„Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren“. So steht es in § 1601 BGB. Aus dieser Vorschrift ergibt sich auch der Kindesunterhalt und die Unterhaltspflicht beider Elternteile. Die Unterhaltspflicht eines Elternteils entsteht dann, wenn das Kind geboren wird und wird insbesondere dann offenkundig, wenn Eltern sich trennen und ein Elternteil darauf angewiesen ist, dass der andere Unterhalt für das Kind zahlt.
Kindesunterhalt und Unterhaltspflicht vermitteln oft den Eindruck, als wären die Begriffe Reizthemen. Dabei geht es an sich nur um die Selbstverständlichkeit, dass sich jeder Elternteil seiner Verantwortung für ein Kind bewusst ist und mit dem Kindesunterhalt seine Unterhaltspflicht erfüllt. Eltern und Kinder sind Verwandte in gerader Linie und damit einander unterhaltspflichtig. Als Voraussetzung für Kindesunterhalt und Unterhaltspflicht bestimmt § 1602 BGB, dass nur derjenige unterhaltsberechtigt ist, der außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Für minderjährige Kinder trifft diese Voraussetzung regelmäßig zu. Zugleich bestimmt § 1603 BGB, dass unterhaltspflichtig derjenige ist, der unter Berücksichtigung seiner eigenen Verpflichtungen leistungsfähig und damit in der Lage ist, Kindesunterhalt zu zahlen. Das Gesetz verwendet dazu die Begriffe „Bedürftigkeit“ und „Leistungsfähigkeit“.
Barunterhalt ist derjenige Unterhalt, den der unterhaltspflichtige Elternteil in bar als Kindesunterhalt bezahlt (§ 1612 BGB). Der Barunterhalt ist monatlich im Voraus zu entrichten. Betreuungsunterhalt ist der Unterhalt, den der Elternteil erbringt, der das gemeinsame Kind in seinem Haushalt betreut, versorgt und großzieht. Der Betreuungsunterhalt steht dem Barunterhalt gleich. Dadurch, dass der betreuende Elternteil das Kind betreut, erfüllt er seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind und braucht selbst keinen Barunterhalt zu zahlen. Die Elternteile können sich über ihre Unterhaltspflichten auch absprechen und insbesondere vereinbaren, dass das Kind abwechselnd betreut wird.
Kindesunterhalt und Unterhaltspflicht gelten für:
Geht es um Kindesunterhalt und Unterhaltspflicht, wird die Düsseldorfer Tabelle zitiert. Die Düsseldorfer Tabelle erleichtert den Familiengerichten die Beurteilung von Kindesunterhalt und Unterhaltspflicht und vereinheitlicht die Rechtsprechung in allen deutschen Bundesländern. Die Gerichte entscheiden damit im Wesentlichen gleich. Abweichungen gibt es insoweit, als es in den einzelnen Oberlandesgerichtsbezirken mit den Unterhaltsleitlinien des jeweiligen OLG noch konkretere Vorgaben für Kindesunterhalt und Unterhaltspflicht gibt. Die Düsseldorfer Tabelle wird jedes Jahr aktualisiert. Derzeit ist sie in ihrer Fassung vom 1. Januar 2021 maßgebend.
Die Düsseldorfer Tabelle geht im Hinblick auf Kindesunterhalt und Unterhaltspflicht von dem Nettoeinkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils aus. Die Stufe 1 betrifft ein Nettoeinkommen bis 1.900 EUR. Dann bestimmt die Tabelle drei Altersstufen von Null bis 5. Lebensjahr, 6. bis 11. Lebensjahr und 12. bis 17. Lebensjahr. Danach ergibt sich in der ersten Altersstufe ein Mindestkindesunterhalt von 393 EUR, in der zweiten Altersstufe von 451 EUR und in der dritten Altersstufe von 528 EUR. Außerdem enthält die Tabelle einen Unterhaltsbetrag für nicht privilegierte (siehe oben) volljährige Kinder. Für diese beträgt der Mindestunterhalt 564 EUR.
Für Kindesunterhalt und Unterhaltspflicht ist das sogenannte bereinigte Nettoeinkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils maßgebend. Um dieses festzustellen, sind vom Bruttoeinkommen Lohnsteuern und Sozialversicherungsbeiträge abzuziehen. Ferner sind berufsbedingte Aufwendungen zu berücksichtigen. Diese betragen 5 % des sich ergebenden Nettoeinkommens, mindestens 50 EUR, höchstens 150 EUR im Monat.
Erhält ein Elternteil für das gemeinsame Kind Kindergeld, wird die Hälfte auf den Kindesunterhalt und die Unterhaltspflicht angerechnet. Für volljährige Kinder kommt es voll zur Anrechnung. Das Kindergeld vermindert nämlich den Barbedarf des Kindes (§ 1612a BGB).
Da auch der unterhaltspflichtige Elternteil seinen eigenen Lebensunterhalt gewährleisten muss und nicht selbst zum Sozialfall werden soll, hat er Anspruch auf einen Selbstbehalt. Der Selbstbehalt beträgt, wenn der unterhaltspflichtige Elternteil nicht erwerbstätig ist, 960 EUR monatlich und 1.160 EUR, wenn er erwerbstätig ist. Gegenüber volljährigen Kindern beträgt der Selbstbehalt 1.400 EUR. Die Kosten für die eigene Wohnung des unterhaltspflichtigen Elternteils sind darin enthalten.
Vor allem dann, wenn sich Eltern trennen, kann es sein, dass der unterhaltspflichtige Elternteil gegenüber mehreren Personen in der Unterhaltspflicht steht. Dann reicht sein verfügbares Einkommen oft nicht aus, alle Unterhaltsansprüche zu bedienen. Es liegt ein Mangelfall vor. Dann werden die Unterhaltsansprüche nach der Rangfolge befriedigt, die § 1609 BGB bestimmt. Danach sind minderjährige Kinder und privilegierte Kinder vorrangig zu berücksichtigen. Haben mehrere Kinder Anspruch auf Kindesunterhalt, sind ihre Ansprüche im Verhältnis ihrer sich nach der Düsseldorfer Tabelle ergebenden Beträge gleichmäßig zu befriedigen. Erst wenn der Kindesunterhalt erfüllt ist, kommt der Ehegattenunterhalt in Betracht. Der rangmäßig nach den Kindern zu bedienende Ehepartner erhält als Unterhalt nur noch das, was übrigbleibt oder geht im ungünstigsten Fall leer aus.
Elternteile stehen gegenüber ihren Kindern in einer hohen Verantwortung. Um deren Anspruch auf Kinderunterhalt und Unterhaltspflicht zu erfüllen, erwartet das Gesetz, dass sie bis zur Grenze der zulässigen Höchstarbeitszeit nach dem Arbeitszeitgesetz arbeiten. Danach sind bis zu 48 Wochenarbeitsstunden erlaubt. Notfalls muss der Elternteil neben seiner eigentlichen Arbeit noch einen Nebenjob annehmen, um seiner Unterhaltspflicht nachzukommen. Erfüllt er/sie diese Anforderungen nicht, kann ihm/ihr ein fiktives Einkommen zugerechnet werden. Dann wird unterstellt, dass sich der Elternteil nicht intensiv genug um eine Arbeit bemüht hat, mit der er so viel Geld verdienen könnte, dass er selbst nach Abzug seines Selbstbehalts Kindesunterhalt zahlen könnte. Der unterhaltspflichtige Elternteil muss dann nachweisen, dass er alle Möglichkeiten ausgeschöpft hat, um das Geld zu verdienen, das er theoretisch verdienen könnte. Dabei darf er keinesfalls seine Arbeitszeit reduzieren, um mehr Zeit für die Kinder zu haben. Damit würde er nämlich sein Einkommen und damit auch seine Leistungsfähigkeit verringern (KG Berlin 13 UF 164/15). Der Betrag, den er dann nicht verdient, wird ihm als fiktives Einkommen auf Kindesunterhalt und Unterhaltspflicht angerechnet.
Kindesunterhalt ist eine Pflicht, die sich alleine durch die Blutsverwandtschaft ergibt. Der unterhaltspflichtige Elternteil hat dabei allerdings Anspruch auf Selbstbehalt, um selbst nicht zum Sozialfall zu werden. In Mangelfällen, in denen das verfügbare Einkommen nicht ausreicht, um alle Unterhaltsansprüche mehrerer Personen zu befriedigen, bestimmt das Gesetz eine Rangfolge. An erster Stelle steht die Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern. Auch bei der Unterhaltspflicht steht das Kindeswohl also an oberster Stelle. Jedoch nur soweit, dass der unterhaltspflichtige Elternteil selbst genügend Mittel für das eigene Leben hat.
Geschrieben von: iurFRIEND-Redaktion