In der gesellschaftlichen und politischen Diskussion steht immer wieder die Frage im Mittelpunkt, wie der Staat die Entwicklung der Kinder fördern kann und welche Maßnahmen dazu zweckmäßig sein könnten. In diesem Zusammenhang wird auch die sogenannte Kindergrundsicherung diskutiert. Sie hat aber mit der Düsseldorfer Tabelle nicht unmittelbar etwas zu tun. Um die Diskussion nachvollziehen zu können, ist wichtig zu wissen, wie Kinder derzeit überhaupt gefördert werden.
Wie ist die wirtschaftliche Situation von Kindern in Deutschland?
Die Zahl armer oder von Armut bedrohter Kinder in Deutschland steigt stetig. Derzeit gilt jedes fünfte Kind und damit insgesamt drei Millionen Kinder und Jugendliche als arm. Die Chancen, zu einem verantwortungsvollen und gleichberechtigten Mitglied der Gesellschaft heranzuwachsen, sind somit höchst ungleich verteilt. Der Gesetzgeber versucht das Problem dadurch zu entschärfen, dass er regelmäßig die Höhe des Kindergeldes anhebt, den Kinderzuschlag ausweitet und die Sozialhilfesätze anpasst. Aus diesem Dilemma ist die Idee geboren, eine Kindergrundsicherung einzuführen. Die Befürworter berufen sich mithin auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 10. November 1998. Die Richter gaben dem Gesetzgeber vor, den Betreuungsbedarf und den Erziehungsbedarf eines Kindes steuerlich angemessen zu berücksichtigen. Wie dies konkret geschehen soll, ist nach wie vor Gegenstand kontroverser Auseinandersetzungen.
Was ist die Idee bei der Kindergrundsicherung?
Die Initiatoren einer Kindergrundsicherung fordern eine staatliche Transferleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts eines Kindes. Je nachdem, welche politische oder ideologische Position vertreten wird, sind Modelle als bedarfsorientierte soziale Leistung, ähnlich der Sozialhilfe und der Grundsicherung im Alter oder als bedingungslose Kindergrundsicherung konzipiert. Im Gegensatz zum allgemeinen bedingungslosen Grundeinkommen soll es sich bei der Kindergrundsicherung um eine Leistung handeln, die Erwachsene ausschließt und nur für Kinder und Jugendliche in Betracht kommt. Vor allem soll das Kind selbst Inhaber eines eigenen Rechtsanspruchs werden und zwar unabhängig davon, wie es familiär lebt. So fordert beispielsweise der Verband alleinerziehender Mütter und Väter eine Kindergrundsicherung in Höhe von 450 EUR. Der Betrag soll von einem erziehungsberechtigten Elternteil verwaltet und ohne Anrechnung irgendwelcher Einkommen gewährt werden.
Wo ist jetzt der Zusammenhang zur Düsseldorfer Tabelle?
Kindergrundsicherung und Düsseldorfer Tabelle haben unmittelbar nichts miteinander zu tun. Die Düsseldorfer Tabelle beziffert nach Maßgabe des Nettoeinkommens eines unterhaltspflichtigen Elternteils und dem Alter des Kindes den Unterhaltsbetrag, den der unterhaltspflichtige Elternteil als Kindesunterhalt an das Kind zahlen muss. Ob und inwieweit eine eventuell vom Gesetzgeber beschlossene Kindergrundsicherung auf den Unterhaltsbetrag angerechnet wird, ist völlig offen. Ein Ansatzpunkt wäre, dass derzeit bereits das Kindergeld zur Hälfte auf den Unterhaltsbetrag des unterhaltspflichtigen Elternteils zur Anrechnung kommt und somit den Unterhaltsbetrag reduziert. Eine solche Anrechnung könnte auch bei der Kindergrundsicherung erfolgen.
Was ist der Kinderfreibetrag im Steuerrecht?
Die angedachte Kindergrundsicherung ist nicht mit dem Kinderfreibetrag im Steuerrecht zu verwechseln. Der Kinderfreibetrag ist ein Freibetrag im Einkommensteuerrecht, bis zu dem die Eltern pro Kind und Jahr verdienen dürfen, ohne dafür Steuern zahlen zu müssen. Der Kinderfreibetrag wird aber nicht in bar ausbezahlt wie das Kindergeld, sondern mindert das zu versteuernde Jahreseinkommen.
Der Steuerzahler, der ein Kind erzieht, kann im Prinzip wählen, ob er Kindergeld beansprucht oder den Kinderfreibetrag in Anspruch nimmt. Gutverdienende Steuerzahler erhalten über den Kinderfreibetrag oft eine höhere Vergünstigung, als wenn sie allein das Kindergeld in Anspruch nehmen würden. Da das Deutsche Kinderhilfswerk die Ursache für die Kinderarmut in Deutschland im Steuer- und Sozialsystem ausmacht, das derzeit eine angemessene Kindergrundsicherung aber gerade ausschließt, fordert es den Ausbau des Kindergelds zu einer eigenständigen Kindergrundsicherung.
Was sind Kindergeld und Kinderzuschlag?
Neben dem steuerlichen Kinderfreibetrag gewährt der Staat alternativ für jedes Kind Kindergeld. Das Kindergeld wird unabhängig vom Einkommen der Eltern für jedes Kind ausbezahlt. Zusätzlich wird ein Kinderzuschlag ausbezahlt. Der Kinderzuschlag ist eine zusätzliche Leistung zum Kindergeld. Eltern oder ein Elternteil können den Kinderzuschlag beanspruchen, wenn ihr Kind in ihrem Haushalt lebt, jünger als 25 Jahre und unverheiratet ist. Außerdem muss ein Anspruch auf Kindergeld bestehen. Das Einkommen der Eltern oder des Elternteils muss zusammen mit dem Kinderzuschlag so hoch sein, dass sie keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld haben. Zudem muss das Einkommen mindestens 900 EUR (Elternpaare) oder 600 EUR (Alleinerziehende) übersteigen und unterhalb einer Höchsteinkommensgrenze liegen. Der Kinderzuschlag kann monatlich bis zu 170 EUR je Kind betragen.
Wann erhält das Kind Kindesunterhalt?
Trennen sich Elternteile, hat das Kind ab dem Zeitpunkt der Trennung Anspruch auf Kindesunterhalt. Unterhaltspflichtig ist derjenige Elternteil, der das Kind nicht selbst betreut. Er leistet Barunterhalt. Die Höhe des Kindesunterhalts bemisst sich nach der Düsseldorfer Tabelle.
Was ist der Unterhaltsvorschuss im Unterhaltsrecht?
Ist der unterhaltspflichtige Elternteil aufgrund seiner wirtschaftlichen Situation außerstande, Kindesunterhalt zu zahlen oder verweigert er die Zahlung aus sonstigen Gründen, kann der betreuende Elternteil für das Kind Unterhaltsvorschuss beantragen. Zuständig ist das örtliche Jugendamt. Das Jugendamt fordert den dann verauslagten Unterhaltsvorschuss vom unterhaltspflichtigen Elternteil zurück.
Warum wird die Idee der Kindergrundsicherung kritisiert?
Kritiker bemängeln, dass der Kinderarmut allein durch eine Kindergrundsicherung nicht wirksam begegnet werden kann. Vielmehr komme es darauf an, die Situation von alleinerziehenden Vätern und Müttern sowie die derzeit noch immer schwierige Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern. Gäbe es die Kindergrundsicherung, würden Maßnahmen im Betreuungs- und Bildungsbereich aus Kostengründen zwangsläufig gekürzt werden müssen. Selbst diejenigen, die eine Kindergrundsicherung befürworten, bezweifeln, dass sich durch die Kindergrundsicherung die Situation der Kinder grundlegend ändern würde. Vielmehr käme es darauf an, die Lebenssituation der Eltern zu verbessern und somit die Kinder automatisch einzubeziehen.