Lassen sich Ehepaare scheiden, entbrennt oft der Streit um das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das gemeinsame Kind. Auch wenn das Kind im Eigeninteresse letztlich selbst entscheiden sollte, bei welchem Elternteil es künftig leben möchte, ist das Aufenthaltsbestimmungsrecht als Teil des Sorgerechts danach zu beurteilen, wie das Kind am besten versorgt werden kann und wo es möglichst gedeihlich aufwächst.
Das Aufenthaltsbestimmungsrecht ist Teil des Sorgerechts der Eltern. Sind die Eltern verheiratet, üben sie das Sorgerecht für das gemeinsame Kind gemeinsam aus. Trennen sich die Eltern und kommt es zur Scheidung, ändert sich am gemeinsamen Sorgerecht nichts. Beide Elternteile sind auch nach der Scheidung gleichermaßen sorgeberechtigt und stehen in der gemeinsamen Verantwortung für ihr Kind. Es liegt in der Natur der Sache, dass das Kind im Haushalt nur eines Elternteils aufwachsen kann. Dann müssen sich die Eltern entscheiden, in welchem Haushalt das Kind lebt. Die Entscheidung darüber ist das Recht, den Aufenthalt des Kindes zu bestimmen. Eine Ausnahme besteht nur beim Wechselmodell, bei dem sich die Eltern gleichermaßen an der Betreuung und Versorgung des Kindes beteiligen und sich gegenseitig ablösen. Dann lebt das Kind abwechselnd bei dem einen oder dem anderen Elternteil, so dass auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht insoweit von beiden Elternteilen ausgeübt wird.
Aufenthaltsbestimmungsrecht
Kein Elternteil kann verlangen, dass das Kind bei ihm wohnt. Auch die Mutter hat insoweit kein natürliches Vorrecht. Im Regelfall soll das Kind bei demjenigen Elternteil wohnen und leben, wo es am besten versorgt werden kann. Ist ein Elternteil berufstätig, dürfte es ihm sehr schwer fallen, den Bedürfnissen des Kindes gerecht zu werden. Ist ein Elternteil nicht berufstätig, spricht vieles dafür, dass dieser Elternteil das Kind in seiner Wohnung aufzieht und betreut.
Hinzu kommt der Aspekt, dass das Kind im Hinblick auf die Trennung der Eltern möglichst nicht aus seiner gewohnten Umgebung, in der es vielleicht seit seiner Geburt aufgewachsen ist und seiner sozialen Umgebung, in der es Freunde, Verwandte und soziale Kontakte hat, herausgerissen werden soll. Gerade für Kinder, die unter der Trennung und Scheidung ihrer Eltern ohnehin leiden, bedeutet es eine zusätzliche Belastung, wenn sich auch noch ihre Umgebungsverhältnisse ändern und sie sich auf eine völlig neue Umgebung einstellen müssen.
Können Sie sich untereinander nicht verständigen, kann jeder Elternteil beim Familiengericht beantragen, ihm entweder das alleinige Sorgerecht oder wenigstens das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu übertragen. Das alleinige Sorgerecht setzt schwerwiegende Gründe in der Person des anderen Elternteils voraus, die es dem Kind und einem Elternteil unzumutbar machen, sich in Angelegenheiten des Kindes mit dem anderen abstimmen zu müssen. Fälle, in denen das alleinige Sorgerecht einem Elternteil übertragen wird, sind Ausnahmefälle und stehen im Gegensatz zum Leitbild des Gesetzgebers, wonach das gemeinsame Sorgerecht der Erziehung und Entwicklung des Kindes am besten dient. Es kann noch genügen, es beim gemeinsamen Sorgerecht zu belassen und lediglich das Aufenthaltsbestimmungsrecht einem Elternteil zu übertragen.
Kann auch die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrecht auf einen Elternteil die Situation nicht entschärfen und muss tatsächlich ein Familiengericht entscheiden, entscheidet dieses vorwiegend auf Grund des Kindeswohls (§ 1697a BGB). Die persönlichen Interessen der Eltern stehen erst an zweiter Stelle. Entscheidende Orientierungspunkte für den Richter sind, dass das Kind in seiner gewohnten Umgebung verbleiben sollte und seine sozialen Kontakte erhalten bleiben sollen. Auch sollen Geschwister nicht auseinandergerissen und auf die Elternteile aufgeteilt werden. Ist das Kind älter als 14 Jahre, hat es vor Gericht ein Anhörungsrecht und kann maßgeblich mitbestimmen, bei welchem Elternteil es denn leben möchte. Mit 18 Jahren ist das Kind volljährig und entscheidet selbst über seinen Aufenthalt.
Für Kinder ist das Beste gerade gut genug.
Für Kinder ist das Beste gerade gut genug.
Trennung und Scheidung bringen es oft mit sich, dass die bislang ehelich genutzte Wohnung aus beruflichen oder finanziellen Gründen aufgelöst werden muss und ein Umzug ansteht. Besondere Probleme wirft der Umzug ins Ausland auf, allein schon deshalb, weil der das Kind dann betreuende Elternteil das Umgangsrecht des anderen torpediert. Noch schwieriger sind Fälle, in denen ein Elternteil ausländischer Staatsangehöriger ist und das Kind in sein Heimatland verbringen möchte.
In solchen Fällen betrachtet die Rechtsprechung (u.a. BGH XII ZB 81/09) folgende Aspekte für eine Entscheidung:
Soweit durch einen begründeten Umzug das Umgangsrecht erschwert oder unmöglich gemacht wird, soll dieser Nachteil im Interesse des Kindes hingenommen werden müssen (OLG Nürnberg 10 UF 1899/11). In einem anderen Fall lehnte es das OLG Koblenz (11 UF 149/10) jedoch ab, einer Mutter, die wegen einer neuen Beziehung nach Italien umziehen wollte, das Aufenthaltsbestimmungsrecht zuzuerkennen und das Umgangsrecht des Vaters zurückzustellen. Dabei bemühen sich die Gerichte, Umzugswünsche ins Ausland als persönliche Entscheidung zu respektieren und möglichst nicht in die Lebensführung eines Elternteils einzugreifen.
Kinder sind keine Umzugsware. Wenn sie denn bei einem Elternteil leben, sollte dieser Elternteil zumindest bereit sein, dem nicht betreuenden Elternteil ein angemessenes Umgangsrecht mit dem Kind zu gewähren. Nur so lassen sich auf Dauer Konflikte, insbesondere auch Konflikte mit dem Kind, vermeiden.
Geschrieben von: iurFRIEND-Redaktion