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Be­treu­ungs­mo­del­le

Bild: Betreuungsmodelle

Wel­che Be­treu­ungs­mo­del­le gibt es? in­wie­fern un­ter­schei­den sich die­se?

Leben Sie von Ihrem Ehepartner getrennt, beeinflusst die Art und Weise, wie Sie Ihr Kind betreuen, auch den Unterhalt. Da es unterschiedliche Betreuungsmodelle gibt, erklären wir, welche Zusammenhänge zwischen dem jeweiligen Betreuungsmodell und dem Unterhalt bestehen. Die Betreuung hat nicht nur Einfluss auf den Kindesunterhalt, sondern auch auf den Trennungsunterhalt des getrenntlebenden Ehepartners. Die wichtigsten Betreuungsmodelle sind das Residenzmodell und das Wechselmodell.

Das Wich­tigs­te

  • Es gibt kein optimales oder richtiges Betreuungsmodell. Die Art der Betreuung Ihres Kindes hängt von Ihren Gegebenheiten, den Möglichkeiten und dem Interesse des anderen Elternteils sowie davon, was für Ihr Kind am besten ist, ab.
  • Beim traditionellen Residenzmodell betreut ein Elternteil das Kind ausschließlich in der eigenen Wohnung. Der andere Elternteil zahlt Kindesunterhalt und beschränkt sich auf ein Umgangsrecht.
  • Soweit Sie Ihr Kind betreuen, haben Sie meist auch Anspruch auf Trennungs- oder Ehegattenunterhalt.
  • Infolge eines sich ändernden Rollenverständnisses von Eltern steht häufig das Wechselmodell zur Debatte. Beim paritätischen Wechselmodell betreuen beide Elternteile das Kind zeitlich und organisatorisch gleichermaßen.
  • Verdienen die Elternteile beim Wechselmodell gleich viel, entfällt die Barunterhaltspflicht gegenüber dem anderen Elternteil.
  • Bei unterschiedlichen Einkommen reduziert sich die Barunterhaltspflicht für das Kind anteilig. Soweit ein Elternteil eigenes Geld verdient, ist der Verdienst auf den Trennungs- oder Ehegattenunterhalt anzurechnen.
  • Die Entscheidung für ein Betreuungsmodell hängt von einer Reihe von Faktoren ab, die erst in der Abwägung der Vor- und Nachteile zu einer Entscheidung führen, die Sie zumindest beim Wechselmodell in Abstimmung mit dem anderen Elternteil verantworten können.

Wel­ches Be­treu­ungs­mo­dell ist be­son­ders emp­feh­lens­wert?

Das perfekte Betreuungsmodell kann es nicht geben. Sie können sich nur für dasjenige Betreuungsmodell entscheiden, das in Ihrer Lebenssituation optimal geeignet ist, um die Betreuung Ihres Kindes zu gewährleisten. Da jede familiäre Situation individuell ist, hängt es von Ihren Gegebenheiten ab, wie Sie Ihr Kind betreuen. Idealerweise können Sie dabei auf die Unterstützung des anderen Elternteils zurückgreifen.

Scheidung und Kinder

Schei­dung und Kin­der

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Was ist das her­kömm­li­che Re­si­denz­mo­dell?

Das Residenzmodell greift das traditionelle Rollenbild von Vater und Mutter in der Ehe auf. Demnach betreut die Mutter die Kinder und führt den Haushalt. Der Mann verdient das Geld. Nach Trennung und Scheidung zahlt er den Unterhalt für das Kind und beschränkt sich auf ein Umgangsrecht mit dem Kind. Das Umgangsrecht wird im Idealfall individuell ausgestaltet. Danach wird das Kind beispielsweise an jedem zweiten Wochenende von Freitag bis Sonntag von dem umgangsberechtigten Elternteil betreut. Auch Ferien und Feiertage werden aufgeteilt oder im Wechsel begangen.

Das Residenzmodell erfährt wegen des veränderten Rollenverständnisses der Eltern zunehmend Abweichungen. Da nach wie vor vorwiegend die Mutter die Betreuung des Kindes übernimmt, möchten Väter verstärkt an der Erziehung und Betreuung ihres Kindes teilhaben und sind dafür auch bereit, ihr berufliches Engagement zurückzustellen. Väter sehen sich weniger als Zahlväter, während Mütter daran interessiert sind, sich stärker beruflich zu engagieren und sich nicht nur auf die Haushaltsführung und die Kinderbetreuung zu beschränken.

Wie steht es um die Un­ter­halts­pflich­ten beim Re­si­denz­mo­dell?

Kindesunterhalt beim Residenzmodell

Beim Residenzmodell erfüllt der betreuende Elternteil seine Unterhaltspflicht allein dadurch, dass er oder sie das Kind in der eigenen Wohnung betreut, es verköstigt und erzieht. Der nicht betreuende Elternteil zahlt Kindesunterhalt. Das Gesetz definiert Betreuungsunterhalt und Barunterhalt als gleichwertig. Die Höhe des Unterhalts ergibt sich im Regelfall aus der Düsseldorfer Tabelle. In der Tabelle ist in Abhängigkeit vom Nettoeinkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils und dem Alter des Kindes die Höhe des Kindesunterhalts bestimmt.

Der Anspruch auf Kindesunterhalt besteht auch fort, wenn Sie Ihr Kind im Kindergarten oder einer Kindertagesstätte betreuen lassen. Der Kindesunterhalt dient dem Lebensunterhalt des Kindes. Daran ändert sich auch nichts, wenn Sie eigenes Geld verdienen. Der unterhaltspflichtige Elternteil muss den vollen Kindesunterhalt leisten.

Trennungs- oder Ehegattenunterhalt beim Residenzmodell

Soweit Sie Ihr Kind betreuen und dafür Ihr berufliches Engagement zurückstellen, haben Sie im Zeitraum der Trennung Anspruch auf Trennungsunterhalt und nach der Scheidung Anspruch auf nachehelichen Ehegattenunterhalt.

Bis zum dritten Lebensjahr des Kindes dürfen Sie sich ausschließlich der Betreuung des Kindes widmen und sind nicht verpflichtet, durch eine Erwerbstätigkeit eigenes Geld zu verdienen. Auch über das dritte Lebensjahr des Kindes hinaus brauchen Sie nicht zu arbeiten, wenn Ihnen aufgrund der Betreuungssituation des Kindes keine Erwerbstätigkeit zuzumuten ist. Typische Fälle sind solche, in denen ein Kind behindert ist oder es keine Möglichkeit gibt, das Kind in einer Betreuungseinrichtung (Kindergarten, Kindertagesstätte) unterzubringen.

Was Sie beim Thema Unterhalt beachten sollten

Was Sie beim The­ma Un­ter­halt be­ach­ten soll­ten

Ein Überblick zum Thema Unterhalt und Tipps für die Unterhaltsberechnung.

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Wel­che Mög­lich­kei­ten bie­tet das Wech­sel­mo­dell?

Das Wechselmodell wird gerne als die moderne Form der Betreuung verkauft. Im Idealfall kann das Wechselmodell durchaus eine ideale Form der Betreuung ermöglichen. Vielfach scheitert das Wechselmodell aber an den Gegebenheiten der Elternteile.

Das Wechselmodell zeichnet sich dadurch aus, dass beide Elternteile ihr gemeinsames Kind abwechselnd betreuen. Damit ist im Regelfall das paritätische Wechselmodell gemeint, bei denen die Zeiträume, in denen ein Elternteil das Kind betreut, gleich lang sind. Insoweit wird das Wechselmodell auch als Doppelresidenzmodell bezeichnet. Das Kind verbringt mit Vater und Mutter gleich viel Zeit. Bestenfalls erfolgt der Wechsel von Elternteil zu Elternteil im Zwei-Wochenrhythmus oder im Monatsrhythmus.

Sie können den anderen Elternteil nicht verpflichten, das Wechselmodell zu praktizieren. Voraussetzung für ein Wechselmodell ist stets, dass Sie sich mit dem anderen Elternteil so gut verständigen können, dass Sie überhaupt in der Lage sind, die wechselseitige Betreuung des gemeinsamen Kindes zuverlässig zu organisieren.

Kindesunterhalt beim Wechselmodell

Verdienen beide Elternteile ungefähr gleich viel Geld, entfällt die Verpflichtung, dem anderen Elternteil für das gemeinsame Kind Kindesunterhalt zu zahlen. Beide Elternteile leisten ihre Unterhaltspflicht dadurch, dass sie das Kind betreuen. Da die Betreuung und Unterhaltung des Kindes Geld kostet, erfüllen Sie Ihre Unterhaltspflicht insoweit indirekt auch finanziell.

Verdient ein Elternteil jedoch mehr als der andere, muss er dem weniger gut verdienenden Elternteil anteilig entsprechend seinem höheren Verdienst Kindesunterhalt zahlen. Keinesfalls ist es so, dass beim Wechselmodell stets jede Barunterhaltspflicht gegenüber dem Kind entfällt.

Die Barunterhaltspflicht gegenüber dem anderen Elternteil für das Kind entfällt aber nur, wenn das Kind tatsächlich paritätisch, also zeitlich und organisatorisch annähernd gleich betreut wird und die Betreuung einen Anteil von jeweils 50 zu 50 ausmacht. Abweichende Betreuungsanteile von ca. 48 % / 52 % werden nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes noch akzeptiert. Ansonsten fehlt es an einem paritätischen Wechselmodell.

Gut zu wissen: Vielfach nimmt der barunterhaltspflichtige Elternteil ein über das übliche Maß hinausgehendes Umgangsrecht wahr. In diesem Fall können die dadurch getätigten außergewöhnlich hohen Aufwendungen nicht dazu führen, den Barunterhalt zu reduzieren und beispielsweise Fahrt- und Unterbringungskosten in Abzug zu bringen. In Betracht kommt aber, dass der Barunterhaltsbedarf des Kindes so weit verringert wird, dass der unterhaltspflichtige Elternteil in der Düsseldorfer Tabelle um eine Einkommensgruppe herabgestuft wird. Im Ergebnis läuft es letztlich auf das gleiche hinaus. Allerdings ist diese Regelung rechtssicherer, da die Anrechnung des Mehraufwandes nicht willkürlich und einseitig erfolgt.

Bisweilen ist auch noch vom Nestmodell die Rede. Dabei verbleibt das Kind in der elterlichen Wohnung, in der es aufgewachsen ist. Die Elternteile unterhalten jeweils eigene Wohnungen und wohnen abwechselnd beim Kind. Insoweit läuft das Nestmodell oft auf eine Art Wechselmodell hinaus.

In der Praxis kommt das Nestmodell eher selten vor, da drei Wohnungen unterhalten werden müssen. Für das Kind kann es sich als schwierig erweisen, wenn es ohne die Eltern in der früheren Wohnung leben muss und die Eltern ihr eigenes Leben in einer eigenen Wohnung führen. Das Nestmodell könnte auf das Kind den Eindruck machen, dass es vom Leben der Eltern ausgeschlossen bleibt und wie in einem Zoo von den Eltern besucht wird.

Trennungs- und Ehegattenunterhalt beim Wechselmodell

Betreut der andere Elternteil das Kind paritätisch im Wechselmodell, kann die Betreuung Ihren Anspruch auf Trennungsunterhalt oder nachehelichen Ehegattenunterhalt insoweit beeinflussen, als Sie in der Lage sind, in der betreuungsfreien Zeit einer eigenen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Ihr eigener Verdienst wäre dann auf den Unterhalt anzurechnen. Soweit Sie bislang nicht erwerbstätig waren, dürfte es Ihnen zuzumuten sein, zumindest in der betreuungsfreien Zeit eigenes Geld zu verdienen, vorausgesetzt, dass Sie für diesen Zeitraum eine angemessene und zumutbare Tätigkeit finden.

Wel­chem Be­treu­ungs­mo­dell soll­te ich den Vor­zug ge­ben?

Haben Sie die Wahl, sich zwischen Residenzmodell und Wechselmodell entscheiden zu können, richtet sich Ihre Entscheidung nach Ihren persönlichen, wirtschaftlichen und beruflichen Gegebenheiten, aber auch entscheidend danach, was für Ihr Kind am besten ist. Wie immer und überall gibt es Vorteile und Nachteile. Nur eine Abwägung aller Faktoren führt Sie zu einer vertretbaren Entscheidung.

Für Kinder ist das Beste gerade gut genug.

Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832)

Die Organisation eines Wechselmodells setzt voraus, dass Sie in Ihrer Wohnung genug Platz haben, ein Kind zu beherbergen. Sie müssen alles vorhalten, um Ihr Kind angemessen betreuen zu können. Geben Sie dem Kind nicht das Gefühl, dass es nur zu Besuch in Ihrer Wohnung ist. Vielmehr sollten Sie das Gefühl vermitteln, dass es auch in Ihrer Wohnung zuhause ist, hier lebt und an Ihrem Leben teilhat. Keinesfalls sollte das Wechselmodell eine Option sein, um den ansonsten fälligen Kindesunterhalt einsparen zu wollen. Unter dem Strich rechnet sich diese Einschätzung sicherlich nicht.

Berücksichtigen Sie, dass Ihr Kind nur dann optimal aufwachsen kann, wenn seine Umgebung Stabilität, Alltagsroutine und Geborgenheit bietet. Gerade, weil diese Ideale durch Ihre Trennung und Scheidung beeinträchtigt sind, sollten Sie großen Wert darauf legen, die Lebensführung Ihres Kindes so zu gestalten, dass eine gewisse Ordnung besteht. Kinder, die in einer geregelten Ordnung aufwachsen, haben bessere Lebensperspektiven als Kinder, die sich im Chaos der Lebensführung ihrer Eltern zurechtfinden müssen.

Lassen Sie sich auch nicht dadurch beeinflussen, dass das Wechselmodell vielfach ideologisch geprägt ist und die Lebenssituation der Elternteile und des Kindes nur noch eine Nebenrolle spielen. Entscheidend ist stets, was Sie in zumutbarer Weise verantworten können. Es bleibt letztlich Ihre alleinige Entscheidung, möglichst in Absprache mit dem anderen Elternteil, die Betreuung Ihres Kindes zu bewerkstelligen. Demgemäß verwahrt sich auch der Verband der alleinerziehenden Mütter und Väter dagegen, das Wechselmodell als Regelmodell im Gesetz festzuschreiben. Die Bedingungen, unter denen sich ein Wechselmodell handhaben lässt, lassen sich nicht über den Kopf der Eltern hinweg gesetzlich verordnen.

Ein funktionierendes Wechselmodell hat den Vorteil, dass die Trennung der Eltern vielleicht am wenigsten auf das Kind durchschlägt. Wenn Sie berücksichtigen, dass der Streit um das Sorgerecht und das Umgangsrecht mit dem gemeinsamen Kind einen großen Anteil daran hat, dass sich Eltern bei Jugendamt und Familiengericht streiten, erscheint das Wechselmodell als ein gutes Werkzeug, trennungs- und scheidungsbedingte Streitigkeiten zu vermeiden. Sie vermeiden, dass Sie sich über die Art und Weise des Umgangsrechts austauschen und sich darüber einigen müssen. Bestenfalls vermeiden Sie auch den Streit um den Kindesunterhalt. Sind die Betreuungsverhältnisse geklärt, entschärfen Sie vielleicht Ihre ruinösen und emotional überladenen Auseinandersetzungen mit dem anderen Elternteil und Ihrem Ex-Partner.

Genauso wichtig ist es, dass Sie das Kind nicht in Ihre Auseinandersetzungen hineinziehen und dem Kind vor Augen führen, dass es beiden Elternteilen gleich wichtig ist. Idealerweise beziehen Sie das Kind natürlich in Ihre Betreuungsabsprachen ein und nehmen Rücksicht auf seine Wünsche. Entscheiden Sie nichts über den Kopf des Kindes hinweg. Soweit das Kind zu einem Elternteil eine stärkere emotionale Beziehung hat oder aus sonstigen Gründen die Betreuung bei einem Elternteil bevorzugt, sollten Sie möglichst Rücksicht nehmen.

Ein Wechselmodell kann die Erziehung des Kindes konstruktiv gestalten. Klar ist, dass es schwierig und wahrscheinlich anfangs auch unmöglich sein dürfte, einen Säugling oder ein Kleinstkind wegen der besonderen Betreuungssituation im Wechselmodell zu betreuen. Kleinstkinder verstehen nicht, wenn sich die Eltern trennen, zeigen sich aber oft irritiert und äußern sich mit Schwierigkeiten beim Einschlafen. Zwei- bis sechsjährige Kinder fühlen sich oft schuldig dafür, dass sich ihre Eltern getrennt haben und äußern Trennungsängste. Bei Jugendlichen brechen Wut, Ärger und Enttäuschung gegenüber dem anderen Elternteil hervor. Zeigte ein Elternteil bislang wenig Interesse am Kind, dürfte das Wechselmodell auch nicht die richtige Betreuungsform darstellen.

Fa­zit

Denken Sie über das für Ihre Lebenssituation richtige Betreuungsmodell nach, sollten das Wohl des Kindes und Ihre organisatorischen Möglichkeiten Ihre Entscheidung bestimmen. Ohne die Unterstützung Ihres Ehepartners wird es kaum gelingen, das Wechselmodell zuverlässig zu praktizieren.

Geschrieben von: iurFRIEND-Redaktion

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