Kindesunterhalt

Elternteil zahlt keinen Unterhalt mehr

Freitag, 4. Dezember 2020, geschrieben von .

Elternteil zahlt keinen Unterhalt mehr

Leben Sie von Ihrem Ehepartner getrennt, hat Ihr gemeinsames Kind ab dem Zeitpunkt Ihrer Trennung Anspruch auf Kindesunterhalt. Zahlt der unterhaltspflichtige Elternteil keinen Unterhalt mehr, müssen Sie aktiv werden. Wir erklären, welche Optionen bestehen.

Sie sind kein Ein­zel­fall

Auch wenn es nicht unbedingt ein Trost für Sie ist, ist die Zahlungsmoral unterhaltspflichtiger Elternteile allgemein schlecht. Unterhaltsstreitigkeiten sind vielfach an der Tagesordnung. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsförderung hat recherchiert, dass gut die Hälfte aller unterhaltspflichtigen Elternteile keinen Kindesunterhalt und ein weiteres Viertel allenfalls unregelmäßig zahlt. 90 % der minderjährigen Kinder leben vorwiegend bei der Mutter, so dass überwiegend Väter als Unterhaltssünder in der Verantwortung stehen. Allerdings treten auch unterhaltspflichtige Mütter in dieser negativen Art und Weise in Erscheinung.

Ver­su­chen Sie es auf die ein­ver­nehm­li­che Art

Bevor Sie eine Unterhaltsklage ins Auge fassen, sollten Sie mit dem unterhaltspflichtigen Elternteil in Kontakt treten und zumindest versuchen, diesen wegen seiner Verantwortung für Ihr gemeinsames Kind in die Pflicht zu nehmen. Oft scheitern Unterhaltszahlungen daran, dass die finanzielle Situation problematisch ist. Um beispielsweise den Mindestunterhalt von 369 EUR für ein fünf Jahre altes Kind zu zahlen, müssen Elternteile mindestens 1.450 EUR verdienen, was etwa 2.000 EUR brutto entspricht.

Haben Sie sich getrennt, muss jeder Elternteil einen eigenen Haushalt führen, oft ein eigenes Fahrzeug unterhalten und sich eigenständig versichern. Die Konsequenz ist, dass der Kindesunterhalt zu kurz kommt. Vielleicht finden Sie einen Weg darin, dass Sie mit dem Elternteil einen reduzierten Kindesunterhalt vereinbaren und so auf dessen finanzielle Gegebenheiten entsprechend Rücksicht nehmen. Dieser Weg dürfte zielführender sein, als wenn Sie gerichtlich vorgehen und am Ende feststellen müssen, dass der Elternteil sich auf seine mangelnde Zahlungsfähigkeit beruft.

Berücksichtigen Sie, dass der unterhaltspflichtige Elternteil zur Gewährleistung seines eigenen Lebensunterhalts einen Freibetrag von 1.160 EUR beanspruchen darf, wenn er erwerbstätig ist und 960 EUR, wenn er nicht erwerbstätig ist.

Ist das Um­gangs­recht der Grund, war­um der El­tern­teil kei­nen Un­ter­halt mehr zahlt?

Elternteile, die dem Kind unterhaltspflichtig sind und Unterhalt zahlen, verbinden mit ihren Zahlungen meist die durchaus begründete Erwartung, dass der betreuende Elternteil auch ein angemessenes Umgangsrecht für das gemeinsame Kind gewährt. Wer sich nur als Zahlstelle fühlt, ist oft nicht motiviert, die Zahlungen ernst zu nehmen.

Verweigern Sie also das Umgangsrecht, provozieren Sie den Ex-Partner möglicherweise, keinen Unterhalt mehr zu zahlen. Im Grunde ist es ein gegenseitiges Geben und Nehmen. Sie gewähren das Umgangsrecht und erhalten dafür den Kindesunterhalt. Jeder bekommt das, was ihm gebührt. Berücksichtigen Sie, dass das Gesetz ausdrücklich ein Umgangsrecht vorsieht und es im Regelfall im Interesse Ihres Kindes liegt, Umgang mit jedem seiner Elternteile zu pflegen.

El­tern­tei­le müs­sen ih­re Leis­tungs­fä­hig­keit voll aus­schöp­fen

Herkömmlicherweise rechtfertigen sich unterhaltspflichtige Elternteile damit, dass sie den Unterhalt nicht zahlen können, weil sie kein ausreichendes Einkommen haben. Dieser Einwand hat wenig Gewicht. Elternteile sind jedenfalls verpflichtet, ihre Leistungsfähigkeit voll auszuschöpfen.

Gegebenenfalls muss sich der Elternteil um eine besser bezahlte Beschäftigungsmöglichkeit bemühen. Ihm obliegt eine verschärfte Erwerbsobliegenheit, die ihn verpflichtet, sich entsprechend der Vorbildung, den Fähigkeiten und der Lage am Arbeitsmarkt in zumutbarer Art und Weise um eine Beschäftigung zu bemühen. Die Rechtsprechung hält bis zu 48 Wochenstunden für zumutbar. Schließlich geht es um den Lebensunterhalt eines Kindes.

Der Elternteil muss sich auch ein theoretisch erzielbares Einkommen zurechnen lassen, wenn er nicht oder weniger arbeitet, als er arbeiten könnte. Er muss sich dann so behandeln lassen, als würde er auf einem nach seinen Fähigkeiten gut bezahlten Arbeitsplatz Geld verdienen. Ist der Elternteil arbeitslos, muss er nachweisen, dass er monatlich etwa 20 Bewerbungen verschickt hat und für die Arbeitssuche genauso viel Zeit investieren, als wenn er in Vollzeit arbeiten würde.

Set­zen Sie den El­tern­teil in Ver­zug

Möchten Sie den Kindesunterhalt eventuell einklagen, müssen Sie dem Elternteil vorweg Gelegenheit geben, den Kindesunterhalt freiwillig zu zahlen. Dazu müssen Sie ihn in Verzug setzen. Die Inverzugsetzung ist insoweit wichtig, als Sie für die Vergangenheit nur dann Kindesunterhalt einfordern können, soweit Sie den Elternteil in Verzug gesetzt haben.

Sie setzen den zahlungspflichtigen Elternteil dadurch in Verzug, dass Sie ihn auffordern, über Einkünfte und Vermögen Auskunft zu erteilen. Soweit Sie die Einkünfte einigermaßen genau kennen, ergibt sich der Verzug daraus, dass Sie den Elternteil auffordern, den nach der Düsseldorfer Tabelle errechneten Kindesunterhalt ultimativ zu zahlen. Da die Inverzugsetzung ein formaler Akt ist und im Detail begründet werden muss, sollten Sie sich anwaltlich beraten lassen.

Be­schaf­fen Sie sich ei­nen Un­ter­halts­ti­tel

Können Sie keine Verständigung herbeiführen, sollten Sie sich einen Unterhaltstitel beschaffen. Ein Unterhaltstitel ist eine Urkunde, aus der sie gegebenenfalls die Zwangsvollstreckung gegen den unterhaltspflichtigen Elternteil betreiben können. Sie haben mehrere Optionen, um sich einen Unterhaltstitel zu beschaffen.

Jugendamtsurkunde:

Der einfachste und schnellste Weg ist der, dass Sie Ihren unterhaltspflichtigen Ex-Partner dazu bewegen, seine Unterhaltspflicht in einer Jugendamtsurkunde beim Jugendamt anzuerkennen. Sie ersparen sich damit eine gerichtliche, oft kostenträchtige und entwürdigende Auseinandersetzung. Der Anerkennung beim Jugendamt ist gebührenfrei.

Beistandschaft des Jugendamtes beantragen:

Scheuen Sie die gerichtliche Auseinandersetzung mit Ihrem Ex-Ehepartner, haben Sie die Möglichkeit, das Jugendamt zum Beistand Ihres Kindes zu machen. Das Jugendamt führte dann für Ihr Kind den vielleicht notwendigen Unterhaltsprozess. Ihr Sorgerecht für Kinder wird dadurch nicht beeinträchtigt. Natürlich können Sie genauso gut einen im Unterhaltsrecht erfahrenen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung Ihrer Interessen beauftragen.

Klage im vereinfachten Verfahren:

Sie können auch in einem sogenannten vereinfachten Verfahren den Kindesunterhalt beim Familiengericht einklagen. Auch das Jugendamt kann dieses Verfahren als Beistand einleiten. Ziel ist, das Verfahren zu beschleunigen und den unterhaltspflichtigen Elternteil zu veranlassen, auf einem amtlichen Formular Einwendungen umgehend vorzutragen und eventuelle Einwendungen weitgehend einzuschränken. Lassen Sie sich juristisch beraten, ob dieser Weg in Ihrem Fall zum Ziel führt. Ungeachtet dessen können Sie den Unterhalt für Ihr Kind auch in einem ganz normalen Unterhaltsprozess beim Familiengericht geltend machen.

Fordern Sie Auskunft über die Eigentumsverhältnisse:

Zahlt der unterhaltspflichtige Elternteil keinen Kindesunterhalt mehr, sollten Sie den Grund dafür in Erfahrung bringen. Ein Weg kann darin bestehen, dass Sie Auskunft über seine Einkommensverhältnisse einfordern. Dann können Sie einigermaßen zuverlässig beurteilen, ob der Ex-Partner zahlungsfähig ist und der gerichtliche Weg erfolgversprechend erscheint. Sollte der Ex-Partner die Auskunft verweigern, kann das Familiengericht sich notfalls die notwendigen Informationen selbst beschaffen und dazu direkt von Arbeitgebern, Finanzamt und Versorgungseinrichtungen Auskünfte einholen und nach Maßgabe dieser Auskünfte den Kindesunterhalt festsetzen.

Ihr Vor­teil: Sie kla­gen dort, wo Sie mit Ih­rem Kind woh­nen

Normalerweise müssen Sie dort bei Gericht klagen, wo der Gegner (hier: Ihr Ex-Partner) seinen Wohnsitz hat. In Verfahren, in denen der Kindesunterhalt eingeklagt wird, ist allerdings ausschließlich das Familiengericht zuständig, in dessen Bezirk das Kind oder der betreuende Elternteil wohnt. Sie brauchen sich also nicht davon abschrecken zu lassen, dass Sie den unterhaltspflichtigen Elternteil weitab von Ihrem Wohnort verklagen müssten.

Be­an­tra­gen Sie Un­ter­halts­vor­schuss von Ju­gend­amt

Erhalten Sie auf absehbare Zeit keine Unterhaltszahlungen, können Sie immer noch Unterhaltsvorschuss beim Jugendamt beantragen. Für Kinder bis zu fünf Jahren gibt es immerhin  187 EUR Unterhaltsvorschuss. Der relativ niedrige Betrag ergibt sich daraus, dass das Kindergeld für das erste Kind in Höhe von 250 EUR in voller Höhe auf den Mindestunterhalt angerechnet wird. In Abhängigkeit von Ihrer finanziellen Situation haben Sie ergänzend Anspruch auf den Kindeszuschlag bis zu 185 EUR je Kind. Leistungen für Bildung und Teilhabe helfen darüber hinaus, den Schulbedarf Ihres Kindes zu decken und es an sozialen und kulturellen Aktivitäten teilhaben zu lassen.

Zu gu­ter Letzt

Sind die finanziellen Verhältnisse beengt, ist der Kindesunterhalt oft ein schwieriges Terrain. Kommen dann noch emotionale Vorbehalte hinzu, scheint jeder Kompromiss aussichtslos. Bevor Sie Wege beschreiten, die in eine Sackgasse führen, sollten Sie sich anwaltlich beraten lassen und die richtige Strategie verfolgen.

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