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Was ist das bes­te Be­treu­ungs­mo­dell bei Tren­nung und Schei­dung?

Bild: Was ist das beste Betreuungsmodell bei Trennung und Scheidung?

Wie be­ein­flusst die Be­treu­ung des Kin­des den Kin­des­un­ter­halt?

Nach Ihrer Trennung müssen Sie entscheiden, ob Sie oder Ihr Ehepartner Ihr gemeinsames Kind betreuen. Derjenige Elternteil, der dem Kind Unterkunft und Verpflegung gewährt, leistet Betreuungsunterhalt, der andere zahlt Barunterhalt. Je nachdem, für welches Betreuungsmodell Sie sich entscheiden, kann die Betreuung des Kindes auch den Kindesunterhalt beeinflussen. Wir erklären, welche Aspekte dabei in Betracht kommen.

Das Wich­tigs­te

  • Sie können Ihr Kind traditionell im Residenzmodell betreuen, sich aber auch auf ein Wechselmodell verständigen. Beim Residenzmodell erfüllt derjenige Elternteil, der das Kind betreut, seine Unterhaltspflicht allein mit der Betreuung. Der andere Elternteil zahlt den Kindesunterhalt als Barunterhalt.
  • Auch eine kosten- und zeitintensive Betreuung über das Umgangsrecht hinaus rechtfertigt es nicht, den Kindesunterhalt zu kürzen.
  • Beim echten Wechselmodell sind beide Elternteile über ihre Betreuungsleistungen hinaus verpflichtet, anteilig nach Maßgabe ihrer Eigentumsverhältnisse Barunterhalt zu zahlen. Sind die Betreuungsleistungen nicht gleichwertig, verbleibt es bei der vollen Unterhaltspflicht des Elternteils, der das Kind weniger betreut.
  • Wird das Kind ganztägig im Kindergarten oder in einer Kindertagesstätte untergebracht, ist der im Vergleich zur halbtägigen Unterbringung höhere Kostenaufwand als Mehrbedarf über den Kindesunterhalt hinaus zu zahlen.
  • Bei einer Heimunterbringung bemisst sich der Bedarf des Kindes nach den tatsächlich entstehenden Kosten und nicht allein nach dem Unterhaltssatz der Düsseldorfer Tabelle.

Gibt es denn die idea­le Be­treu­ung?

Um es gleich vorwegzunehmen: Es gibt kein absolut ideales Betreuungsmodell. Die Betreuung Ihres Kindes hängt von Ihrer Lebenssituation und vom Verhältnis zum anderen Elternteil ab. Wunschdenken stößt schnell an Grenzen. Das Dilemma zeigt sich bereits darin, dass Politiker, Sozialarbeiter, Psychologen, Pädagogen, Juristen und natürlich betroffene Eltern darüber diskutieren, in welcher Form ein Kind nach der Trennung seiner Eltern optimal betreut werden kann.

Gut zu wissen: Geht es um Betreuung und Unterhalt, sollte bestenfalls das Wohl des Kindes im Mittelpunkt Ihrer Überlegungen stehen. Ihre eigenen Empfindungen erscheinen insoweit nachrangig. Machen Sie Ihr vielleicht konfliktbelastetes Verhältnis zum Ex-Partner nicht zum Maßstab, um über die Betreuung Ihres Kindes und die Bereitschaft, Kindesunterhalt zu zahlen, zu entscheiden. Ein Kind sollte in einer Umgebung aufwachsen, in der es Stabilität, Geborgenheit, Kontinuität und Hingabe empfindet. Alles was dazu beiträgt, dass das Kind sein Umfeld als geordnet empfindet, fördert seine Entwicklung und hilft ihm, über die Trennung seiner Eltern hinwegzukommen.

Wel­cher Zu­sam­men­hang be­steht zwi­schen Kin­des­un­ter­halt und den Be­treu­ungs­mo­del­len?

Residenzmodell

Herkömmlicherweise lebt das Kind in den meisten Fällen nach der Trennung und Scheidung seiner Eltern bei einem Elternteil. Meist ist es die Mutter. Auch wenn der andere Elternteil einen engen Kontakt zum Kind wünscht, scheitert der Kontakt oft an persönlichen und vor allem beruflichen Hürden und beschränkt sich meist auf ein nach Möglichkeit großzügig vereinbartes Umgangsrecht.

Unterhaltspflichten beim Residenzmodell

Die Frage des Unterhalts ist beim Residenzmodell klar geregelt. Der betreuende Elternteil erfüllt dadurch, dass er das Kind verpflegt und das Kind in seiner Wohnung lebt, seine Unterhaltspflicht. Der andere Elternteil, der meist auf ein Umgangsrecht angewiesen ist, erbringt den Kindesunterhalt in Form von Barunterhalt.

Die Unterhaltspflicht besteht unabhängig davon, ob der Elternteil ein Sorgerecht hat oder nicht. Auch ohne Sorgerecht ist und bleibt er für das Kind finanziell verantwortlich.  Betreuungsunterhalt und Barunterhalt sind gleichwertige Unterhaltsleistungen. Sind Sie barunterhaltspflichtig, können Sie Ihre Unterhaltspflicht nicht dadurch infrage stellen wollen, dass der andere Elternteil das Kind „nur betreue“. Auch der betreuende Elternteil erbringt finanzielle Leistungen, wenn er das Kind in seinem Haushalt unterhält.

Gut zu wissen: Sind Sie barunterhaltspflichtig, bestimmt sich die Höhe des Kindesunterhalts nach der Düsseldorfer Tabelle. Die Zahlbeträge sind abhängig davon, wie hoch Ihr Nettoeinkommen und wie alt Ihr Kind ist. Je höher Ihr Einkommen und je älter das Kind, desto höher ist der Kindesunterhalt.

Kann ich den Kindesunterhalt kürzen, wenn ich mein Umgangsrecht kostenintensiv wahrnehme?

Müssen Sie lange Fahrwege in Kauf nehmen, wenn Sie in Wahrnehmung Ihres Umgangsrechts Ihr Kind besuchen wollen, geht der Kostenaufwand weitgehend zu Ihren Lasten. Keinesfalls können Sie die Kosten mit dem Kindesunterhalt verrechnen. Ebenso wenig können Sie die Kosten dem anderen Elternteil anlasten, weil dieser soweit weggezogen ist, dass Sie hohe Fahrtkosten investieren müssen (BGH, Az. XII ZB 599/13). Ihr durch die Gegebenheiten bedingter Kostenaufwand kann aber insoweit Berücksichtigung finden, dass Sie zumindest um eine Einkommensgruppe in der Düsseldorfer Tabelle herabgestuft werden (BGH, FK 14, 128). Dies gilt umso mehr, als Sie dadurch den anderen Elternteil entlasten und dieser sich seinerseits den Kostenaufwand erspart, das Kind direkt zu Ihnen bringen zu müssen.

Auch wenn Sie Ihr Kind intensiver betreuen, als es vielleicht notwendig erscheint, bleiben Sie in der Verpflichtung, den vollen Kindesunterhalt zu zahlen (Kammergericht Berlin 13 UF 164 15). Es bleibt Ihre Entscheidung, wie Sie Ihr Umgangsrecht wahrnehmen.

Gut zu wissen: Nehmen Sie in Wahrnehmung Ihres Umgangsrechts Kosten in Kauf, können Sie diese als Sonderausgaben in Ihrer Einkommensteuererklärung geltend machen. Dann rechnen Sie Fahrtkosten mit 0,30 EUR je Kilometer sowie Übernachtungskosten ab. Da diese Abrechnungspraxis streitig ist und eine Entscheidung des Bundesfinanzhofes ansteht, sollten Sie gegen einen ablehnenden Steuerbescheid Einspruch fristgerecht einlegen.

Ermäßigt sich der Kindesunterhalt, wenn ich weniger arbeite?

Die Höhe des Kindesunterhalts bemisst sich nach Ihrem Nettoeinkommen. Arbeiten Sie weniger, sinkt Ihr Nettoeinkommen und damit Ihre Einkommensstufe. Ein geringerer Verdienst wirkt sich aber nur insoweit aus, als Sie die nächstniedrigere Einkommensstufe erreichen.

Beispiel

Verdienen Sie netto 3.100 EUR, zahlen Sie in der Einkommensstufe 4 (Nettoeinkommen 2.701 EUR - 3.100 EUR) für ein vierjähriges Kind 503 EUR Kindesunterhalt. Arbeiten Sie weniger, wirkt sich Ihr niedrigerer Nettoverdienst erst aus, wenn Sie die Schwelle von 2.701 EUR unterscheiten und dann in die Einkommensstufe 3 eingruppiert werden (Nettoeinkommen 2.301 EUR - 2.700 EUR).

Gut zu wissen: Es ist zunächst Ihre Entscheidung, weniger zu arbeiten. Geht es aber nur darum, dass Sie sich intensiver um Ihr Kind kümmern möchten, ohne dass es arbeitsrechtliche Gründe für eine geringere Arbeitsleistung gibt, müssen Sie sich ein theoretisch erzielbares Einkommen (fiktives Einkommen) anrechnen lassen. Sie bleiben nämlich verpflichtet, alles zu tun, um im Rahmen Ihrer Möglichkeiten und Fähigkeiten Kindesunterhalt zu zahlen (OLG Brandenburg, Beschluss v. 4.9.2019, Az. 13 UF 77/19).

Wechselmodell

Das Wechselmodell trägt der Entwicklung Rechnung, dass zunehmend beide Elternteile berufstätig und beide Elternteile bereit sind, Verantwortung für das Kind zu übernehmen. Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes kann ein Wechselmodell allerdings nicht gegen den Willen eines Elternteils angeordnet werden (BGH, Beschluss v. 1.2.2017, AZ. XII ZB 601/15). Grund ist, dass ein Wechselmodell nur funktioniert und sich organisatorisch handhaben lässt, wenn die Elternteile so miteinander kommunizieren können, dass das Wechselmodell praktikabel erscheint. Insbesondere lässt sich ein Wechselmodell nicht mit der Absicht anordnen, die Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit der Eltern erst dadurch zu ermöglichen. Soweit das Verhältnis der Eltern konfliktbelastet ist, dürfte sich ein Wechselmodell in der Praxis kaum zuverlässig bewerkstelligen lassen.

Unterhaltspflichten beim echten Wechselmodell

Von einem echten Wechselmodell lässt sich nur sprechen, wenn die Elternteile das Kind in gleichen zeitlichen Anteilen betreuen. Es heißt daher auch Doppelresidenzmodell oder paritätisches Modell. Das Kind verbringt gleich viel Zeit bei Vater und Mutter. In diesem Fall betreuen die Elternteile das Kind zu gleichen Anteilen. Aber allein dadurch, dass die Elternteile gleichwertige Betreuungsleistungen erbringen, entfällt nicht die Pflicht, für das Kind Kindesunterhalt zu zahlen. Da beide Elternteile sowohl Betreuungsleistungen erbringen, als auch Kindesunterhalt bezahlen müssen, richtet sich die Höhe des von jedem Elternteil zu zahlenden Unterhalts nach dem Nettoeinkommen. Derjenige, der mehr verdient, zahlt mehr Kindesunterhalt. Wer weniger verdient, zahlt verhältnismäßig weniger. So wird sichergestellt, dass für das Kind finanzielle Mittel vorhanden sind, um es zu unterhalten.

Unterhaltspflichten beim unechten Wechselmodell

Betreuen Sie das Kind nicht im Verhältnis 50 zu 50, sondern nur zu 40 % oder einem Drittel, verbleibt es bei der Regelung, die für das Residenzmodell maßgebend ist (BGH, FamRZ 2006, 1015). Wenn Sie das Kind also weniger betreuen als andere Elternteil, bleiben Sie verpflichtet, den vollen Kindesunterhalt zu bezahlen. Auch wenn Sie ein paritätisches Wechselmodell anstreben, entfällt Ihre Unterhaltspflicht nicht.

Gut zu wissen: Ebenso wenig können Sie verlangen, dass ein bestehendes und gut funktionierendes Wechselmodell in ein Residenzmodell abgewandelt wird, wenn es nicht ausnahmsweise aus triftigen und das Kindeswohl betreffenden Gründen geboten erscheint (Kammergericht Berlin, Beschluss v. 13.9.2018, AZ. 13 UF 74/18). Allein die schwierige Kommunikations- und Kooperationsbereitschaft der Eltern ändere nichts daran, dass das Kind eine enge und tragfähige emotionale Bindung zu beiden Elternteilen habe und beide gleichermaßen benötige. Dies fördere die Entwicklung des Kindes.

Wichtig zu wissen: Ein Wechselmodell kann hohe Kosten verursachen. Wenn Sie Ihr Kind betreuen, benötigen Sie angemessenen Wohnraum. Vieles müssen Sie im Interesse des Kindes vielleicht eigens anschaffen. Um Wäsche zu waschen, brauchen Sie Waschmaschine und Trockner, Gefriertruhe, Spielsachen und nicht zuletzt vielleicht ein eigenes Fahrzeug für den Transport des Kindes zur Schule oder zum Sportplatz. Diese Umstände führen dazu, dass sich Eltern bei einer realistischen Betrachtung eingestehen müssen, sich ein echtes Wechselmodell eigentlich gar nicht leisten zu können.

Betreuungsmodell Großeltern

Übergeben Sie als eigentlich betreuender Elternteil Ihr Kind in die Betreuung der Großeltern, ändert dies nichts an der Verpflichtung des anderen Elternteils, Kindesunterhalt zu zahlen. Sinnvollerweise sollten Sie die Großeltern dann auch finanziell unterstützen.

Gut zu wissen: Auch Großeltern haben ein Umgangsrecht mit ihrem Enkelkind. Allerdings muss das Kindeswohl positiv festgestellt werden können. Insoweit besteht keine Vermutung, dass der Umgang mit den Großeltern immer dem Kindeswohl dient. Soweit Sie als Elternteile mit den Großeltern nicht klarkommen und die Großeltern Ihren Erziehungsvorrang als Elternteil missachten, dient der Umgang nicht dem Kindeswohl (BGH, Beschluss v. 12.7.2017, Az. XII ZB 350/16). Um die Kinder keinem Loyalitätskonflikt auszusetzen, kann den Großeltern ein Umgangsrecht verwehrt werden.

Kindesunterhalt bei der Betreuung im Kindergarten, Kindertagesstätte

Wird Ihr Kind im Kindergarten oder in einer Kindertagesstätte betreut, kann der unterhaltspflichtige Elternteil verpflichtet sein, über den reinen Kindesunterhalt hinaus Mehrbedarf zu zahlen. Soweit es sich allerdings um normale Kindergartenkosten handelt, sind diese bereits im normalen Kindesunterhalt enthalten. Dabei wird überwiegend unterstellt, dass lediglich die Kosten für den halbtägigen Besuch des Kindergartens im normalen Kindesunterhalt enthalten sind. Soweit das Kind den Kindergarten ganztägig besucht und dabei erzieherische Zwecke im Vordergrund stehen, ist der höhere Kostenaufwand als Mehrbedarf zusätzlich zum Kindesunterhalt zu zahlen. Dafür haftet aber der barunterhaltspflichtige Elternteil nicht allein, sondern beide Elternteile anteilig nach ihren Einkommensverhältnissen (BGH, Urteil vom 5.3.2008, Az. VIII ZR 150/05).

Kindesunterhalt bei Heimunterbringung

Lebt ein minderjähriges Kind im Heim, richtet sich sein Bedarf nicht nach der Düsseldorfer Tabelle, sondern nach den Kosten, die durch die Heimunterbringung tatsächlich anstehen (BGH, FamRZ 1986, 49). Da dadurch beide Elternteile keine Betreuungsleistungen erbringen, schulden sie gemeinsam Barunterhalt, der sich anteilig nach ihren Einkommensverhältnissen bemisst.

In­wie­weit kann das Kind mit­ent­schei­den, wenn es um sei­ne Be­treu­ung geht?

Kinder äußern oft den Wunsch, vorzugsweise bei einem bestimmten Elternteil leben zu wollen. Da aber das Kindeswohl maßgebliches Entscheidungskriterium ist, wo das Kind lebt und wie es betreut wird, kann der Wille des Kindes nur einen von mehreren Gesichtspunkten bei der Ermittlung des Kindeswohls darstellen.

Soweit das Kind 14 Jahre alt ist, muss es von Gesetzes wegen angehört werden. Jüngere Kinder kann im Streitfall der Richter zwar auch anhören, wird deren Äußerungen aber nur als Indizien werden. Grund ist, dass jüngere Kinder ihren Willen noch nicht unbedingt eigenständig bilden können und sich oft an den Vorgaben eines Elternteils orientieren. Kommt es tatsächlich dazu, dass das Familiengericht entscheiden muss, beurteilt der Richter das Kindeswohl danach, wo das Kind am besten aufgehoben ist. Kriterien dafür sind die Erziehungsfähigkeit der Elternteile, das wohnliche und soziale Umfeld, die Erziehungsmöglichkeiten der Elternteile im Hinblick auf ihre berufliche Situation und nicht zuletzt auch der Wunsch des Kindes.

Fa­zit

Wie Sie Ihr Kind auch immer betreuen: Sie sind und bleiben unterhaltspflichtig. Die Art und Weise der Betreuung stellt die Unterhaltspflichten nicht infrage. Allenfalls beim echten Wechselmodell beeinflusst die Betreuungsleistung auch die Höhe des Kindesunterhalts.

Geschrieben von: iurFRIEND-Redaktion

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