Sie schieben Ihre eigene Verantwortung für Ihre Ehe beiseite, wenn Sie bei Trennung und Scheidung gleich zur Anwältin bzw. zum Anwalt laufen und hoffen, sie bzw. er werde alles in Ihrem Sinne regeln. Auch wenn Sie den Scheidungsantrag nur über anwaltliche Vertretung stellen können, sollten Sie nicht von vornherein auf die Option verzichten, Ihre Scheidung und vor allem die Scheidungsfolgen möglichst selbst zu bewältigen. Das dafür richtige Werkzeug kann die Mediation sein. Lassen Sie uns darüber sprechen, welche Hilfestellung die Mediation bei Trennung und Scheidung bieten kann.
Menschen neigen dazu, im Konfliktfall die Verantwortung bei anderen zu suchen oder umgekehrt sich selbst für ausschließlich verantwortlich zu halten. Beides geht am Problem vorbei. Trennen Sie sich und möchten Sie sich scheiden lassen, werden Sie nicht umhinkommen, sich Ihrer Trennung, Ihrer Scheidung und den mit Ihrer Trennung und Scheidung verbundenen Konsequenzen zu stellen. Die einen stecken den Kopf sprichwörtlich in den Sand und warten was passiert. Andere laufen sofort zur Anwältin bzw. zum Anwalt und wünschen, auf Biegen und Brechen die Scheidung herbeizuführen.
Diese Art der Konfliktbewältigung führt schnell zu zusätzlichen Problemen. Allein Sie selbst haben es in der Hand, Ihre Trennung und Scheidung so abzuwickeln, dass die Abwicklung Ihrer Ehe möglichst neue Perspektiven für Ihr Leben danach eröffnet. Natürlich ist es oft schwierig bis unmöglich, so mit der Partnerin oder dem Partner zu kommunizieren, dass der Weg für eine einvernehmliche Scheidung im gegenseitigen Einvernehmen bewahrt oder eröffnet werden kann. Viele Partner verschließen sich in gegenseitiger Sprachlosigkeit oder glauben, den eigenen Standpunkt jetzt erbarmungslos verteidigen zu müssen.
Sehen Sie sich wie viele andere Ehepaare auch mit dem Problem konfrontiert, dass Sie sich hilflos und sprachlos fühlen, dennoch aber das Gefühl haben, Sie könnten sich mit ein bisschen gutem Willen über alles einigen, wenn es denn den richtigen Gesprächskanal gäbe, sollten Sie die Möglichkeiten der Mediation in Ihre Überlegungen einbeziehen.
Ehepartner sind irgendwie wie Nachbarn. Sie leben auf engem Raum zusammen und sind teils aufeinander angewiesen. Kommt es zu Streitigkeiten, ist der Ablauf mindestens ähnlich. Allerdings haben Nachbarschaftsstreitigkeiten einen anderen Verlauf.
Der Gesetzgeber hat nämlich unter anderem in Nachbarschaftsstreitigkeiten ein Schlichtungsverfahren vorgesehen. Ein solches Schlichtungsverfahren könnte durchaus Vorbild für die Scheidung von Ehepaaren sein. Letztlich ist die Schlichtung nichts anderes als eine Mediation. Der Vergleich mit dem Nachbarschaftsrecht könnte helfen, Ihre Beziehung zum Partner oder zur Partnerin ähnlich zu betrachten.
Nachbarn können ihre Streitigkeiten erst dann vor einem ordentlichen Gericht austragen, wenn sie zuvor ein Schlichtungsverfahren durchlaufen haben. Der Schlichter, der sein Amt ehrenamtlich in der Gemeinde ausübt, soll versuchen, die Interessen der streitenden Nachbarn zu kanalisieren. Die Schlichtung greift den Gedanken der Mediation auf, bei der die Streitparteien gezwungen sind, sich tatsächlich mit Ihrem Konflikt und den damit verbundenen Emotionen und persönlichen Hintergründen auseinanderzusetzen.
Ein guter Streit endet mit einer Einigung, nicht mit einem Sieg!
Die Suche nach Lösungen, bei denen möglichst beide Parteien gewinnen und sich in einer Win-Win-Situation wiederfinden, ist eine Möglichkeit, Konflikte auszuräumen.
Sicherlich ist auch die Schlichtung oder die Mediation kein Allheilmittel für jeden Fall. Sie bietet aber die Möglichkeit, dass die Parteien unverkrampfter miteinander umgehen und bereit sind, auch den Standpunkt der jeweils anderen Partei in die eigene Entscheidungsfindung einfließen zu lassen. In den meisten Bundesländern wird die Schlichtung sogar obligatorisch vorgeschrieben. Erst wenn die Schlichtung erfolglos bleibt, ist der Weg zum ordentlichen Gericht eröffnet.
Es gilt das Motto: „Erst zum Schlichter, dann zum Richter.“
Das Nachbarschaftsrecht könnte noch aus einem anderen Gesichtspunkt Vorbild für Scheidungen sein. Es gilt nämlich der Grundsatz, der eigentlich unser gesamtes Rechtsleben beherrscht oder zumindest beherrschen sollte. Es ist der Grundsatz der gegenseitigen Rücksichtnahme. Jeder hat in Ausübung seiner Rechte und Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln und auf die Interessen anderer die gebotene Rücksicht zu nehmen.
Wenn Sie diesen Grundsatz der gegenseitigen Rücksichtnahme auf Ihre Scheidung übertragen, schaffen Sie die Voraussetzungen, Ihre Emotionen vielleicht einzufangen. Wenn Sie selbst in der Lage sind, sachlich zu denken und diese Denkweise gegenüber Ihrer Partnerin oder Ihrem Partner auch zu kommunizieren, eröffnen Sie sich zumindest die Chance, dass auch die Partnerin oder der Partner sich entsprechend verhält.
Wer nur angreift und fordert, provoziert. Wer hingegen Sachlichkeit und Fairness erkennen lässt, schafft Handlungsspielräume. Diese wiederum eröffnen Einigungspotenziale.
Insoweit könnte das im Nachbarschaftsrecht vorgeschriebene Schlichtungsverfahren ein wahrhaft gutes Vorbild sein, auch Scheidungen auf diese Weise abzuwickeln. Der Gesetzgeber hat bislang darauf verzichtet, die Schlichtung oder die Mediation zu einem verpflichteten Gestaltungselement im Scheidungsrecht zu machen.
Immerhin: Das Familiengericht kann im laufenden Scheidungsverfahren anordnen, dass die Ehegatten einzeln oder gemeinsam an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder eine andere Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung anhängiger Folgesachen teilnehmen und hierüber eine Bescheinigung vorlegen. Allerdings ist diese Anordnung nicht mit Zwangsmitteln durchsetzbar (§ 135 FamFG). Wenn sich ein Ehepartner also weigert, an einer Mediation teilzunehmen, verpufft diese Anordnung wirkungslos.
Die eigentliche Schwäche dieser gesetzlichen Regelung liegt aber darin, dass die richterliche Anordnung eigentlich viel zu spät kommt. Da ein Ehepartner die Scheidung beantragt hat, ist das Scheidungsverfahren bereits in vollem Gange. Die Gründe, die die Scheidung verursacht haben, wurden nicht aufgearbeitet und verhindern allzu oft, dass sich die Ehepartner hätten verständigen können. Da zerbrechende Partnerschaften meist in Enttäuschung, Verletzung, Trauer, Wut, Streit, gegenseitigen Vorwürfen und einer weitgehenden Kommunikationsunfähigkeit enden, vergeben Ehepartner meist die erste Chance, den Weg für eine einvernehmliche Scheidung im gegenseitigen Einvernehmen aufzubereiten.
Mediation ist ein Mittel der friedlichen Konfliktlösung. Sie ist nichts anderes als eine Schlichtung. Es geht darum, dass mithilfe einer neutralen Person auch in einer schwierigen Lebenssituation Konflikte gelöst werden können und die Partner in der Lage sind, im einzelnen konkreten Fall eine Entscheidung zu treffen, die auch der andere Partner akzeptieren kann.
Allein Sie und Ihre Partnerin bzw. Ihr Partner bestimmen, über was Sie sprechen möchten und welche Probleme Sie für die Zukunft nach Ihrer Scheidung geregelt wissen möchten. Die Ergebnisse der Mediation sind nicht richtig oder falsch. Sie sind dann gut und vertretbar, wenn Sie ein Ergebnis als fair und akzeptabel erleben.
Praxisbeispiel: Geht es um das Umgangsrecht für Ihre Kinder, sollten Sie nicht über Ihre Kinder verhandeln, sondern für Ihre Kinder verhandeln. Es geht darum, dass Sie Ihre Kinder nicht zum Objekt Ihrer Verhandlungen machen, sondern als Subjekt betrachten. Diese Sichtweise zu erkennen, ist oft nicht einfach. Der Mediator kann helfen, Ihre Sicht der Dinge auf einen Weg zu führen, auf dem Sie im Interesse Ihrer Kinder die richtige Lösung finden. Verhandeln Sie also über das Umgangsrecht, gilt es, das Umgangsrecht als gesetzliches Leitbild anzuerkennen und auch dem am Schicksal des Kindes interessierten Partner zuzugestehen, dass er oder sie Elternteil Ihres gemeinsamen Kindes ist. Ignorieren Sie diese Vorgabe, provozieren Sie einen Streit, für den es letztlich keine befriedigende Lösung geben wird.
Oft ist es so, dass sich die Ehepartner in konkreten Fragen zwar einig sind und letztlich nur noch über einzelne Aspekte streiten. Der Streit verhindert unter dem Strich die Einigung. Vielleicht stehen Sie dann kurz vor dem Ziel und schaffen es doch nicht über die Ziellinie. Der Mediator kann helfen, Vorbehalte, verborgene Gefühle oder vielleicht auch durchaus sachlich begründete Einwände offenzulegen und mit der Sichtweise des jeweils anderen Partners in Einklang zu bringen.
Praxisbeispiel: Sie fordern Zugewinnausgleich. Der Partner ist durchaus bereit, Zahlungen zu leisten. Da er oder sie aktuell aber nicht liquide ist, verweigert er im Moment jegliche Zahlung. Ein Kompromiss scheint nicht in Sicht. Ein Partner fordert pauschal, der andere lehnt pauschal ab. Erkennt der Mediator die Situation, könnte er vorschlagen, dass die Forderung gestundet wird oder der Partner die Forderung in Teilbeträgen bezahlen kann.
Zwar wäre diese Lösung auch noch immer in einer gerichtlichen Auseinandersetzung möglich. Allerdings riskieren Sie, dass die Fronten dann tatsächlich so sehr verhärtet sind, dass sich die Partner außerstande sehen, irgendwie aufeinander zuzugehen. Vor allem sollten Sie dabei den Kostenaspekt in Ihre Überlegungen einbeziehen. Streiten Sie sich vor Gericht, verursachen Sie allein wegen des Streits über den Zugewinnausgleich zusätzliche Gebühren für Gericht und die notwendigerweise beteiligten Rechtsanwälte beider Parteien.
Ziel der Mediation ist es, dass Sie eine Einigung erzielen, die eine tragfähige Grundlage für die einvernehmliche Abwicklung aller Scheidungsfolgen und den künftigen Umgang miteinander bildet. Am Ende einer Mediation wird der Mediator Ihre Absprachen und Vereinbarungen schriftlich festhalten. Soweit der Mediator selbst Anwalt ist, wird er den Entwurf einer Vereinbarung zu Papier bringen, darf allerdings dann wegen des potentiell möglichen Interessenkonflikts keinen der Ehepartner im Scheidungsverfahren mehr vertreten. Ist der Mediator selbst kein Anwalt, werden oft Anwälte eingeschaltet, die die Vereinbarung dann zu Papier bringen.
Im Ergebnis treffen Sie eine Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung. Eine solche Vereinbarung ist im Regelfall notariell zu beurkunden. Nur so wird sie rechtlich verbindlich und lässt sich gegebenenfalls auch zwangsweise vollstrecken.
Diese Checkliste unterstützt Sie Schritt für Schritt bei dem Entwerfen einer Scheidungsfolgenvereinbarung.
Mit einer Scheidungsfolgenvereinbarung bereiten Sie den Weg für Ihre einvernehmliche Scheidung vor. Sie vermeiden die streitige Scheidung und einen damit allzu oft verbundenen Rosenkrieg und völlig unnötige Schlammschlachten, in die oft auch noch die Kinder hineingezogen werden. Allein die einvernehmliche Scheidung im gegenseitigen Einvernehmen bietet die Gewähr, dass Sie Ihr Scheidungsverfahren so kostengünstig wie möglich, in einem überschaubaren Zeitfenster und mit der geringstmöglichen nervlichen Belastung abwickeln können.
Gut zu wissen: Die Vorteile einer Mediation liegen damit auf der Hand. Auch wenn es schwerfällt, sich der direkten Auseinandersetzung mit dem Partner oder der Partnerin zu stellen, sollte es Ihnen gelingen, mit dem Abschluss einer Scheidungsfolgenvereinbarung Ihre Kommunikationsschwierigkeiten zu überwinden und alles abzuklären, was Ihr Scheidungsverfahren zusätzlich problematisieren könnte. Vor allem haben Sie damit die Chance, mit Ihrer ehelichen Vergangenheit abzuschließen, vielleicht mit sich selbst schneller ins Reine zu kommen und schaffen die Grundlage für eine neue Lebensperspektive.
Es gibt kein geschütztes Berufsbild für Mediatoren. Jeder, der sich dazu berufen fühlt und dem Sie selbst die Aufgabe zutrauen, kann sich als Mediator oder Schlichter anbieten. Soweit Sie Freunde und Bekannte in Betracht ziehen, wäre zu berücksichtigen, dass ein Mediator möglichst keine emotionale Beziehung zu einem der Ehepartner haben sollte. Nur so vermeiden Sie das Risiko, dass eine Person unbewusst oder vielleicht sogar bewusst Partei für einen Ehepartner ergreift und die Schlichtung in eine Richtung lenkt, die von vornherein zum Scheitern verurteilt ist.
Möchten Sie kompetente Hilfe Anspruch nehmen, sollten Sie einen zertifizierten Mediator in Anspruch nehmen, dessen Neutralität nicht zu bestreiten ist. Ein Mediator sollte eine entsprechende Ausbildung absolviert haben, die ihn oder sie persönlich und sachlich befähigt, eine streitige Auseinandersetzung so zu führen, dass Probleme wirklich gelöst werden können.
Ein guter Mediator sollte also theoretische und praktische Kenntnisse über die Grundlagen der Mediation sowie deren Ablauf und Rahmenbedingungen haben, Verhandlungs- und Kommunikationstechniken beherrschen und anhand praktischer Übungen und Rollenspiele gelernt haben, wie Mediation und Schlichtung erfolgreich funktionieren.
Geben Sie sich nicht dem Klischee hin, dass Scheidungen immer streitig verlaufen und immer vor dem Familiengericht ausgetragen werden müssen. Die beste Scheidung ist diejenige, deren Voraussetzungen und Abläufe Sie selbst steuern. Die Mediation bietet hierfür ebenfalls die passende Handhabe.
Geschrieben von: iurFRIEND-Redaktion