wer in die Steuerklasse I eingeordnet wird. Im Streitfall wird das Finanzamt danach entscheiden, bei welchem Elternteil der Hauptwohnsitz des Kindes gemeldet ist.
Betreuen Sie Ihr Kind im Wechselmodell, zählt jedes Kind bei beiden Elternteilen als Haushaltsmitglied und erhöht den Wohngeldbedarf. Gleiches gilt bei einer Aufteilung der Betreuung bis zu einem Verhältnis von mindestens einem Drittel zu zwei Drittel je Kind. Ist die Betreuungsleistung eines Elternteils geringer, ist bei dem Elternteil mit dem geringeren Betreuungsanteil nur das jüngste von zwei Kindern Haushaltsmitglied (§ 5 Wohngeldgesetz).
Nach § 1 Unterhaltsvorschussgesetz ist Voraussetzung für den Anspruch auf Unterhaltsvorschuss, dass das Kind „bei einem seiner Elternteile lebt“. An diesem Merkmal fehlt es beim echten Wechselmodell. Demgemäß hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass Elternteile keinen Anspruch auf Unterhaltsvorschuss haben, wenn das Kind im echten Wechselmodell betreut wird. Grund ist, dass durch die wechselnde Betreuung beider Elternteile derjenige Elternteil, der Unterhaltsvorschuss theoretisch beantragen könnte, bei der Pflege und Erziehung des Kindes entlastet wird (BVerwG, Az. 5 C 20/11).
Das Wechselmodell erscheint an sich als eine gute Entscheidung, wenn es um die Erziehung und das Wohl eines Kindes geht. Da der Gesetzgeber nach wie vor vom herkömmlichen Residenzmodell ausgeht, fehlt es an gesetzlichen Regelungen zum Wechselmodell. Teils liegt es an den Elternteilen selbst, organisatorisch passende und wirtschaftlich tragfähige Regelungen zu finden.
Geschrieben von: iurFRIEND-Redaktion