Der Staat unterstützt Sie mit Unterhaltsvorschuss, wenn Sie Ihr Kind allein erziehen und vom anderen Elternteil kein oder nur ungenügend Unterhalt für Ihr gemeinsames Kind bekommen. Alle Details regelt das Unterhaltsvorschussgesetz. Wir erklären, unter welchen Voraussetzungen Sie Anspruch haben und wie und wo Sie Unterhaltsvorschuss beantragen können.
Sie haben Anspruch auf Unterhaltsvorschuss für Ihr Kind, wenn
Gut zu wissen: Leben Sie nach Ihrer Scheidung mit einem neuen Partner in einer neuen Lebensgemeinschaft, haben Sie Anspruch auf Unterhaltsvorschuss. Der Anspruch endet allerdings, wenn Sie den Partner heiraten.
Sie erhalten Unterhaltsvorschuss (Stand: 1. Januar 2023) in Höhe von:
Bis 2007 zahlte der Staat Unterhaltsvorschuss nur für Kinder bis zum 12. Lebensjahr und höchstens sechs Jahre lang. Diese Einschränkungen sind weggefallen. Sie können daher theoretisch 18 Jahre lang für Ihr Kind Unterhaltsvorschuss beziehen.
Sie erhalten für ihr Ihr Kind zwischen dem 12. und 18. Lebensjahr nur Unterhaltsvorschuss, wenn das Kind selbst keine Hartz IV-Leistungen nach SGB II bezieht und Sie selbst, sofern Sie selbst im SGB-II-Bezug stehen, über ein monatliches Bruttoeinkommen von mindestens 600 EUR verfügen. Zweck der Regelung ist, dass Sie den Anreiz haben, durch eigenen Verdienst teilweise aus dem Bezug von Sozialleistungen auszusteigen. Das Kindergeld wird dabei nicht berücksichtigt. Für Kinder unter 12 Jahren bleibt Ihr Einkommen unbeachtlich.
Sie erhalten den Unterhaltsvorschuss in der Regel zum Ende des Monats für den nächsten Monat. Der Unterhaltsvorschuss deckt den Lebensbedarf Ihres Kindes für den anstehenden Monat ab.
Sie erhalten Unterhaltsvorschuss längstens für den letzten Monat vor dem Monat, in dem Sie den Antrag beim Jugendamt gestellt haben. Sofern Sie also Anspruch auf Unterhaltsvorschuss haben, sollten Sie nicht zögern, den Antrag einzureichen.
Praxisbeispiel: Sie beantragen am 10.2.eines Jahres Unterhaltsvorschuss. Ihr Anspruch besteht dann rückwirkend ab Januar desselben Jahres.
Düsseldorfer Tabelle
Die Beträge des Unterhaltsvorschusses ergeben sich daraus, dass das Kindergeld für das erste Kind in Höhe von 250 EUR (Stand: 1. Januar 2023) in voller Höhe auf den Mindestunterhalt des Kindes gemäß der Düsseldorfer Tabelle angerechnet wird. Zusammen mit dem Kindergeld erhalten Sie damit eine in Abhängigkeit vom Alter Ihres Kindes finanzielle staatliche Unterstützung in Höhe des Mindestunterhalts für Ihr Kind.
So rechnen Sie:
Ihr Anspruch auf Kindesunterhalt ist im Regelfall höher als der Unterhaltsvorschuss. Grund ist, dass der unterhaltspflichtige Elternteil höheren Kindesunterhalt zahlen muss, wenn sein Einkommen über der Einkommensstufe 1 liegt, nach der sich der Mindestunterhalt bemisst. Außerdem wird beim Kindesunterhalt nur die Hälfte des Kindergelds angerechnet. Verdient der unterhaltspflichtige Elternteil also mehr als 2.150 EUR netto (Einkommensstufe 1), hat Ihr Kind einen höheren Anspruch auf Kindesunterhalt. Dieser Umstand bleibt bei der Bemessung des Unterhaltsvorschusses jedoch außer Betracht.
Praxisbeispiel: Unterhaltsvorschuss ist nur eine Ersatzlösung für den Fall, dass Sie kaum oder keinen Kindesunterhalt bekommen. Sofern Sie die Chance sehen, den unterhaltspflichtigen Elternteils auf Zahlung von Kindesunterhalt in Anspruch zu nehmen, sollten Sie diesen Weg unbedingt gehen. Nur so haben Sie die Möglichkeit, mehr Kindesunterhalt zu bekommen, als wenn Sie sich mit dem Unterhaltsvorschuss begnügen.
Den Antrag auf Unterhaltsvorschuss stellen Sie in der Regel beim Jugendamt der Gemeinde, in der Sie mit Ihrem Kind wohnen.
Sie erhalten beim Jugendamt Ihrer Gemeinde oder online einen „Antrag auf Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz“. Darin machen Sie Angaben zu Ihrer Person und der Person Ihres Kindes sowie Angaben zum Vater des Kindes. Außerdem müssen Sie Ihre Einkommensverhältnisse offenlegen. Sie benötigen zudem Ihren Personalausweis oder Reisepass, die Geburtsurkunde Ihres Kindes und, wenn Sie geschieden sind, den Scheidungsbeschluss des Familiengerichts.
Unterhaltsvorschuss, wie und wo Sie ihn beantragen können und was Sie dafür brauchen.
Betreuen Sie Ihr Kind im echten Wechselmodell, bei dem jeder Elternteil zu gleichen Anteilen Verantwortung für das Kind übernimmt, haben Sie keinen Anspruch auf Unterhaltsvorschuss. Grund ist, dass der Gesetzgeber nur alleinstehende Elternteile unterstützen will, bei denen sich ein Elternteil den Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem unterhaltsberechtigten Kind entzieht, hierzu ganz oder teilweise nicht in der Lage oder verstorben ist.
Wird ein Kind jedoch auch durch den anderen Elternteil in einer Weise betreut, die eine wesentliche Entlastung des den Unterhaltsvorschuss beantragenden Elternteils bei der Pflege und der Erziehung des Kindes zur Folge hat, fehlt es an den Voraussetzungen, unter denen Unterhaltsvorschuss zu gewähren ist (Bundesverwaltungsgericht, Urteil v. 11.10.2012, Az. 5 C 20/11).
Der unterhaltspflichtige Elternteil braucht nur Kindesunterhalt zu zahlen, wenn er ein Einkommen hat, das über seinem persönlichen Selbstbehalt liegt. Der Selbstbehalt beträgt bei erwerbstätigen Personen 1.370 EUR und bei nicht Erwerbstätigen 1.120 EUR (Stand 1. Januar 2023). Das Bundesverfassungsgericht hat es als einen Verstoß gegen die Menschenwürde betrachtet, wenn eine Person, die den eigenen Unterhalt nicht sicherstellen kann, zur Unterhaltszahlung für andere, auch für das eigene Kind, verpflichtet werden würde.
Ansonsten wird jedes Einkommen berücksichtigt. Dazu zählen auch Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld, Krankengeld oder Rente. Vom Arbeitseinkommen, das sich als Nettobetrag aus der Gehaltsabrechnung ergibt, werden zusätzlich berufsbedingte Aufwendungen pauschal in Höhe von etwa 5 % oder konkret nachgewiesene und notwendige Aufwendungen abgezogen. Zudem können angemessene Vorsorgeaufwendungen berücksichtigt werden.
Berücksichtigungsfähig sind zudem auch Verbindlichkeiten, die familienbezogen begründet sind, weil sie einverständlich während der Ehe aufgenommen wurden. Dies können Verbindlichkeiten für die gemeinsame Wohnungseinrichtung oder ein Familienfahrzeug sein. Nutzen Sie die vormals eheliche Wohnung mit Ihrem Kind weiterhin, kann der unterhaltspflichtige Elternteil die monatlichen Zins- und Tilgungsaufwendungen von seinem Einkommen abziehen. Dasselbe gilt für andere als familienbezogen anerkannte Schulden.
Sie können jederzeit selbst gegen den Unterhaltsschuldner vorgehen. Da Sie mit den Facetten des Unterhaltsrechts kaum vertraut sein dürften, sollten Sie sich der Hilfe eines Rechtsanwalts bedienen und gegebenenfalls unter Beantragung staatlicher Verfahrenskostenhilfe die Unterhaltsansprüche Ihres Kindes durchsetzen.
Ungeachtet dessen steht Ihnen auch das Jugendamt zur Seite. Soll das Jugendamt den Unterhaltsanspruch Ihres Kindes durchsetzen, können Sie die Beistandschaft des Jugendamtes beantragen. Dies kann insoweit vorteilhaft sein, da das Jugendamt den für Ihr Kind verauslagten Unterhaltsvorschuss vom unterhaltspflichtige Elternteil wieder zurückfordert und notfalls gerichtlich geltend macht.
Die Menschen sind da, um einander zu helfen, und wenn man eines Menschen Hilfe in rechten Dingen nötig hat, so muß man ihn dafür ansprechen.
Sie müssen im Antragsformular auf Unterhaltsvorschuss Angaben zum Vater des Kindes machen und es dem Jugendamt ermöglichen, den an Sie verauslagten Unterhaltsvorschuss im Regresswege vom unterhaltspflichtigen Elternteil zurückzufordern. Sie bekommen den Unterhaltsvorschuss auch, wenn nicht zu klären ist, wer der Vater ist oder wenn der Elternteil verstorben ist.
Haben Sie Zweifel, wer der Vater Ihres Kindes ist oder kennen Sie dessen Identität nicht, sind Sie verpflichtet, Nachforschungen zu dessen Person anzustellen und alles zu unternehmen, um die Vaterschaft festzustellen oder dem Jugendamt die Feststellung der Vaterschaft zu ermöglichen (Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil v. 24.9.2018, Az. 10300/18). Unterlassen Sie diese Nachforschungen, kann das Jugendamt Unterhaltsvorschuss verwehren.
Praxisbeispiel: Eine Frau hatte an Fastnacht in einer Gaststätte einen Mann kennengelernt und zwei Wochen später feststellen müssen, dass sie schwanger war. Zur Person konnte sie nur angeben, dass der Mann Südländer sei. Alles andere habe sie nicht interessiert. Das örtliche Jugendamt lehnte Unterhaltsvorschusszahlungen ab. Sie musste sich vorwerfen lassen, dass sie nach Kenntnis der Schwangerschaft nicht unverzüglich Nachforschungen angestellt habe, um die Identität des Mannes zu ermitteln. Sie hätte zumindest die Gaststätte nochmals aufsuchen und eventuelle Gäste befragen müssen. Ihr Hinweis, sie sei überzeugter Single, rechtfertige es nicht, aufgrund ihrer Lebensweise die Verantwortung auf den Steuerzahler zu übertragen.
Kommt ein Kind aufgrund anonymer Samenspende zur Welt, hat es keinen rechtlichen Vater. Daher besteht auch kein Anspruch auf Unterhaltsvorschuss (Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil v. 3.5.2012, Az. 12 S 2935/11). Da die Frau bewusst auf die Kenntnis eines gesetzlich zum Unterhalt verpflichteten Vaters verzichtet habe, könne sie keinen Unterhaltsvorschuss verlangen.
Der Unterhaltsvorschuss sei kein verlorener Zuschuss. Die Unterstützungsleistung habe vielmehr den Zweck, den alleinerziehenden Elternteil darin zu unterstützen, den Anspruch auf Kindesunterhalt gegen den Kindesvater geltend zu machen. Außerdem müsse es dem Staat möglich sein, den Elternteil, der sich seiner Unterhaltspflicht entzieht, in Regress zu nehmen. Bei einer anonymen Samenspende bestehen diese Möglichkeiten nicht. Eine Frau dürfe sich nicht willentlich in eine Situation begeben, bei der die Feststellung des unterhaltspflichtigen Elternteils von vornherein ausgeschlossen sei.
Das Jugendamt entscheidet per Bescheid über Ihren Antrag auf Unterhaltsvorschuss. Wird der Antrag abgelehnt oder wird dem Antrag nur teilweise entsprochen, können Sie dem Bescheid innerhalb von vier Wochen widersprechen. Für den Fristbeginn zählt der Tag, an dem Sie den Bescheid mit der Post zugestellt bekommen. Ihr Widerspruch bedarf der Schriftform oder Sie erklären die Niederschrift persönlich zur Niederschrift im Jugendamt. Es versteht sich, dass Sie Ihren Widerspruch mit einer Begründung versehen sollten, die nachvollziehbar ist und möglichst Bezug auf die gesetzlichen Vorgaben nimmt. Sofern auch Ihr Widerspruch abgewiesen wird, müssten Sie Ihren Anspruch beim Verwaltungsgericht einklagen.
Unterhaltsvorschuss ist eine staatliche Ersatzleistung für fehlenden Kindesunterhalt. Der Staat übernimmt damit Verantwortung für Ihr Kind, kann Sie selbst und den anderen Elternteil aber nicht aus der Verantwortung für Ihr Kind vollständig entlassen. Soweit der Anspruch besteht, sollten Sie den Anspruch geltend machen.
Geschrieben von: iurFRIEND-Redaktion