Müssen auch Frauen Unterhalt zahlen?

Zahlungspflicht bei Heteropaaren nach Geschlecht?

Frau Faehrt Kinder Im Lastenfahrrad iurFRIEND® AG

Donnerstag, 02.05.2024, geschrieben von iurFRIEND-Redaktion

Wer sich noch nie mit Scheidung und Unterhalt befassen musste, vielleicht nur die Zustände aus den Zeiten vor 1977 aus Büchern oder Filmen kennt, kommt tatsächlich mitunter auf diese elementare Frage. Man sollte meinen, im Jahre 2024 sollte eine Gesellschaft auf einem anderen Stand sein - Gleichberechtigung auch gleich Gleichverpflichtung, Homo-Ehe etc. Die vollumfängliche Beantwortung dieser Frage eignet sich jedoch perfekt für eine Einführung ins Unterhaltsrecht. Vorab: Wer Unterhalt zahlen muss, ist zu 99% keine Frage des Geschlechts, sondern des Einkommens. Und doch gibt es eine kleine Ausnahme.

Frage kann sich ohnehin nur auf Hetero-Paare beziehen

Um es zu Beginn noch einmal zu betonen – in Zeiten von Lebenspartnerschaften und der Ehe für alle wird die Frage „Müssen Frauen auch Unterhalt zahlen?“ natürlich spätestens dann ad absurdum geführt, wenn es in einer Beziehung entweder

  • gar keine Frau gibt,
  • es mehrere Frauen gibt (welche ist da denn dann gemeint…)
  • oder sich Personen keinem definierten Geschlecht zugehörig fühlen.

Der Ursprung der Frage resultiert wahrscheinlich aus der Vorstellung heraus, dass lange Zeit der Mann der Hauptverdiener der Familie war, und nun, da es nicht mehr so ist, eine gewisse Orientierungslosigkeit vorherrscht für Fälle,

  1. in denen Frauen mehr verdienen als ihre (Ex-)Partner
  2. oder auch in denen die die Kinder nach der Scheidung betreuende Mutter ein höheres Einkommen erzielt als der alleinlebende und für den Barunterhalt eigentlich zuständige Vater.

Um es weiterhin sachlich auszudrücken: Es gibt Männer, die es aufgrund vergangener Vorstellungen nicht wagen, ihre besser verdienenden Partnerinnen um Unterhalt zu bitten, und eventuell auch Frauen, die sich ihrer Pflicht ebenfalls nicht bewusst sind. Aber der Reihe nach.

Unterhaltspflicht in der Ehe

Die Unterhaltspflicht unter Ehepartnern ergibt sich daraus, dass sie in der bestehenden Ehe verpflichtet sind, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die Familie zu unterhalten (§ 1360 BGB). Die zum Unterhalt der Familie erforderlichen Mittel sind für einen angemessenen Zeitraum im Voraus zur Verfügung zu stellen (§ 1360a BGB).

 

Dabei gelten Haushaltsführung und Kindererziehung gegenüber der Erwerbstätigkeit eines Ehegatten als gleichwertige Leistungen. Je nachdem, wie die Aufgaben in der Ehe verteilt sind, leisten beide Ehegatten ihren Beitrag zum Familienunterhalt. Frau und Mann sind in Heterobeziehungen gleichermaßen verpflichtet, aber auch gleichermaßen berechtigt. Wird der Mann insoweit zum „Hausmann“, leistet er den gleichen Beitrag zum Familienunterhalt, als wenn die Frau „Hausfrau“ wäre.

Unterhaltspflicht bei Trennung

Leben die Ehegatten getrennt, kann ein unterhaltsbedürftiger Ehegatte vom anderen den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt verlangen (§ 1361 BGB). Der Trennungsunterhalt soll gewährleisten, dass der unterhaltsbedürftige Ehegatte durch die Trennung nicht ins kalte Wasser geworfen wird, sondern sich in der Zeit der Trennung darauf einstellen kann, dass er oder sie künftig ohne den Partner durchs Leben geht.

 

Dabei spielt es keine Rolle, ob die Unterhaltsbedürftigkeit in der Person des Ex-Ehegatten oder der Ex-Ehegattin besteht. Kann einer von ihnen aus welchen Gründen auch immer kein oder nicht ausreichend eigenes Geld verdienen, ist der andere zur Zahlung von Trennungsunterhalt verpflichtet.

Kindesunterhalt, wenn der Ex-Ehegatte das minderjährige Kind betreut

Nach Trennung und Scheidung vom Partner übernimmt (für jedes Kind einzeln betrachtet) ein Elternteil dessen Betreuung, die Stellung von Wohnraum und Verköstigung, während der andere Elternteil barunterhaltspflichtig ist. Woher die Ausgangsfrage rührt, zeigt sich auch ein bisschen an der – traurigen – Statistik zum Unterhaltsvorschuss: Mehr als 80 % der alleinerziehenden Eltern sind Frauen, sodass dieses Problem vor allem Mütter mit ihren Kindern betrifft.

 

Natürlich kann es auch genau umgekehrt sein. Betreut der Vater die Kinder, ist die Mutter unterhaltspflichtig. Die Unterhaltspflicht für das gemeinsame minderjährige Kind besteht fort, auch dann, wenn die Mutter nicht leistungsfähig ist. Dann kann auch der Vater Unterhaltsvorschuss beanspruchen.

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Überblick Kindesunterhalt

Kindesunterhalt für volljährige Kinder

Sobald das volljährige Kind eine eigene Bleibe bezieht und noch eine Ausbildung absolviert, entfällt die Betreuungsleistung des einen Elternteils, und sowohl Vater als auch Mutter müssen in Heterobeziehungen den Unterhalt des Kindes stemmen. Dies wäre auch bei einem alleinwohnenden 17jährigen Kind in Ausbildung der Fall.

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Was muss ich zu meinem Anspruch auf Kindesunterhalt wissen?

Eltern müssen ihre Kinder in der Regel so lange unterstützen, bis diese sich selber versorgen können. Was gilt bei Ausbildung und Studium?

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Dein Anspruch auf Kindesunterhalt

Minderjährige und junge Erwachsene in einer Ausbildung / einem Studium können Kindesunterhalt verlangen - und müssen Folgendes dazu wissen.

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GUT ZU WISSEN

Wer wen erzieht, ändert eine Trennung kaum

Nach einer Befragung des Instituts für Demoskopie Allensbach von 2020, ergab sich, dass sich Eltern die Kinderbetreuung nach einer Trennung ähnlich aufteilen, wie sie es zuvor während ihrer Paarbeziehung getan haben: 78 % der Alleinerziehenden gaben an, dass sie schon vor der Trennung überwiegend oder allein die Verantwortung bei ihren Kindern getragen haben. 12 % der getrennten Eltern erziehen und betreuen laut Befragung ihre Kinder zu gleichen oder annähernd gleichen Teilen. Im Ergebnis stehen diejenigen getrennt lebenden Mütter und Väter bei Erwerbsbeteiligung und Haushaltseinkommen am besten da, die schon während der Paarbeziehung partnerschaftlich aufgestellt waren (Quelle: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 17.11.2021). Die Gleichberechtigung lässt grüßen.

Unterhalt aus Anlass der Geburt

Gemäß § 1615l BGB hat der Vater der Mutter für die Dauer von sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt des Kindes Unterhalt zu gewähren sowie die infolge der Schwangerschaft oder Entbindung entstehenden Kosten zu erstatten. Kann die Mutter wegen der Geburt und der Pflege des Kindes nicht arbeiten, hat sie zusätzlich Anspruch auf Unterhalt. Dies ist die erwähnte Ausnahme, in der Frauen in Heterobeziehungen keinen Unterhalt zu leisten haben – was aber auch bis zu einem Zeitalter, in dem dann die Männer die Kinder austragen, auch biologisch logisch erscheint.

 

Rein rechtlich hat natürlich auch der Vater gegen die Mutter einen Unterhaltsanspruch, wenn er das Kind ab der Geburt allein betreut und von ihm wegen der Pflege und Erziehung des Kindes keine Erwerbstätigkeit erwartet werden kann. In der Praxis kommt dies jedoch eher selten vor.

Unterhaltspflicht nach Scheidung – woher der Gedanke vielleicht auch kommen mag

Im Jahr 2008 wurde das Unterhaltsrecht reformiert. Bis dahin wurde oft bemängelt, dass in manchen Fällen der Mann bis ans Lebensende nachehelichen Unterhalt leisten musste, damit die Ex-Gattin nach der Scheidung ihren gewohnten Lebensstandard beibehalten konnte. Die Neuregelung führte dazu, dass die nacheheliche Solidarität auf ein Minimum herabgesetzt wurde. Damit sollte die frühere Praxis nach dem etwas klischeehaften Motto … „einmal Chefarztgattin, immer Chefarztgattin“ … beendet werden. Die Reform nahm insoweit auch die Frauen in die Verantwortung. Mit der Reform sind Frauen genauso wie Männer nach einer Trennung grundsätzlich verpflichtet, selbst für ihren Lebensunterhalt zu sorgen.

 

Für viele Frauen, die in einer klassischen Ehe mit einer traditionellen Rollenverteilung lebten und vorwiegend für die Haushaltsführung und die Kindererziehung verantwortlich waren, war diese Reform unvorhersehbar, überraschend und radikal. Teils standen Frauen vor dem finanziellen Nichts und mussten sich wegen teils fehlender oder veralteter Berufsausbildung mit Minijobs begnügen. Wenn heute die Frage gestellt wird, ob denn auch Frauen Unterhalt zahlen müssen, könnte genau dieses Rollenbild im Hinterkopf der Grund dafür sein.

 

Die Reform wurde später wieder etwas zurückgeschraubt, als auch die lange Ehedauer insbesondere wegen der Kindererziehung ein stärkeres Kriterium dafür darstellt, ob die Ehefrau wegen der Scheidung ehebedingte Nachteile in Kauf nehmen muss und insoweit unterhaltsbedürftig sein könnte. Gleiches gilt für den Ehemann, wenn dieser die Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes übernommen hatte und seine Rolle statt in einer Erwerbstätigkeit in der Haushaltsführung begründet sah.

Alles in allem

Wer die Gleichberechtigung bzw. Gleichverpflichtung von Mann und Frau ernst nimmt, versteht sicher nun noch besser, dass sich die Unterhaltspflicht außer in der Zeit vor der Geburt eines Kindes niemals vom Geschlecht her bestimmt. Entscheidend ist allein, dass der Ex oder die Ex auf die finanzielle Unterstützung des Ex-Partners angewiesen ist.

 

Unabhängig davon nun, welchem Geschlecht Sie angehören, können Sie bei uns für jegliche Art einer Unterhaltsforderung eine Anfrage nach einer professionellen Unterhaltsberechnung stellen. Nutzen Sie dafür unser Online-Formular oder rufen Sie den InfoPoint von UNTERHALT.com unter 0800 34 86 72 3 an und lassen sich eine erste kostenlose Orientierung dazu geben, was Ihnen zustehen könnte.

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